Stammzellen - Fakten und Daten

Was sind Stammzellen?

Stammzellen sind ursprüngliche Zellen mit zwei besonderen Fähigkeiten: Sie können sich endlos teilen, um neue Stammzellen zu bilden, und sie können sich spezialisieren. Je nach Anzahl der speziellen Zelltypen, in die sie ausreifen können (z. B. Herz-, Muskel- oder Leberzellen usw.), unterscheidet man zwischen multipotenten oder pluripotenten Stammzellen.

Welche Arten von Stammzellen gibt es?

Stammzellen finden sich im Embryo und im erwachsenen Körper, wo sie zur Bildung und Regeneration von Geweben zuständig sind. Man unterscheidet zwischen adulten Stammzellen und embryonalen Stammzellen.

Was sind adulte Stammzellen?

Adulte Stammzellen sind verantwortlich für den Nachschub an notwendigen Ersatzzellen im bereits funktionsfähigen Organismus, wo zeitlebens Umbau- und Reparaturvorgänge ablaufen. Sie sind multipotent, lassen sich aber mit speziellen Verfahren (siehe „iPS-Zellen“) auch zu pluripotenten Zellen zurückprogrammieren.

Wie werden adulte Stammzellen gewonnen?

Adulte Stammzellen sind in den allermeisten Organen zu finden. besonders im Knochenmark, in der Haut, aber auch im Fettgewebe, in der Nabelschnur und im Nabelschnurblut, im Gehirn, der Leber oder der Bauchspeicheldrüse. Die Teilungsaktivität adulter Stammzellen in der Kulturschale ist geringer als bei embryonalen Stammzellen. Sie sind dafür in der Therapie verlässlich, weil sie sich eben nicht unkontrolliert teilen (wuchern).

Was sind embryonale Stammzellen?

Embryonale Stammzellen sind die noch undifferenzierten Zellen eines frühen Embryos. Sie sind in ihrer Funktion noch nicht festgelegt. Aus ihnen kann jedes Gewebe des menschlichen Körpers hervorgehen (pluripotent).

Wie werden embryonale Stammzellen gewonnen

Embryonale Stammzellen werden üblicherweise aus jenen Embryonen gewonnen, die mittels künstlicher Befruchtung entstanden sind. Das neue Wesen darf sich dabei bis zum Blastozystenstadium (ca. 8. Tag nach der Befruchtung) entwickeln. Zu diesem Zeitpunkt werden dann der Blastozyste die embryonalen Stammzellen abgesaugt, der an sich lebensfähige Embryo wird vernichtet. Diese Zellen werden anschließend in einer Nährlösung vermehrt und zu sogenannten Stammzell-Linien kultiviert – ein aufwändiges, hoch spezialisiertes und teures Verfahren.

Warum ist die Gewinnung humaner embryonaler Stammzellen ethisch problematisch?

Weil der Zweck nicht die Mittel heiligt. Üblicherweise geht man davon aus, dass das Leben eines Menschen auf keinen Fall für die Wissenschaft oder andere „höhere Zwecke“ geopfert werden darf. Genau das geschieht hier aber: Die Würde und der Schutz des menschlichen Individuums wird eindeutig missachtet, wenn dieses für Forschungszwecke vernichtet wird.

Kann man mit embryonalen Stammzellen heilen

Es gibt keine einzige Therapie mit embryonalen Stammzellen, und es wurde noch niemand damit geheilt. Die medizinische Forschung auf diesem Gebiet steckt vielmehr fest, da es bisher nicht gelungen ist, das extrem hohe Tumorrisiko bei diesen Zellen auszuschalten. Embryonale Stammzellen verhalten sich nämlich außerhalb ihrer natürlichen Umgebung wie Tumorzellen und bilden sogenannte Teratome (Tumoren aus den verschiedensten Gewebetypen). Dieses Risiko besteht auch dann, wenn die Stammzellen in Körperzellen ausdifferenziert wurden, da eine einzige übrig gebliebene Stammzelle unter 10.000 ausdifferenzierten Zellen ausreicht, um ein Teratom zu erzeugen. Außerdem sind selbst diese gezüchteten, ausdifferenzierten Zellen genetisch instabil. Im Laufe der Zeit können sich Mutationen entwickeln, die in der Folge zu Krebs führen.

