Bioethik aktuell

Österreich: Doch kein Rathaus-Empfang für Abtreibungsarzt

SP-Bürgermeister lenkte ein: Empfang für Abtreibungsklinik wurde in den Keller verlegt

Lesezeit: 02:08 Minuten

Die Einladung des Wiener Bürgermeisters zu einer Rathaus-Feier der Stadt Wien aus Anlass des 30-jährigen Bestehens der Abtreibungsklinik pro:woman am 03. 09. 2009 löste eine Debatte über die Fristenregelung in Österreich aus - zur Überraschung von SP-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass eine Regelung, die es seit fast 35 Jahren in Österreich gibt, noch immer nicht akzeptiert wird“, meinte sie (ORF online, 04. 09. 2009). In den vergangenen Wochen protestierten zahlreiche Bürger und Organisationen, aber auch Politiker gegen die geplante Feier. Auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn forderte den Bürgermeister in einem persönlichen Brief auf, den Empfang abzusagen. Stattdessen sollte man an einem Runden Tisch über die längst fälligen, seit mehr als dreißig Jahren von der SPÖ versprochenen „flankierenden Maßnahmen“ zur Fristenregelung zu einer Lösung kommen. Da der SP-Bürgermeister auf Schönborns Brief nicht reagierte, veröffentlichte dieser das Schreiben (KAP online, 27. 08. 2009). Damit wurde eine breite mediale Debatte ausgelöst. Der für Lebensschutz und Familie zuständige Bischof Klaus Küng äußerte in einem Interview in der Presse (online, 27. 08. 2009) sein Befremden über den geplanten Cocktail-Empfang. Die Fristenregelung werde „als Dogma“ dargestellt, jede Diskussion darüber löse eine „Panikreaktion“ aus - auf dem Rücken der leidtragenden Frauen, wie Gudrun Trausmuth im Standard bemerkte (online, 04. 09. 2009). Hunderte Demonstranten trafen vor dem Wiener Rathaus ein, selbst als Wiens Bürgermeister einlenkte und der Empfang vom Senatssaal in ein Lokal, den „Rathauskeller“ verlegt wurde. Das Thema dürfe nun nicht im Keller landen, warnte die plastische Chirurgin Hildegunde Piza, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von IMABE, in der Presse (online, 02. 09. 2009 „Kinder: Nicht mehr Gabe, sondern Habe?“). Piza kritisiert offen, dass Mediziner über die psychischen Folgen einer Abtreibung kaum aufklären. Frauen (und Männer) würden so „Opfer einer Schweigespirale“. Abtreibung werde dargestellt, als handle es sich dabei um etwas „wie eine Blinddarmoperation, ein Routineeingriff ohne Risken.“ In einem Schreiben hat der Bürgermeister signalisiert, mit dem Kardinal demnächst über das Thema sprechen zu wollen.

Bemerkenswert an der Debatte in Österreich ist, dass die Abtreibungs-Lobby erstmals in der öffentlichen Wahrnehmung in die Defensive geraten ist und Lebensbefürworter mit ihrer Kritik die Themenführerschaft übernommen haben. Es sei höchste Zeit, dass ein vernünftiges Gespräch geführt werde. So forderte Piza „aus den ideologischen Kellern zu kommen und den Tatsachen in die Augen zu blicken: Wer in Kinder investiert, bereichert die Gegenwart und sichert Zukunft, für die Gesellschaft und für sich.“

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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