Fragwürdige staatliche Förderung eines Abtreibungsmuseums

Imago Hominis (2008); 15(1): 9-10
Niklas Schmidt

Gemäß § 4 Abs 4 Z 6 lit b erster Teilstrich Einkommensteuergesetz (EStG) sind Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen an Museen von Körperschaften des öffentlichen Rechts als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig. Seit 2002 gilt die Abzugsfähigkeit auch für Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen an „Museen von anderen Rechtsträgern, wenn diese Museen eine [richtig: einen] den Museen von Körperschaften des öffentlichen Rechts vergleichbaren öffentlichen Zugang haben und Sammlungsgegenstände zur Schau stellen, die in geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Hinsicht von gesamtösterreichischer Bedeutung sind. Über Aufforderung der Abgabenbehörden ist das Vorliegen der Voraussetzungen durch eine vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur ausgestellte Bescheinigung nachzuweisen“ (vgl § 4 Abs 4 Z 6 lit b zweiter Teilstrich EStG). Über den Verweis in § 18 Abs 1 Z 7 EStG sind derartige Spenden an „öffentliche“ und „private“ Museen auch außerhalb eines Betriebsvermögens im Rahmen des Sonderausgabenabzugs absetzbar.

Im Dezember 2007 ist bekannt geworden, dass das in Wien ansässige „Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch“ (http://www.muvs.org/) vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK, ehemals Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur) eine Bescheinigung gemäß § 4 Abs 4 Z 6 lit b zweiter Teilstrich EStG erhalten hat, so dass Spenden an diese Institution damit steuerlich absetzbar werden.1 Das „Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch“ befindet sich laut Homepage an der Adresse Mariahilfer Gürtel 37, 1150 Wien. Als Gründer der Einrichtung wird auf der Homepage der prominente Wiener Abtreibungsarzt Dr. Christian Fiala genannt. Nach dem auf der Homepage dargestellten Grundriss besteht das „Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch“ (neben dem Eingangsbereich) aus genau zwei Räumen. An derselben Adresse wie das „Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch“ befindet sich eine Abtreibungsambulanz (Gynmed Ambulatorium für Schwangerschaftsabbruch und Familienplanung), bei welcher der genannte Abtreibungsarzt tätig ist.

Auf Anfrage des Autors dieser Zeilen hat der Leiter der zuständigen Abteilung im BMUKK mitgeteilt, dass das BMUKK Bescheinigungen gemäß § 4 Abs 4 Z 6 lit b zweiter Teilstrich EStG nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ausstelle, wobei die Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzungen mit Hilfe einer Liste von objektiv nachvollziehbaren, generellen Beurteilungskriterien erfolge, die im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) und dem Österreichischen Museumsbund erarbeitet worden seien. Aufgrund dieses Sachverhaltes wäre spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Hingegen ist es für das BMF (Abteilung Kommunikation) gemäß einem dem Autor vorliegenden eMail an IMABE nicht nachvollziehbar, auf welcher Basis vom BMUKK die Spendenabzugsfähigkeit bescheinigt wurde. In der Praxis wäre es bisher so gewesen, dass Museen um eine Bescheinigung beim BMUKK angefragt hätten und – sollte eine Bescheinigung ausgestellt worden sein – diese von den Abgabenbehörden auch anerkannt worden wäre. Da sich im vorliegenden Fall nunmehr herausgestellt hätte, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abzugsfähigkeit trotz Bescheinigung nicht vorlägen, würde das BMF Spenden an das „Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch“ trotz Bescheinigung nicht als abzugsfähig anerkennen.

Wer hat recht, das BMUKK oder das BMF? Bei der Beurteilung der Frage, ob die vom BMUKK ausgestellte Bescheinigung rechtswidrig ist oder nicht, muss man Folgendes berücksichtigen: Das Gesetz verlangt für die Abzugsfähigkeit (und somit korrespondierend für das Ausstellen einer Bescheinigung),

  • dass ein Museum eines privaten Rechtsträgers vorliegt,
  • dass dieses Museum einen den Museen von Körperschaften des öffentlichen Rechts vergleichbaren öffentlichen Zugang hat, und
  • dass dieses Museum Sammlungsgegenstände zur Schau stellt, die in geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Hinsicht von gesamtösterreichischer Bedeutung sind.

Im vorliegenden Fall ist der dritte Punkt besonders relevant: Bei einer nur aus zwei Räumen bestehenden Einrichtung kann seriöserweise wohl kaum von gesamtösterreichischer Bedeutung gesprochen werden, sondern höchstens von lokaler Bedeutung. Der Gesetzgeber des Jahres 2002 wollte sicher nicht offenkundig kommerziell motivierte Minisammlungen fördern; vielmehr ging es um die Herstellung der Abzugsfähigkeit für namhafte Einrichtungen wie z. B. die Sammlung internationaler zeitgenössischer Kunst von Agnes und Karlheinz Essl in Klosterneuburg mit ihren ca. 6.000 Werken oder das Liechtenstein Museum in Wien mit einem Bestand in gleicher Größenordnung – private Museen, die aufgrund ihrer Vielzahl an Exponaten so wie die Bundesmuseen Besucher aus ganz Österreich (und außerhalb) anziehen.

Zusammenfassend hat das BMUKK daher eine rechtswidrige Bescheinigung gemäß § 4 Abs 4 Z 6 lit b zweiter Teilstrich EStG ausgestellt. Im Sinne des Lebensschutzes ist es zumindest erfreulich, dass das BMF diese nicht akzeptieren wird.

Referenzen

  1. vgl. z. B. „Die Presse“, 18. 12. 2007; http://www.muvs.org/museum/newsletter/?id=46

Anschrift des Autors:

RA/StB MMag. Dr. Niklas Schmidt
Hietzinger Hauptstraße 69, A-1130 Wien
Niklas.Schmidt(at)gmail.com

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