Qualitätssicherung im Krankenhaus und Tugenden. Ein Fragenkatalog

Imago Hominis (2000); 7(3): 189-197
Johannes Bonelli und Heinrich Mader

Zusammenfassung

Qualitätssicherung wird im Krankenhaus immer wichtiger. Große Qualitätssicherungsmodelle versprechen viel in der Theorie, aber meistens leisten sie nichts Anderes als die Festlegung von Qualitätsstandards und -regeln. Die einfache Erstellung eines Katalogs jener im Krankenhaus anstehenden Fragen der Qualität von Gesundheitsleistungen zeigt, dass es unsinnig wäre, für alle diese Fragen Standards und Regelungen vorzusehen. Fachmedizinische und pflegerische Bemühungen um Qualität, Anstrengungen in der Organisation und im Ablauf sowie die Setzung von Erfolgszielen sind sicherlich sehr wichtig, sie reichen aber nicht aus, um den Menschlichkeitsanforderungen im Krankenhaus gerecht zu werden. Die Sicherung und Stärkung der ethischen Kompetenz im Krankenhaus, die vor allem in den Tugenden besteht, wäre eine vorrangige Aufgabe des Qualitätsmanagements.

Schlüsselwörter: Qualitätssicherung, Qualitätsmanagement, Krankenhaus, Tugenden, ärztliches Handeln

Abstract

Quality Assurance in Hospitals is becoming more and more important. Important for assuring quality are very promising in theory, but generally end up as just a listing of quality standards and rulings. Simply making a catalogue of all the questions in a hospital regarding the quality of health services shows that it would be nonsense to set up rules and standards for all these questions. Striving to improve the quality of special medical treatment and nursing, efforts to better organisation and administration as well as setting goals to be attained are certainly very important, but are not sufficient to realize the humane requirements in a hospital. Assuring and strengthening the ethical competence in hospitals, which above all includes the virtues, would be a pre-eminent task for quality management.

Keywords: quality assurance, quality management, hospital, virtues, physicians’ performance


Qualitätssicherung und das Selbstverständnis des ärztlichen Berufs

Qualitätssicherung ist auch im klinischen Bereich zum Zauberwort geworden. Das Anliegen ist sicherlich berechtigt. Das Gesundheitswesen hat sich im letzten Jahrhundert von der relativ einfachen Einzelversorgung zu der hochtechnisierten Massenversorgung entwickelt, in der die Prozesse sehr kompliziert wurden. In diesem Zusammenhang ist Qualitätssicherung bestimmt eine Notwendigkeit. Dabei haben Ärzte und Pflegepersonal ihr Leitbild, primär Anwalt des Patienten und ausschließlich seinem Wohl verpflichtet zu sein, immer aufrechtzuerhalten versucht. Ob freilich manche (gesetzliche) Regelungen der Beziehung zwischen Patient und Arzt bzw. Pflegepersonal oder Krankenanstalt der Verwirklichung dieses Leitbildes dienlich sind oder sie eher behindern und dabei zu einer Art Verteidigungsmedizin zum Nachteil des Patienten führen, steht hier nicht zu Diskussion. Jedenfalls haben die gesetzlichen Regelungen die Qualitätssicherung zum unentbehrlichen Kontrollinstrument gemacht. Dieser Tatsache wird man, ob man will oder nicht, Rechnung tragen müssen, auch wenn das dem Arzt und dem Pflegepersonal aus ihrem Selbstverständnis heraus nicht immer leicht fällt.

Der spezifische Beitrag des Arztes bei jeder Heilbehandlung ist sein Fachwissen und Können. Der spezifische Beitrag des Pflegepersonals ist die qualifizierte Pflege. Verwaltung und Organisation sind weitere Bereiche im Krankenhaus, die eine ganz besondere Kompetenz erfordern. Die medizinische und die pflegerische Kompetenz stehen natürlich im Zentrum der klinischen Versorgung der Patienten, aber sie alleine genügen nicht, um der medizinischen Handlung gerecht zu werden. Jeder Arzt und jede Krankenschwester machen sehr bald die Erfahrung, dass jegliche Behandlung ein Umgang mit einer Person ist. Wenn daher der Patient nicht zu einer Sache oder einem bloßen Gegenstand werden soll, muss jedes fachgerechte Tun, jeder einzelne medizinische und pflegerische Handgriff immer in eine personale Beziehung eingebettet sein. Dies stellt den Arzt und das übrige Pflegepersonal, aber auch Verwaltung und Organisation eines Krankenhauses vor Anforderungen, die weit über reine Fachkompetenzen hinausgehen. Sie können durch ein festgeschriebenes Reglement im Sinne der Qualitätssicherung kaum bewältigt werden. Was zur fachlichen Kompetenz noch hinzukommen muss, könnten wir zunächst die Menschlichkeit nennen, also eine Haltung, die den Patienten immer unter allen Umständen die Anerkennung als Person zollt und Einfühlungsvermögen, kommunikative Fähigkeit, Barmherzigkeit und viele andere Eigenschaften erfordert, die noch zu erwähnen sein werden.

