Bioethik aktuell

Marketing: Große Wirkung von kleinen Werbegeschenken bei Medizinstudenten

Pharmafirmen binden laut Studie schon angehende Ärzte strategisch an sich

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Dass die großzügige Verteilung von Werbeartikeln durchaus sinnvoll und natürlich keineswegs uneigennützig ist, zeigt eine aktuelle Studie, die die Effizienz subtiler Einflussfaktoren in der Medizin illustriert. Mit ihrer im Archives of Internal Medicine (2009; 169: 887-893) publizierten Studie wollte das Forscherteam um den Psychologen David Grande von der Universität Philadelphia überprüfen, ob und mit welchen Erfolgsaussichten die Marketingbemühungen der Pharmafirmen Erfolg haben können. Dazu luden sie Medizinstudenten verschiedener Unis zu einem Test ein, der als IAT-Test (Impliziter Assoziationstest) aufgebaut war, um vorgeblich die klinische Entscheidungsfindung zu erforschen. Die Versuchsgruppe war zweigeteilt: Die Studenten stammten zur einen Hälfte von der University of Pennsylvania School of Medicine, wo Pharmawerbung strikt verboten ist. Die andere Hälfte (insgesamt nahmen 352 Studenten an dem Experiment teil) kam von der Miami Miller School of Medicine, wo Pharmawerbung auch auf dem Campus kein Tabu ist. Die Studenten sollten bei dem Test ihre (positiv oder negativ unbewusste) Einstellung in Bezug auf verschiedene Medikamente dokumentieren: die Cholesterinsenker Zocor und Lipitor. Direkt vor dem Experiment erhielt jeder zweite Student ein Klemmbrett und einen Notizzettel, wo jeweils das Logo von Lipitor® aufgedruckt war. Wie zu erwarten, blieben die Lipitor-Logos nicht ohne Wirkung, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 12. 05. 2009). Schon die Platzierung eines Medikamentennamens auf einem Notizzettel führt zu einer veränderten Beurteilung des Präparats durch Medizinstudenten. Die Studenten assoziierten Lipitor schneller mit positiven Eigenschaften.

Interessanterweise war dies nur bei den Studenten aus Miami der Fall, die durch das ungehinderte Marketing der Firmen auf dem Campus durch eine positive Einstellung gegenüber den Pharmafirmen und ihren Produkten anscheinend geprägt waren. Bei den Studenten aus Philadelphia wurde der gegenteilige Effekt gemessen. Hier induzierten die Logos eher eine skeptische Haltung gegenüber dem Präparat Lipitor.

Dass Werbung die späteren Verordner an Firmen bindet und ein Markenbewusstsein schafft, dürfte vielen Mediziner nicht bewusst sein, wie ganz allgemein der Einfluss von Werbebotschaften in der Bevölkerung unterschätzt wird. Insgesamt deutet die Studie darauf hin, dass zwar eine subtile Exposition gegenüber den Werbebotschaften der Industrie einen nachhaltigen Einfluss hat, doch dass die Universitäten durch strenge Richtlinien diesen Einfluss eindämmen können.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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