Bioethik aktuell

Deutschland: Gute Gründe für ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik

Abgeordnete verschiedenster politischer Lager schmieden gemeinsam Gesetzesentwürfe

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Seit Monaten findet in Deutschland eine breite gesellschaftspolitische und fraktionsübergreifende Debatte zur umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) statt. Bei der PID werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen auf Gen-Defekte untersucht, bevor sie in die Gebärmutter eingesetzt werden, und im Fall von „Schäden“ vernichtet. Inzwischen haben sich Pro- und Kontra-Allianzen quer durch alle Parteien gebildet und Gesetzesentwürfe vorgelegt: Sie reichen von einer uneingeschränkter Zulassung über ein Verbot mit Ausnahmen unter bestimmten Bedingungen (Gesetzesentwurf) bis hin zu einem kompletten Verbot der Selektion von Embryonen im Rahmen einer künstlichen Befruchtung (Fraktionsübergreifendes Eckpunktepapier: Gute Gründe für ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik). Zu den Initiatoren letzterer Variante gehören Abgeordnete von CDU und CSU, SPD-Politikerinnen wie die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, mehrere Grünen-Abgeordnete, eine Linke-Politikerin sowie ein FDP-Abgeordneter.

In ihrem Eckpunktepapier für ein komplettes Verbot der PID halten die Initiatoren fest: „Eine Gesellschaft, in der der Staat darüber entscheidet oder andere darüber entscheiden lässt, welches Leben gelebt werden darf und welches nicht, verliert ihre Menschlichkeit“. Die Initiative wendet sich gegen eine „Selektion menschlichen Lebens allein aufgrund einer schweren Erkrankungen oder Behinderung“. Eine Legalisierung der PID würde aus ihrer Sicht einen „Paradigmenwechsel“ darstellen. In dem Gruppenantrag heißt es, man erkenne den hohen Leidensdruck betroffener Paare an. Doch behalte man die gesellschaftspolitischen Auswirkungen im Blick.

Ein gewichtiges Argument gegen PID seien auch die Erfahrungen in anderen Ländern. Die begrenzte Zulassung für nur wenige Einzelfälle ist in der Praxis nicht möglich. Zudem bestehe die Gefahr, dass künftig nicht nur Embryonen mit schweren Gen-Defekten aussortiert würden, sondern gezielt auch „erwünschte“ Embryonen erzeugt werden.

Darauf wies auch der in Österreich für Familie und Lebensschutz zuständige Diözesanbischof Klaus Küng im Standard (online, 06. 01. 2011). hin. Schon jetzt richtet sich PID nicht „nur“ auf Behinderungen, sondern auf mögliche, später auftretende Krankheiten: „Wo wird die Grenze sein?“ In Österreich ist der Gencheck von Embryonen vor der Implantation verboten. Der Deutsche Bundestag soll im Frühsommer 2011 über die gesetzliche Regelung der PID entscheiden. Der Fraktionszwang wurde aufgehoben.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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