Bioethik aktuell

Forschung: USA lenken ein und fördern „ethisch saubere“ Stammzellforschung

IMABE kritisiert Finanzierung von Embryonenzerstörung durch EU-Gelder

Lesezeit: 02:34 Minuten

Das Potential für Therapien aus Stammzellen, die ethisch sauber gewonnen wurden - also ohne die Zerstörung von menschlichen Embryonen - ist offenbar so gestiegen, dass große öffentliche Geldgeber in den USA den Finanztopf für Forschungsprojekte mit menschlichen embryonalen Stammzellen (ES-Zellen) schließen, dafür aber das Geld in die Forschung mit adulten Stammzellen oder auch IPS-Zellen stecken. Im Jahr 2013 gingen bereits 90% der Förderungen des weltweit finanzkräftigsten Instituts zur Stammzellforschung, des California Institute for Regenerative Medicine (CIRM), auf das Konto von Projekten mit adulten und IPS- Zellen. Dies berichtet die Washington Post (online, 3. 12. 2013) unter Berufung auf einen aktuellen vom Charlotte Lozier-Institut publizierten Report über die Verteilung der US- Finanzförderung im Bereich Stammzellenforschung. IPS sind jene Körperzellen, die sich dank der vom Nobelpreisträger Shiman Yamanaka 2012 entwickelten Methode so zurückprogrammieren lassen, dass sie quasi-embryonale Fähigkeiten besitzen und sich prinzipiell in jedes Gewebe entwickeln können (IMABE November 2012: Stammzellen: Nobelpreis zeigt, dass ethisch sauberes Forschen erfolgreich ist).

Unter den 31 geförderten CIRM-Studien gab es 2013 nur noch eine einzige (!) mit embryonalen Stammzellen. Der Kontrast zur jüngeren Vergangenheit ist groß, zumal im Jahr 2007 das CIRM mit einem 10-Jahres-Budget von drei Milliarden Dollar als Flaggschiff für die Forschung an ES-Zellen gegründet worden war - als Reaktion auf die von Präsident George W. Bushs verfügte Beschränkung von öffentlichen Geldern für embryonale Stammzellforschung. Damals waren sämtliche CIRM- Förderungen ausschließlich in Projekte mit ES-Zellen geflossen.

Als zweiter Indikator für eine Trendwende gilt der Bundesstaat Maryland, der ebenfalls für ein liberales Gesetz zur Stammzellenforschung steht. Maryland ist Heimat der Johns Hopkins University School of Medicine und damit ein führender Standort für die Stammzellforschung. Im Jahr 2007 finanzierte die Maryland Stammzellforschung Kommission 11 Projekte, die menschliche Embryonen-Stammzellen, und vier, die adulte Stammzellen verwendeten. 2013 gab es nur noch ein einziges embryonales Stammzellprojekt (0,1 Mill. US-Dollar) gegenüber 28 nicht- embryonalen Projekten mit einem Fördervolumen von 8 Millionen US-Dollar.

„Amerikanische Geldgeber haben offenbar ihre Lehren gezogen und ziehen sich von den ethisch nicht vertretbaren und offenbar auch ökonomisch motivierten Pseudo-Heilsversprechen mit embryonalen Stammzellen zurück“, begrüßt IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer die Entwicklungen in den USA. Umso paradoxer scheint es, wenn nun das 8. EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 mit dem Hinweis, im Wettbewerb mit den USA mithalten zu wollen, weiterhin Steuergelder in diese Forschung investiert. „Statt sich einzugestehen, auf die ‚falsche Zelle’ gesetzt zu haben, und ebenfalls die Geldflüsse in zukunftsorientierte Projekte umzulenken, haben die EU-Staaten erneut die öffentliche Förderung der Stammzellenforschung beschlossen, die die Vernichtung von Embryonen einschließt“, kritisiert Kummer.

Österreich hat aus ethischen Gründen seinen Vorbehalt gegenüber Horizon 2020 erneuert. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle hatte sich am 4. 12. 2013 in Brüssel der Stimme enthalten. Die Kommission der EU-Bischofskonferenzen (ComECE) in Brüssel betonte (vgl. Kathpress, online, 5. 12. 2013), dass „die Chance versäumt wurde, im Bereich der EU-Forschungspolitik und der Verwendung embryonaler Stammzellen den richtigen Schritt zu tun - nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch aus Sicht der neuen wissenschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen sowie mit Blick auf deren Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit von Forschung.“

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
Unterstützt von: