Umgang mit Angst, Scham und Schuld bei Fehlern

Imago Hominis (2011); 18(1): 55-60
Gabriele Cerwinka

Zusammenfassung

Ein Fehlerfall gilt in der Medizin stärker als in anderen Bereichen als inakzeptabel und daher als gefürchtet. Oft fehlt es in der Praxis an einem angstfreien Raum ohne gravierende persönliche Konsequenzen und Sanktionen im Fall eines Fehlers. Der daraus resultierende Umgang mit Angst, Scham und Schuld bei Fehlern stellt einen wesentlichen Teil einer geeigneten Fehlerkultur eines Unternehmens dar. Ein möglichst vorurteilsfreier Umgang mit Fehlern im Sinn der Sicherheit der Arbeitsabläufe ist daher eine der Hauptaufgaben des medizinischen Managements. Ein Teilaspekt dieser Management-Aufgaben ist die Schaffung einer Kommunikationskultur, die das Eingestehen von Fehlern zulässt. Die kommunikative Seite in der gesamten Fehlerkultur, die in diesem Artikel dargestellt wird, ist eine Kunst, die eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Kommunikation, aber auch mit der Teamkommunikation notwendig macht.

Schlüsselwörter: Fehlerkultur, Lösungsfindung, Angst, Schuld, Kommunikationskultur

Abstract

Making a mistake in the medical arena – and stronger here than in any other branch – is unacceptable and therefore feared. In practice there is often no “safe space” for the involved to make a mistake without grave personal consequences and sanctions in such an event. The consequent handling of anxiety, shame and guilt as a result of mistakes represents a substantial part of an appropriate “mistake culture” in an organisation. For this reason, the unprejudiced handling of mistakes to ensure safety in working processes is one of the main tasks of medical management. One part of these management tasks is the creation of a communication culture, which allows for the acknowledgement of mistakes. The communication part of the entire mistake culture, which is represented in this article, is an art, that necessitates intense processing of personal as well as team communication.

Keywords: Mistake Culture, Finding of Solutions, Anxiety, Guilt, Communication Culture


Einleitung

Unsere Informationsgesellschaft ist in nahezu sämtlichen Berufsgruppen durch Zeitdruck, ungeheure Informationsmengen, komplexe Arbeitsabläufe und großen Leistungsdruck gekennzeichnet.

Diese Voraussetzungen erfordern von jedem einzelnen Mitarbeiter, ob in der Pflege, von Ärzten oder Verwaltungsmitarbeitern, einige notwendige Fähigkeiten, wie z. B. die Übernahme der Aufgaben- und Teamverantwortung, einen sach- und emotionsorientierten Kommunikationsstil und vor allem ein konstruktives Verhalten im Fehlerfall.

Gerade im Fehlerfall wird in der täglichen Berufspraxis oft sichtbar, dass oft ein „angstfreier Raum“, und zwar ohne gravierende persönliche Konsequenzen bzw. Sanktionen im Fall eines Fehlers fehlt. Selten werden im Berufsalltag Fehler als Verbesserungspotenzial gesehen. Vielmehr werden Mitarbeiter durch eine mangelnde Fehlerkultur verunsichert, demotiviert und nicht selten in ihrer persönlichen Würde verletzt.

Eine geeignete Fehlerkultur ist Teil der Unternehmenskultur und muss im Wertebild einer Organisation verankert sein, wobei das theoretische Anführen dieser Maßnahmen alleine zu wenig ist. Daher sind Führungskräfte stets aufgerufen, eine geeignete Fehlerkultur (= vorurteilsfreier Umgang mit Fehlern) mit Vertrauensbasis im Sinn der Sicherheit der Arbeitsabläufe zu installieren und diese auch umzusetzen. Denn vereinfacht gesagt, kann ein vertuschter Fehler andere Menschen gefährden.

