Bioethik aktuell

Public Health: Schwierige Familienverhältnisse begünstigen ADHS bei Kindern

Kinder von Alleinerziehenden bekommen wesentlich häufiger Medikamente verordnet

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ADHS-Kinder kommen fast zur Hälfte aus Eineltern-Familien oder aus Familien der sozialen Unterschicht. Dies stellten schwedische Public Health-Forscher fest, die die Ergebnisse ihrer Untersuchung nun in der Acta Paediatrica (2010; 99: 920-924) veröffentlichten. Anders Hjern vom Centre for Health Equity Studies (CHESS) in Stockholm und seine Mitarbeiter untersuchten die Verordnungen von Ritalin und anderen Therapiearzneien bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Da in Schweden sämtliche Geburten mit einer Identifikationsnummer versehen werden, kann die Abgabe dieser rezeptpflichtigen Medikamente mit der Personennummer verglichen werden.

Die Forscher stellten dabei fest, dass Knaben stärker betroffen sind als Mädchen. Sie erhalten dreimal häufiger ein Medikament. Mütter mit der geringsten Schulbildung hatten zu 130 Prozent häufiger ein Kind mit ADHS als besser ausgebildete Mütter; Kinder von Alleinerziehern bekamen bis zu 54 Prozent häufiger ein ADHS-Medikament verordnet als Kinder, die mit beiden Elternteilen wohnten. Auch der Empfang von Sozialhilfe in der Familie erhöhte die Wahrscheinlichkeit einer ADHS-Medikation um 135 Prozent. Nach den Berechnungen der Forscher erklärt ein niedriges Bildungsniveau der Mutter 33 Prozent aller ADHS-Erkrankungen. Weitere 14 Prozent konnten auf den Faktor alleinerziehender Elternteil zurückgeführt werden.

Die Forscher führen die höhere Rate von ADHS in Familien mit sozioökonomischen Problemen darauf zurück, dass Mütter mit geringer Bildung auch häufig in anderen Bereichen benachteiligt sind: Stress und häufig eher schwieriger erziehbare Kinder, Geld- und Zeitmangel sowie Mangel an sozialer Unterstützung würden dies noch verstärken. Familiäre Konflikte, Trennung, Scheidung und Abwesenheit eines Elternteils sind Faktoren, die ebenfalls eine Rolle spielen.

Institut für Medizinische
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