Bioethik aktuell

Studie: Kinder von Fremdsamenspendern suchen nach ihrer Identität

Ethische Bedenken gegen künstliche Fortpflanzung bleiben für IMABE-Geschäftsführer Prat berechtigt

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Wie gehen Kinder mit dem Wissen um, dass sie nicht auf natürlichem Weg, sondern künstlich entstanden sind und dass sie sich einem Fremdsamenspender verdanken? Suchen sie nach ihrem biologischen Vater oder potentiellen Halbgeschwistern? Ja, zeigt nun eine Studie in Reproductive BioMedicine Online (2010; 20(4): 523-532), eine der wenigen Publikationen, die auf die psychischen Folgen bei künstlich gezeugten Kindern eingeht, erhoben unter Mitgliedern der Donor Sibling Registration (DSR), einem US-Register, das den Kontakt zwischen dem Nachwuchs von ein und demselben Samenspender ermöglicht.

165 Kinder, die alle durch Fremdsamenspende (heterologe Insemination) entstanden sind, beteiligten sich an der Umfrage. Das Ergebnis: 92 Prozent aller Kinder wollten wissen, wer ihre genetischen Verwandten sind. 64 Prozent aller Befragten suchten sowohl nach Halbgeschwistern als auch nach ihrem genetischen Vater, 13 Prozent nur nach dem Samenspender und 15 Prozent nur nach Halbgeschwistern. Ein Großteil der Kinder gab als Grund für ihre Teilnahme an dieser Umfrage an, dass ihnen etwas von ihrer persönlichen und genetischen Identität fehle.

Generell hat sich in den letzten Jahren unter den durch Insemination von Dritten gezeugten Kindern ein wachsendes Interesse entwickelt, ihre Samenspender und potentiellen Halbgeschwister ausfindig zu machen und zu kontaktieren. Viele hatten sich beklagt, dass ihnen Informationen über ihren „Samenvater“ vorenthalten wurden. In vielen Staaten ist es deshalb zur Abschaffung der Anonymität der Spender gekommen.

Angesichts der empirischen Daten der Studie würden die ethischen Bedenken gegen künstliche Fortpflanzungsmethoden, die von vielen Seiten seit 25 Jahren vorgebracht werden, erneut bestätigt, sagt IMABE-Geschäftsführer Enrique Prat. „Jedes Kind hat ein Recht auf einen Vater und eine Mutter. Durch die Technik der künstlichen Befruchtung wird der Mensch zum Objekt technischer Rationalität gemacht, d. h. an sich zum Instrument und Mittel eines technischen Prozesses, was dem Konzept der Menschenwürde diametral widerspricht.“ Prat fordert deshalb Bundesjustizministerin Claudia Bandion-Ortner dringend auf, gegen das jüngste Urteil des EGMR, das Österreich zwingen will, nicht nur Samen, sondern auch Eizellen von Dritten für IVF-Verfahren zuzulassen, Einspruch zu erheben (vgl. Bioethik aktuell, 12.4.2010). Bei In-Vitro-Fertilisation sind Samen- und Eizellenspenden derzeit in Österreich verboten.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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