Abbruch der Reanimationsmaßnahmen

Imago Hominis (1998); 5(1): 35-36
Kurt Lenz

Reanimationsmaßnahmen dienen solange zur Aufrechterhaltung eines Minimalkreislaufes und des Gasaustausches, bis wiederum eine ausreichende Kreislauffunktion oder aber der klinische Tod eintritt. Der klinische Tod ist ein Zustandsbild, welches klinisch den äußeren Anschein des Todes bietet und durch Pulslosigkeit, tiefes Koma ohne Reaktion, Fehlen zentraler Reflexe und Muskelerschlaffung, totaler Apnoe und Pupillenerweiterung gekennzeichnet ist (Forster B et al 1979). Trotz Erreichen eines adäquaten Spontankreislaufes durch die Reanimationsmaßnahmen kann die Notwendigkeit der Überbrückung des Ausfalles des respiratorischen Systems durch eine maschinelle Beatmung noch über eine weitere Zeit bestehen bleiben, da sehr oft als Folge des Herzkreislaufstillstandes eine vorübergehende Funktionseinschränkung des respiratorischen Systems einhergehend mit einer erhöhten Atemarbeit eintritt.

Wie bei der Diagnose des Hirntodes kann auch das Sistieren von Kreislauf und Atmung nur dann als Kriterium des Todes angesehen werden, wenn dieser Stillstand irreversibel ist, was letztlich wieder davon abhängt, ob eine Erholung von wenigstens Teilfunktionen des Gehirnes noch möglich ist. Die Wiederbelebungszeit des Gehirnes als die eben noch tolerierbare Zeitspanne der Kreislaufunterbrechung ist jedoch von zahlreichen Faktoren wie Alter, vorbestehender Sauerstoffversorgungszustand und vor allem auch von der Zeitspanne, für welche die Atmung den Herzstillstand noch überdauert hat, abhängig und daher in jedem Fall anders. Allerdings sind natürlich auch Reanimationsmaßnahmen nach einer gewissen Zeit zu beenden, die Frage ist allerdings wann. Aufgrund des derzeitigen Wissens über den Eintritt der irreversiblen Hirnschädigung nach einem > 10 minütigen Perfusionausfall wurden folgende Empfehlungen ausgesprochen:

Ist nach einer zehnminütigen Herzmassage und adäquaten Beatmung, bzw. erweiterten Reanimationsmaßnahmen keine Änderung in der Pupillenmotorik bei Patienten mit primär lichtstarren Pupillen zu erzielen, sind die Reanimationsmaßnahmen zu beenden. Ausnahmen sind hier Neugeborene, unterkühlte Patienten und Patienten nach Einnahme zentral wirksamer Substanzen oder Mydriatika und allgemein Patienten mit Intoxikationen (Guidelines des European Council für BLS und ACLS; Althaus U et al 1987).

Reanimationsmaßnahmen – Basismaßnahmen und erweiterte Maßnahmen – sind solange fortzusetzen, solange keine irreversiblen Zeichen eines Hirntodes feststellbar sind, d.s. weite lichtstarre Pupillen. Durch adäquate und rechtzeitig begonnene Reanimationsmaßnahmen sollte jedoch in der Regel durch Aufrechterhaltung des Minimalkreislaufes auch eine ausreichende Hirnperfusion und damit auch Hirnfunktion erzielt werden. Ein Hirntod ist hier nicht zu erwarten und damit auch keine Zeichen des Ausfalles der Hirnfunktion, wie reaktionslose weite Pupillen. Wann ist hier eine Reanimation zu beenden?: Eine Irreversibilität des Herzversagens ist hier bei Patienten mit elektromechanischer Dissoziation und Asystolie trotz 30 minütiger adäquater Herzmassage und Beatmung gegeben. Reanimationsmaßnahmen sind daher nach diesen 30 Minuten zu beenden (G. Bauer 1993). Bei Patienten mit rezidivierendem Kammerflimmern kann aufgrund der Erholung des Kreislaufes auch nach noch längerer Zeit diesbezüglich jedoch keine Zeitangabe zum Abbruch der Reanimationsmaßnahmen gegeben werden (Guidelines des European Council für BLS und ACLS).

Literatur

  • Guidelines des European Council für die Basismaßnahmen der Herz-Lungen-Wiederbelebung (BLS) und die erweiterten notfallmedizinischen Maßnahmen (ACLS) Intensivmedizin und Notfallmedizin 30: 181-187 (1993)
  • Bauer G, Rechtsmedizinische Grundlagen in der Notfallmedizin In: Notfallmedizin (Hrsg. Fitzal-Enenkel-Steinbereithner-Weber) Maudrich Verlag, Wien-München-Bern, 1993
  • Althaus U. et al, Management of profound accidental hypothermia with cardiorespiratory arrest. Ann Surg 1982, 195: 492-495
  • Forster B., Ropohr D., Rechtsmedizin, 2. Auflage, Enke Stuttgart 1979

Anschrift des Autors:

Prim. Univ.-Prof. Dr. Kurt Lenz
Konventspital der Barmherzigen Brüder
Seilerstätte 2
A-4020 Linz
Kurt.Lenz(at)univie.ac.at

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