Bioethik aktuell

Pharmabranche: Veröffentlichungspflicht für klinische Studien gefordert

Institut kritisiert, dass Hersteller Daten unter Verschluss halten

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Der Wirkstoff Reboxetin wird seit Jahren zur Behandlung von Depressionen eingesetzt. Nun habe sich laut jüngst veröffentlichtem Abschlussbericht des deutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gezeigt, dass sein Nutzen wissenschaftlich nicht belegt sei, berichtet die Nachrichtenagentur EurekAlert! (online, 24. 11. 2009). Dagegen hätten klinische Studien die Wirksamkeit von Bupropion XL und Mirtazapin bewiesen. Das IQWiG fordert aus diesem Anlass eine verbindliche Regelung auf EU-Ebene, wonach alle klinischen Studien bei Beginn registriert und ihre Ergebnisse nach Abschluss veröffentlicht werden müssen, wie sie seit 2008 in den USA in Kraft ist. Diese Verpflichtung müsse rückwirkend auch für bereits zugelassene Medikamente gelten.

„Durch das Verschweigen von vorhandenen Studiendaten nimmt der Hersteller Patienten und Ärzten die Möglichkeit, sich informiert zwischen verschiedenen Therapieoptionen zu entscheiden“, sagt Peter T. Sawicki, Leiter des IQWiG. Außerdem würden Arzneimittelhersteller, die Daten unter Verschluss halten, Patienten schaden, die ohne vollständige Information im Extremfall sogar nutzlose oder schädliche Behandlungen erhielten. Insbesondere negative Studien, in denen beispielsweise ein Medikament nicht das erhoffte Ergebnis gebracht oder sich sogar als wirkungslos erwiesen hatte, würden erst Jahre später oder gar nicht veröffentlicht. „Das hat zur Folge, dass Patienten und Ärzte allein auf Basis der veröffentlichten Berichte ein geschöntes Bild der Effekte erhalten“, so Sawicki. Diese Tendenz sei eine der wichtigsten und tückischsten Fehlerquellen in der Medizin.

Laut IQWiG sei die Erstellung des Abschlussberichts zu den drei Antidepressiva durch den Hersteller Pfizer „massiv behindert worden“. Erst unter öffentlichem Druck habe Pfizer die Daten schließlich offengelegt.

Institut für Medizinische
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