Klonen von Menschen stoppen, bevor es begonnen hat

Imago Hominis (2002); 9(2): 79-80
Johannes Königseder

Die halbe Welt war entsetzt, die andere hörte nichts davon, als Anfang April ein italienischer Reproduktionsmediziner namens Antinori im Zusammenhang mit reproduktivem Klonen erklärte, eine von ihm behandelte Frau sei in der achten Woche schwanger. Reaktionen der Bestürzung folgten, Wissenschafter betonten, es sei gegen jede Vernunft zu versuchen, einen Menschen zu klonen. Ian Wilmut, der „Vater von Dolly“ äußert sich in dem Sinne, dass Klonen von Menschen im heutigen Stadium der Forschung ein Verbrechen sei: Die Anzahl von 276 Fehlversuchen beim Klonen von Schafen ist seit Dolly bis heute nicht verringert worden, Missbildungen und rasches Altern seien zu häufig, um an eine Anwendung der Technik beim Menschen denken zu können.

Dann, einige Tage später dementiert der italienische Mediziner seine Klonschwangerschaft und kurz darauf, am 8. Mai 2002, zeigt er sich vor Journalisten überzeugt, es gäbe weltweit drei Klonschwangerschaften, die sich in der 7. bis 11. Woche befänden, an denen er selbst nicht beteiligt sei. Antinoris lautstarke Ankündigung (und leises Zurücknehmen) steht nicht allein; schon einige Monate zuvor versuchte eine bekannte amerikanische Firma der Biotechnologiebranche die Aufmerksamkeit der Welt mit Hilfe einer Medien-Finte zu erlangen. Advanced Cell Technologie (ACT), ein Biotech-Unternehmen aus Massachusetts – USA, hat die Ergebnisse eines Forschungsprojektes als Meilenstein in der Geschichte des Klonens angekündigt, worauf die meisten Medien die Nachricht durchgegeben haben: die ersten Menschen seien geklont worden. Kurze Zeit war die Weltspitze der Mikrobiologen überrascht und starrte gespannt auf die angekündigten Ergebnisse, die sich als reiner PR-Gag entpuppten.

Ankündigungen und Dementis: Herr Antinori und Co. spielen hier offensichtlich mit der Öffentlichkeit ein Verwirrspiel – soll die Wachsamkeit der Öffentlichkeit durch leere Behauptungen mürbe gemacht werden? Es drängt sich die Frage auf, ob durch eine derartige mediale Darstellung von fragwürdigen Klonerfolgen etwa eine Diskussion über die Zulassung solcher Methoden vorweggenommen oder unterlaufen werden soll?

In China, so lassen zumindest Andeutungen von Wissenschaftlern schließen, sollen klonierte Menschenembryos bis zu bestimmten Zellstadien in Kultur gehalten worden sein.

In Schweden wird laut Ankündigung vermehrt die Forschung im Hinblick auf therapeutisches Klonen forciert. Ziel ist dabei, einen Embryo zu erzeugen, um Gewebe für den zu behandelnden Patienten zu gewinnen; die Geburt eines geklonten Kindes wird beim therapeutischen Klonen jedoch nicht angestrebt.

Einmal mehr soll betont werden, dass die Bezeichnung „therapeutisches Klonen“ irreführend ist und den Sachverhalt verschleiert, indem sie vorgibt, zur Behandlung von Krankheit oder Leiden eingesetzt zu werden. Davon kann keine Rede sein! Nicht einmal im Ansatz ist eine Behandlungsmethode vorhanden, bei der embryonale Stammzellen benötigt werden. Auch zukünftige Anwendungen sind höchst spekulativ. Beim derzeitigen Stand der Wissenschaft kann es sich lediglich um Versuche handeln, Embryonenklone herzustellen, um an ihnen Forschung zu betreiben.

Man darf sich nichts vormachen: eine Option, die therapeutisches Klonen bejaht und dabei reproduktives Klonen verbieten will, ist eine Täuschung und Verkennung der Realität.

Man hat in der Biotechnologie und Biopolitik oft genug schon erlebt, dass eine anfangs streng begrenzte Ausnahme zur Normalsituation mutiert. Was als Ausnahme genehmigt war, wurde zur Regel. Antinori zeigt, dass das, was möglich geworden ist, auch gemacht wird. Wer Klonen von Menschen in umschriebenen Fällen zulässt, läuft Gefahr, eine Tür zu öffnen, die nicht wieder zu schließen ist. Sollte einmal Klonen zu Therapiezwecken verwirklicht sein, so sind Implantationsversuche zur Erzielung einer Schwangerschaft nicht zu vermeiden.

Das einzig richtige Vorgehen liegt in einem völligen Verbot jeder Art von Klonen beim Menschen. So hat es auch US-Präsident Bush gesehen. In seiner Rede vom 10. April 2002 führt er penibel die zu erwartenden Folgen einer Zulassung von Klonen beim Menschen an und ruft den Senat zur Unterstützung eines generellen Verbots, Menschen zu klonen, auf.

„Würde man Klonen gestatten, ginge man den Weg einer Gesellschaft, in der man menschliche Wesen für Körperersatzteile heranwachsen lässt und Kinder maßgeschneidert kreiert werden; und das ist unakzeptabel.“ „Reproduktives Klonen“, so der Präsident weiter, „bedeutet das Erzeugen eines geklonten Embryos, der einer Frau implantiert wird, damit sie ein Kind bekommt. Glücklicherweise sind sich alle Amerikaner darin einig, dass diese Praxis verboten gehört. Forschungsklonen bedeutet dagegen das Erzeugen geklonter menschlicher Embryos, die dann zerstört werden, um Stammzellen zu entnehmen.“ Davon grenzt Präsident Bush die ethisch einwandfreie Verwendung von Stammzellen aus Geborenen ab. „Vielmehr sollen in den USA nun Forschungen mit adulten Stammzellen von Menschen und Tieren gefördert werden. Diese adulten Stammzellen, die nicht die Zerstörung von Embryonen erfordern und transplantierbares Gewebe ohne Abstoßungsrisiko liefern sind vielseitiger als ursprünglich gedacht. (...) Klonen von Menschen ist falsch und beide Arten von Klonen gehören verboten“ schließt der US-Präsident und begründet: „Forschungsklonen würde den fundamentalsten Grundsätzen der Ethik in der Medizin widersprechen, dass kein Menschenleben zum Vorteil eines anderen ausgebeutet oder ausgelöscht werden darf.“

Außerdem wäre alles andere als das totale Verbieten menschlichen Klonens praktisch undurchsetzbar. Wenn geklonte Embryos einmal erhältlich sind, wären Implantationen unausweichlich und könnten von härtesten Vorschriften und striktesten Kontrollen nicht verhindert werden. Zudem sei der Nutzen von Klonen zu Forschungszwecken höchst spekulativ. Sollte aber therapeutisches Klonen medizinisch nutzbar sein, bräuchte jeder Nutznießer einen Klon von sich selbst. „Die Folge wäre das Entstehen eines riesigen Marktes für Eizellen, und damit eine Ausbeutung des weiblichen Körpers, die wir nicht dulden können und dürfen.“

Aus den zu beobachtenden Entwicklungen zeichnet sich ab, dass eine Bewertung des Klonens beim Menschen jedenfalls unter der Berücksichtigung eines Faktums stattzufinden hat: Entweder jede Art von Klonung wird verboten oder es kann keine Klonung verhindert werden.

Anschrift des Autors:

Dr. Johannes Königseder, Imabe-Institut
Landstraßer Hauptstraße 4/13
A-1030 Wien
koenigseder(at)imabe.org

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
Unterstützt von: