Zusammenarbeit zwischen mobiler und stationärer Betreuung von Terminalpatienten

Imago Hominis (2003); 10(2): 85-90
Franz Zdrahal

Zusammenfassung

Das mobile Caritas-Hospiz-Team hat vor vielen Jahren in Wien mit der Arbeit begonnen. Der wesentliche Aufgabenbereich besteht in der ambulanten Betreuung Schwerkranker und Sterbender. Diese Betreuung erfolgt multidimensional (physisch, psychisch, spirituell, sozial, etc.) in enger Zusammenarbeit mit den Hausärzten. Der Bedarf an palliativen Einrichtungen ist damit aber noch nicht gedeckt. Für die Zukunft ist ein interessantes Projekt (PIK: Patientenorientierte Integrierte Krankenbetreuung) in Wien vorgesehen: Durch verbesserte Kommunikation und Zusammenarbeit des intra- und extramuralen Bereiches und systematische Einbeziehung von PatientInnen und Angehörigen soll die Betreuung von Terminalpatienten optimiert werden.

Schlüsselwörter: mobiles Hospiz-Team, Terminalpatienten, patientenorientierte Krankenbetreuung, Modellprojekt

Abstract

The mobile homecare team of the Caritas Hospice began their work in the Vienna area many years ago. Their main task is home care of the seriously ill and terminal patients. This care is always multi-dimensional (physical, psychic, spiritual, social and etc.) in close co-operation with the patient’s doctor. However the total need for palliative accommodation is not covered by the Caritas Hospice and their mobile teams. An interesting project for the future in Vienna is the PIK system (Patient Oriented Integrated Care). This system, mainly based in hospitals, will improve the communications and co-operation between internal and external organizations along with the systematic inclusion of patients and their relatives and thus optimize the care of terminal patients.

Keywords: Mobile Hospice Team, Terminal Patients, Patient Oriented Care, Model Project


 

Ich möchte meine Betrachtungen mit einem Fallbeispiel beginnen, das der Einfachheit halber keine besonderen Schwierigkeiten enthält, sondern die alltägliche Arbeit widerspiegeln soll.

Patientin A., 63 Jahre alt, liegt in einem Wiener Spital. Sie leidet an Brustkrebs mit zahlreichen Knochenmetastasen. Frau A. ist über ihre Grunderkrankung informiert, weiß jedoch nichts Genaues über das fortgeschrittene Stadium der Erkrankung. Sie hat das Gefühl, dass es im Moment „nicht so recht weitergeht“, und möchte nach Hause. Dies trifft sich mit den Intentionen der Abteilung: es herrscht derzeit ziemlicher Bettenmangel.

Eine Schwester der Station kontaktiert das Mobile Caritas Hospiz und liefert erste Informationen. Eine Mobile Hospizschwester besucht die Patientin zum vereinbarten Termin im Spital. Eine der hauptbetreuenden Personen, die Schwester der Patientin, ist ebenfalls anwesend. Nun wird gemeinsam der psychische und physische Ist-Zustand von Patientin und hauptbetreuenden Angehörigen evaluiert. Vorstellungen, Wünsche und vielleicht auch Illusionen werden herausgearbeitet und schließlich die räumlichen Gegebenheiten zu Hause besprochen. Eine Schwester der Station ist teilweise anwesend und liefert wertvolle Hinweise für die Pflege- und sonstigen Bedürfnisse der Patientin. Ein Blick in die Krankengeschichte informiert über die derzeitige Medikation und rundet das Bild insgesamt ab. Frau A. bekommt Medikamente gegen Schmerzen, gegen Übelkeit und Erbrechen sowie mehrmals pro Woche eine Injektion zur Verbesserung des roten Blutbildes.

So weit nicht schon vom Spital aus organisiert, werden als Folge solcher Besprechungen – wenn nötig – noch mobile Krankenschwestern, Pflegehelferinnen, Heimhilfen, notwendige Pflegebehelfe (z. B. Krankenbett, Zimmerklo und bei alleinstehenden Patienten eventuell ein Notruftelefon) und sonstige Hilfsmittel empfohlen. Für Frau A. muss nur noch ein Zimmerklo besorgt werden.

Ein wichtiges Thema ist auch das Engagement des Hausarztes. Er sollte die ärztliche Leitung der Situation zu Hause innehaben. Die Ärztinnen und Ärzte des Mobilen Caritas Hospizes sollten lediglich für palliativmedizinische Spezialfragen beigezogen werden. In Akutsituationen und des Nachts – oder samstags, sonn- und feiertags, und dann auch tagsüber – können sie notfalls in Vertretung der Hausärzte Hausbesuche durchführen. Im Falle von Frau A. besteht ein sehr gutes Verhältnis zum Hausarzt, er bewies schon in der Vergangenheit, dass Hausbesuche für ihn kein Problem darstellen. Somit steht einer Entlassung der Patientin zwei Tage später nichts mehr im Wege.

Wie geht die Geschichte nun weiter? Frau A. wird tatsächlich zwei Tage später nach Hause entlassen. Sie bekommt – was bei uns noch eine Seltenheit ist – einen vollständigen, ausführlichen Entlassungsbrief mit, den ihre Schwester bei nächster Gelegenheit dem Hausarzt übergeben kann. Klagen von Hausärzten lassen den Verdacht aufkommen, dass zwischen der Entlassung eines Patienten und dem Einlangen des Spitalsentlassungsbriefes eine Zeitspanne von bis zu sechs Wochen liegen kann.

Schon vor der Entlassung bekommt die Familie A. eine Telefonnummer, über die sie in Akutsituationen Tag und Nacht einen Hospizarzt erreichen kann. Am Tag nach der Heimkehr erfolgt vereinbarungsgemäß der erste Besuch der Hospizschwester zu Hause. Die medizinisch-pflegerische Situation wird – diesmal vor Ort – nochmals gemeinsam überprüft. Obwohl die Schmerzsituation derzeit zufrieden stellend ist, wird der Hausarzt gebeten, zusätzlich zu einem Langzeitmorphin ein akut wirksames orales Morphin zu verschreiben. Genaue Anweisungen vorausgesetzt, ist dies eine gute Methode, die Patientin im Falle von Schmerzspitzen von ärztlichen Akutvisiten unabhängig zu machen.

Die Beachtung der körperlichen, also medizinisch-pflegerischen Probleme von Frau A. alleine ist jedoch nicht ausreichend. Sowohl Patientin als auch familiäre Betreuer müssen das Gefühl bekommen, in ihrer Gesamtheit als Mensch ernst genommen zu werden. Die Frage „wie geht es Ihnen insgesamt mit der Situation" oder „ wie kommen Sie im Moment mit der Situation zurecht“ oder „was ist für Sie besonders unangenehm in der jetzigen Situation“ sind geeignete, so genannte „offene“ Fragen, die die Äußerungen des Patienten nicht einengen und oft ein gutes Gespräch in Gang bringen. Empathie, gepaart mit der Beherrschung wichtiger Kommunikationswerkzeuge, sind im Umgang mit Schwerstkranken und deren Familien unverzichtbar.

Auf offene Fragen der Patienten muss offen geantwortet werden, allerdings in einer für unsere Gesprächspartner akzeptablen Form. Hier hat sich die Technik der schrittweisen Informationsweitergabe bewährt. Die Gesamtbotschaft wird in kleine Teilbotschaften zerlegt und dazwischen jeweils abgewartet, wie die Botschaft bei unserem Gegenüber angekommen ist. Die Kranken haben somit zu jedem Zeitpunkt des Informationsgespräches die Möglichkeit, uns zu signalisieren: „bis hierher und nicht weiter“. „Anbieten, aber nicht aufdrängen“ muss immer die Devise bleiben.

Nach anfänglich guter Schmerzeinstellung kam es bei Frau A. immer häufiger zum Auftreten von Schmerzspitzen, die eine Erhöhung der Basismedikation sinnvoll machten. Als in zwei aufeinander folgenden Nächten wegen starker Schmerzen – wahrscheinlich von Seiten ihrer Knochenmetastasen – akute ärztliche Visiten notwendig waren, wurde Frau A. die Umstellung der Schmerztherapie von Tabletten auf Schmerzpumpe empfohlen. Ihre Aversion gegen die „Apparatemedizin“ ließ sie diesen Vorschlag anfänglich ablehnen.

In derartigen Situationen empfiehlt sich folgende Vorgangsweise: Wir schlugen der Patientin vor, es doch ein bis zwei Tage zu versuchen und erst dann eine endgültige Entscheidung zu fällen, die von uns selbstverständlich akzeptiert würde. Damit konnte sich Frau A. anfreunden, die Pumpe wurde subkutan angelegt. Nach zwei Tagen war die Patientin von dieser Methode überzeugt. Parallel dazu wurde sicherheitshalber die strahlentherapeutische Abteilung des Krankenhauses mit der Fragestellung kontaktiert: „nochmalige Bestrahlung der Knochenmetastasen: ja oder nein“. Die Antwort war, wie wir erwartet hatten, ablehnend.

Auch die pflegerische Situation änderte sich. Über dem Kreuzbein entstand ein kreisrundes, stark gerötetes Areal. Es war zu erwarten, dass daraus in Kürze eine offene Stelle, ein Dekubitalulcus entstehen würde. Die bereits zuvor organisierte Antidekubitusmatratze reichte nicht aus, ein zusätzlicher Verband wurde nötig.

Eines der Diskussionsthemen mit den Angehörigen ist oft – und war auch im Falle von Frau A. – das Thema Flüssigkeitszufuhr und Ernährung. Sterbende „nicht verhungern und verdursten lassen“ ist eine der Hauptsorgen vieler – auch professioneller – Betreuer. Von mancher Seite wird Hydrierung und parenterale Ernährung um jeden Preis geradezu zum Dogma erhoben – auch von manchen Spitalsabteilungen. Hier ist behutsame Argumentation angezeigt. Was noch vor sechs Wochen gestimmt haben mag, kann heute schon dem Patienten schaden. Zu viel Flüssigkeitszufuhr im Terminalstadium kann zu Ödemen und vor allem zum Lungenödem mit seinen gefürchteten Atemproblemen führen.

Letztlich war es Frau A. vergönnt, fast schmerzfrei und ohne wirklich lästige andere Symptome zu Hause, im Kreis Ihrer Familie, zu sterben.

Nun könnten wir sagen, dass die oben erzählte Situation durchaus zufriedenstellend abgelaufen sei. Das ist aber nicht unbedingt die Regel. Oder anders gesagt: der Ausnahmen sind viele.

Im Folgenden möchte ich einige Hindernisse auflisten, die eine wirklich gute Betreuung von terminal Kranken verhindern. Eingangs möchte ich betonen, dass ich selbst 25 Jahre Spitalsarzt gewesen bin und mich bei einigen Kritikpunkten nachträglich durchaus auch betroffen fühle.

Spitalspersonen haben manchmal Schwierigkeiten, sich vorzustellen, welche Hindernisse sich zu Hause einstellen können. Daraus folgt automatisch, dass Patienten und Angehörige nicht so kompetent über die Möglichkeiten und Hilfen informiert werden, die die Situation zu Hause erleichtern können. Als wir vom Mobilen Caritas Hospiz vor vierzehn Jahren zu arbeiten begannen, wiesen uns von Spitälern her lediglich SozialarbeiterInnen Patienten zu. Sie konnten sich damals am besten vorstellen, welche Schwierigkeiten einer erfolgreichen Entlassung entgegenstehen können.

Vierzehn Jahre sind eine lange Zeit, und die Lage hat sich erfreulicherweise schon etwas zum Guten verändert. Eine spürbare Verbesserung wird jedoch erst dann eintreten, wenn in allen Spitälern ein professionelles Entlassungsmanagement installiert sein wird. Manchmal werden für zu Hause auch Medikamente oder Hilfsmittel verordnet, die nur unter Schwierigkeiten zu bekommen sind. Ich erinnere mich an eine Wiener Spitalsabteilung, in der routinemäßig ein Morphin-Präparat verordnet wurde, das in Österreich nicht zugelassen ist. Dieses Morphin wurde auch für zu Hause empfohlen. Nun gibt es zwar in Wien Apotheken, die auf den Import von Medikamenten aus dem Ausland spezialisiert sind. Die Beschaffung derartiger Medikamente ist jedoch ungleich schwieriger und der Zeitaufwand auch wesentlich größer. Wenn es also medizinisch einigermaßen gleichwertige Substanzen gibt, deren Beschaffung keine Schwierigkeiten bereitet, sollte diesen der Vorzug gegeben werden.

Ein weiterer Stein des Anstoßes ist die Gabe von Infusionen zu Hause. In der Hospizarbeit sehen wir, dass es (nicht immer, aber häufig) auch ohne Flüssigkeitszufuhr und künstliche Ernährung zu Hause geht. Wir wollen nicht von jenen Patienten sprechen, die zum Beispiel durch ihren bösartigen Tumor einen kompletten Verschluss des Magenausganges haben. Solche Patienten können oft schon in einem sehr frühen Stadium weder feste noch flüssige Nahrung zu sich nehmen, für sie bedeutet künstliche Ernährung eindeutig ein Plus an Lebensqualität. Spitalsärzte sind daher aufgerufen, bei der für zu Hause empfohlenen Therapie Nutzen und Praktikabilität gegeneinander abzuwägen. Ein häufiger Grund, das Mobile Caritas Hospiz zu kontaktieren, ist der Wunsch von Patienten, jeden Tag Infusionen zu bekommen. In solchen Fällen versuchen wir, die Angehörigen derart einzuschulen, dass sie diese an sich sehr einfachen Tätigkeiten kompetent selbst durchführen können. Wichtig ist für diese Fälle jedoch, dass jederzeit ein Arzt erreichbar ist und notfalls auch rasch vor Ort sein kann.

Ein weiteres wichtiges Problem besteht in der Tatsache, dass die Zeitspanne zwischen Entlassungstermin und Einlangen eines ausführlichen Entlassungsberichtes oftmals unzulässig hoch ist. Die heute üblichen provisorischen, meist handschriftlichen Kurzberichte sind häufig unleserlich, oft auch vollkommen unzureichend. Träumen ist erlaubt: für eine – sehr ferne? – Zukunft wünsche ich mir, dass jeder Patient mit einem bereits definitiven Entlassungsbericht nach Hause entlassen wird. Ich wünsche mir auch, dass die Therapieempfehlungen exakt sind und etwa keine Zweifel an den Dosierungen bestehen bleiben.

Häufig kommen niedergelassene Ärzte in die Situation, dass sie mehr oder weniger akut Informationen oder Ratschläge vom Spital brauchen. Diese „Telefon-Hotline“ funktioniert oft nicht. Gute Kontakte zur Stammabteilung des Patienten würden es ermöglichen, zu Hause, vor Ort, rascher und kompetenter Entscheidungen zu treffen. Sie helfen zum Beispiel auch, Untersuchungen zu vermeiden, die schon im Spital gemacht worden sind. Dies bedeutet einerseits erhöhten Komfort für die Patienten, andererseits hilft es, Kosten zu sparen.

Vergessen wir auch nicht, dass es zwar immer wieder Hausärzte gibt, die sehr gut mit der Situation Schwerkranker und Sterbender sowie mit deren Familien umgehen können. Das Gros der Kolleginnen und Kollegen sieht jedoch nur einige wenige Patienten mit bösartigen Erkrankungen pro Jahr. Natürlich ist es dann schwer möglich, ausreichend Erfahrung zu sammeln. Um sie bei der Betreuung dieser Art von Patienten zu unterstützen, ist ein enger Kontakt zu den Spitälern hilfreich. Ein Palliativsupportteam, wie es zum Beispiel das Mobile Caritas Hospiz ist, kann zusätzlich dazu beitragen, dass die Betreuung zur Zufriedenheit aller abläuft.

Vielleicht sollte ich hier kurz das Mobile Caritas Hospiz vorstellen. Dieses Team besteht derzeit aus 11 Pflegepersonen, 9 Ärztinnen und Ärzten (davon 3 ehrenamtlich), den Stützpunktsekretärinnen, einer Leiterin der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen sowie etwa 60 Ehrenamtlichen. Anfang 2003 wurden durchschnittlich 90 Patienten zur gleichen Zeit betreut. Die Betreuung erfolgt multidimensional, d. h. es wird die physische, psychische, spirituelle und soziale Dimension des Leids gleichermaßen beachtet. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Hausärzten.

Eine besondere Spezialität unseres Dienstes ist der ärztliche Nachtdienst. Unsere Patienten können jederzeit einen unserer Ärzte erreichen. Wenn notwendig, kann auch nachts eine Visite erfolgen. Das Mobile Caritas Hospiz arbeitet mittlerweile schon seit über 13 Jahren. Die Finanzierung erfolgt zu etwa zwei Dritteln durch die Wiener Krankenkassen und die Stadt Wien sowie zu einem Drittel durch Spendenwerbung.

Ist die Betreuung zu Hause unter keinen Umständen mehr möglich, dann bietet sich die Aufnahme auf eine Palliativ- oder Hospizstation an. Bis 2005 sollen in Österreich mindestens 275 Palliativbetten entstehen. Ein Problem stellt jedoch die derzeitige Finanzierungsform von Palliativbetten dar. Sie sieht folgendermaßen aus:

Von Tag 1 bis Tag 12 des Aufenthalts eines Patienten können 259 Leistungspunkte verrechnet werden, wobei der Eurowert des Einzelpunktes von Einrichtung zu Einrichtung je nach Einstufung variiert. Von Tag 13 bis Tag 24 sinkt die tägliche Punkteanzahl bis auf 131, wo sie ab Tag 25 dann unverändert bleibt. 259 Leistungspunkte sind zwar nicht kostendeckend, bedeuten jedoch eine merkbare Entspannung der finanziellen Situation. Nach dem 13. Aufenthaltstag steigt der Verlust des Trägers jedoch bedenklich an, 131 Leistungspunkte schließlich sind vollkommen unzureichend. Dazu kommt noch, dass der Wert eines Leistungspunktes von Spital zu Spital variiert und außerdem unterschiedliche Formen der Abgangsdeckung bestehen. Das Hospiz in Innsbruck bekommt zum Beispiel überhaupt keine Abgangsdeckung von Stadt oder Land, in den oberösterreichischen Palliativstationen werden bis zum 96 Prozent des Abganges ersetzt.

Es wird daher der Fall eintreten, dass eine möglichst kurze Verweildauer in der Hospiz- bzw. Palliativstation angestrebt wird. Betrug im Jahr 2001 die durchschnittliche Verweildauer eines Patienten auf der Hospizstation St. Raphael im Krankenhaus des Göttlichen Heilands in Wien 33,5 Tage, so lag sie in anderen, später entstandenen Palliativeinrichtungen (Graz, Linz) im gleichen Zeitraum nur zwischen 12 und 15 Tagen. Das bedeutet, dass der Patient nach Stabilisierung seiner Symptome in eine andere Einrichtung verlegt werden muss. Hier wurde eine neue Finanzierungsform eingeführt, ohne an die Folgen für die Patienten zu denken. Vor der Einführung der ab dem 13. Tag dekreszierenden Finanzierungsform hätten Auffangstrukturen geschaffen werden müssen. Derzeit ist es so, dass jene Patienten, die nicht mehr nach Hause entlassen werden können, in Pflegeheimen aufgenommen werden müssen. Die Bedürfnisse von Palliativpatienten übersteigen jedoch sehr oft die medizinischen und pflegerischen Möglichkeiten einer Pflegestation. Dieses Problem sollte so bald wie möglich einer Lösung zugeführt werden.

In einem sehr interessanten Wiener Projekt, dem PIK (patientenorientierte integrierte Krankenbetreuung), soll versucht werden, die Betreuung auch von Palliativpatienten wesentlich zu verbessern. Mit einer Machbarkeitsstudie haben der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und die Gemeinde Wien den Grundstein für dieses Modellprojekt gelegt. In der Studie wurde ein Katalog von 32 Maßnahmen zur Verbesserung der Betreuungsqualität von Patientinnen und Patienten entwickelt, der nun in den Wiener Gemeindebezirken 14 bis 17 umgesetzt werden soll. Auftraggeber für das Modellprojekt sind die Wiener Gebietskrankenkasse und die Gemeinde Wien, es läuft von Juli 2002 bis Dezember 2004.

Die Ziele des Projektes sind wie folgt:

  • verbesserte Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Patientinnen und Patienten sowie den intra- und extramuralen professionellen Betreuern,
  • verstärktes Eingehen auf die Interessen, Bedürfnisse und Wünsche der PatientInnen,
  • angemessene Informationen für PatientInnen über Betreuungsangebote und über ihre Betreuung,
  • systematische Einbeziehung von PatientInnen für eine aktive Mitarbeit im Betreuungsprozess,
  • systematische Einbeziehung und Unterstützung der sozialen Netze der PatientInnen.

Wichtig ist die Überbrückung von Schnittstellen in der Krankenbetreuung in Phasen, die für Patientinnen und Patienten besonders schwierig sind, z. B. wenn ein Krankenhausaufenthalt notwendig wird, jemand vom Krankenhaus nach Hause entlassen oder wenn zu Hause eine umfassende Betreuung gebraucht wird.

Als Projektpartner in der Region arbeiten zusammen: PatientInnen, Angehörige und ihre sozialen Netze, Krankenhäuser, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Pflege- und andere soziale Dienste, PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen, LogopädInnen, Apotheken.

Wenn das Modellprojekt beendet ist, sollen erfolgreiche Maßnahmen in ganz Wien und auch in den Bundesländern verwirklicht werden.

Interessierte können auf der Website http://www.univie.ac.at/pik/ weitere Informationen einholen.

Ich wünsche mir für die Zukunft eine maximal enge Vernetzung der beteiligten Institutionen sowie die Bereitschaft, sich miteinander auszutauschen. Ich wünsche mir mehr Kreativität in der Betreuung von Schwerkranken und Sterbenden. Und ich wünsche mir – last but not least – eine Finanzierungsform für Hospiz- und Palliativstationen, die der Realität entspricht.

Anschrift des Autors:

Dr. Franz Zdrahal
Chefarzt der Caritas Wien
Leiter Teilbereich Hospiz der Caritas Wien
Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft
Erlaaer Platz 4, A-1230 Wien

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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