Bioethik aktuell

Palliative Care: Ärzte müssen den heilsamen Raum der Hoffnung öffnen

Der Hoffnungsbedarf von Patienten ist mit realistischer Kommunikation vereinbar

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Hoffnung im Sterben ist nicht nur wünschenswert, sondern auch möglich. Sie stellt einen wesentlichen Faktor für die Lebensqualität bei Patienten dar, deren Ziel nicht mehr das Gesundwerden sein kann. Das betont Mariacarla Gadebusch Bondio, Leiterin des Institute for Medical Humanities der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, in einer kürzlich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Analyse zum Thema Das Recht auf Hoffnung im Sterben: Was am Ende zählt (Dtsch Arztebl 2019; 116(26): A-1272-3). Ärzte hätten in der Vermittlung von Hoffnung eine besondere Verantwortung: Von ihnen sind eine hohe kommunikative Kompetenz, Feingefühl und Einschätzungsvermögen gefordert, um zu erkennen, was jeder Patient zu tragen im Stande ist. Weder dürfe man lügen noch falsche Illusionen wecken.

„Ein achtsamer Umgang mit dem Hoffnungsbedarf von Patienten und Angehörigen ist vereinbar mit Transparenz und realistischer Kommunikation über prognostische Wahrscheinlichkeitsaussagen“, betont Bondio. Keine ärztliche Prognose ist hundertprozentig, sondern immer relativ. In dieser Ungewissheit, die Teil jeder wahrhaftigen Aufklärung ist, entstehe ein Gestaltungsspielraum, der den heilsamen Raum der Hoffnung öffnet. Eine transparente Aufklärung sollte den schwerkranken Patienten deshalb in die Lage versetzen, seine Situation realistisch einzuschätzen, ohne daran zu verzweifeln. Als Hoffnungsträger für Patienten zählt Bondio Faktoren auf wie Schmerzkontrolle, Bewahrung der Würde, Kontakt mit Menschen, innere Ruhe, Humor und vor allem die Art, wie man mit ihnen über die Prognose spricht.

Während die Frage der Autonomie des Sterbenden in Publikationen intensiv behandelt wird, würde die Dimension der Hoffnung am Lebensende in der deutschsprachigen Literatur vernachlässigt. Bondio hält das für ein Manko. Zahlreiche internationale Studien zeigten, dass Hoffnung eine wichtige Ressource für Terminalpatienten und deren Angehörige darstellt. „Für Schwerkranke mit beschränkter Lebenserwartung ist Hoffnung ein hochwertiges Reservoir in der Gestaltung der Zeit, die ihnen bleibt.“

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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