Chancen und Risiken von gentechnischen Modifikationen am Menschen

Imago Hominis (2023); 30(2): 121 – 128
Paul Cullen

Zusammenfassung

Als das menschliche Erbgut im Jahr 2000 entschlüsselt wurde, stellte man sich vor, nicht nur seltene Erbkrankheiten wie Sichelzellanämie, sondern auch komplexe Erkrankungen mit einer Erbkomponente wie Diabetes mellitus mittels Gentherapie bald heilen zu können. Zwanzig Jahre später ist Ernüchterung eingetreten: Derzeit gibt es nur eine Handvoll solcher Therapien, die alle für seltene Erkrankungen gedacht und sehr teuer sind. Heute ranken sich ähnliche Erwartungen um die Genschere CRISPR. Doch ist wahrscheinlich, dass auch hier Enttäuschung sich mittelfristig breit machen wird. Der Versuch, Menschen nach Erbkriterien auszuwählen oder zu ‚verbessern‘ ist nicht nur ethisch fragwürdig, sondern technisch zweifelhaft.

Schlüsselwörter: CRISPR, Gentherapie, genetische Diskriminierung

Abstract

When the sequence of the human genome was released in the year 2000, many thought it would soon be possible to use gene therapy to cure not only genetic disorders (such as sickle cell anaemia) but also complex diseases with an inherited component (such as diabetes mellitus). Twenty years later, disillusionment has set in: only a small number of very expensive gene therapies for rare diseases exist. Similarly high expectations today surround the ‘genetic scissors’ CRISPR. However, it is likely that these, too, will be disappointing in the medium-term. The attempt to select human beings based on genetic criteria, or to ‘improve’ them genetically, is not only ethically questionable but is also likely to be technically unfeasible.

Keywords: CRISPR, gene therapy, genetic discrimination

Anschrift des Autors:

Prof. Dr. med. Paul Cullen
MVZ Labor Münster Hafenweg GmbH
Hafenweg 9-11, D-48155 Münster
p.cullen(at)labor-muenster.de

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Anthropologie und Bioethik
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