Kann man mit adulten Stammzellen heilen?

Ja, dies geschieht bereits seit Jahrzehnten. Die bekannteste Therapie mit adulten Stammzellen ist die Knochenmarktransplantation bei Krankheiten des blutbildenden Systems. Sie wird bereits seit über 40 Jahren in dutzenden etablierten Therapien erfolgreich angewendet. Forscher entdecken aber laufend neue Anwendungsmöglichkeiten für Stammzelltherapien mit zum Teil vielversprechenden Ergebnissen. Auch bei den Zellen, die direkt nach der Geburt eines Kindes aus dem Nabelschnurblut gewonnen werden, bahnen sich neue therapeutische Wege. Derzeit wird ihr Einssatz für die Therapie von Herz- und Gefäßerkrankungen in klinischen Studien untersucht, ebenso in der Regeneration von Knorpel und Knochen. Adulte Stammzellen können direkt in das beschädigte Gewebe injiziert werden, ohne dass es zu einer unkontrollierten Reaktion kommt. Auch ist bisher in keiner Studie das Entstehen eines Tumors beobachtet worden, der in direkten Zusammenhang mit der Stammzelltransplantation gebracht werden konnte.

Welche Alternativen gibt es zur Forschung mit embryonalen Stammzellen?

Die Alternative für die Grundlagenforschung sind die sogenannten iPS-Zellen.

Für medizinische Zwecke sind adulte Stammzellen sowie Zellen aus dem Nabelschnurblut das Mittel der Wahl.

Was versteht man unter iPS-Zellen?

Die induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) sind künstlich reprogrammierte Stammzellen. Ihre Gewinnung (erstmals 2007) gilt als Meilenstein auf dem Gebiet der Stammzellforschung. Dabei werden normale Körperzellen so „umprogrammiert“, dass sie praktisch alle Eigenschaften embryonaler Stammzellen aufweisen – ohne Vernichtung von Embryonen. Die Gewinnung von iPS-Zellen wird laufend perfektioniert, so dass mittlerweile frühere Probleme – wie die Verwendung von Viren für die „Umprogrammierung“ – gelöst werden konnten. Jüngster Stand (April 2009) der Entwicklung sind die „PiPS“-Zellen (protein-induced pluripotent stem cells) Dabei wurden multipotente Stammzellen mittels Proteinen aus einfachen Körperzellen hergestellt– zur Verjüngung der Zelle waren weder Viren noch gentechnische Manipulation nötig.

Kann man mit iPS- oder PiPS-Zellen heilen?

Noch sind iPS-Zellen krebserregend wie herkömmliche embryonale Stammzellen. Für die Grundlagenforschung sind sie aber ausreichend und stellen eine echte Alternative zu den ethisch umstrittenen embryonalen Stammzellen dar.

Viele Forschergruppen arbeiten allerdings schon an Methoden, die Technik der Umprogrammierung von Körperzellen zu ipS-Zellen zu erreichen, ohne dafür Fremdgene in die Empfängerzelle einzubauen zu müssen (vgl. PiPS-Zellen). Am Ende des Weges könnten genetisch identische und daher völlig kompatible, pluripotente, defektfreie Spenderzellen aus Körperzellen eines Patienten gezüchtet werden, die im Prinzip in der Lage wären, unterschiedliche defekte Zellen in verschiedenen Geweben zu ersetzen.

Was folgt aus diesen Fakten?

  1. Die Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen ist ethisch unannehmbar und medizinisch sinnlos.
  2. Therapien mit adulten Stammzellen retten bereits heute Menschenleben und heilen Patienten. Die Forschung auf diesem Gebiet sollte gezielt gefördert werden.
  3. Für die Grundlagenforschung reichen iPS-Zellen sowie tierische embryonale Stammzellen vollkommen aus.
  4. Die beschränkten Mittel für die medizinische Forschungsförderung sollten gezielt dort eingesetzt werden, wo man sich schnelle und überzeugende Heilungserfolge versprechen kann: bei Therapien mit adulten Stammzellen sowie Stammzellen aus dem Nabelschnurblut.
Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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