Interkulturelle Kommunikation in der Medizin

Imago Hominis (2013); 20(4): 277-288
Michael Peintinger

Zusammenfassung

Eine wertgebundene Kommunikation von Anamnese bis Abschlussgespräch ist für eine gute Arzt-Patient-Beziehung grundsätzlich unverzichtbar. Mit der hier skizzierten interkulturellen Kommunikation lässt sich eine spezielle Ausformung dieser Gesprächsbeziehung beschreiben. In ihr bedarf es zunächst des Wissens um unterschiedliche kulturgebundene Werthaltungen, zu denen auch die je eigene kulturelle Sphäre zu zählen ist. Darüber hinaus ist eine grundsätzliche Bereitschaft notwendig, das Wertesystem des Patienten wahrzunehmen und einzubeziehen sowie eine generelle kulturelle Sensibilität, sich Neuem und Unbekanntem zu öffnen und nach dem Kohärenzprinzip in das therapeutische Geschehnis einzubringen. Mit Blick auf die „bedingte Gesundheit“ stellt sich damit die Fähigkeit zur interkulturellen Kommunikation als unverzichtbare ärztliche Kompetenz im Rahmen der therapeutischen Partnerschaft dar.

Schlüsselwörter: Wertanamnese, Kohärenz, Lebensqualität, kulturgebundener Informed Consent

Abstract

A valued-based form of communication entails beneficial aspects and is generally indispensable for a positive doctor-patient relationship. Inter-cultural captures a specific form of this communicative relationship. It must rely not only on knowledge about differing culturally embedded value approaches, always also including one’s own cultural sphere, too. In addition, a fundamental preparedness to perceive and incorporate the patient’s value system is required, as well as general cultural sensitivity, apparent by an openness for what is new and unknown, which is to be incorporated in the therapeutic process under observance of the coherence principle. In this way, keeping in focus “conditional health” based on self-determination, the ability for inter-cultural communication is shown to be the doctor’s indispensable professional tool within the therapeutic partnership.

Keywords: Value Anamnesis, Coherence, Quality of Life, Culture-Based Informed Consent


Grundlegendes

Das eigentliche Zentrum jedes therapeutischen Dienstes auf Basis aller medizintechnischen und pharmakologischen Errungenschaften bildet die konkrete Beziehung mit dem Patienten,1 die wiederum aus einzelnen kommunikativen Akten besteht. Mit anderen Worten: Alles therapeutische Handeln ist Kommunikation!

Von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Verabschiedung am Ende eines gemeinsamen Behandlungsprozesses, von der Terminvereinbarung bis zu den Gedanken, die beim Lesen des Patientenbriefes nach Abschluss der Begegnungen auftreten, finden sich Elemente kommunikativer Beziehung. In besonderer Weise verwirklicht sich dies naturgemäß im institutionellen Kontext, in dem sich Arzt und Patient nicht in einem „lebensweltlichen Zusammenhang“ gegenüberstehen, sondern im Rahmen des Arzt-Patient-Gesprächs die individuelle Krankheit „institutionalisieren“,2 in einem Gespräch, das abseits aller Höflichkeits- und Wissensaspekte vor allem dem therapeutischen Umgang mit der Leidenssituation dient.

Diese Gesprächsbeziehung beginnt in der Regel mit der Erhebung der Anamnese, setzt sich in den Informationsgesprächen zu den diagnostischen und therapeutischen Handlungen fort und mündet in den gemeinsamen abschließenden Überlegungen zur weiteren Lebensgestaltung und Sicherung des Erreichten. Ergänzt wird dies durch jene Gespräche, die alle instrumentellen Handlungen begleiten sollten und weniger einem konkreten Informationsauftrag als mehr einer kontinuierlichen empathischen Begleitung des Patienten dienen sollen, ein Dienst, der – wenn auch oft aus dem medizinischen Blickfeld geraten – nicht nur menschlich gefordert und als wesensimmanenter ärztlicher Dienst verstanden werden muss, sondern sich ebenfalls tatsächlich als „not-wendend“ und damit im wahrsten Sinn des Wortes als therapeutisch erweist,3 entsteht.

Dabei zeigt sich zugleich auch, dass jedes Gespräch, losgelöst von allen bekannten kommunikationspsychologischen Gesichtspunkten, auf die später noch Bezug genommen werden wird, im Wesentlichen gleichzeitig in zwei Bereichen durchgeführt wird. Jeder Satz vermittelt gemeinhin sowohl sachliche Items als auch wertgebundene Elemente.

Es mag kaum überraschend erscheinen, dass sich die Besonderheit der Kommunikation zwischen Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen und damit oft unterschiedlichen Werthaltungen auf eben dieser wertgebundenen Ebene besonders deutlich manifestieren werden. Allerdings zeigt es sich schon mit Verweis auf Pachter, dass in allen therapeutischen Begegnungen die „Kultur“ des Patienten auf eine „Kultur“ der Medizin trifft, etwa in Bezug auf „Auffassungen, Haltungen, Wissen, Kommunikationsstile und Herangehensweisen zu gesundheitsrelevanten Themen“,4 sodass sich auf dieser wertgebundenen Ebene auch jeder Patient des eigenen Kulturkreises im Sinne des „next patient different“5 in Form von ausreichend unterschiedlichen Werthaltungen präsentieren kann,6 und die – zuweilen auch im eigenen Kulturkreis durchaus überraschenden Erklärungsmodelle parallel zum Wissen des Arztes Bedeutung haben können.7

Diese grundsätzliche Sichtweise verhindert, dass eine unreflektierte „Überbetonung ethnischer Besonderheiten“ in der konkreten Beziehung zu einer „Mystifizierung“ des unverständlichen Fremden8 führt oder etwa Kultur als „Risikofaktor“ für die Beziehung angesehen wird. Denn dadurch wird der Versuchung begegnet, nach „Rezepten“ im Umgang mit Menschen, die nicht den eigenen kulturellen Hintergrund teilen,9 zu suchen und damit einer Ausgrenzung Vorschub zu leisten.

Abseits derartiger Missverständnisse kann auch übersehen werden, dass sich unterschiedliche kulturelle Zusammenhänge bereits auf der Sach- ebene zeigen und Einfluss ausüben können.

Die Entstehungsgeschichte einer Erkrankung, die kulturell gefärbte Krankheitserklärung, aber auch die Bewertung des Krankheitsbildes beruhen auf der Werthaltung der betroffenen Person. Dabei darf nicht übersehen werden, dass auch der Arzt infolge seiner wertgebundenen Vorstellungen eine spezifische Haltung zur vorliegenden Erkrankung einnimmt, ja dass jede „Indikation“, so naturwissenschaftlich-pragmatisch sie sich uns gemeinhin zu präsentieren scheint, letztlich „Wertungen“ beinhaltet.10

Wer daher die naturwissenschaftliche Faktizität als einzigen Maßstab für medizinische Handlungen ansieht, muss sich bewusst sein, dass er einem Teil seiner geforderten ärztlichen Tätigkeit nicht nachkommt und sein angestrebtes Ziel letztlich oft nur durch Machteinsatz durchsetzen kann.11 Denn ein therapeutischer Prozess, in welchem sich der Betroffene nicht nur gesamtheitlich einbringen, sondern darüber hinaus Krankheit, Therapie und mögliche Veränderungen von Verhaltensweisen in sein Leben integrieren muss, ist umfassender als jeder noch so gute medizintechnische Reparaturansatz.

Auch in diesem Zusammenhang darf einerseits darauf verwiesen werden, dass dieser wesentliche therapeutische Dienst keinesfalls nur bei Hilfesuchenden aus anderen Kulturkreisen ins Blickfeld geraten soll. Andererseits wird damit deutlich, dass dieser Dienst nicht gelingen kann, wenn nicht der Mensch individuell in seiner kulturgebundenen Werthaltung wahrgenommen wird, sondern gewissermaßen „statistisch“ einem anderen Kulturkreis zugehörig angesehen und daher einer ihn oftmals gar nicht betreffenden Stereotypisierung unterworfen wird. Vor der Versuchung, Menschen anderer Kulturkreise nach rezeptartigen Vorgaben zu betreuen und damit gerade der individuellen und wertgebundenen Persönlichkeit mit Sicherheit nicht gerecht zu werden, kann nicht oft genug gewarnt werden.12

Somit lassen sich diesbezüglich zwei unterschiedliche Problemkreise in der Arzt-Patient-Beziehung identifizieren: Zum einen jener, der darauf beruht, dass ganz grundsätzlich die Wertorientierung des Gegenübers nicht wahrgenommen wird, zum anderen die Tatsache, dass die Bedeutung von Vermutungen aufgrund des Aussehens oder Auftretens über- oder unterschätzt wird. Dies mag auch daran liegen, dass die Arzt-Patient-Beziehung oft so strukturiert ist, dass kulturelle Aspekte kaum berührt werden13 oder einer konkreten individuellen Anstrengung bedürfen, damit ihnen – entgegen aller Sachzwänge und struktureller Vorgaben – dennoch zur Bedeutung verholfen wird.

Zusätzlich erschwert kann dies dadurch werden, dass als Folge mangelnden Wissens und oft auch nur mangels Einfühlungsvermögens Missverständnisse auf allen Sprachebenen entstehen.14

Sieht man von rein sprachgebundenen Verständigungsschwierigkeiten ab, lässt sich somit in einem ersten Zwischenschritt feststellen, dass zahlreiche Kommunikationsprobleme zwischen Arzt und Patient häufiger auf der mangelnden Wahrnehmung der mitschwingenden Wertebene oder der bewusst einseitigen Fokussierung auf die Sach-  ebene beruhen und damit jede – auch die eigene – kulturell geprägte Kommunikation erschweren.

Diesen grundlegenden Erwägungen folgend soll die Bedeutung der kulturgebundenen Wertorientierung anhand von vier Bereichen skizziert werden, nämlich der Wertanamnese, der Lebensqualität, des Informed Consent und des Kohärenzgedankens.

Wertanamnese

Soll das therapeutische Handeln dem Wohl des Patienten dienen und in Kenntnis der modernen Gegebenheiten deshalb auch mit seiner Selbstbestimmung kongruent sein, wird die Kenntnis der Wertorientierung beider Akteure im Rahmen einer echten therapeutischen Partnerschaft zu einer wesentlichen Grundbedingung.15

Solange dies in den Entscheidungs- und Aushandlungsprozessen nämlich nicht ausreichend reflektiert und berücksichtigt wird, stehen sich Arzt und Patient auch dann als „moral strangers“ gegenüber, wenn sie in gleichen kulturellen, ethnischen und moralischen Referenzbereichen leben.

Dementsprechend erscheint die Erhebung der Wertorientierung im Rahmen der Anamnese unverzichtbar. Ihre Erkenntnisse begleiten den weiteren therapeutischen Prozess, kulminieren im Informed Consent und öffnen auch den Blick auf die Sicherung der Lebensqualität im posttherapeutischen Kontext.

Die Wertanamnese beginnt dabei mit einer Form des „In-die-Tiefe-Hörens“. Der Patient, der von seinen Beschwerden erzählt, präsentiert nämlich dabei zugleich auch eine mehrdimensionale Bewertung, die bei etwas Aufmerksamkeit zahlreiche Rückschlüsse auf sein Wertungsgefüge zulässt.16

Die anschließend explizit erhobenen zentralen Präferenzen des Patienten, die von ihm präsentierten biographischen Aspekte,17 seine – hoffentlich vom Arzt zugelassenen! - persönlichen Krankheitsdeutungen und Erklärungsmodelle als Interpretation seiner Krankheits-„Erzählung“ ergänzen das nun umfassende Bild über seine Wertungshierarchie, aus der heraus auch Erkenntnisse über seinen individuellen Entscheidungsstil gewonnen werden können.18

