Bioethik aktuell

Studie: Magenverkleinerungen sind nicht per se kostensparend

Gefahr für Übergewichtige nach Magen-OP eine Essstörung zu entwickeln, ist groß

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Jährlich werden in Österreich rund 2.400 chirurgische Magen-Eingriffe (bariatrische Operationen) mit dem Ziel der Gewichtsreduktion bei adipösen Patienten durchgeführt. 65 Prozent der Patienten erhalten einen Magen-Bypass, 19 Prozent eine Magenverkleinerung und elf Prozent verstellbare Magenbänder. Dass ein solcher Eingriff für den Betroffenen auch ein Erfolg wird, hängt nicht nur von einem eisernen Willen zu einer Lebensstilveränderung ab, sondern auch von der Betreuung nach der Operation, betonten Experten am 30. Ernährungskongress in Wien (vgl. Standard, online 8.3.2013). Ein besonderes Augemerk müsse man der Tatsche widmen, dass Übergewichtige nach einer Magen-OP eine Essstörung entwickeln können (vgl. Standard, online 11.3.2013), betont Johann Kinzl von der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin in Innsbruck.

Weltweit sind 500 Millionen Menschen krankhaft fettleibig. Allein in den USA ist jeder Dritte adipös. Die Erwartungshaltung adipöser Patienten an eine Magenoperation ist groß. Die operative Verkleinerung des Magens wird seit Jahren als eine mit Sicherheit mittel- wie langfristig kostensparende Therapie für extrem Übergewichtige propagiert. Eine jüngst in JAMA Surgery veröffentlichte Studie (2013; (): 1-8. doi:10.1001/jamasurg.2013.1504) stellt diesen Aspekt nun in Frage, berichtet dass Forum Gesundheit (online 22.2.2013).

Die Autoren unter der Leitung von Jonathan P. Weiner, Direktor des Center for Population Health Information Technology an der Johns Hopkins Universität untersuchten in einer Langzeitstudie über 6 Jahre (2002 bis 2008) 29.820 Personen, die wegen ihrer Adipositas operiert worden sind, und verglichen ihre gesundheitliche Versorgung und deren Kosten mit denen von Angehörigen einer nicht operierten Vergleichsgruppe, die in gesundheitlicher Sicht ähnliche Charakteristika aufwiesen (z. B. Betroffenheit von Übergewicht). Das Ergebnis: Die Gesundheitsausgaben der operierten Personen waren bis zum dritten Jahr der Untersuchung größer als die Kontrollgruppe der Nicht-Operierten. In den weiteren Jahren glichen sich die Ausgaben an. Die Ausgaben der bariatrisch operierten Personen für Medikamente und Arztbesuche waren zwar niedriger, jene für stationäre Behandlung aber höher als in der Kontrollgruppe. Letztere entstanden überwiegend durch unerwünschte und zum Teil erst nach Jahren auftretenden Komplikationen der am häufigsten angewandten Operationstechnik, der so genannten laparoskopischen Operation.

Die Autoren fordern, dass die Indikation einer bariatrischen Operation sich viel mehr daran messen sollte, ob dadurch ein Benefit zu erwarten ist. Das bloße Argument, sie sei kostensparend, entspricht nicht den Tatsachen und kann somit nicht ausschlaggebend für eine Indikationsstellung sein. Zum patientenbezogenen Nutzen und zu den Entscheidungskriterien für eine Operation gehört für die Forscher auch das "well-being" der betroffenen Personen.

Institut für Medizinische
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