Bioethik aktuell

Niederlande: Wirbel um Lebensrecht für Embryo mit Risiko-Gen

Bloße Veranlagung für Krankheit soll genetische Selektion erlauben

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In den Niederlanden soll möglicherweise die Anwendung der Präimplantationsdiagnostik (PID) erweitert werden. Künstlich befruchtete Embryonen sollen bei drohender Vererbung von Brustkrebs aussortiert werden dürfen, berichtet die Neue Zürcher Zeitung (online, 31. Mai 2008). Sollte der Vorschlag tatsächlich umgesetzt werden, so wäre es damit erstmals in Europa möglich, im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor der Einbringung in die Gebärmutter zu vernichten, nur weil sie ein sogenanntes Risikogen aufweisen. Eine Vielzahl solcher Risikogene ist heute bekannt. Deren Träger entwickeln nicht immer und in jedem Fall eine Krankheit, sondern weisen nur ein erhöhtes Risiko dafür auf. So haben Frauen, die die beiden nun in der Debatte stehenden Gene namens BRCA1 und BRCA2 tragen, ein Risiko von 50 bis 80 Prozent, an Brust- oder in seltenen Fällen auch an Eierstockkrebs zu erkranken. Die Selektion von Embryonen nach einer PID ist in den meisten Ländern dann erlaubt, wenn genetische Chromosomenanomalien oder Gene für schwere unheilbare Krankheiten wie Zystische Fibrose oder Chorea Huntington vorliegen. Die bloße Veranlagung ist bislang jedoch kein ausreichender Grund für eine Vernichtung. In den Niederlanden war bereits vor zwei Jahren eine von einigen Ärzten und Eltern geforderte Ergänzung der PID-Liste um Risikogene von der Regierung abgelehnt worden. Weite Teile der Öffentlichkeit hielten es für untragbar, einen Embryo einzig wegen eines potenziellen Leidens zu vernichten. Nun wird dies von den Sozialdemokraten in der Regierung erneut diskutiert. In Österreich, der Schweiz und ebenso in Deutschland ist die Präimplantationsdiagnostik verboten.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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