Bioethik aktuell

Robotik und Pflege: Technik kann Beziehung unterstützen, nicht ersetzen

Betroffene Bedürftige und auch Pflegekräfte sollten in die Entwicklung miteinbezogen werden

Lesezeit: 02:06 Minuten

© Pixabay_3308188_TheDigitalArtist

Werden Roboter den Personalmangel in der Pflege in Zukunft lösen können? Bieten sozio-emotional programmierte Roboter vielleicht sogar einen Ersatz für menschliche Pflegekräfte? Der Einsatz von Robotik in der Pflege kann Betroffene unterstützen. Allerdings können Roboter weder Pflegende noch Angehörige ersetzen. „Die Erfahrung von Würde, Autonomie und Wohlergehen sind an positive Erfahrungen unserer Leiblichkeit gebunden, an Begegnung.“ Das betonte Arne Manzeschke, Professor für Anthropologie und Ethik für Gesundheitsberufe an der Evangelischen Hochschule Nürnberg, beim Pflegeethik-Kongress Anfang März 2020 in Wien.

Unter welchen Bedingungen robotische Systeme sinnvoll in der Pflege eingesetzt werden können, brauche eine grundsätzliche Reflexion darüber, was der „Kern pflegerischer Tätigkeit“ sei, was „gute Pflege“ ausmache. Es geht nicht nur um „warm-satt-sauber“, sondern um ein Sorgetragen für den anderen in seiner leiblich-seelischen Dimension. Dieser ethischen Reflexion habe man bisher zu wenig Bedeutung eingeräumt, so Manzeschke. Denn die Technik an sich - und solche sind Roboter und Künstliche Intelligenz nach wie vor - sei noch kein Garant für ein gutes Leben. „Wir dürfen von der Technik keine Dinge erwarten, die sie nicht leisten kann. Sie kann ein Mittel sein, wenn wir Menschen uns selbst darüber klar sind, was wir als das gute Leben begreifen wollen“, betont der Ethiker.

Wer argumentiert, dass der Einsatz von Robotern vor allem dazu helfen würde, den Pflegenotstand zu beseitigen, stelle zunächst Effizienz, aber nicht das Wohl des Patienten oder der Hilfebedürftigen in den Mittelpunkt. Auch sei kritisch zu hinterfragen, dass Pflegende, wenn Roboter ihnen Arbeiten (welche?) abnehmen, sich dann endlich „auf das Wesentliche ihrer Tätigkeit konzentrieren“ werden. „Sozial-emotional konzipierte Roboter tragen auch das Potential in sich, unsere Interaktion mit und Erwartungen an Menschen qualitativ zu verändern.“ Es handelt sich nicht bloß um Service-Instrumente wie ein programmierter Staubsauger, sondern um eine interaktive Welt der Beziehung.

Die Grundsatzfrage für das Verhältnis von Robotik und helfende Berufe widmet sich auch der Deutsche Ethikrat in einer Stellungnahme (Robotik für gute Pflege, Pressemitteilung, online, 10.3.2020). Robotik, die den Pflegebedürftigen unterstützt, kann dessen längere Selbstständigkeit unterstützten, die körperlichen und kognitiven Fähigkeiten trainieren und Rehabilitation fördern, hält der Ethikrat positiv fest. Nach Auffassung des Ethikrates kann und soll die Robotik dabei aber auch künftig nicht menschliche Pflegekräfte ersetzen. Wichtig für die Zukunft sei es, dass sowohl professionell Pflegende als auch betroffene Menschen mit Assistenz- oder Pflegebedarf angemessen Entwicklung robotischer Systeme einbezogen werden.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
Unterstützt von: