Bioethik aktuell

Österreich: Bioethikkommission ist "kein Garant für neues Kinderglück"

IMABE-Ethikerin übt im „Standard" scharfe Kritik an unsauberen Argumenten zur IVF-Liberalisierung

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Österreichs Fortpflanzungsmedizingesetz müsse liberalisiert werden, und zwar schnell: So lautete im April 2012 das Votum von 19 der 25 Mitglieder der Bioethikkommission (BEK, vgl. IMABE-Stellungnahme vom 24.4. 2012). Unter anderem wurde darin die Zulassung der künstlichen Befruchtung sowohl für Alleinstehende als auch für lesbische Paare gefordert. Doch wie stimmig ist die Argumentationslinie der Liberalisierungsbefürworter? Bei genauer Durchsicht der Thesen stoße man auf "zahlreiche Widersprüche, in die sich eine solche Forderung verwickelt", erklärt die Ethikerin Susanne Kummer. Die stv. IMABE-Geschäftsführerin analysierte jüngst in einem Gastkommentar im Standard (online, 3.7.2012), warum der Staat gut daran tut, auch in Zukunft die In-vitro-Fertilisation (IVF) auf heterosexuelle, zeugungsunfähige Paare zu beschränken - und warum es „wenig sinnvoll" ist, die Bioethikkommission „als Garant für neues Kinderglück zu zitieren".

Die Inanspruchnahme einer künstlichen Befruchtung, erinnert Kummer, ist laut geltendem FMedG zeugungsunfähigen Männern und Frauen vorbehalten, was weder für Lesben noch homosexuelle Männer prinzipiell zutrifft. Da auch heterosexuelle gesunde Paare laut Gesetz kein Recht auf künstliche Fortpflanzung haben, liege keine Diskriminierung Homosexueller vor - und auch keine medizinische Indikation für eine Unfruchtbarkeitsbehandlung per IVF.

Wenn die BEK nun offenbar die „künstliche Erzeugung von Menschen als solche aus dem Kontext medizinisch indizierter Behandlung herauslösen will“, sollte sie besser von einem „Gesetz zur Kindererzeugung“ o. ä. sprechen: „Mit Fortpflanzung und Medizin hat das aber nichts mehr zu tun, eher mit Lifestyle und Wunsch-'Medizin'“, stellt Kummer klar.

Zudem kann es nicht Aufgabe des Staates sein, Kinder zu "suboptimalen Lebensbedingungen zu verurteilen, in denen sie keinen leiblichen, sondern nur noch einen „Pipetten-Papa“ (und später auch keine leibliche, sondern nur noch eine „Gebärleih-Mutter“) haben“.

Kummer betont, dass Kinder ein Recht auf Vater und Mutter hätten - und nicht umgekehrt: „Es gibt kein Recht auf ein Kind.“ Dass jedes Kind optimalerweise unter der Obhut beider Elternteile aufwächst, werde niemand ernsthaft anzweifeln. „Hier muss das Kindeswohl vor dem Kinderwunsch Vorrang haben. Das prinzipielle Recht des Kindes auf Eltern darf nicht willkürlich missachtet werden.“

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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