Zentraler Punkt einer positiven Fehlerkultur ist die Vertrauenskultur im Unternehmen. Als Teil der Vertrauenskultur ist der vorurteilsfreie Umgang mit Fehlern durch die Vorbildfunktion seitens der Vorgesetzten und Führungskräfte auch zu leben, um Mitarbeitern hemmende Angst und Scham bei Fehlern zu nehmen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass hinter dem Gefühl Angst oft das Streben nach Sicherheit, Fairness und Gerechtigkeit steht. Angst ist ein dauerhaftes Gefühl und häufig die Ursache der Vermeidung bestimmter Verhaltensweisen und Situationen.

Unabdingbare Faktoren einer geeigneten Fehlerkultur sind:

  • ein professioneller Umgang aller Teammitglieder mit Angst und Schuld bei Fehlern unter Einhaltung der Eskalationsstufen: vom direkten Mitarbeitergespräch bis zu klärenden Gesprächen mit den Unternehmensverantwortlichen.
  • eine offene Kommunikation mit den Betroffenen und vor allem keine unreflektierten Schuldzuweisungen
  • keine Sanktionen, die die persönliche Würde des Einzelnen verletzen und ihn vor dem Team bzw. vor Patienten/Angehörigen bloßstellen
  • Beispielwirkung durch den/die Vorgesetzten
  • Die Meldung eines Fehlers muss freiwillig sein, die Reaktion darauf einen wertschätzenden Umgang zeigen.

Die Kommunikation von Fehlverhalten im Team

Im Rahmen einer geeigneten Fehlerkultur bedarf die Kommunikation von Fehlverhalten im Team einerseits bestimmter Prinzipien, die der Risk-Manager oder Vorgesetzte vorschlägt und mit dem Team vereinbart (z. B. Eigenverantwortung, Gleichberechtigung, etc.). Andererseits ist im Sinne eines konstruktiven Vorgehens ein teamstützendes Verhalten anzuwenden. Dazu gehören einige kommunikative und persönliche Kompetenzen, wie:

1. Fähigkeit zu beschreiben

Informationen, Gefühle, Ereignisse, vielschichtige Wahrnehmungen als ersten Schritt darbieten, ohne moralische Wertung und ohne den Anspruch, der Empfänger müsse sein Verhalten oder seine Einstellung widerspruchslos ändern.

2. Lösungsorientierung

Je nachdem, welche Fehler vorliegen, ist ein „offen sein“ für die Interessen der anderen wesentlich sowie die Mitarbeit bei der Definition eines gemeinsamen Problems. Dem Fehlerverursacher die Mitarbeit an der Lösung zugestehen, ist von der Mitarbeiterführung und Wissensebene her ein entscheidender Faktor. Das Suchen von Schuldigen muss einer hohen Lösungs- und Änderungsorientierung vorgezogen werden.

Im Gespräch selbst setzt diese Lösungsorientierung eine straffe Gesprächsführung und das Unterbinden von langen Rechtfertigungen voraus, um zur konkreten Lösung des Problems zu kommen. Rechtfertigungen oder Verteidigungen beinhalten meist keine Lösungsansätze, daher liegt es am verantwortlichen Vorgesetzten oder Problemmanager, Mitarbeiter und Kollegen in die Lösungsverantwortung zu zwingen.

3. Fähigkeit, direkt zu kommunizieren

Diese Fähigkeit beinhaltet direktes Kommunizieren, sich selbst in den Prozess einbringen können, persönliche Frageabsicht kundtun, alle relevanten Informationen geben und letztlich auch eigene Fehler zugeben können.

Entscheidend für das Klärungsgespräch ist es, folgende Fragen für sich im Vorfeld zu beantworten: Welches Ziel verfolge ich mit dem Fehlergespräch: Will ich zeigen, dass ich besser bin oder will ich eine Korrektur oder eine Verhinderung des Fehlers erreichen? Geht es im Team darum, etwas zu vertuschen oder offen zu klären? Was war mein persönlicher Anteil an diesem Fehlverhalten?

