Bioethik aktuell

Public Health: Debatte über Nutzen neuer Krebsmedikamente versus hohe Kosten

Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit von Therapien müssen in Proportion stehen

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Die Kosten von Krebsmedikamenten steigen massiv, ob die hohen Kosten mit dem Nutzen für den Patienten immer gerechtfertigt sind, stellt das Memorial Sloan Kettering Cancer Center nun in Frage. Ab nun können Ärzte, Versicherungen und Pharmafirmen mithilfe des vom Forschungszentrum entwickelten Webtools DrugAbacus die Kosten von mehr als 50 Krebs-Medikamenten in Relation stellen zu Nebenwirkungen, Verträglichkeit, Wirksamkeit, verlängerter Lebensdauer, Innovationswert, Preis für die Entwicklung usw., berichtet das Wall Street Journal (online, 18.6.2015).

Im Verhältnis zum Gesamtnutzen seien die Marktpreise der Präparate häufig viel zu hoch, sagt der Epidemiologe und Entwickler des interaktiven Rechners Peter Bach, Direktor des Memorial Sloan Kettering Center for Health Policy and Outcomes. Da die Kosten von Krebsmedikamenten weiter steigen und die Preise laut Bach nicht mehr rational nachvollziehbar seien, brauche es ein besseres Preissystem. Nur wenn die Preise sinken, hätten Patienten auch in Zukunft Zugang zu lebensrettenden Medikamenten, zudem seien begrenzte Ressourcen ein wichtiger Ansporn für mehr Innovation. Bach will mit DrugAbacus eine transparente Beurteilung der Kosten von Krebsmedikamenten ermöglichen, die derzeit 100.000 Dollar oder mehr pro Patient und Jahr betragen.

Auch in Deutschland ist eine Debatte über die Nutzenbewertung neuer Medikamente aufgeflammt. Seit 2011 müssen alle neuen Präparate vor Markteinführung einer sog. frühen Nutzenbewertung unterzogen werden. Die teuersten neuen Präparate sind Arzneien gegen Krebs und Infektionen. Etwa 60 Prozent aller neuen Medikamente erhalten keine Marktzulassung, weil ein Zusatznutzen im Vergleich zu bereits bestehenden Präparaten fehlt. 75 Prozent aller Medikamente, die mit dem Merkmal „beträchtlicher Zusatznutzen“ ausgestattet werden, stammen aus der Krebs- und der Infektionsforschung, resümiert die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) in der nun publizierten Analyse Frühe Nutzenbewertung neuer Arzneimittel in Deutschland 2011 - 2014. Welchen Nutzen ein Präparat nach Markteinführung entfaltet, scheint hingegen nicht so klar. Deshalb fordert Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), auch eine „späte Nutzenbewertung“ (vgl. Deutsche Gesundheitsnachrichten, online, 19.5.2015).

Veranstaltungshinweis: IMABE-Symposium „Trauma Krebs: Tun und Lassen in der Medizin“ am 3.12.2015 in Wien.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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