Qualitätssicherung in der klinischen Praxis: ein Fragekatalog

Die Qualitätssicherung ist bereits eine eingeführte Wissenschaft, der sich universitäre und außeruniversitäre Institute widmen. Obwohl darüber gewaltig geforscht und geschrieben wird und überall teure Fachseminare angeboten werden, sind die meisten systematisierten Konzepte mit gewissen Abwandlungen immer noch aus dem industriellen Bereich kopiert. Es ist eine unumstrittene Tatsache, dass sich solche Konzepte nur sehr beschränkt umsetzen lassen. Große wissenschaftliche Modelle versprechen viel in der Theorie, aber bei der Umsetzung scheinen sie nicht besser zu sein als einfache Regelungen. Man darf allerdings die wichtigen Beiträge und die Fortschritte der Qualitätssicherung im Krankenhaus nicht verniedlichen. Die Organisation und Regelung von vielen internen Prozessen ist gut gelungen. Aber wenn man es genau betrachtet, laufen die gängigen Konzepte darauf hinaus, für alles und jedes eine Regel zu finden, die dann in Form einer Bestimmung als Norm für die Beteiligten gelten soll. Dadurch kann es leicht passieren, dass zumindest ein beträchtlicher Teil der Bemühungen zur Qualitätssicherung in endlosen Regeln und Bestimmungen ausmündet, die niemand wirklich einhalten kann und die sogar kontraproduktiv wirken könnten, wenn nicht immaterielle Werte des menschlichen Zusammenlebens mitberücksichtigt werden.

Zur Verdeutlichung wird hier ein Katalog von nicht fachmedizinischen und pflegerischen Fragen, die Gegenstand der Qualitätssicherung im Krankenhaus sein müssten, vorgelegt. Er beinhaltet jene Voraussetzungen, die unter dem oben erwähnten, aber nicht genau umrissenen Begriff „Menschlichkeit im Krankenhaus“ subsumiert werden könnten. Es sind Antworten auf die Frage, was alles zu beachten ist, damit die menschliche Qualität der Leistungen im Krankenhaus gesichert wird. Dieser Katalog wurde von Mitarbeitern des IMABE (Institut für medizinischen Anthropologie und Bioethik) gemeinsam mit externen Experten des Gesundheitswesens erarbeitet. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder systematischen Aufbau. Die Fragen wurden heuristisch und nach Kapiteln geordnet, wie es sinnvoll erschien. Er ist sicher ergänzungsbedürftig.

Qualitätssicherung: Regeln oder Tugenden

Der Katalog zeigt den großen Umfang der Fragestellung bei der Qualitätssicherung, auch wenn man von den eigentlichen medizinischen Fragen, die sich unmöglich katalogisieren lassen, absieht. Man könnte jede dieser Fragen als positive Maxime verordnen. Man könnte z.B. die Regel aufstellen: „Alle Dienste müssen pünktlich erledigt werden; Patienten sind bei Verschiebungen mit der Bitte um Verständnis im voraus zu informieren.“ Die Aufstellung der Regel hilft noch wenig. Der erste Schritt in Richtung Wirksamkeit der Regel ist, sie dem Personal ins Bewusstsein zu bringen. Aber diese Regel erfordert z.B. von denen, die sie einhalten müssten, eine Reihe von Einstellungen, die man ruhig mit Tugenden1 benennen kann: Gerechtigkeit, Achtung und Respekt vor dem Patienten, Ordnungssinn, Pünktlichkeit, Arbeitsamkeit etc. Wenn man diese Eigenschaften nicht hat, wird die Regel nicht funktionieren. Wenn man sie dagegen hat, würde die Regel eigentlich nicht nötig sein. Aber zwischen Tugenden besitzen (in vollkommener Weise) und sie nicht (noch nicht) zu besitzen, liegt der eigentliche Bereich, in dem wir Menschen uns bewegen. Deswegen sind die Regeln wichtig, insofern sie zum Erwerb der Tugenden anspornen. Aber es geht eigentlich nicht um die Regel, sondern darum das Richtige gut und dies auch mit Freude zu tun.2

Es geht hier nicht darum, nun alle im Katalog angeführten Haltungen genau zu definieren. Diese Begriffe sind geläufig, so dass man ihren Inhalt gut kennt. Natürlich könnte man in einem Tugendtraktat die Frage der Abgrenzung oder Überschneidung zwischen den verschiedenen Tugenden aufwerfen, nur diese Frage ist hier irrelevant. Für den Alltag genügt die Unschärfe der allgemeinen Sprache vollkommen. Es besteht ein Konsens darüber, dass damit Haltungen bezeichnet werden, die tatsächlich das Gute und die Qualität unseres Handelns mitausmachen.

Was heißt dies konkret für das Qualitätsmanagement im Krankenhaus?

Fachmedizinische und pflegerische Bemühungen um Qualität, Anstrengungen in der Organisation und im Ablauf sowie die Setzung von Erfolgszielen sind sicherlich sehr wichtig, sie reichen aber nicht aus, um den Menschlichkeitsanforderungen im Krankenhaus gerecht zu werden. Die Sicherung und Stärkung der ethischen Kompetenz im Krankenhaus, die vor allem in den Tugenden besteht, gehört zur prioritären (primären) Aufgabe des Qualitätsmanagements.

Ein Fragenkatalog

I. Kommunikation mit dem Patienten

Aufklärung

  • Werden bevorstehende Untersuchungen erklärt?
  • Wird dem Patienten während der Untersuchung erklärt was geschieht?
  • Wird erklärt, warum eine Untersuchung gemacht wird?
  • Wird erklärt, wie es geschieht?
  • Werden die Untersuchungsergebnisse vom Untersuchenden oder vom Stationsarzt mitgeteilt (Oberarzt? Turnusarzt? Schwester?)
  • Werden die Untersuchungsergebnisse möglichst bald mitgeteilt?
  • Werden Verschiebungen, Änderungen im Zeitplan, dem Patienten mitgeteilt?
  • Ist man bemüht, sich bei der Aufklärung an die Bildung und den Zustand des Patienten anzupassen?
  • Wer klärt den Patienten über seine Krankheit auf? Turnusarzt, Schwestern, Oberarzt?
  • Haben die Angehörigen die Möglichkeit, Auskunft zu bekommen?
  • Werden telephonische Anfragen über Patienten beantwortet?
  • Gibt es Gelegenheit für ein Gespräch unter vier Augen?
  • Wird den Schilderungen des Patienten aufmerksam zugehört?

Gleichheit

  • Ist man mehr freundlich nur zu den eigenen Patienten? (Nur bei Bekannten usw.)

  • Werden "gewisse" Patienten zuvorkommender behandelt oder sogar begünstigt?

  • Werden "sympathische" bzw. "unsympatische" Patienten gleich freundlich oder abweisend (unsympatisch) behandelt?
  • Wird über "unsympatische" Patienten getratscht?

Hilfsbereitschaft

  • Wenn jemand ein Zimmer (Untersuchungsraum, Röntgen, Labor usw.) sucht: Ist man hilfsbereit, freundlich, ungeduldig, schroff?
  • Wird darauf geachtet, dass der Patient bei den diversen Untersuchungen nicht zu lange vor der Türe warten muss?
  • Werden die Wünsche des Patienten möglichst schnell erfüllt?
  • Wird auf unvernünftige Wünsche eingegangen oder werden sie erklärt, abgetan?
  • Wie lange muss der Patient auf den Arzt oder die Schwester warten?
  • Stellt sich das Personal beim Patienten mit Namen vor?
  • Kann der Patient den Arzt verlangen?

Qualitätsdenken

  • Sind alle bereit, die Qualitätsstandards zu erfüllen?
  • Sind alle Mitarbeiter über die entsprechenden Qualitätsstandards informiert?
  • Gibt es ein gesundes Selbstbewusstsein über die eigene Qualität des Krankenhauses?
  • Werden Qualitätsmängel auch behoben, und wenn ja, wie schnell?
  • Hat jemand (Patient, Angestellter) Nachteile zu erwarten, wenn er Qualitätsmängel aufzeigt?

Umgang

  • Ist man freundlich vor dem Patienten, richtet ihn aber vor der Türe aus?
  • Wird vor dem Eintritt in das Krankenzimmer geklopft?
  • Wird beim Betreten des Zimmer gegrüßt?
  • Wird beim Verlassen des Zimmers gegrüßt?
  • Wird jeder Patient bei der Visite begrüßt?
  • Wird beim Patienten Visite gemacht, auch wenn nicht mehr zu helfen ist?
  • Wird am Bett eines Patienten vorbeigegangen, wenn alles klar ist, oder nicht mehr zu helfen ist?
  • Wird der Patient vom Personal verabschiedet, wenn er das Haus verlässt?
  • Wird der Patient freundlich begrüßt, wenn er sein Bett bezieht?
  • Ist man vom Lob (Geschenk) eines Patienten abhängig bzw. wird dadurch das Verhalten beeinflusst?
  • Wie wird bei unverschämten Forderungen reagiert: bei allen Patienten gleich? Klasse / Allgemeine Station? Höflich, schulmeisterlich?
  • Wird der Patient mit seinem Namen angesprochen?
  • Wird vom Patienten auch mit Namen gesprochen?
  • Ist der Patient im Haus ein Gast? Fremder? Klient? Kunde? Freund? Untergebener? Partner? Störefried?
  • Werden vor dem Patienten (bei der Arbeit) Privatgespräche geführt, Witze gemacht?
  • Wird auf Diskretion bei den Mitpatienten geachtet?
  • Müssen sich die Patienten vor den Mitpatienten entblößen, wird auf Schamhaftigkeit geachtet?
  • Werden Telephonanrufe, Nachrichten usw. dem Patienten ausgerichtet?
  • Wird auf die Sprachkultur des Patienten eingegangen (Umgangston!)?
  • Wird mit dem Patienten immer höflich und respektvoll gesprochen?
  • Wie lange dauert es bis eine Schwester kommt, wenn eine Glocke gedrückt wird?
  • Wie lange dauert es, bis ein Arzt kommt, wenn ihn die Schwester ruft?
  • Wird auf nüchterne Patienten Rücksicht genommen? Kommen sie früh dran?
  • Bekommen sie nach der Untersuchung ein Essen?

Vertrauen

  • Wird Unwissenheit bei der Diagnose zugegeben?
  • Werden Fehler zugegeben?
  • Gibt es eine Entschuldigung bei Fehlern oder Versäumnissen?
  • Wird der Patient mit falschen Aussagen beruhigt?
  • Wird ein Irrtum eines Kollegen vor dem Patienten aufgedeckt (Kollegialität)?
  • Wird vor dem Patienten über andere Kollegen respektvoll gesprochen?
  • Wird vor dem Patienten über andere Kollegen abfällig gesprochen?
  • Werden andere Abteilungen (beim Patienten) desavouiert?
  • Werden andere Krankenhäuser desavouiert?
  • Wie wird auf Beschwerden reagiert: abweisend, entschuldigend, objektiv?
  • Wird einer Beschwerde nachgegangen?
  • Wie ist das Verhalten bei Beschwerden von Angehörigen: abweisend, ernst, verteidigend?
  • Hat der Patient eine Möglichkeit zur persönlichen Aussprache unter vier Augen mit dem Arzt?
  • Werden Versprechen gehalten?
  • Werden die Angehörigen bei der Therapieentscheidung einbezogen?
  • Wird der Patient bei der Therapieentscheidung miteinbezogen?
  • Wird das ärztliche Berufsgeheimnis bei Auskünften beachtet?
  • Ist dem Patienten bewusst, dass er jederzeit den Arzt verlangen kann und damit rechnen kann, dass dieser in einer angemessenen Zeit kommt?

II. Ärzte - Personal (Arzt/Arzt, Arzt/Personal, Arzt/Träger, Arzt/Außenwelt

Aufklärung

  • Werden Arztbriefe dem Patienten bereits bei der Entlassung mitgegeben?

Sparsamkeit

  • Wird versucht, sparsam zu arbeiten?
  • Wird versucht, bei Gleichwertigkeit das billigere Medikament zu verabreichen?
  • Ist von allen Medikamenten der ungefähre Preis bekannt?
  • Werden Geräte gewartet und geputzt?

