Bioethik aktuell

Kaiserschnitt: Nachteile für Mutter und Kind überwiegen

Sectio bringt nur bei bis zu 10 Prozent der Fälle klare gesundheitliche Vorteile

Lesezeit: 01:39 Minuten

© Fotolia_46837200_thingamajiggs

Die Kaiserschnittrate nimmt weltweit nach wie vor zu. In Westeuropa wurden 2016 rund 25 Prozent aller Kinder mittels Sectio geboren, in Nordamerika 32 Prozent, in Südamerika 41 Prozent. Österreich liegt nach früheren Anstiegen seit einigen Jahren im Mittelfeld - beinahe jede dritte Geburt geschieht laut OECD hierzulande per Kaiserschnitt (29,5 Prozent). Zum Vergleich: Die niedrigste Sectio-Raten finden sich in den skandinavischen Ländern (Finnland: 15,5 Prozent), die höchste Rate in der Türkei (53 Prozent).

Die WHO zeigt sich über die hohen Kaiserschnittraten besorgt, insbesondere über sog. Wunsch-Kaiserschnitte ohne medizinische Indikation. Laut WHO Statement on Caesarean Section Rates 2015 ist nur eine Kaiserschnittrate von bis zu 10 Prozent mit klaren Vorteilen für Mutter und Kind verbunden (Rückgang der Mütter- und Kindersterblichkeit). Die langfristigen Nachteile von Kaiserschnitten, die nicht medizinisch indiziert sind, würden kaum thematisiert. Die Gesundheit von Mutter und Kind sollten oberste Priorität haben, betont die WHO.

Eine aktuelle Meta-Analyse des Teams um den Gynäkologen Oonagh Keag von der Royal Infirmary of Edinburgh hat Vor- und Nachteile eines Kaiserschnitts anhand der Daten von 30 Millionen Frauen untersucht. Das Ergebnis der in PLoS Medicine (2017; doi:10.1371/journal.pmed.1002494) veröffentlichten Studie: Die Nachteile eines Kaiserschnitts für Mutter und Kind überwiegen. Ein Kaiserschnitt könne zwar die Mutter langfristig vor Inkontinenz und Gebärmuttervorfall bewahren, dem stünden aber eine Reihe von negativen Effekten gegenüber, schreiben die Forscher. Spätere Schwangerschaften würden erschwert, es komme häufiger zu Fehlgeburten und zu Problemen mit der Plazenta. Für Kinder kann eine Sectio laut Studie ebenfalls Nachteile bringen: Sie leiden häufiger an Asthma und Übergewicht. Keag hofft, dass diese Zahlen von Schwangeren und ihren Ärzten bei der Entscheidung für oder gegen einen Kaiserschnitt berücksichtigt werden.

In den vergangenen Jahren haben Untersuchungen nahegelegt, dass auf Seiten der Ärzte ökonomische Anreize, bessere Planbarkeit oder vermeintliche Risikovermeidung eine Rolle spielen, bei den betroffenen Frauen hat u.a. die Angst vor Schmerzen den Entschluss für häufigere Kaiserschnitte begünstigt (vgl. Bioethik aktuell, 14.3.2016).

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
Unterstützt von: