Soll PID in Österreich zugelassen werden?

Imago Hominis (2004); 11(1): 10-11
Notburga Auner

Die österreichische Öffentlichkeit darf sich auf eine Debatte über die Präimplantationsdiagnostik vorbereiten. Das Signal dafür hat der Vorsitzende der österreichischen Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, Prof. Johannes Huber, gegeben, indem er am 15. Jänner 2004 in einem Gespräch mit der „Presse“ folgende Ankündigung gemacht hat. So schreibt die Zeitung: „Die Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt hat sich bei ihren Beratungen am Mittwoch (14. Jänner 2004) geeinigt, auch in Österreich die bisher verbotene Präimplantationsdiagnostik (PID) zumindest teilweise zuzulassen“.

Was ist PID?1 Unter Präimplantationsdiagnostik (PID) oder auch Präimplantations-Gen-Diagnose (PGD) versteht man die Untersuchung eines in vitro (im Reagenzglas) erzeugten Embryos auf genetische Defekte hin, bevor dieser Embryo in die Gebärmutter transferiert wird. Defekte, die dabei entdeckt werden, können zur Zeit nicht korrigiert werden. Das bedeutet, dass Embryonen, die Träger dieser Defekte sind, vor dem Transfer in die Gebärmutter eliminiert werden. PID ist daher eine eugenische Maßnahme, die in der Selektion von Menschen im Embryonalstadium besteht.

Erstaunlich in der Ankündigung von Prof. Huber ist, dass er diese Aussage macht, obwohl, wie er selber bestätigt, „die wissenschaftlichen, rechtlichen und vor allem ethischen Fragen noch nicht abschließend behandelt sind“. Erkundigungen bei den Mitgliedern der Kommission ergaben, dass diese Fragen überhaupt noch nicht zur Diskussion standen, es wurden nur Vorfragen geklärt. Offensichtlich soll nun die Kommission unter Zeitdruck gestellt werden.

Der Vorsitzende der österreichischen Bio-ethikkommission sieht in der PID eine wesentliche Verbesserung der Situation von Frauen, die durch künstliche Befruchtung schwanger werden. „Das bedeutet", so Huber , „dass man den Frauen nicht mehr eine befruchtete Eizelle einpflanzt und sie damit ins Ungewisse schickt“. Man suggeriert damit, „dass man in Zukunft keinen Embryo mehr einsetzen würde, bei dem man damit rechnen müsse, dass er bereits während der Schwangerschaft abgehen wird oder das Kind kurz nach der Geburt sterben wird“. Dies ist aber nicht korrekt, denn so genau weiß man es nicht, weil derzeit mit und auch ohne Defekt die Erfolgsraten von IVF nicht höher als bei 30% liegen. Letztlich kann es nur darum gehen, zu verhindern, dass Embryonen mit bekanntem Defekt implantiert werden.

Man muss es klar sagen: PID steht nicht im Dienste einer Therapie oder einer Heilung sondern allein im Dienste der Entscheidung über Leben oder Tod. Sie ist unmittelbares Instrument der Selektion und mittelbares Instrument der Tötung von Menschen.

PID öffnet also einer schwer kontrollierbaren Menschenselektion Tür und Tor. Eine gesellschaftliche Akzeptanz der PID würde die Behinderten unter einen unerträglichen, entwürdigenden sozialen Druck setzen: Sie würden als Individuen gelten, die der etablierten Selektion entkommen sind.

Ein weiteres Argument gegen die PID muss angeführt werden: ist sie einmal erlaubt, wird kaum mehr kontrollierbar sein, was und wieso implantiert wird. Die Kriterien der Selektion will man klar definieren, es bleibt aber vorauszusehen, dass es bald nicht mehr um bestimmte Krankheiten gehen wird. Die Grenze zwischen Defekt (Krankheit) und Mangel an erwünschten Eigenschaften wird immer unscharf bzw. kulturell- und modebedingt sein. Mit Hilfe der PID wird es theoretisch sogar möglich, Embryonen auf Normalmerkmale zu testen, nur um Menschen nach Maß zu schaffen. Einen kleinen Vorgeschmack bieten jene (noch wenigen) Zentren, die zwecks Geschlechtsbestimmung die PID anbieten. Darf sich der Mensch anmaßen, über die Eigenschaften der künftigen Generation zu bestimmen? Würde dies nicht deutlich die Menschenwürde verletzen? In der deutschen Diskussion zu diesem Thema ist klar geworden, dass eine Einschränkung der PID auf wenige Fälle nicht funktionieren kann.

Im Vorjahr hat der Deutsche Ethikrat eine Stellungnahme zur PID mit zwei Voten gemacht: für ein absolutes Verbot waren neun Mitglieder und für eine eingeschränkte Anwendung der PID fünfzehn. Die Empfehlung hat bis jetzt keine Konsequenzen gehabt, und es scheint nicht absehbar, dass das gesetzliche Verbot der PID bald zurückgenommen wird.

Es ist zu hoffen, dass in Österreich, mit oder ohne Empfehlung der Bioethikkommission, PID weiterhin illegal bleibt. Dazu läuft derzeit eine Unterschriftenaktion, die die Aktion Leben (siehe Ankündigung hier unten) promoviert. Zahlreiche Persönlichkeiten des Öffentlichen Lebens, unter anderem auch Kardinal Schönborn und Kardinal König, haben diese bereits unterzeichnet.

Referenzen

  1. vgl. auch Imabe-Ethikkommission, Erklärung zur Präimplantationsdiagnostik, Imago Hominis (2001); 8: 91-93

Anschrift der Autorin:

Dr. Notburga Auner, Imabe-Institut
Landstraßer Hauptstraße 4/13, A-1030 Wien

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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