Bioethik aktuell

Euthanasie: Belgische Euthanasie-Ärzte fordern bessere Bezahlung

Niederlande erlaubt Tötung von Neugeborenen, Schweiz wehrt sich gegen EGMR-Urteil

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Ärzten ist es ab sofort in den Niederlanden erlaubt, den Tod von Neugeborenen herbeizuführen, sofern diese schwer und unheilbar krank sind. Die Königliche Niederländische Ärztevereinigung (KNMG) hat entsprechende Regeln erlassen, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 13. 6. 2013). Demnach dürfen Mediziner die Behandlung von Neugeborenen vorzeitig abbrechen (= direkte Sterbehilfe durch Unterlassung) bzw. deren Tod direkt durch die Verabreichung einer Überdosis von Muskelrelaxanzien herbeiführen. Drei Prozent aller Todesfälle (2011: 3695 Menschen) gehen in Holland inzwischen offiziell auf Euthanasie zurück. Die Dunkelziffer liegt allerdings höher, da Ärzte zugeben, auch aus Mitleid und ohne Wunsch des Patienten Sterbehilfe geleistet zu haben - oder diese nicht gemeldet zu haben, weil ihnen der bürokratische Aufwand schlicht zu mühsam war.

In Belgien, wo Euthanasie ebenfalls erlaubt ist, beschwerten sich jüngst Ärzte darüber, dass sie für ihre Sterbehilfe-Dienste unterbezahlt seien, so einer der führenden belgischen Euthanasie-Ärzte, Wim Distelmans, Vorsitzender des Lebensende-Informationsforums LEIF (De Krant, online, 24. 6. 2013). Die Zahl der Euthanasie-Fälle ist in Belgien im Jahr 2012 um 25 Prozent angestiegen (vgl. Care not Killing, März 2013).

400 Ärzte, die als professionelle Lebensbeender ausgebildet sind, müssten mehrere Stunden in Zweitgutachten bzw. Fahrten zu den Sterbewilligen investieren, um ihnen die tödliche Injektion zu verabreichen. In den Niederlanden würden sie für Zweitgutachten 330 Euro erhalten, was laut Diestelmans angemessen sei, in Belgien wären 160 Euro vorgesehen, aufgrund der steigenden Nachfrage sei aber das zur Verfügung stehende Budget längst ausgeschöpft.

Die Schweiz, in der assistierter Suizid bei kranken Menschen erlaubt ist, wehrt sich gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), berichtet Swissinfo (online, 25. 6. 2013). Schweizer Ärzte hatten sich geweigert, einer gesunden 82-jährigen Frau, die Selbstmord begehen wollte, das tödliche Mittel Natrium-Pentobarbital (NAP) auszuhändigen. Die Straßburger Richter in erster Instanz hatten sich auf die Seite der Klägerin gestellt mit der Begründung, ihr Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sei verletzt worden. Das Schweizer Bundesamt für Justiz sieht mit dem Urteil allerdings eine schwerwiegende Frage der Auslegung bzw. Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention aufgeworfen und legte dagegen Berufung ein.

Im Gegensatz zum obengenannten Urteil hatte der EGMR im Jänner 2011 in einem Streit um Beihilfe zum Suizid entschieden, dass ein Staat nicht zur Selbstmord-Beihilfe verpflichtet ist und deshalb keine tödliche Medikamentendosis zur Verfügung stellen muss, urteilten die Richter (vgl. IMABE 2011: Euthanasie: Kein Recht auf Suizid, sagt Europäischer Menschengerichtshof).

Institut für Medizinische
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