Hilfsbereitschaft

  • Besteht ein Geist der Hilfsbereitschaft unter den Angestellten? (wenn z.B. die Arbeit ungleich verteilt ist)
  • Sind die Ärzte bereit, auch den Schwestern - wenn einmal nötig - zu helfen?
  • Sind alle bereit, ihr Wissen weiterzugeben oder etwa für sich zu behalten?
  • Nehmen sich die Vorgesetzten für ihre Mitarbeiter Zeit - oder sind sie nie zu sprechen?
  • Wie werden Anrufe und Anfragen von außen behandelt: abweisend, hilfsbereit, höflich?
  • Werden Nachrichten auch weitergegeben?

Kollegialität

  • Kann sich jeder auf jeden verlassen, dass er die Wahrheit sagt?
  • Werden sogenannte "Notlügen" (z.B. am Telephon: Er ist nicht da) akzeptiert?
  • Werden abwesende Kollegen ausgerichtet?
  • Werden andere Kollegen desavouiert (untereinander)?
  • Werden andere Abteilungen desavouiert (untereinander)?
  • Gibt es Ärzte (Chefs? Oberärzte?) mit Starallüren?
  • Ist man bemüht, wichtige Informationen und Erkenntnisse möglichst weiter zu geben oder für sich zu behalten?
  • Ist man bereit, Kollegen im Zweifelsfall um Rat zu fragen?
  • Wird der Rat auch von Untergebenen eingeholt und gewürdigt?
  • Gibt es ein Klima der Teamarbeit?
  • Können Wünsche und Bitten vorgetragen werden, ohne gleich abgewiesen zu werden?
  • Ist man bemüht, dass man keinen Patienten einem Kollegen abspenstig macht?
  • Bemüht man sich auf die Fragestellungen des einweisenden Arztes einzugehen (auch im Arztbrief)?

Loyalität

  • Besteht Loyalität zum Krankenhaus-Träger?
  • Besteht Loyalität zu den Vorgesetzten?
  • Fühlt sich der Krankenhaus-Träger für das seelische und materielle Wohl der Angestellten verantwortlich?
  • Fühlt sich der Chef für das seelische, materielle und berufliche Wohl seiner Mitarbeiter verantwortlich oder sind sie nur nützliche „Arbeitstiere“?
  • Weiß jeder, dass er über die Dinge, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, nur tw. informiert ist und daher darüber nicht urteilen sollte?

Lernfähigkeit

  • Macht man sich gegenseitig auf Fehler aufmerksam und ist man dankbar dafür?
  • Sind die älteren Kollegen (Schwestern) bemüht, den Jüngeren etwas beizubringen?
  • Gibt es ausreichend Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte und Schwestern?
  • Können Junge und Neue die Älteren ohne weiteres fragen, und bekommen sie auch eine Antwort?
  • Wird auf berechtigte Beschwerden reagiert?
  • Sind alle um einen hohen beruflichen Standard bemüht, bzw. darum, dass der Patient nach dem besten Standard behandelt wird?
  • Ist man bereit, notfalls einen Patienten auch zu einem Spezialisten weiterzuschicken?
  • Wie reagiert man auf Neuerungen: grundsätzlich negativ? primär positiv?
  • Werden Nachlässigkeit und Schlamperei bekämpft, indem man die Zuständigen aufmerksam macht, oder meidet man jeden Konflikt bzw. jede Anstrengung in dieser Richtung?
  • Hat man Nachteile vom Vorgesetzten zu erwarten, wenn man auf Qualitätsmängel aufmerksam macht?
  • Werden beobachtete Mängel geahndet, auch wenn sie nicht direkt in das Aufgabenbereich des Beobachters fallen?

Solidarität

  • Werden Mängel im Krankenhaus nach außen getragen?
  • Wird von jedem einzelnen versucht, einen Beitrag zu leisten, um Mängel zu beheben?
  • Herrscht Loyalität nach außen?
  • Wird bei der Urlaubsplanung auf die Bedürfnisse des Betriebes Rücksicht genommen?
  • Wird bei der Urlaubsplanung auf die Bedürfnisse der Angestellten Rücksicht genommen?
  • Sind alle bereit, bei Krankheit eines Kollegen in einen Dienst einzuspringen, oder ist dies jedes Mal ein Problem?
  • Helfen bei einem Zwischenfall alle zusammen, oder stellt man sich eher taub?

Umgang

  • Wird auf Umgangsformen Wert gelegt?
  • Sprechen die Vorgesetzten im Befehlston oder immer mit einem Bitte?
  • Grüßt sich das Personal untereinander?
  • Werden Neuankömmlinge im Haus vorgestellt?
  • Stellen sich Neuankömmlinge auch selbst vor, wenn sie jemandem begegnen?
  • Bemüht man sich, Neuankömmlinge möglichst umfassend in ihre Arbeit einzuführen, oder sind sie auf sich alleine gestellt?
  • Spielen Sympathien und Antipathien eine übermäßige Rolle im Umgang untereinander?
  • Herrscht immer ein höflicher Umgangston?
  • Kennen sich alle mit Namen? (Schwestern - Ärzte, Ärzte - Schwestern, usw.)
  • Verabschiedet man sich, wenn man das Haus verlässt, oder verschwindet man still und heimlich?
  • Verabschiedet man sich, wenn man auf Urlaub geht?
  • Herrscht ein familiärer Geist, insbesondere wenn Kolleginnen und Kollegen in Not sind?
  • Wird Anteil an der Not eines Kollegen (einer Kollegin) genommen?
  • Wird respektlos über Patienten gesprochen?
  • Wird laut über den Gang miteinander gebrüllt?
  • Ist der Umgangston höflich, zuvorkommend und mit allen respektvoll?
  • Ist der Gesprächston untereinander (zwischen Gleichgestellten) salopp?
  • Wird auf eine ordentliche Kleidung Wert gelegt?

Verantwortungssinn

  • Werden Anordnungen verlässlich ausgeführt und wird darüber bei deren Abschluss berichtet?
  • Sorgt jeder (selbst) dafür, dass er im Urlaub qualifiziert vertreten wird?
  • Geht niemand heim, bevor die Arbeit getan ist?
  • Ist jeder bereit einzuspringen, wenn Pannen passieren, bevor ein Schaden für den Patienten eintritt?

Vertrauen

  • Hat der Krankenhaus-Träger Vertrauen in die redliche Beachtung der Dienstzeiten seiner Angestellten?
  • Werden die Arbeitszeiten peinlich kontrolliert?
  • Wird die Arbeitszeit kleinlich eingehalten?
  • Ist man um einen persönlichen Kontakt mit dem Hausarzt des jeweiligen Patienten bemüht?
  • Werden Versprechungen eingehalten?
  • Kann man sich im Haus auf ein Wort verlassen?
  • Ist der Beruf für viele, für einige, für wenige Berufung?

III. Fachverantwortung

  • Werden Fortbildungsveranstaltungen geschätzt?
  • Besteht Bereitschaft, das Wissen dem anderen zu vermitteln (- Fragen bei Nichtwissen)?
  • Wird bei Nichtwissen und Unsicherheit nachgelesen?
  • Werden Standards für die einzelnen Therapiekonzepte ausgearbeitet?
  • Werden im Zweifelsfall Spezialisten beigezogen (befragt)?
  • Wird Werbung ungeprüft in die Tat umgesetzt?
  • Ist man bemüht, immer Verbesserungen durchzuführen?
  • Ist man bemüht, möglichst alles beim alten zu belassen?
  • Werden nur gesicherte Therapieverfahren angewendet?
  • Gibt es eine Bibliothek, wo nachgelesen werden kann?
  • Liegen gute Zeitschriften auf?
  • Werden Modeerscheinungen und neue Therapieverfahren auf ihre Sinnhaftigkeit (wissenschaftliche Absicherung) hin geprüft?
  • Wird der Betriebsrat regelmäßig bei Entscheidungen befragt?
  • Tritt die kollegiale Führung regelmäßig zusammen?
  • Werden Beschlüsse ausgeführt oder nur archiviert?

IV. Recht

  • Gibt es eine Dokumentation über das Aufklärungsgespräch?
  • Werden von Schwestern Tätigkeiten verlangt, zu denen sie nicht berechtigt sind?
  • Gibt es SOS für Notfälle (Erste Hilfe)?
  • Gibt es regelmäßige Erste-Hilfe-Kurse?

