Bioethik aktuell

Public Health: Vereinsamung erhöht das Sterblichkeitsrisiko

Soziale Isolation macht Menschen anfälliger für Krankheiten

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Dass betagte Menschen, die allein leben und unter sozialer Isolation leiden, ein höheres Sterblichkeitsrisiko haben, ist bekannt. Eine jüngst in Perspectives on Psychological Science veröffentlichte Studie (2015: 10, Nr. 2 227-237) zeigt nun: Bei jüngeren Menschen (unter 65 Jahren) ist der Assoziationseffekt zwischen Einsamkeit, Alleinleben und frühem Tod sogar noch stärker. Aus Public-Health-Perspektive sei es deshalb nötig, sich dem Problem der wachsenden Zahl von Alleinlebenden zu stellen, betont Studienleiterin Julianne Holt-Lunstad, Psychologin an der Brigham Young University. Soziale Isolation könnte epidemische Ausmaße annehmen: Die Single-Rate in den USA ist so hoch wie noch nie (vgl. Time, online, 18. 3. 2015). Auch in Österreich ist die Zahl der Singlehaushalte stark gestiegen. Wurde 1971 jeder vierte Privathaushalt (25,6 Prozent) von nur einer Person bewohnt, war es 2011 bereits jeder dritte (36,3 Prozent) (vgl. Pressemitteilung Statistik Austria, online, 4. 11. 2013).

Die Wissenschaftler der Brigham Young University in Provo/Utah werteten für ihre Metaanalyse Daten aus mehr als 70 Studien aus dem Zeitraum 1980 bis 2014 aus, die rund 3 Millionen Menschen umfassten. Fokus der Studien war jeweils der Zusammenhang zwischen den Faktoren Einsamkeit, soziale Isolation, Alleinleben und Sterblichkeit. Vereinsamung und soziale Isolation bedrohen die Langlebigkeit in einem ähnlichen Maße wie Rauchen, Alkoholmissbrauch oder Fettleibigkeit.

Einsamkeit und soziale Isolation können sich ganz unterschiedlich zeigen. Allein schon das Gefühl, einsam zu sein, erhöht das Sterblichkeitsrisiko um 26 Prozent. Objektive Einsamkeit durch soziale Isolation bzw. die fehlende Einbettung in ein Gemeinschaftsgefüge sowie Alleinleben haben noch schlimmere Auswirkungen auf die Gesundheit als das subjektive Gefühl von Einsamkeit. Hier steigt das Sterberisiko um 29 bzw. 32 Prozent. Die Wissenschaftler prüften auf Variablen wie sozioökonomischer Status, Alter, Geschlecht und bereits bestehende Erkrankungen. Während der Mangel an sozialen Beziehungen ein zusätzliches Gesundheitsrisiko darstellt, zeigte sich umgekehrt, dass Gemeinschaft eine protektive Wirkung auf die Gesundheit hat.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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