Bioethik aktuell

AIDS: Maßnahmen nur erfolgreich bei Einschränkungen im Sexualverhalten

Lancet klärt über die 10 Mythen der HIV-Prävention auf und fordert eine Trendwende

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Viel Geld wurde in die Bekämpfung und Prävention von AIDS bereits investiert, doch vielleicht unter falschen Voraussetzungen. In einem Kommentar im angesehenen Fachjournal Lancet (2007; 370: 180, 30. 11. 2007) diskutiert James Shelton vom Bureau for Global Health der US Agency for International Development in Washington zehn Mythen, von denen er annimmt, dass sie die HIV-Prävention behindern, weil sie den falschen Schwerpunkt setzten. Unter den Mythen zählt Shelton auf, dass in Afrika Prostitution und Armut das Hauptproblem bei der Ausbreitung von Aids sei. Für diese Aussage gäbe es kaum Anhaltspunkte. Nicht Prostitution sondern mehrfache Partnerschaften seien das Problem. Paradoxerweise seien HIV-Infektionen sogar bei wohlhabenden Menschen allgemein weiter verbreitet, da ein gewisser Wohlstand parallele Partnerschaften fördere. Ein weiterer Mythos bestünde darin, zu meinen, sich bei Kampagnen vor allem auf Jugendliche konzentrieren zu müssen. Damit verfehle man ebenfalls das Ziel, konstatiert Shelton. Allgemeine Epidemien überspannen jedes reproduktive Alter, deshalb müssten auch alle einbezogen werden. Für einen weiteren Mythos hält Shelton die Aussage, dass „Kondome die Antwort“ seien. Sie hätten nur eine geringe Wirkung bei generalisierten, also über die Risikogruppen hinaus in die allgemeine Bevölkerung vordringenden Epidemien, da viele ihren Gebrauch ablehnen, der Schutz unzureichend und der Gebrauch unregelmäßig sei. Kondome scheinen zudem die Hemmschwelle zu senken, wenn sich Menschen auf riskante sexuelle Beziehungen einlassen - mit oder ohne Kondom. Ebenso kritisch sieht Shelton HIV-Tests, Behandlungen oder neue Therapien als Antwort auf die epidemische Ausbreitung von Aids. Es sei ein Mythos, dass eine dieser Maßnahmen greife, solange sie nicht zu einer Verhaltensänderung der Menschen führen. Fehlt dieser Schritt, würden Menschen eher in einem risikoreichen Sexualverhalten bestärkt, erklärt Shelton. Er plädiert deshalb dafür, sich in der Prävention auf den wesentlichsten Antrieb der generalisierten Epidemie zu konzentrieren - die multiplen Partnerschaften, ein persönliches Risiko, das die Menschen nicht ausreichend wahrnehmen würden. Selbst ein geringfügiger Rückgang bei den mehrfachen Partnerschaften könnte die Dynamik der Epidemie - wie das Beispiel Kenia gezeigt habe - wesentlich dämpfen.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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