Das Gelingen der Wertanamnese bedarf allerdings eines Überdenkens der oftmals verwendeten Fragemodi.19 Da gewöhnlich Interesse daran besteht, in kürzester Zeit ein Maximum an Informationen gewinnen zu können, werden zumeist vorwiegend sogenannte „geschlossene Fragen“ gestellt, die dem Patienten zumeist nur Zustimmung oder Ablehnung erlauben. Aber erst „offene Fragen“ ermöglichen eine individuelle Sprach- und Erzählweise, aufgrund derer der Patient in eigenen Worten seine – wertgebundene - Sichtweise darlegen kann. Dabei lässt sich auf bereits bewährte Fragekonzepte wie etwa auf das Ethnics-Mnemonic-Konzept von Kobylarz zurückgreifen,20 in denen auf jene Themen verwiesen wird, welche in anderen kulturellen Sphären oft eine größere Bedeutung besitzen als in unseren Breiten. Dabei werden etwa Krankheitsdeutungen innerhalb der Familie oder der Freunde hinterfragt,21 bisherige (Selbst-)Heilungsversuche oder die Inanspruchnahme anderer kulturspezifischer Heilkünste thematisiert, wodurch zusätzlich auch die Offenheit des Arztes gegenüber anderen, möglicherweise fremdartigen Vorgehensweisen unterstrichen wird. Auch durch die Frage, in welcher Form sich der Patient eine konkrete Hilfe vom Arzt erwartet, wird ein Raum für die Preisgabe der Vorstellungen des Patienten eröffnet. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass dies in manchen Kultursphären mitunter als Inkompetenz des Arztes gedeutet werden kann, weil dieser nicht gewissermaßen sofort eine pragmatische Diagnose und daraus abgeleitete Therapie empfiehlt.22 Die Frage nach der Zusammenarbeit im therapeutischen Prozess wiederum bringt die aus der Selbstbestimmung resultierende Mitverantwortung des Patienten ebenso zur Sprache wie jene nach Hilfsmöglichkeiten, etwa seitens der Familie, seitens der vielleicht bereits benannten „Heiler“ oder seitens der individuellen Gemeinschaft.23 Spätestens anhand dieser Frage werden auch der Stellenwert und die Bedeutung der je eigenen Familienstruktur Aufmerksamkeit erlangen, sofern sie nicht bereits in den Erklärungsmodellen des Patienten und seiner Umgebung deutlich geworden ist. Dies kann eine erste Einschätzung erlauben, inwieweit der Patient bei zukünftigen Entscheidungen auch andere Personen in den Entwicklungsprozess oder als Mithelfer eingebunden wissen will.24

Konnte im Rahmen der Wertanamnese bis zu diesem Augenblick eine Vertrauensbasis etabliert werden, lässt sich schließlich auch die Frage nach den spirituellen Ressourcen stellen, die, wie später gezeigt werden wird, auch für die Einschätzung der Lebensqualität bedeutsam ist. Dass diese Frage in unseren Breiten zweifellos mit einer höheren Hemmschwelle verbunden ist als beispielsweise in den USA, in der eine wesentlich freiere Selbstkundgabe der eigenen Glaubensüberzeugungen üblich ist, sollte dabei unbedingt berücksichtigt werden. Dennoch darf die Möglichkeit zur Frage nicht vorschnell zurückgestellt werden, denn die Kenntnis spiritueller Ressourcen kann wertvolle Zusatzinformationen bieten, die über die zentralen Werte hinaus auch eine Darstellung der individuellen „Freiheit im Glauben“ bieten kann. Dies ist insofern von Interesse, als damit auch eine häufige Ansicht korrigiert werden könnte, wonach Religion und Kultur geradezu selbstverständlich als Ursache für Unfreiheit vermutet werden und – mitunter auch mangels eigenen religiösen Verständnisses – eine autonome Entscheidung grundsätzlich in Frage gestellt wird.25 Hier mag es hilfreich sein zu bedenken, dass ja jeder Mensch individuell bedeutsame Handlungsentscheidungen aufgrund seiner wertbesetzten Überzeugungen zu treffen gewohnt ist, ohne dies bereits als Zwang verstanden wissen zu wollen.

Deshalb sind Wissen, Sensibilität und besonders Erfahrung notwendig, damit zwischen tiefen Glaubensüberzeugungen und vorwiegend sozial bedingter Einflussnahme unterschieden werden kann.

Lebensqualität

Während in der Wertanamnese die moralischen und kulturell bedingten Präferenzen des Patienten erhoben werden, stellen Lebensqualitätseinschätzungen gewissermaßen das darauf basierende Begleitinstrument dar, das während und nach den einzelnen Behandlungsschritten bis hin zu einer posttherapeutisch angestrebten Lebensqualität zur Anwendung gelangen soll.26

Abgesehen davon, dass der Begriff nicht immer gänzlich reflektiert erscheint,27 kann die mehrdimensionale Lebensqualitätseinschätzung zu den Grundfähigkeiten des Menschen gezählt werden.28 In dieser scheint die Auffassung von „gutem Leben“ auf und zeigt eine Verbindung zum zentralen therapeutischen Begriff der „bedingten Gesundheit“.29 Deshalb müssen im therapeutischen Beziehungsalltag Therapieziele und die Auswahl der zu ihrer Erlangung eingesetzten Mittel über eine bloße naturwissenschaftliche Folgenabschätzung und -bewertung hinausreichen und die wertgebundene Auseinandersetzung mit der „unter Belastungen maximal möglichen Selbstbestimmung“ mit einschließen.

Auch in dieser Hinsicht muss – analog – bekräftigt werden, dass es weniger darum geht, welche individuelle Wertorientierung in die je eigene Lebensqualitätseinschätzung einfließt, sondern ob die Bewertung überhaupt als wesentlich für den individuellen therapeutischen Vorgang angesehen wird und ob aus der bisherigen Kommunikation wertanamnestische Kenntnisse vorliegen, die dem hermeneutischen Prozess dieser Einschätzung dienlich sind.

Die Lebensqualitätseinschätzung umfasst mehrere Kategorien,30 die jeweils auch dem Einfluss der kulturgebundenen Werthaltung unterliegen. Dieser wird spürbar, wenn etwa in der physischen Dimension die eigene Körperwahrnehmung bewertet wird oder in der psychischen Lebensqualitätskategorie die Fragen nach der persönlichen Zufriedenheit oder nach dem individuellen „Glücksempfinden“ zu beantworten versucht wird. Von besonderer Bedeutung erscheint dabei jedoch die soziale Dimension, in welche unter anderem auch die individuellen Beziehungsqualitäten innerhalb des beruflichen und privaten Umfelds einfließen.31 Ebenso wertgebunden zeigt sich die vierte Dimension mit den spirituellen Aspekten der individuellen Lebensgestaltung. Mit oder ohne explizit wahrgenommenen Bezug zur Transzendenz verweist sie auf die Sinnfrage des Lebens und die daraus resultierende persönliche Standortbestimmung.32 Wenig überraschend geraten hier Themen von zentraler Bedeutung für jeden Menschen ins Blickfeld, die einerseits auf eine kulturelle Universalität des Lebensqualitätsbegriffs33 verweisen, andererseits wertgebundene kulturelle Aspekte – mitunter mit je spezifischen Gewichtungen34 – zeigen, die im Rahmen der therapeutischen Partnerschaft besprochen werden müssen. Zur Illustration soll je ein Bereich für jede Dimension aufgezeigt werden, der im Rahmen einer wertgebundenen Kommunikation unter Berücksichtigung kultureller Gegebenheiten behandelt werden muss.