4. Einfühlungsvermögen und Verständnis zeigen

Verständnis für die Gefühle, Respekt für den Wert der anderen, Identifizierung mit ihren Problemen, ernst nehmen der emotionalen Reaktionen, kein Versuch, den anderen ändern zu wollen. Dem anderen das Gesicht wahren zu lassen, ist eine der wesentlichen Voraussetzungen im Umgang mit Scham, Schuld und Angst bei Fehlern. Nach einem, mit hoher Emotion geführten Klärungsgespräch soll den Mitarbeitern in jedem Fall eine zweite Chance nach einer gewissen Beruhigung der Gefühle gegeben werden. Allerdings ist hier die Freiwilligkeit der Teilnahme an einem weiteren Gespräch zu betonen.

5. Partnerschaftlichkeit leben

Den anderen trotz aller Unterschiede anerkennen, ihn so annehmen, wie er ist, gleichwertig behandeln und kooperieren. Die Klärung des Fehlverhaltens muss nicht zwingend auf der nächsten Hierarchie-Stufe bzw. auf der Vorgesetzten-Ebene stattfinden. Oft ist es besser, Lösungen und Auswege aus den Auswirkungen von Fehlern auf der gleichen Hierarchie-Ebene zu besprechen. Erst wenn dort eine Lösung nicht gefunden werden kann, ist in die nächste Verantwortlichen-Ebene zu gehen.

6. Kommunikation gewährleisten, die das Eingestehen von Fehlern zulässt

Eine Kommunikationskultur, die das Eingestehen von Fehlern zulässt, bedeutet die Offenheit, seine Meinung, Vorstellungen, Ziele, Haltungen, Einstellungen zu kommunizieren und letztlich von anderen auch zuzulassen, ohne gravierende persönliche Konsequenzen zu befürchten.

Die kommunikative Seite in der gesamten Fehlerkultur ist eine Kunst, die eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Kommunikation, aber auch mit der Teamkommunikation notwendig macht. Diese ist täglich zu trainieren, um im Ernstfall die erforderlichen Tools, Worte und Strategien sofort zur Verfügung zu haben.

Erfolgreich wird ein positives Fehlermanagement dann sein, wenn sich alle Beteiligten davon lösen, dass Fehler und deren Auswirkungen stets einer negativen Bewertung ihrer persönlichen Leistung gleichkommen. Die Fehlerbearbeitung soll vielmehr als eine aktive Beteiligung des Mitarbeiters am Entwicklungsprozess eines Unternehmens gesehen werden.

Das Fehlergespräch

Speziell im Fall von unerwünschten Ereignissen bestimmen sowohl Emotions- als auch Sachfragen unser Handeln und unsere Kommunikation. Meist werden im Kommunikationsvorgang diese beiden Ebenen vermischt, wodurch oft die Basis für die Lösungserarbeitung verringert wird. Besonders wichtig ist es daher, immer wieder beide Komponenten hörbar zu trennen und zu kommunizieren.

Damit das entsprechende Fehlergespräch gelingt, ist zu beachten, dass entschieden und bestimmt formuliert wird, die Situationen nachvollziehbar dargestellt werden und auf Fakten beruhen. Zusätzlich unterstützt das Klärungsgespräch eine positive und konkrete Sichtweise, am besten aus der Wahrnehmung des Gesprächspartners.

Erschwerend ist aus der kommunikativen Sicht auch das Formulieren von eigenen Einschränkungen (z. B. „Ich bin mir nicht sicher, ob…“) bzw. Abwertungen im Voraus („Selbstverständlich müssen die Schuldigen gefunden werden…“). Offene Fragen liefern breite Informationen, während geschlossene Fragen (Haben Sie…, Wurden Sie…, Sind Sie…?) meist die aktive Lösungsfindung behindern.

