Bioethik aktuell

Public Health: Ökonomischeres Denken zum Vorteil der Patienten ist möglich

Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit von Therapien müssen in Proportion stehen

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Der britischen Behörde National Institute for Clinical Excellence (NICE) ist es gelungen, die Preise von Krebsmedikamenten zu drücken. Die Behörde prüft nicht nur die Wirksamkeit neuer Medikamente, sondern auch deren Wirtschaftlichkeit. Das entscheidende Kriterium für die Wirtschaftlichkeit sind die Kosten für ein gewonnenes Lebensjahr bei guter Lebensqualität (quality-adjusted life year, QALY). So dürfen Sarkom-Patienten in England und Wales künftig mit dem Medikament Yondelis® (Wirkstoff Trabectedin) behandelt werden, doch erst nachdem sich der Hersteller auf Druck des NICE bereit erklärt hatte, das Medikament ab dem sechsten Behandlungszyklus kostenfrei abzugeben, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 21. 12. 2009). Der Grenzwert liegt derzeit bei 30.000 Pfund (rund 33.300 Euro). Mehr darf eine medikamentöse Therapie nicht kosten, damit sie Patienten im steuerfinanzierten Gesundheitsdienst (NHS) kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Im Jahr 2009 wurden bereits mehrfach Hersteller zurückgewiesen, weil sie das QALY-Kriterium nicht erfüllten. Die QALY-Berechnungsmethode korrigiert das Maß der Lebensverlängerung durch den Faktor q (Qualitätsmaß). Wenn beispielsweise durch eine Therapie ein Jahr Lebensverlängerung erreicht wird, die Lebensqualität aber vom Grenzwert 1 („vollständiges Wohlbefinden“) auf 0,8 sinkt, ergibt sich daraus eine „qualitätskorrigierte Lebensverlängerung“ von 0,8 Jahren. Zuletzt hatte NICE eine Empfehlung für Avastin® (Bevacizumab) beim fortgeschrittenen Kolorektalkarzinom abgelehnt.

Geglückt ist die Abmachung mit dem Hersteller PharmaMar aus Madrid zum Medikament Yondelis®. Diese sieht vor, dass der Hersteller die Kosten für alle Behandlungen übernimmt, die über den fünften Behandlungszyklus hinausgehen. Nach den Berechnungen von NICE werden dadurch die Kosten pro QALY von vorher 40.000 bis 60.000 Pfund auf 17.500 bis 25.000 Pfund begrenzt. Profitieren werden von der Vereinbarung jährlich etwa 2.000 Patienten in England und Wales, die an dem seltenen Tumor erkranken, für den Yondelis erstmals seit einem Vierteljahrhundert eine neue Behandlungsperspektive eröffnet, auch wenn der Wirkstoff - der auch in Österreich zugelassen ist - das Leben nur um wenige Monate verlängert.

Weiterführende Literatur: IMABE hat im Rahmen des Forschungsprojektes S.O.M.® eine Methode entwickelt, medizinische Therapien nach ihrer Effektivität für den einzelnen Patienten einzustufen und damit die Basis für eine neue, responder-orientierte Medizin zu legen (vgl. Bonelli J., Sinnorientierte Medizin, Imago Hominis (2004); 11(4): 251-264 bzw. Bonelli J., Wie relevant ist die Statintherapie für die klinische Praxis?, Wiener Medizinische Wochenschrift (2003); 153: 260-263)

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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