Physisch: Schmerzerleben

Neben der durch kulturelle Einflüsse sehr differenten individuellen „Körperwahrnehmung“, die ja bereits in der Wertanamnese erhoben worden sein sollte, stellt zweifellos der „Schmerz“ im kulturellen Kontext eine besondere Herausforderung dar.35 Das Erleben und der Ausdruck von Schmerz, dessen sensorische Verarbeitungen und die sie begleitenden unterschiedlichen Aufmerksamkeitsprozesse unterliegen ebenso kulturellen Einflüssen wie die Verwendung kulturell geprägter Metaphern zur Darstellung. Sie reichen damit weit über bloß naturwissenschaftlich geprägte Schmerzmodelle hinaus. Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei unterschiedliche Formen der Somatisierung36 sowie verstärkte nonverbale Ausdrucksmöglichkeiten bei fehlender muttersprachlicher Beschreibung der emotionalen Elemente des Schmerzes ein. Dieses Wissen erlaubt ein tieferes Verständnis für spezifische Formen der Schmerzbewältigung (religiös, willentlich, familiär, rational) und verhindern damit auch unsachliche Qualifizierungen von Schmerzäußerungen. Diese durch Kenntnis begründete Haltung ermöglicht erst eine kompetente Hilfe bei individuellen Bewältigungsversuchen, die nur aufgrund von kommunikativen Akten gelingen kann und sich keinesfalls in der bloßen Anwendung von noch so hilfreichen Schmerzskalen erschöpfen darf. Fehlendes Verständnis sowie mangelnde Kenntnis der kulturgebundenen Einflüsse tragen unter anderem auch zu den Phänomenen jahrelanger Krankheitskarrieren oder einem ebenfalls häufigen „doctor shopping“ bei.37

An der Grenze zwischen physischer und psychischer Lebensqualitätsdimension findet sich des Weiteren das Phänomen, dass der Begriff „Schmerz“ oft als Chiffre für viele andere Leidenssituationen fungieren kann, deren Darstellung unter Umständen den kulturellen Gepflogenheiten widersprechen. Wird dies im Gespräch nicht deutlich herausgearbeitet und das vordergründige dargebotene Schmerzsymptom bloß pharmakologisch zu beherrschen versucht, führt dies auch zur „Medikalisierung sozialer Problemlagen“.38

Psychische Dimension

Kulturgebundene Phänomene beeinflussen die psychische Dimension naturgemäß in besonderer Weise. Häufig bestehen zudem aufgrund von migrationsbedingten Erfahrungen beeinträchtigende Vorbelastungen. Dafür maßgeblich sind oft vorhergehende „Kumulierungen von notwendigen Anpassungsleistungen“,39 welche besonders durch stressauslösende erhöhte Identitäts-, Trennungs- und Trauerarbeit ausgelöst werden können.40 Im Sinne einer heilsamen Kommunikation kann es dabei jedoch mitunter dienlicher sein, wenn der Patient durch eine gezielte Gesprächsbegleitung zunächst eher seine Belastungen in den sozialen Bedingtheiten thematisiert und sich erst auf diese Weise selbst den Einschätzungen der psychischen Dimension annähert. Gerade bei alten Migranten sollte zudem mitbedacht werden, dass in vielen Lebenskonzepten über Jahrzehnte hinweg die Rückkehr in das Herkunftsland nach Beendigung der Arbeitstätigkeit einen Fixpunkt und auch Trost bei Ausgrenzungen und Benachteiligungen im Immigrationsland darstellte.41 Dies kann damit noch immer als „Mythos“ gelebt und die Identität damit leichter aufrechterhalten werden. Umgekehrt kann es aber auch dramatische Auswirkungen haben, wenn dieses Vorhaben aufgrund körperlicher oder aber auch finanzieller Defizite keineswegs mehr realisierbar erscheint.

Soziale Dimension

Es ist kaum überraschend, dass die in der sozialen Dimension der Lebensqualität geborgenen familiären Aspekte in vielen Kultursphären einen überdurchschnittlich großen Einfluss auf die Lebensqualitätseinschätzung ausüben können.42 Wie zahlreiche Untersuchungen zeigen, trifft dies auch unabhängig davon zu, welche Sozialbeziehungen der Patient als sein familiäres Umfeld bezeichnet.43 Diese familiären Aspekte betreffen besonders die Stellung der kranken Person innerhalb der Familie, einschließlich der Frage nach generationsspezifischen Entfremdungen, etwa weil junge Menschen schneller an Gepflogenhei- ten der neuen Heimat adaptierten. Auch eventuell vorhergehende migrationsbedingte Trennungsphasen beeinflussen die familiäre Binnenstruktur gleichermaßen wie sozioökologische Faktoren, welchen die Familie als Ganzes innerhalb der Sozialstruktur des Ankunftslandes mit möglichen Ausgrenzungen oder ungünstigen Arbeits- und Wohnbedingungen ausgesetzt ist.44 Ebenso können die häufig immer noch engen Kontakte zu weiteren Familienmitgliedern im Herkunftsland45 die therapeutische Zusammenarbeit maßgeblich beeinflussen, wie auch diesbezüglich erlittene Defizite46 die Lebensqualitätseinschätzung massiv negativ färben.

Spirituelle Dimension

Zweifellos stellt die Thematisierung der spirituellen Dimension sowohl im Gefüge der Medizin selbst als auch in einer konkreten Arzt-Patient-Beziehung den herausforderndsten Teil der individuellen Lebensqualitätseinschätzung dar. Versteht man unter dem in der Medizin noch nicht so lange gebräuchlichen Begriff Spiritualität47 wesentliche Bereiche der „Sinnebene des Lebens“,48 welche sowohl in der Identität als auch in konkreten Handlungen wahrgenommen werden können, wird einsichtig, dass es sich hier keineswegs um einen religionsgebundenen Begriff handelt, sondern vielmehr um ein Grundbedürfnis des Menschen,49 sich selbst, sein Leben und die ihm wichtigen Werte in seiner persönlichen Geschichte dauerhaft zu verorten. Die spirituelle Dimension hat deshalb nicht nur eine große Bedeutung für das Erleben des Patienten, sondern insbesondere auch auf den Umgang mit seiner Krankheit (Coping) und der Sinngebung im Leiden, welche wiederum die lebensqualitätsgebundene Einordnung des Widerfahrenen im Leben beeinflusst. Dabei muss bedacht werden, dass in dieser Dimension beispielsweise auch der Stellenwert und die Bedeutung von religiösen Heilern und Glaubenslehrern, von kulturell ausgeprägten Traditionen und individuellen Glaubensüberzeugungen zur Geltung kommen.