Nach Rosenberg sollten im Sinne einer gewaltfreien Kommunikation in jedem Fehlergespräch die vier Komponenten Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Bitten klar ausgesprochen und verstanden werden, wobei es für den Erfolg wesentlich ist, nicht zu bewerten und Bitten mit treffenden Worten zu äußern. Für die Gefühlsseite können hier etwa Wörter wie „beruhigt sein, überrascht sein, zufrieden sein, betroffen sein, etc.“ verwendet werden. Für die Formulierung von eindeutigen Bitten stehen z. B. „Ich brauche dazu, ich bitte um mehr, ich ersuche um weniger, ich trage dazu bei…“ zur Verfügung.

Bei einer gelingenden Kommunikation geht es nicht darum, Menschen und deren Verhalten zu ändern, nicht den Willen durchzusetzen, sondern Beziehungen aufzubauen, die auf Offenheit und Einfühlsamkeit beruhen, so dass sich über kurz oder lang die Bedürfnisse jedes Einzelnen erfüllen. Oberstes Ziel im Fehlergespräch ist das Aufbauen von gegenseitigem Vertrauen.

Das persönliche Klärungsgespräch nach Fehlern

Das Führen eines Fehlergesprächs, bei dem u. a. Schuld und Scham verringert werden, ist eine der wichtigsten Herausforderungen für Führungskräfte, um die Akzeptanz durch die Mitarbeiter aufrechtzuerhalten. Wesentlich für den Gesprächsleiter ist es daher, sich bewusst auf den Gesprächspartner zu konzentrieren und sämtliche Beteiligte in das Gespräch einzubeziehen. Das gelingt dadurch, indem Fragen gestellt werden und vor allem unvoreingenommen zugehört wird (z. B. was ist wie wann, wo abgelaufen, wer war beteiligt?). In so einem Gespräch ist es unterstützend, auf das Spiegeln in der Kommunikation zu achten, indem die gleiche Stimmungswellenlänge und eine ähnliche positive Körperhaltung und Sprechgeschwindigkeit eingenommen werden.

Um den Gesprächserfolg zu gewährleisten, können schwer Verständliches oder komplizierte Zusammenhänge noch einmal mit eigenen Worten wiederholt werden. Durch die Bestätigung der Aussage kann danach kontrolliert werden, ob die Aussagen richtig wahrgenommen wurden (Communication Loop). Dabei ist ebenfalls das nonverbale Feedback zu beachten.

Eine große Gefahr im Fehlergespräch stellen herablassende Bemerkungen dar, die die Gefahr bergen, dass der andere sein Gesicht verliert. Daher ist es sinnvoll, die Sache von der Beziehung, der Schuld und einem schlechten Gefühl zu trennen und sich auf klare und auf das Wesentliche beschränkte Informationen zu konzentrieren.

Das Anbringen von Kritik im Fehlergespräch

Das konstruktive Anbringen von Kritik im Fehlergespräch im Sinn einer Verringerung der Scham- und Schuldsituation ist in der Personalführung eines der heiklen Kapitel und bedarf einer geeigneten Vorgangsweise. Wesentlich und zielführend ist es hier, die Sache, um die es konkret geht, in den Mittelpunkt zu stellen und die Kritik zeitlich passend anzubringen. Was sich vor Wochen zugetragen hat, weiß der Beteiligte in den meisten Fällen nicht mehr so genau und reagiert daher verständlicherweise unbestimmt, vage bzw. unsicher.

Um das zu verhindern, soll Kritik ernst ausgesprochen werden, ohne sie zu verkleinern oder zu verniedlichen. Ein leichtfertiger Umgang mit kritischen, oft nur in den Raum geworfenen Bemerkungen, kann das Ende einer funktionierenden Fehler-Kommunikation bedeuten. Darüber hinaus soll Kritik zunächst keine Wertung enthalten, sondern eine Beschreibung des zu kritisierenden Tatbestandes darstellen. Am besten funktioniert das, wenn Kritik mit einer Formulierung aus der eigenen Sicht („Ich“-Sicht) beginnt, um Schuldzuweisungen zu vermeiden. Kritik muss in jedem Fall für den Kritisierten konkrete Informationen und keine Verallgemeinerungen enthalten. Dass die Kritik angemessen und nicht persönlich verletzend ausgesprochen wird, ist Grundbedingung.

