Bioethik aktuell

Studie: Hormonelle Verhütung erhöht Risiko auf Depressionen

Junge Mädchen, die die Pille nehmen, sind besonders gefährdet

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Dänische Frauen, die hormonell verhüten, bekamen 6,4 Jahre später häufiger ein Antidepressivum verschrieben. Das zeigt eine aktuell in JAMA Psychiatry (2016; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2016.2387) publizierte Studie. Auch Assoziationen zwischen hormoneller Verhütung und einer stationären Behandlung wegen einer schweren Depression wurden festgestellt, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 29.9.2016). Besonders Teenager sind betroffen: 15- bis 19-jährige Mädchen, die die Pille nahmen, hatten ein um 80 Prozent erhöhtes Risiko Antidepressiva verschrieben zu bekommen. Mit alternativen hormonellen Verhütungsmitteln wie etwa der Hormonspirale verdreifachte sich das Risiko sogar.

Øjvind Lidegaard von der Universität Kopenhagen und sein Team untersuchte im Zeitraum von 2000 bis 2013, ob die Einnahme dieser Präparate das Risiko von Depressionen erhöhe. Für alle Varianten der hormonellen Kontrazeption fand Lidegaard eine signifikante Assoziation. Die Forscher griffen für ihre Untersuchung auf Daten des dänischen Patientenregisters von über einer Million Frauen und Mädchen (Alter: 15 und 34 Jahre) zurück, denen hormonelle Kontrazeptiva verschrieben worden waren. 55 Prozent der Frauen nutzten eine hormonelle Empfängnisverhütung. Nach etwa 6,4 Jahren gab es 133.178 erste Rezepte für Antidepressiva und 23.077 erste Diagnosen für Depressionen, sagen die Forscher. Nutzerinnen von Gestagen-Pillen wurde zu 34 Prozent häufiger als anderen Frauen ein Antidepressivum verschrieben, bei Nutzerinnen eines Verhütungspflasters mit Norelgestromin war die Rate sogar verdoppelt. Frauen, die sogenannte Kombinationspräparate einnahmen, hatten schon nach 6 Monaten eine 23 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, ein Antidepressivum verschrieben zu bekommen gegenüber Frauen, die die Pille nicht nehmen.

Die übereinstimmenden Ergebnisse für alle verfügbaren hormonellen Kontrazeptiva wertet Lidegaard als Beleg dafür, dass die Assoziationen nicht zufällig sind Fachinformationen der Antibabypille nennen „Stimmungsschwankungen“ und „depressive Verstimmungen“ schon seit langem als mögliche Nebenwirkungen, wenngleich das absolute Risiko für die einzelne Anwenderin nicht sehr hoch ist. Weitere Untersuchungen über mögliche schädliche Wirkungen von hormonellen Kontrazeptiva seien jedenfalls nötig, empfehlen die Autoren der Studie.

Frauen werden zunehmend misstrauischer gegenüber der Pille. Unter #mypillstory schildern Frauen in den Sozialen Medien derzeit ihre persönlichen - meist negativen - Erfahrungen mit der Pille. In Deutschland wurde eine Selbsthilfegruppe von durch die Pille geschädigte Frauen gegründet (vgl. Bioethik aktuell, 11.1.2016).

Institut für Medizinische
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