Selbstredend ist diese spirituelle Dimension von besonderer Bedeutung, wenn sich Fragen eines ankündigenden Lebensendes ergeben, in denen auch die Vorstellungen von einem „guten Sterben“ anklingen. Letzteres ist umfassend in religiösen Weltanschauungen verankert50 und hat wiederum Auswirkungen auf die unterschiedlichen Sterbekulturen. Kulturgebundene Sterbegepflogenheiten, erste Trauerrituale der Angehörigen und der spezifische Umgang mit den Verstorbenen haben Bezug zur spirituellen Dimension und können auch über die Heilsamkeit der Trauerarbeit entscheiden. Eine besondere Problematik kann in Analogie zum bereits genannten, aufgegebenen Traum von der möglichen Rückkehr ins Heimatland insbesondere das „Sterben in der Fremde“ darstellen.51

So einsichtig die Bedeutung der spirituellen Dimension in den letztgenannten Aspekten erscheinen mag, muss doch nochmals betont werden, dass sie grundsätzlich jedem therapeutischen Geschehnis innewohnen sollte. Die Erarbeitung ihrer Kenntnis darf daher auch dann nicht vernachlässigt werden, wenn – wie beschrieben – in der Wertanamnese selbst noch nicht der geeignete Moment dafür gefunden wurde.

Informed Consent

Dem westlich orientierten Verständnis von Selbstbestimmung entsprechend, das auch in den rechtlich normierten Zustimmungskonstrukten Eingang gefunden hat, wird die individuelle Zustimmung nach Aufklärung, der so genannte „Informed Consent“, als jene Form gesehen, welche einerseits den Patienten ausreichend in Therapieentscheidungen einbindet, andererseits dem Arzt erst ein gesetzeskonformes Handeln erlaubt.

Bei näherer Betrachtung erweist sich diese selbstverständliche Sichtweise jedoch keineswegs als universell gültig, sondern muss vielmehr auf Basis des jeweils soziokulturellen Kontexts betrachtet werden.52 Während in der westlichen Hemisphäre der Informed Consent nämlich als Nachweis der individuellen Autonomie angesehen wird, betrachtet man dies in anderen Kulturbereichen, in denen kollektive Normen – religiöse wie politische – vor individuellen rangieren, als zu einseitig und favorisiert erweiterte Vorstellungen. Bei den familienorientierten Konzepten reicht dabei die Bandbreite von einem kooperativen „Family Consent“, in welchem eine familiäre Vermittlungspflicht bei einem Dissens zwischen Arzt und Patient festgeschrieben wird,53 über Konstrukte, in welchen der Arzt mehr als Moderator der Entscheidungsfindung innerhalb der Familie fungiert54 bis zu Auffassungen, welche den Arzt als Freund der Familie ansehen, der diese selbstverständlich in alle Gespräche und Entscheidungen einbezieht.55

Deshalb muss davor gewarnt werden, dass bei Menschen, welche bislang gewohnt waren, ihre Entscheidungen nach diesen Vorstellungen zu treffen, ein Scheingegensatz konstruiert wird, in welchem die westliche Selbstbestimmungsauslegungen fortschrittlicher als gemeinschaftsorientierte Entscheidungen bewertet wird.56 Denn aus anderem kulturellen Blickwinkel muss die Einbeziehung der Familie nicht Entmündigung bedeuten. Es kann sogar Ausdruck der freien Erwartung des Patienten sein, dass beispielsweise innerhalb eines „Family Consent“ die Entscheidung getroffen wird, wobei es gerade Ausdruck seiner Selbstbestimmung ist, wenn er definieren kann, wodurch sich seine Familie konstituiert und welche (wandelnde) Bedeutung der unterschiedlichen Familienformen er konkret beimisst!

Wesentlich erscheint daher, dass der Patient jeweils frei entscheiden kann, inwieweit er für seine Beschlussfähigkeit abseits der je eigenen gedanklichen Leistung der Interaktion mit anderen Vertrauten bedarf, - eine Haltung, der übrigens auch in unseren Breiten, etwa bei langjährig zusammenlebenden Ehepaaren - durchaus gebräuchlich ist.57

Es wäre fatal und im therapeutischen Prozess massiv hinderlich, würde dieser „social support“ grundsätzlich als abträglich angesehen und bloß normativ auf einem rein individuell verstandenen „Informed Consent“ beharrt werden, was sogar zum Abbruch der Kommunikation und zur dauerhaften Beschädigung der therapeutischen Beziehung führen kann!58

Es stellt aus Sicht des Autors zudem kein juristisches Problem dar, wenn aus sozialen Gründen über den Individualkonsens hinaus ein familiäres „Shared Decisionmaking” eingebunden wird, sofern keine begründeten Zeichen für eine Beeinträchtigung der individuellen Autonomie gefunden werden können.59 Damit kann das Spannungsfeld des Gegensatzes „Familien- versus Patientenautonomie“ im Sinne einer „Patientenautonomie in und mit der Familie“ aufgelöst werden.

Da ein bestehenbleibendes Spannungsfeld in diesem Bereich mit Blick auf die soziale Dimension ebenfalls deutliche Beeinträchtigungen der Lebensqualität nach sich ziehen kann, erweist sich die interkulturell orientierte Kommunikation rund um die Zustimmungsprozesse als wahrhaft therapeutischer, ja mitunter direkt heilsamer Beitrag.

Kohärenz

Die Interkulturelle Kompetenz im therapeutischen Kontext zeigt sich somit vorwiegend in den dabei angewendeten auf Werthaltungen basierenden kommunikativen Verhaltensweisen.60 Diese erfordern die grundsätzliche Bereitschaft, Kulturkonflikte wahrzunehmen und den Patienten nicht zu einer bedingungslosen Anpassung an eine rein naturwissenschaftliche Logik der Medizin zu zwingen. Erst wenn beide sich gegenseitig auch auf Basis der Wertorientierung begreifen lernen, kann die Mitbestimmung zum Leitgedanken der Arzt-Patient-Beziehung avancieren.

