Bioethik aktuell

Sterbehilfe: OGH erklärt Nahrungsentzug aus Mitleid für versuchte Tötung

Ärztlicher Auftrag lautet „im Zweifel für das Leben“, bekräftigen die Höchstrichter

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Darf man den Tod von schwerkranken Patienten, bei denen keine Aussicht auf Heilung besteht, aus Mitleid herbeiführen, in dem man ihnen Nahrung und Flüssigkeit entzieht? Diese Frage hat nun der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien mit einem klaren Nein beantwortet. Es habe keinen Beleg für den Sterbewunsch jener 88-jährigen künstlich ernährten Salzburgerin gegeben, der im Jahr 2001 nach Aufforderung ihres Gatten und mit Einverständnis des Arztes die Zufuhr von Wasser und Nahrung entzogen wurden. Nach Anzeige der Tochter bei der Staatsanwaltschaft hatte die Seniorin dann wieder per Sonde zu essen und zu trinken bekommen. Sie starb nach einem halben Jahr eines natürlichen Todes. Ermittlungen wegen versuchten Mordes wurden eingestellt, die Tochter versuchte im Zivilprozess ihren Vater für erbunwürdig erklären zu lassen - Voraussetzung dafür wäre, dem Pensionisten eine vorsätzliche Straftat gegen seine Frau nachweisen zu können. In ihren Urteilen erklärten das Landesgericht Salzburg und das Oberlandesgericht Linz jedoch, es habe keine strafbare Handlung stattgefunden, berichten die Salzburger Nachrichten (online 28. 08. 2008). Der Arzt habe lediglich wegen des „Leidenszustandes der Patientin“ lebenserhaltende Maßnahmen unterlassen und damit „straflose passive Sterbehilfe“ versucht. Niedere Motive seien weder Ehemann noch Arzt vorzuwerfen - es sei anzunehmen, sie hätten aus Mitleid gehandelt, argumentierten die Gerichte. Nun entschied der OGH in diesem brisanten Fall von möglicher Sterbehilfe jedoch anders: Das Abstellen der Nahrung hätte „wohl in weiterer Folge zum Tod“ der Frau geführt. Dies war laut Höchstrichter eine verbotene, versuchte Tötung (6 Ob 286/07 p, 07. 07. 2008). Es gab weder eine Aussage der Frau noch eine Patientenverfügung, dass sie hätte sterben wollen. „Im Zweifel für das Leben“ sei der „normale ärztliche Heilauftrag“, hält der Entscheid fest. Der Fall geht nun ans Erstgericht zurück. Sollten die Beklagten nachweisen können, dass die Salzburgerin tatsächlich nicht mehr hat leben wollen, sei die Tat nicht als versuchter Mord, sondern als versuchte fahrlässige Tötung zu werten.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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