Um im Kritikgespräch Sachlichkeit zu garantieren, ist es unabdingbar, sich vorab entweder einen Lösungsvorschlag zu überlegen oder eine Alternative anzubieten, um damit einen positiven „Ausweg“ aufzeigen. Konstruktive Kritik ist immer auf eine Lösung gerichtet. Kritik darf nicht einzig und allein das Aufzeigen von Fehlern und Mängeln bei dem anderen zum Ziel haben. Kritik sollte weiters in einem ersten Schritt unter vier Augen und so klar formuliert werden, sodass keine Missverständnisse aufkommen können. Oft ist es in emotional berührenden Schuld-Situationen besser, noch einmal nachzufragen, ob und wie das Feedback angekommen ist.

Wie sollte nun der betroffene Mitarbeiter selbst mit Konflikten in Bezug auf Fehlverhalten umgehen? Wesentlich im Sinne der Erwachsenen- und Inhaltsebene ist es, den Konflikt vorerst zuzulassen und nicht zu verdrängen. Dass ein Konflikt positiv als Chance zur Klärung gesehen werden kann, ist nicht immer leicht zu akzeptieren. Trotzdem ist es entscheidend, die einzelnen Faktoren und Vorwürfe zu klären und bei Unklarheit nachzufragen, wie der Vorwurf exakt lautet oder das Fehlverhalten aus der Sicht der anderen gewirkt hat. Arbeitnehmer bzw. Mitarbeiter stecken oft in dem Prinzip Gewinner-Verlierer, was wenig zur Klärung des Fehlverhaltens beiträgt. Wenn es gelingt, aus dem Konflikt um einen Fehler eine funktionierende Kooperation werden zu lassen, wird das Wir-Gefühl verstärkt, und Schuldzuweisungen können verringert werden.

Das Überbringen einer Entscheidung im Fehlerfall

Oft ist es notwendig entgegen anderer Meinung, dem Team eine Entscheidung im Fehlerfall (z. B. als Risk Manager) zu übermitteln, die nicht von allen sofort akzeptiert werden kann. In diesem Fall ist die persönliche und die inhaltliche Vorbereitung eine wesentliche Voraussetzung, um gegenüber negativen Stimmungen im Team bestehen zu können:

Zur persönlichen Vorbereitung gehört in jedem Fall ein Bewusstmachen der eigenen Meinung, der eigenen Emotion, der eigenen Sichtweise zu der Entscheidung oder zum Sachinhalt. Unangenehme Entscheidungen erfordern Verantwortungsbereitschaft und sind Teil des beruflichen Alltags – sowohl für Vorgesetzte als auch für Mitarbeiter.

Zur inhaltlichen Vorbereitung ist im Vorfeld abzuklären, welche Informationen über die Entscheidung der Überbringer selbst bekommen hat und wer einen Nutzen aus der Entscheidung hat. Das Abwägen der Gründe, welche dafür und welche dagegen sprechen, ist Grundlage einer inhaltlichen Vorbereitung.

Bei der Kommunikation der Entscheidung selbst (die oft keinen vordergründigen Nutzen für die Mitarbeiter enthält) ist es wesentlich, mit einer Beschreibung der Ist-Situation zu beginnen, um alle Anwesenden auf den gleichen Wissensstand zu bringen. Das Überbringen von Entscheidungen und damit oft von unangenehmen Nachrichten geht am besten persönlich, in Einzelgesprächen oder gemeinsamen Teambesprechungen vor sich, bei denen möglichst alle Mitarbeiter anwesend sind. Die alleinige Kommunikation per E-Mail verfehlt meist seine Wirkung. Ein möglicher Aufbau kann folgendermaßen aussehen:

Eine Aussage (z. B. Ist-Situation) wird durch

 → ein Argument

 → bzw. durch Beweise und Beispiele (wie, wodurch)

 → zu einer Folgerung (daher) geführt.