Diese spezifische Auslegung des Kohärenzbegriffs durch Kropiunigg, dem hier in seiner Darstellung, Begründung, Entfaltung und Wirkung gefolgt wird,61 beschreibt damit die „Umsetzung wechselseitig zu erwartender Handlungen, deren Sinnhaftigkeit den Beteiligten aus ihrem kulturellen Vorwissen unmittelbar einsichtig“62 wird, – eine zweifellos ebenso anspruchsvolle wie interessante Perspektive der partnerschaftlichen Kommunikation. Die gemeinsame kommunikative Leistung besteht dabei nicht nur in der Kenntnis der „fremden Lebenswelt“ und ihrer Wertorientierung, somit eben der „Subjektiven Wirklichkeit des Patienten“,63 sondern auch im Bemühen, dass alles Fremde und Unbekannte, das zunächst eine Inkohärenz erzeugt, im Diskurs so einsichtig wird, dass es in den gemeinsamen Aushandlungsprozess einbezogen werden kann.

Dieser Kohärenzprozess stellt an sich dabei keineswegs eine Neuheit in der Arzt-Patient-Kommunikation dar, der erst mit der Behandlung von Patienten aus anderen kulturellen Sphären Bedeutung erlangt hat. Dies illustrieren Aushandlungsprozesse bei speziellen religiösen Vorschriften aber auch aufgrund von Wissen, das aus dem Internet präsentiert wird, bei medizinisch unterschiedlichen – etwa naturwissenschaftlichen versus ganzheitlichen – Sichtweisen oder den spirituellen Bedürfnissen westlich sozialisierter Patienten.

Die empathische Hereinnahme fremder Vorstellungen in die therapeutische Beziehung ist also grundsätzlich erforderlich und von religiösen und kulturellen Hintergründen unabhängig. Denn die Zufriedenheit des Patienten wird weniger von der ethnischen Zugehörigkeit beeinflusst, sondern davon, ob seine je eigenen Krankheitsvorstellungen wahr- und ernstgenommen werden.

Mithin könnte Kohärenz auch dadurch charakterisiert werden, dass eine Harmonisierung der ethnischen und religiösen Normen mit jenen der Medizin und den „medizinischen Ritualen“ angestrebt wird, ja im Idealfall eine Übereinstimmung erzielt werden kann. Ausgangspunkt dafür könnte die von Gadamer für jeden echten Dialog geforderte Haltung darstellen, wonach „der Andere Recht haben könnte“.64

Im Sinne der durch Kohärenz geprägten Kommunikation wird dabei die kulturell-wertgebundenen Haltung des Gegenübers nicht deshalb respektiert, weil sie als richtig erkannt wäre, sondern vielmehr, weil sie zunächst einmal grundsätzlich in den Gesprächsprozess einbezogen werden muss. Dies fördert die Bereitschaft, fremde Vorstellungen offen zu reflektieren und keineswegs eigene Überzeugungen einer falsch verstandenen Multikulturalität zu opfern.

Conclusio

Interkulturelle Kommunikation lässt sich damit als eine durch den Einfluss unterschiedlicher kultureller Werthaltungen prononcierte Ausformung einer an sich schon vielschichtigen Gesprächsstruktur innerhalb einer guten Arzt-Patient-Beziehung beschreiben. Die darin aufscheinende kulturelle Sensibilität und Aufgeschlossenheit, die Bereitschaft, sich Neuem und Unbekanntem zu öffnen sind Teil einer Kompetenz, welche die Bedeutung der Wahrnehmung des Wertesystems einschließlich der aus der Krankheit und der sozialen Situation erwachsenen Veränderungen, etwaige dadurch verursachte Lernvorgänge und persönliche Entwicklungen bewusst bejaht.

Ausdruck dafür ist die Bereitwilligkeit, auch andere bedeutsame Beziehungsfaktoren wie das Geschlecht, das Alter, die Gesinnung oder den sozialen Hintergrund im therapeutischen Geschehnis zu begreifen und empathisch zu berücksichtigen.65

Somit kann die Fähigkeit zur interkulturellen Kommunikation – nicht zuletzt im Hinblick auf die auf der Selbstbestimmung beruhende „bedingte Gesundheit“ als eine zentrale und unverzichtbare ärztliche Kompetenz im Rahmen der therapeutischen Partnerschaft angesehen werden.

