Hoffnung auf Mutterschaft nach maligner Erkrankung

Imago Hominis (2004); 11(4): 245-246
Notburga Auner

Eine belgische Ärztegruppe schlägt neue Wege in der Sterilitätsbekämpfung ein.1 Im September 2004 wurde im Lancet ein Bericht veröffentlicht, wonach erstmals die Geburt eines Kindes nach Reimplantation von Ovarialgewebe beschrieben wird. Einer jungen Frau, die an einem Hodgkin Lymphom, Stadium IV, erkrankt war, wurde vor der Therapie Ovarialgewebe entnommen und kryokonserviert. Im Anschluss daran erfolgte die chemotherapeutische Behandlung nach dem Schema MOPP/ABV und eine radioaktive Bestrahlung. Die aggressive Chemotherapie, die in etwa über ein Jahr andauerte, führte, wie erwartet, unverzüglich zu einer Schädigung der Eierstöcke und zur Unfruchtbarkeit. Bisher wurde Infertilität als unerwünschte Folge der Tumorbehandlung in Kauf genommen. Es gab für junge Frauen nach überstandener maligner Erkrankung, mit Ausnahme nur ganz weniger Fälle2, wenig Aussicht, ein Kind zu bekommen. Neben dem Angebot der Kryokonservierung von entnommenen Eizellen oder der jahrelangen Aufbewahrung von in-vitro-fertilisierten Embryonen gab es bisher keine anderen Vorgangsweisen. Und diese haben auch beträchtliche Nachteile. Die Kryokonservierung der Oozyten erfordert vor deren Entnahme die hormonelle Stimulation, wodurch kostbare Zeit für die Behandlung der Grunderkrankung verloren geht. Bei der „prophylaktischen“ ivF ist die Sachlage noch komplexer: dabei werden Embryonen provisorisch hergestellt, die vielleicht irgendwann einmal der unfruchtbar gewordenen Frau, deren Heilung ungewiss ist, transferiert werden. Solche Verfahren müssen aus mehreren ethischen Gründen, auf die hier nicht näher eingegangen wird, stark hinterfragt und eigentlich abgelehnt werden.

Die nun vorgestellte Vorgangsweise, die auch im Tierversuch erfolgreich war3, stellt eine neue Perspektive dar und gibt den Mädchen und jungen Frauen, die sich einer aggressiven Chemotherapie unterziehen müssen, neue Hoffnung. Dabei handelt es sich nicht um eine unbedeutend kleine Gruppe. Die Statistiken zeigen ein kontinuierliches Ansteigen jugendlicher maligner Erkrankungen und, wenn man den Prognosen glauben darf, werden im Jahr 2010 ca. einer von 250 Erwachsenen eine juvenile Tumorerkrankung überlebt haben.

Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe stellt eine erfreuliche Alternative dar. Im beschriebenen Fall wurde der jungen Frau laparoskopisch Ovarialgewebe entnommen, das auf unbestimmte Zeit kryokonserviert wurde. Etwa fünf Jahre danach wurde dann die Entscheidung zur Reim-plantation des Ovarialgewebes getroffen und in zwei Schritten:

1. Eröffnung einer Peritonealloge zum Zweck der Förderung der Vaskularisation,

2. Reimplantation des aufgetauten Gewebes, laparoskopisch durchgeführt. Fünf Monate lang zeigte sich keine Aktivität, dann – neun Monate nach dem operativen Eingriff – kam es zur Reifung eines Follikels, zur Ovulation und zur Konzeption, der eine unauffällige Schwangerschaft und Geburt folgte.

Die Diskussion über die „Sicherheit“ des vor der Therapie entnommenen Ovarialgewebes ist noch nicht abgeschlossen. Kritiker befürchten durch die Reimplantation ein Wiedereinschleusen von Tumorzellen in den weiblichen Organismus. Zyto- und histologisch konnte kein Anhaltspunkt dafür gefunden werden, auch wenn die Befürchtungen erst anhand von Langzeitergebnissen ausgeräumt werden können. In der vorgelegten Fallstudie gibt es offen gesagt auch noch andere Fragezeichen: wodurch es beispielsweise nach der Reimplantation zur entscheidenden Ovulation gekommen war, kann vorerst nicht beantwortet werden. Dennoch darf man sich über diesen Erfolg freuen und hoffen, dass in Zukunft noch viele junge Frauen trotz maligner Erkrankung auf die Mutterschaft nicht verzichten müssen.

Referenzen

  1. Donnez J. et al., Livebirth after orthotopic transplantation of cryopreservd ovarian tissue, Lancet (2004); 364: 1405-1410
  2. Atkinson H. G. et al., Successful pregnancy after allogenic bone marrow transplantation for chronic myeloid leukemia, Lancet (1994); 344: 199
  3. Lee D. M. et al., Live birth after ovarian tissue transplant, Nature (2004); 428, 137-138

Anschrift der Autorin:

Dr. Notburga Auner, IMABE-Institut
Landstraßer Hauptstraße 4/13, A-1030 Wien
auner(at)imabe.org

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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