WHO ruft zum Kampf gegen das Rauchen auf

Imago Hominis (2003); 10(3): 146-147
Johannes Königseder

Eine Reihe von Staaten haben bei der ersten Gelegenheit am 16. Juni 2003 in Genua das Rahmenabkommen über Tabak-Kontrolle (FCTC) unterzeichnet, das tabakbedingte Todesfälle und Erkrankungen eindämmen soll. Das FCTC ist das erste globale Gesundheitsabkommen und wurde über Jahrzehnte entwickelt. Der Vertrag bewirkt eine internationale Basis für Tabak-Kontrolle mit Vorkehrungen für Werbebeschränkungen, Sponsoring, für Preissteigerungen, Etikettierung und illegalen Handel sowie für Passivrauchen. Die Unterzeichner verpflichten sich, keine Aktionen zu unterstützen, die dem Zweck und dem Gegenstand des Vertrages entgegenlaufen. „Dieser Vertrag macht uns verantwortlich für die Welt – und macht die Welt verantwortlich für sich selber. Wir sind im Wettrennen mit der Zeit, die 5 Millionen Tabaktote jedes Jahr fordert“ sagte Dr. Harlem Brundtland, Generaldirektorin der WHO in ihrer Botschaft zur Unterzeichnungszeremonie. Das FCTC ist der erste internationale Vertrag, den die WHO, die führende Gesundheitsorganisation der UNO, zustande gebracht hat. Seither haben bereits 47 Staaten die Konvention unterzeichnet.

Nach der Ratifizierung ist der nächste Schritt, die FCTC in die Realität überzuführen. Die Mitgliedstaaten der WHO werden den Vertrag in die nationalen Gesetze zu übersetzen haben und müssen die technischen Grundlagen schaffen, um die Konvention zu implementieren. Die FCTC ist eine globale Einrichtung, um eine weltweite Bedrohung zu bekämpfen: sie zielt darauf ab, die nationale Gesetzgebung vor grenzüberschreitenden Erscheinungen zu schützen, wie dies z. B. Werbung und Tabakschmuggel sind.

Der Inhalt des Übereinkommens ist, die gegenwärtigen und zukünftigen Generationen vor der Zerstörung der Gesundheit, vor sozialen, ökonomischen und ökologischen Konsequenzen von Tabakkonsum und Passivrauchen zu schützen. Dazu wird ein Rahmenwerk für Tabakkontrolle bereitgestellt, das Maßnahmen enthält, um kontinuierlich und substantiell das Vorkommen von Tabakkonsum und Passivrauchen zu verringern.

In den leitenden Prinzipien sind unter anderem angeführt: Jede Person soll über die Gesundheitskonsequenzen, die Sucht-Natur und die Lebensbedrohung, verursacht von aktivem und passivem Rauchen, informiert werden, des weiteren sollen wirksame gesetzliche, exekutive und administrative Maßnahmen betrachtet werden, um alle Personen vor einer Tabakrauchexposition zu schützen.

In Erziehung und öffentlichem Bewusstsein sollen alle zur Verfügung stehenden Werkzeuge eingesetzt werden, um die Gesundheitsrisiken und den Suchtcharakter des Tabakkonsums zu vergegenwärtigen. Die Vorteile der Beendigung des Rauchverhaltens und des rauchfreien Lebensstils sollen bekannt gemacht werden. Entsprechendes Training und Sensibilisierung für Gesundheitsberufe, Journalisten und Erzieher sollen verstärkt werden.

Das Dokument enthält ein klares Bekenntnis, dass ein Bann auf Werbung und Tabak-Sponsoring den Tabakkonsum reduziert. Jedenfalls sollen Produktwerbungen verboten werden, die falsche, fehlleitende oder andere Inhalte aufweisen, die zu Fehleinschätzung der Gesundheitseffekte, Lebenseinschränkung oder Todesfolgen führen. Die vorgeschlagenen konkreten Maßnahmen bleiben jedoch ohne festen Gehalt. Es fällt auf, dass eine Menge Ausnahmebestimmungen vorgesehen sind, insbesondere im Artikel 13, der auf Werbung und Sponsoring eingeht. Der absolute Bann oder das Verbot wird zunächst gefordert, um in den nächsten Zeilen durch zugestandene Einschränkungen wieder aufgeweicht zu werden, wenn der unterzeichnende Staat diese Maßnahme nicht durchbringt.

Etwas enttäuschend ist der einzige spezifisch dem Passivrauchen gewidmete Artikel 8 ausgefallen. Dieser stellt nur kurz fest, dass die wissenschaftliche Evidenz eindeutig festgestellt hat, dass Passivrauchen Tod, Krankheit und Behinderung verursacht. Weitere 4 Zeilen besagen, dass die unterzeichnenden Staaten Maßnahmen in nationales Recht implementieren sollen, die den Schutz vor Tabakrauchexposition in geschlossenen Arbeitsstätten, im öffentlichen Verkehr und an geschlossenen öffentlichen Plätzen ermöglichen.

Mit diesem Dokument scheint ein lange fälliges und jedenfalls notwendiges Übereinkommen zustande gekommen zu sein, das den Blick auf eine vielfach unterschätzte und vernachlässigte Krankheits- und Leidensursache lenkt. Obwohl der Ansatz weit gefasst ist, lässt der Text an Verbindlichkeit und konkreten Maßnahmen zu wünschen übrig. Mehr war offenbar nicht drin, was darauf hindeutet, dass die reiche Tabaklobby noch sehr mächtig ist.

Anschrift des Autors:

Dr. Johannes Königseder, Imabe-Institut
Landstraßer Hauptstraße 4/13, A-1030 Wien

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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