Referenzen

  1. Geschlechtsspezifische Termini sind aus Gründen der leichteren Lesbarkeit nur einfach angeführt. Das jeweils andere Geschlecht ist dabei gemäß EU-Gleichbehandlungsrichtlinie 2004/113/EG selbstverständlich mitgemeint.
  2. vgl. Lalouschek J., „Irgendwie hat man ja doch bißl Angst.“, in: Löning P., Rehbein J., Arzt-Patienten-Kommunikation. Analysen zu interdisziplinären Problemen des medizinischen Diskurses, de Gruyter, Berlin, New York (1993), S. 177- 90, hier S. 178
  3. Uexküll T. von, spricht in diesem Zusammenhang von der eigentliche „Wirklichkeit der Medizin“: Uexküll T. von, Körper-Sein, Körper-Haben - Der Hintergrund des Dualismus in der Medizin, Psychotherapie Psychosomatik medizinische Psychologie (2001); 51: 128-133, hier: 133
  4. Pachter L., Culture and clinical care: Folk illness beliefs and behaviors and their implications for health care delivery, Journal of the American Medical Association (1994); 271(9): 690-694, hier S. 690
  5. vgl. Svenaeus F., Hermeneutics of Medicine in the Wake of Gadamer: the Issue of Phronesis, Theoretical Medicine and Bioethics (2003); 24(5): 407-431, hier: 426
  6. Man denke allein an die unterschiedlichen Werthaltungen und die darauf basierenden Sprachstrukturen und des unterschiedlichen Krankheitserlebens in den letzten Generationen der eigenen Gesellschaft - von der Kriegs- über die Nachkriegsgeneration, von der Aufbaugeneration bis zur „Generation Y“
  7. vgl. Kleinman A., Benson P., Anthropology in the clinic: The problem of cultural competency and how to fix it, Plos Medicine (2006); 3(10): 1673-1676
  8. vgl. Schmacke N., Migration und Gesundheit: Ist Ausgrenzung unvermeidbar?, Gesundheitswesen (2002); 64: 554-559, hier: 558
  9. gl. Kutalek R., Kulturelle Aspekte von Gesundheit und Krankheit: Medizinanthropologische Ansätze, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 23-39
  10. näher: Hunstorfer K., Kulturelle und ethnische Aspekte der naturwissenschaftlichen Behandlungsindikation, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 63-75
  11. vgl. Peintinger M., Macht in der Medizin aus ärztlicher Sicht, in: Anselm R., Inthorn J., Kaelin L., Körtner U., Autonomie und Macht. Interdisziplinäre Perspektiven auf medizinethische Entscheidungen, Edition Ethik, Band: 12, Edition Ruprecht, Göttingen (2013), S. 97-128; Anselm R., Inthorn J., Kaelin L., Körtner U., Autonomie und Macht. Interdisziplinäre Perspektiven auf medizinethische Entscheidungen, Edition Ethik, Band: 12, Edition Ruprecht, Göttingen (2013)
  12. vgl. Kutalek R., siehe Ref. 9
  13. vgl. Hunstorfer K., siehe Ref. 10
  14. vgl. Menz F., Ärztliche Gespräche mit PatientInnen mit geringen Deutschkenntnissen, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 225-237
  15. vgl. dazu auch O’Neills Kritik an der „minimalistischen Interpretation“ individueller Autonomie: O’Neill O., Autonomy and trust in bioethics, Cambridge University Press, New York (2002); vgl. Peintinger M., Therapeutische Partnerschaft. Aufklärung zwischen Patientenautonomie und ärztlicher Selbstbestimmung, Springer, Wien (2003)
  16. vgl. Peintinger M., Von der Wertanamnese zur Selbstbestimmung – Grundbedingungen für eine individuelle therapeutische Beziehung, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 75-89
  17. „Der Arzt muss diese Biographie kennen, ein Bereich, der in der heutigen Praxis stark vernachlässigt wird.“, Huseboe S., Klaschik E., Palliativmedizin. Praktische Einführung in Schmerztherapie. Ethik u. Kommunikation, Springer, Bern (1998), S. 111
  18. Illhardt spricht in diesem Zusammenhang von elf Wertorientierungen, die wichtige Differenzen aufzeigen: Illhardt F., Einverständnis und Kultur: Anmerkungen zu einem neuen Problem der Medizin, Ethik Med (1998); 10: 26–39, hier: 33
  19. „Bei kultureller Kompetenz geht es nicht nur um das Aneignen von Wissen über Gesundheitsverhalten oder Krankheitstheorien religiöser oder ethnischer Gruppen. Es geht in erster Linie darum, die richtigen Fragen zu stellen. “, Frankenberg R., Learning from AIDS: The future of anthropology, in: Weaver T. (ed.), The dynamics of applied anthropology in the twentieth century: The Malinowski Award papers, Society for Applied Anthropology, Oklahoma City (2002), S. 327-345
  20. Kobylarz F. et al., The Ethnics Mnemonic: A Clinical Tool for Ethnogeriatric Education, J Am Geriatr Soc (2002); 50: 1582-1589. ETHNICS steht für Explanation-Treatment-Healers-Negotiate-Intervention-Collaborate-Spirituality. Vgl. Kleinman A., Benson P., siehe Ref. 7
  21. Nach Bichmann scheint die transnationale „soziale Dimension“ auch nach Migration beibehalten zu werden und es wird die traditionelle Selbsthilfestruktur des sozialen Netzwerks der Herkunftsregion über Distanzen hinweg gepflegt und benützt: Bichmann W., Medizinische Systeme Afrikas, in: Pfleiderer B., Greifeld K., Bichmann W., Ritual und Heilung. Eine Einführung in die Ethnomedizin, Dietrich Reimer, Berlin (1995) S. 33-65, hier S. 42; Pfleiderer B., Greifeld K., Bichmann W., Ritual und Heilung. Eine Einführung in die Ethnomedizin, Dietrich Reimer, Berlin (1995) S. 33-65
  22. vgl. Eichler K., Migration, transnationale Lebenswelten und Gesundheit. Eine qualitative Studie über das Gesundheitshandeln von Migrantinnen, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden (2008), S. 275
  23. Nach Untersuchungen von Eichler greifen „Migranten selbstbewusst und intensiv, … aber auch verantwortungsbewusst“ auf ihr gewohntes Laiengesundheitssystem zurück, das sie als Vorstufe zur Inanspruchnahme der professionellen Hilfe ansehen. Eichler K., ebd., S. 283
  24. vgl. insbesondere Braune F., Informed Consent im kulturbedingten Spannungsfeld, in: Peintinger M. (Hrsg.) Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 189-203
  25. vgl. Heller B., Sterbekulturen. Die Bedeutung unterschiedlicher kultureller und religiöser Auffassungen für die palliative Betreuung und das Palliativ-Management in den Allgemeinordinationen, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 303-317
  26. Peintinger M., Lebensqualität als Element partnerschaftlicher Entscheidungen, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 145-159
  27. näher dazu Peintinger M., Ethische Grundfragen in der Medizin, Facultas, Wien (2008), S. 115 ff.
  28. Nussbaum M., Gerechtigkeit oder das gute Leben, Suhrkamp, Frankfurt (1999)
  29. vgl. dazu Peintinger M., siehe Ref. 27
  30. Über die Problematik der Reduktion auf leicht Messbares, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die interindividuelle statistische Verwendung und als Parameter für ökonomische Entscheidungen siehe Peintinger M., siehe Ref. 27, S. 115 ff.
  31. Die Berufswelt muss dabei äußerst individuell angesehen werden: So sind beispielsweise auch Kinder in ihrer Berufswelt tätig, welche sich zumeist mit dem Schulbesuch und den damit verbundenen Arbeiten deckt. Ebenso können viele Pensionisten und alte Menschen, welche nicht mehr „offiziell“ einer Erwerbstätigkeit nachgehen, viele ihrer freiwillig übernommenen Aufgaben geradezu als berufliche Verpflichtungen erleben.
