Bioethik aktuell

Australien: Keine Entschädigung für „ungerechtes Leben“ mit Behinderung

Gericht wies Klage der Behinderten zurück, die nicht geboren sein wollten

Lesezeit: 01:08 Minuten

Die 25-jährige Alexia Harriton und der fünf Jahre alte Keeden Waller haben kein Recht, gegen die Ärzte ihrer Mütter juristisch vorzugehen. Zu diesem Urteil kam der Oberste Gerichtshof Australiens (9. Mai 2006), der die Klagen zweier Schwerstbehinderter zurückwies, die eine Entschädigung dafür gefordert hatten, dass sie geboren wurden. Harriton ist seit ihrer Geburt blind, taub und geistig zurückgeblieben, nachdem ihre Mutter in der Schwangerschaft an Röteln erkrankte. Waller, der im Reagenzglas gezeugt wurde, sei „ungerechterweise“ mit einem von seinem Vater vererbten Gendefekt zur Welt gekommen, so seine Anwälte. Seine Eltern gaben an, sie hätten den Zeitpunkt der Befruchtung verschoben, bis Heilungsmethoden für die Krankheit gefunden seien, wenn sie von der Gefahr einer Behinderung gewusst hätten. Beide hatten ihre Klagen unter das Stichwort „ungerechtes Leben“ gestellt und Schadenersatz von den damals behandelnden Ärzten gefordert. Das Oberste Gericht kam jedoch mit sechs gegen eine Stimme zu dem Schluss, die Ärzte der Eltern hätten ihre Pflichten nicht vernachlässigt, berichten australische Medien. Es sei nicht zulässig, Leben mit „Nicht-Existenz“ zu vergleichen und daraus einen Anspruch auf Entschädigung abzuleiten. Es sei für einen Richter unmöglich, zwischen den Schäden durch eine Behinderung und purer Nicht-Existenz abzuwägen, betonte die Richterin Susan Crennan. Weder durch Philosophie noch durch Theologie könne jemand ermessen, was das Nicht-Sein bedeute.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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