V. Kleine Dinge / Leitbild / Alltagsethos

Atmosphäre

  • Wird versucht, Lärm zu vermeiden? Geschirrspüler? Fernseher-Regelung (Fernsehkultur)? Lautstärke beim Gespräch?
  • Wird für Ruhe (insbesonders am Abend) gesorgt?
  • Werden Lautsprecher nur im Notfall benutzt?
  • Wird das Essen appetitlich zubereitet?
  • Wird das Essen appetitlich aufgetischt (Gedeck)?
  • Wird das Essen warm serviert?
  • Sind die Teller vorgewärmt?
  • Wird die Bettwäsche häufig gewechselt?
  • Ist die Bettwäsche immer sauber?
  • Werden die Betten täglich gelüftet?
  • Interessiert man sich für den weiteren Krankheitsverlauf, wenn der Patient das Haus verlassen hat?
  • Erkundigt man sich über den Patienten, wenn er auf eine andere Abteilung transferiert wird?
  • Wird der Patient besucht, wenn er innerhalb des Hauses auf eine andere Abteilung verlegt wird?
  • Wird der Patient auch in einem anderen Krankenhaus besucht (wenn er verlegt wurde)?

Materielles

  • Werden die Toiletten sauber gehalten - gibt es dazu Richtlinien (SOP usw.)?
  • Schließen Türen und Fenster?
  • Sind die Wasserhähne dicht?
  • Werden die Abflüsse regelmäßig gereinigt?
  • Wird in den Zimmern ausreichend gelüftet?
  • Gibt es Maßnahmen bei Geruchsbelästigung?
  • Sind Alarmglocken schrill oder erträglich?
  • Ist das Geschirr geschmackvoll?
  • Wird auf gute Matratzen geachtet?
  • Sind die Bettmatratzen durchgelegen?
  • Ist die Bettwäsche sauber und ohne Löcher?

Ordnung

  • Wissen die Patienten wann sie dran kommen (Tag, Stunde)?
  • Stimmt der Zeitplan mit der Wirklichkeit überein?
  • Gibt es große Verzögerungen im Zeitplan?
  • Werden die Arbeitszimmer in Ordnung verlassen?
  • Wird alles liegengelassen, wenn Arbeitsschluss ist?
  • Wird auf Pünktlichkeit Wert gelegt?

Umgang

  • Wird das Essen "hingeknallt"?
  • Wird den Patienten beim Essen geholfen, wenn sie dies nicht allein können?
  • Wird ein "guter Appetit" gewünscht?
  • Werden alte Menschen mit "Vaterl" bzw. "Mutterl" tituliert?
  • Wird jeder mit Herr bzw. Frau angesprochen (auch alte Menschen)?
  • Werden die Patienten bei Verzögerungen informiert?
  • Kümmert man sich auch weiter um Patienten, wenn sie das Haus verlassen haben?

Umgang mit Sterbenden

  • Werden die Angehörigen rechtzeitig verständigt, wenn ein Patient im Sterben liegt?
  • Werden die Angehörigen sofort verständigt, wenn ein Patient gestorben ist?
  • Werden die Angehörigen vom Arzt über den Tod eines Patienten benachrichtigt? Von der Schwester? Von der Kanzlei?
  • Kümmert man sich darum, dass der Patient bei Entlassung daheim ausreichend versorgt wird?
  • Werden Sterbende alleine gelassen?
  • Wer bleibt beim Sterbenden: Arzt? Schwester?
  • Wird der Priester rechtzeitig zu dem Sterbenden geholt? Vom Arzt?, Von den Schwestern?
  • Wird der Patient beim bevorstehenden Tod aufgeklärt, solange er noch bei Bewusstsein ist?
  • Wird der Patient in den Tod hinübergeschwindelt? a) Durch Reden (falsche Hoffnungen) b) durch Medikamente (dämpfende Pharmaka)
  • Gibt es Richtlinien, wie bei Sterbenden vorzugehen ist?
  • Gibt es ein Sterbezimmer?

Referenzen

  1. Vgl. Prat E., Qualitätssicherung und Tugenden. Die Begründung des Zusammenhanges, In: IH 3/00, S.199-211
  2. Vgl. Rhonheimer M., Die sittlichen Tugenden. Anthropologische und praktisch-kognitive Dimension, In: IH 2/00, S.103-113

Anschrift der Autoren:

Univ.-Prof. Dr. Johannes Bonelli, Direktor des KH St. Elisabeth
Landstraßer Hauptstraße 4a, A-1030 Wien Univ.-Prof. Dr. Heinrich Mader, KH der Barmherzigen Brüder
Große Mohrengasse 9, A-1020 Wien

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
Unterstützt von: