Bioethik aktuell

Internet-Medizin: Google stellt Online-Krankenakte und „virtuelle Pillendose“ vor

Patientenverband spricht vom „Wilden Westen im Online-Format“

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Google hat seine mit Spannung erwartete Online-Krankenakte Google Health vorgestellt, mit der US-Verbraucher ärztliche Diagnosen, Laborwerte oder andere Gesundheitsinformationen speichern und verwalten können, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 21. 05. 2008). Google Health liefert neben der Speicherfunktion auch Services wie die „virtuelle Pillendose“, die Patienten per SMS daran erinnert, rechtzeitig ihre Medikamente einzunehmen. Der US-Softwareriese Microsoft bietet schon seit Oktober mit HealthVault einen ganz ähnlichen Dienst an. Daten- und Verbraucherschützer warnten umgehend vor Sicherheitsrisiken für die Nutzer von Google Health: Sie befürchten Online-Schnüffeleien von Versicherungen oder Arbeitgebern, die Internet-Krankenakten ausspähen, um sich über den Gesundheitszustand von Versicherten und Beschäftigten zu informieren. „Das ist der Wilde Westen im Online-Format“, sagte die Psychiaterin Deborah Peel, die den Patienten-Schutzverband PatientPrivacyRights.org gegründet hat und die massiven Risiken betont. Microsoft dagegen habe bei der Entwicklung von HealthVault mit ihrer Organisation zusammengearbeitet und routinemäßigen Datensicherheits-Checks zugestimmt. Die erste Überprüfung gehe im Juni zu Ende. Ein wichtiger Bestandteil der Google-Online-Krankenakte sind Links zu Apotheken, Krankenhäusern und Laboren, um Gesundheitsdaten einzuspeisen. Für die Nutzer ist dies kostenlos, und sie bestimmen Google zufolge auch selbst, wer ihre Daten einsehen darf. Google kündigte aber an, anonyme Trenddaten nutzen zu wollen - beispielsweise welcher Prozentsatz von Diabetikern unter den Nutzern sich gegen Grippe impfen lässt. Außerdem fänden sich auf den Seiten des neuen Online-Dienstes Suchmenüs: Hier sollen - passend zu den Suchergebnissen - Werbeanzeigen geliefert werden. Datenschützer Jeff Chester vom Center for Digital Democracy kritisierte, letzten Endes gehe es Anbietern wie Google und Microsoft vor allem darum, Pharma- und Gesundheitsprodukte zu vermarkten: „Google, Microsoft und andere sehen das Dollar-Zeichen in Ihrem Krankheitsbild“, warnte er.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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