Bioethik aktuell

OGH-Urteil: Arzt muss keinen Unterhalt für unerwünschtes Kind zahlen

Ärztekammer fürchtet Flut von Schadenersatzklagen und fordert klare Vorgaben

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Weil mit drei Kindern seine Familienplanung abgeschlossen war, suchte ein oberösterreichischer Familienvater einen Urologen auf. Dieser nahm auf Wunsch des Mannes eine Sterilisation vor, die jedoch nicht den gewünschten Erfolg brachte: Die Ehefrau wurde erneut schwanger. Der Facharzt muss trotz des missglückten Eingriffs keinen Unterhalt für das überraschenderweise zur Welt gekommene gesunde Kind leisten. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) (Urteil 6 Ob 101/06f vom 14. 09. 2006) jüngst entschieden. Schon das Landesgericht Linz wies in erster Instanz die Klage ab, weil eine in Folge durchkreuzter Familienplanung entstandene Unterhaltspflicht für ein Kind kein ersatzfähiger Vermögensschaden sei. Der OGH schloss sich dieser Sichtweise an und verweist in seiner Begründung auch auf Artikel 8 der Menschenrechtskonvention (EMRK), der die Achtung des Kindes als Person und damit seinen Eigenwert schützt. Von Seiten der Ärzteschaft wächst die Kritik an Schadenersatzforderungen in Zusammenhang mit der Geburt von unerwünschten Kindern - ob gesunde oder behinderte. Die Ärztekammer habe nun Gespräche mit dem Justizministerium aufgenommen, um zu verhindern, dass Österreichs Ärzte aus Angst vor Klagen nur noch „reine Defensivmedizin“ betreiben, so Ärztekammer-Präsident Reiner Brettenthaler gegenüber den Salzburger Nachrichten (06. 10. 2006). Was das Thema „Schadensfall Kind“ betrifft, fordert Brettenthaler eine Klarstellung: „Wir würden uns wünschen, dass klargestellt wird, dass ein Kind kein Schadensfall sein kann. Ich wage aber zu bezweifeln, dass die Politik das nachvollzieht.“ Auch der Oberste Gerichtshof wünscht sich eindeutige gesetzliche Vorgaben.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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