Durch diesen Aufbau wird die Botschaft verbindlicher und bleibt länger in Erinnerung, da emotionale Blockaden durch Behauptungen oder Forderungen, die als Erstes gehört werden, abgebaut werden. Das Formulieren von Schlussfolgerungen bringt den Inhalt in die zukünftige Umsetzung, die letztlich im Vordergrund steht. Dadurch kann auch klar hervorgestrichen werden, dass die Entscheidung (z. B. die Installierung eines Fehlermeldesystems oder die Verwendung geeigneter Checklisten) gefallen ist und sich nun alle im Team danach zu richten haben, um Fehlverhalten zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist auch zu klären, welches Fachwissen, Ressourcen, Maßnahmen oder Know-how benötigt wird, um den Fehler künftig zu vermeiden, um zu gewährleisten, dass dieser Fehler nicht noch einmal passiert. Im Sinn eines systemischen Ansatzes ist dabei auf die Einflussfaktoren von außen und innen und auf den Zeitfaktor für eine bestimmte Veränderung zu achten.

Fazit

Fehler stellen für ein Team Belastungen dar, vor allem dann, wenn sie mit Angst, Scham oder Schuldfragen gekoppelt sind. Menschen agieren in beruflichen Situationen nicht immer perfekt, wobei das gerade im medizinischen Bereich ein ernst zu nehmendes Kriterium ist. Hier ist bewusst bei der Fehlerbearbeitung zu unterscheiden, welche Fehler mit welchen Auswirkungen passiert sind. Gerade darum ist auch an die Fehlerbehebung nüchtern und sachlich heranzugehen, indem die Situation verantwortungsbewusst analysiert wird. Falls notwendig, muss vom Einzelnen für diese Situation oder das Fehlerverhalten Verantwortung übernommen werden. Dabei sind konkret die eigenen Gefühle von der Ebene des Inhalts, von der Sache zu trennen.

In Bezug auf die Kommunikation ist es hilfreich, im Fehlergespräch die positive Gesprächsbeziehung aufrechtzuerhalten – in der Sache jedoch hart zu bleiben, um Sicherheit gerade im Fall von Scham und Schuld zu geben. Ein authentisches und konstruktives Verhalten durch den Vorgesetzten schafft Vertrauen und die Bereitschaft zur Mitarbeit an einer aktiven Lösungsfindung.

Weiterführende Literatur

  • Cerwinka G., Schranz G., Nervensägen, Linde, Wien (2005)
  • Cerwinka G., Schranz G., Beim ersten Eindruck gewinnen, Linde, Wien (2006)
  • Cerwinka G., Schranz G., Die Büro-Bibel, Linde, Wien (2011)
  • Cerwinka G., Schranz G., Wenn der Kunde laut wird, Linde, Wien (2009)
  • Fisher R., Ury W., Patton B., Das Harvard-Konzept, 23. Auflage, Campus, Frankfurt/Main (2009)
  • Kreutzer K., Angst vor Fehlern? Schwerer Fehler!, Leykam, Graz (2003)
  • Rosenberg M., Gewaltfreie Kommunikation, Junfermann, Paderborn (2007)
  • Schulz von Thun F., Miteinander reden, Band 1, 2 und 3, Rororo, Reinbek (2011)
  • Sprenger R. K., Das Prinzip Selbstverantwortung, Campus, Frankfurt/Main (2007)
  • Stemmermann W., Der Arzt und sein Team, Springer, Berlin (1993)
  • Wolff G., Göschel G., Mitarbeiterführung in Arztpraxis und Klinik, Springer, Berlin (1987)

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