Bioethik aktuell

Drogen: Österreichische Psychiater warnen vor Legalisierung des Cannabiskonsums

Cannabis ist eine suchterzeugende Substanz mit mehr als 100 unbekannten Wirkstoffen

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Mit der Legalisierung von Hanfprodukten würden man die „Büchse der Pandora öffnen“. Das betonte Wolfgang Fleischhacker, Leiter des Departements für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Medizinischen Universität Innsbruck bei einer Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (vgl. Standard, online, 25.4.2017).

Cannabis sei eindeutig eine suchterzeugende Substanz, weshalb sich Fleischhacker „strikt gegen eine Freigabe über die medizinische Anwendung hinaus“ aussprach. Für den designierten Rektor der Medizinischen Universität Innsbruck ist es unverständlich, dass selbst Mediziner diese Fakten zu negieren versuchen. Studien zeigen, dass Jugendliche mit regelmäßigem Cannabiskonsum deutlich öfter unter Angststörungen und Depressionen leiden (vgl. IMABE 05/2015). Das Risiko, später an einer Schizophrenie zu erkranken, steigt laut Fleischhacker gar um das Vierfache - und dies gilt selbst dann noch, wenn sie irgendwann wieder ganz mit dem „Kiffen“ aufhören.

In Europa hat jeder vierte Erwachsene bereits Erfahrung mit Drogen, rund 16,6 Millionen junge Europäer (15 bis 34 Jahre) haben im Jahr 2015 Cannabis konsumiert, das entspricht 13,3 Prozent dieser Altersgruppe (vgl. IMABE 06/2016).

In Österreich ist die Verwendung von Medikamenten, die den Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) in geringster Dosis enthalten, erlaubt. Sie können bei Multipler Sklerose Muskelkrämpfe entspannen, den Appetit bei Krebspatienten steigern oder Schmerzen lindern. Während diese Medikamente mit THC ausschließlich bekannte und geringst dosierte Inhaltsstoffe der Cannabispflanze enthalten, hat diese weit über 100 andere Wirkstoffe, über deren Wirkung und Nebenwirkung man kaum etwas wisse, sagt Fleischhacker. Selbst im medizinischen Bereich brauche es noch weitere und auch substanziellere Studien.

Auch der Linzer Psychiater Kurosch Yazdi, Vorstand der Klinik für Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin des Kepler Universitätsklinikums, warnt vor einer Verharmlosung von Cannabis. Als medizinischer Wirkstoff könnte Tetrahydrocannabinol im Milligrammbereich dosiert und verschrieben werden. „Beim Kiffen kann ich nicht verschreiben: ‚Kiffen Sie 17 Milligramm THC dreimal am Tag für sieben Tage‘. Das widerspricht jeglichem medizinischen Sinn“, erklärt der Drogenexperte in einem Kurier-Interview (online, 7.4.2017). Er warnt vor den Folgen einer Legalisierung: „Sobald etwas legalisiert wird, erweckt es den Schein der Harmlosigkeit. Und die Verfügbarkeit nimmt zu.“ So musste in Colorado - einem der ersten US-Staaten, wo Cannabis legalisiert wurde - die Kapazität der Jugendpsychiatrie aufgrund der rasant ansteigenden Anzahl von Süchtigen und durch Cannabis hervorgerufenen Psychosen verdoppelt werden. „Auch wenn Cannabis nur für Erwachsene erlaubt ist, wissen wir aus jedem Land der Welt: Wo Cannabis für Erwachsene legalisiert wurde, ist auch die Zahl der jugendlichen Konsumenten deutlich gestiegen“, betont der Suchtforscher.

Institut für Medizinische
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