  32. Dazu auch: Peintinger M., Glaube, Hoffnung, Schmerz, in: Bernatzky G. et al., Nichtmedikamentöse Schmerztherapie, Springer, Wien (2007), S. 31-50
  33. „Unabhängig von nationalen Ursprüngen und aktuellen Lebensbedingungen könnte es für Menschen wichtig sein, sich psychisch wohl zu fühlen, körperlich fit, sozial integriert und funktional kompetent zu sein“, Bullinger M., Trends in der internationalen Lebensqualitätsforschung, in: Petermann F. (Hrsg.), Lebensqualität und chronische Krankheit, Dustri-Verlag, München, S. 5-28 (hier: S. 6); Schmoll H. J., Höffgen K., Possinger K., Kompendium Internistischer Onkologie, Springer, Berlin (1996)
  34. vgl. die Untersuchungen von Bullinger M. et al., Translating health status questionnaires and evaluating their quality: The IQOLA project approach, Journal of Clinical Epidemiology, 51:11, (1998) 913-923
  35. vgl. Aigner M., Schmerz im kulturellen Kontext, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 159-173
  36. vgl. Basibüyük A., Migrantinnen mit chronischen Unterbauchschmerzen in Österreich, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 173-189
  37. vgl. Basibüyük A., ebd.
  38. Basibüyük A., siehe Ref. 36
  39. Hornung R., Prävention und Gesundheitsförderung bei Migranten, in: Hurrelmann K., Klotz T., Haisch J. (Hrsg.), Lehrbuch Prävention und Gesundheitsförderung, Hans Huber, Bern (2004), S. 329-337, hier S. 330, zit. in: Eichler K., siehe Ref. 22, S. 18 f.
  40. Kürsat-Ahlers E., Migration als psychischer Prozeß, in: Borde T., David M., Kentenich H., Migration – Frauen- Gesundheit. Perspektiven im europäischen Kontext, Mabuse, Frankfurt (2000), S. 45-56, hier S. 46 ff.
  41. vgl. Prinz A. et al., Der alte Mensch im unterschiedlichen kulturellen Kontext, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 263-271
  42. vgl. Golsabahi S., Klinik - Ort der Begegnung : Arzt-(fremder)-Patient-Beziehung, Schriftenreihe zur transkulturellen Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik1, Lit, Berlin (2009), S. 16
  43. vgl. dazu Golombok/Badger: „the quality of family relationships matters more than the way in which a family is formed.“ (Golombok S., Badger S., Children raised in mother-headed families from infancy: a follow-up of children of lesbian and single heterosexual mothers, at early adulthood, Human Reproduction (2010); 25: 150ff (156) in: Bernat E., Anmerkung zu „Verbot künstlicher Insemination in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft verfassungswidrig?”; RdM (2013), 2013/74, 117 f. (hier: 118) und RdM (2013), 2013/75, 3. Juni 2013, 117 f. (hier: 118); Bernat E., Anmerkung zu „Verbot künstlicher Insemination in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft verfassungswidrig?”, RdM (2013), 2013/74, 113-118
  44. Geiger I., Interkulturelle Gesundheitsförderung. Ein Leitfaden für den öffentlichen Gesundheitsdienst zum Aufbau des Handlungsfeldes Migration, Lögd Praxishefte, Band 3, Bielefeld (2000), S. 27
  45. vgl. die Studie über die „Wochenbetterfahrung chinesischer Migrantinnen in Berliner Krankenhäusern“ (Wolf A., Gesundheit, Erkrankung und Heilung kulturell verstehen. Medizinethnologische Konzepte im Kontext von Migrationsprozessen, in: Trummer-Karl U,. Pammer C. (Hrsg.), Migration, Kultur und Gesundheit. Chancen, Herausforderungen und Lösungen, Schriftenreihe Gesundheitswissenschaften, Inst. F. Gesellschafts- und Sozialpolitik, Johannes Kepler Univ. Linz (2010), S. 33-56, hier S. 44)
  46. Als Mythos erweist sich gemäß dieser Daten der „großfamiliäre Zusammenhalt“. Viele Frauen bzw. Familien haben keine Familienmitglieder in Wohnortnähe: vgl. dazu Kutalek R., siehe Ref. 9
  47. Schaupp W., Spiritualität als wesentliches Element in der Arzt-Patient-Beziehung mit unterschiedlichen kulturellen Werthaltungen?, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 89 -103
  48. Tugendhat E., Spiritualität, Religion und Mystik, in: Leutwyler S., Nägeli M., Spiritualität und Wissenschaft, vdf Hochschulverlag, Zürich (2005), S. 95-106
  49. „Spiritualität offenbar ein Grundbedürfnis sehr vieler Menschen, an welchen Punkten ihres Lebens auch immer“ (Schwinges R., Geleitwort, in: Leutwyler S., Nägeli N., Spiritualität und Wissenschaft, vdf Hochschulverlag, Zürich, (2005), S. 9-11, hier S. 9)
  50. Heller B., siehe Ref. 25
  51. Pils K., Sterben in der Fremde – Ambulante Betreuung von PalliativpatientInnen mit Migrationshintergrund, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 317-329
  52. vgl. Braune F., siehe Ref. 24, von dem auch die folgenden Beispiele stammen.; vgl. auch Friele M., Sowohl als auch? Zur Koppelung des Informed Consent und des Community Consent Prinzips in kulturübergreifenden klinischen Forschungsvorhaben, Ethik Med (2012); 24: 313-322
  53. z. B. Beijing
  54. z. B. Hong Kong
  55. z. B. Taiwan
  56. „Autonom ist nicht nur der Mitteleuropäer, sondern auch das Mitglied einer eher gemeinschaftsorientierten Kulturgruppe, also der, der weniger in der Ich-Form, sondern mehr in der Wir-Form denkt … Das Problem ist mithin das Maß an Individualität, nicht das Maß an Autonomie“, Illhardt F., siehe Ref. 18, S. 34
  57. Schuth W., Subjektive Ätiologievorstellungen gynäkologischer Patientinnen und ihr Schicksal in der Arzt-Patienten-Beziehung, in: Frick-Bruder V., Kentenich H. (Hrsg.), Psychosomatische Gynäkologie und Geburtshilfe, Psychosozial-Verlag, Gießen (1995), S. 137-142
  58. vgl. Braune F., siehe Ref. 24
  59. Auch in unserem Kulturbereich lässt sich diese sozialverträgliche Vorgehensweise anhand von Beispielen belegen. So ist die Unterschrift des mündigen Minderjährigen oft allein selbstverständlich rechtsgültig. Aus Beziehungsgründen wird jedoch nichts dagegen sprechen, bei Zustimmung des Minderjährigen auch den begleitenden Elternteil, der über die Rechtslage vielleicht nicht so informiert ist, und es daher so wie bisher seine Zustimmung als Selbstverständlichkeit ansieht, nicht von einer grundsätzlichen Einbindung ausschließen und in der Folge auch einer – erwarteten – zusätzlichen Unterschriftsleistung akzeptieren!
  60. vgl. Menz F., siehe Ref. 14
  61. Kropiunigg U., Medizin, Integration und Kohärenz im interkulturellen Kontext, in: Peintinger M. (Hrsg.), Interkulturell kompetent. Ein Handbuch für Ärztinnen und Ärzte, Facultas, Wien (2011), S. 39-63
  62. Kropiunigg U., ebd.
  63. 1981 Titel der Antrittsvorlesung Erwin Ringels in Wien zur Berufung auf den Wr. Lehrstuhl für Med. Psychologie, vgl. Kropiunigg U., siehe Ref. 61
  64. Gadamer H., Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Mohr Siebeck, Tübingen (1975)
  65. vgl. Kutalek R., siehe Ref. 9

Anschrift des Autors:

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