Schmerzfrei, aber sofort! Möglichkeiten und Grenzen der Schmerztherapie

Imago Hominis (2014); 21(4): 249-258
Astrid Chiari

Zusammenfassung

Die Schmerztherapie hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen, auch Patienten mit langjährigen chronischen Schmerzen können meist durch moderne Therapiemaßnahmen eine rasche und nebenwirkungsarme Linderung ihrer Beschwerden erwarten. Dabei erhoffen sich Patienten mit lange bestehenden, bereits chronifizierten Schmerzen, die häufig an psychischen Belastungen und sozialen Problemen leiden, von invasiven schmerztherapeutischen Interventionen schnelle Erfolge. Vor einer guten Therapie ist jedoch eine exakte Schmerzabklärung unter Beiziehung anderer Fachdisziplinen sowie der Ausschluss einer operativ behebbaren Ursache indiziert. Neben dem Abklärungsweg der Schmerzen wird auch der Schmerztherapiealgorithmus in Anlehnung an das WHO Schema erläutert. An Hand von 4 Patientenkarrieren werden komplexe Schmerzbilder und ihre Therapie aus der Praxis vorgestellt und auch Grenzen aufgezeigt.

Schlüsselwörter: Chronischer Schmerz, Schmerztherapie, Analgetika, invasive Verfahren, Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Abstract

Pain therapy has gained widespread attention in recent years. Today even patients suffering from long-term chronic pain can be effectively treated with modern therapeutic strategies with only a few side effects. Patients with chronic pain, who frequently also suffer from psychological and social problems, have especially high expectations from invasive pain procedures. But before appropriate pain therapy can begin, it is essential to obtain an exact pain history, using the services of other medical specialities, and ensure there is no surgically treatable reason for the patient’s persistent pain. Besides the algorithm of the pain history the WHO analgesic ladder is elucidated. On the basis of 4 patients, field approaches to complex pain syndromes are presented and their limitations shown.

Keywords: chronic pain, pain therapy, analgesics, invasive procedures, interdisciplinary cooperation


Einleitung

Die erste Äthernarkose im Oktober 1846 am Massachusetts General Hospital in Boston durch William Thomas Morton kann mit Recht als Meilenstein im Verständnis von und im Umgang mit Schmerzen bezeichnet werden. Obwohl seine Entdeckung zunächst als „typisch amerikanischer Humbug“ abgetan wurde, setzte sich die Inhalationsnarkose rasch weltweit durch. Berichte über die Chloroformgabe durch John Snow bei Queen Victoria zur Geburtserleichterung 1853 trugen sicher dazu bei. Friedrich Wilhelm Sertürner isolierte bereits 1817 Morphium aus dem Saft des Schlafmohns, es herrschte jedoch lange Unklarheit über seine zweckmäßige Dosierung, der unkontrollierte Gebrauch während des Amerikanischen Bürgerkriegs führte in vielen Fällen zu einer Suchterkrankung, da in Unkenntnis dieser Nebenwirkung den Verwundeten ihre eigene Schmerzbehandlung durch die Selbstinjektion von Morphium überlassen worden war. Die lokalanästhetischen Eigenschaften von Kokain wurden von Carl Koller 1884 erstmals beschrieben, es folgte ein bis heute stark wachsendes Interesse an örtlichen Betäubungsverfahren für Operationen und in der Schmerztherapie.

Im Gegensatz zur Anästhesie war noch vor 30 Jahren der Schmerz ein vernachlässigtes Gebiet in der Medizin. Seither hat es bedeutende Fortschritte in der Versorgung von Schmerzpatienten gegeben, und auch die Gesundheitspolitik hat sich dieses Themas angenommen. Medizinisch wird Schmerz als ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis definiert, das mit tatsächlicher oder potentieller Gewebsschädigung verknüpft ist. Schmerz hat also eine sehr wichtige Warnfunktion und soll den Körper vor schädlichen oder gefährlichen Einflüssen schützen. Man unterscheidet zwischen akutem und chronischem Schmerz. Auslöser von Schmerzen können sowohl äußere Faktoren wie Kälte oder Hitze als auch innere Beschwerden sein, z. B. Entzündungen oder Störungen des Nervensystems. Bei Schmerzen handelt es sich um eine subjektive Empfindung, die jeder Mensch sehr unterschiedlich wahrnehmen kann. Chronischer Schmerz ist eine eigenständige Krankheit und hat seine Warnfunktion verloren. Auch seelische Belastungen können zu körperlichen Schmerzen führen (psychosomatische Schmerzen). Die psychische Verfassung spielt bei der individuellen Schmerzwahrnehmung eine wichtige Rolle: So können Trauer oder Niedergeschlagenheit die Empfindlichkeit für Schmerzen verstärken, positive Gefühle können sie dagegen verringern.

Etwa ein Drittel aller Erwachsenen sind von gelegentlich oder häufig wiederkehrenden Schmerzen betroffen, vor allem Kopfschmerzen, Rücken- und Gelenksschmerzen.1 Bei einer kleinen Gruppe von Menschen bestehen schwere Dauerschmerzen mit erheblichen schmerzbedingten Beeinträchtigungen. Bei diesen Menschen ist der Lebensvollzug durch den Dauerschmerz stark eingeschränkt. Zu diesem gehört, dass man sich am Arbeitsplatz brauchbar einsetzen kann und bewährt, dazu gehört, dass man Freude am Leben hat, dass man kreativ ist, dass man Raum für positive Gedanken hat und eventuell eine Partnerschaft pflegt. Diese Lebenserfüllungen werden durch Dauerschmerzen stark eingeschränkt.

Schmerzbetroffene ziehen sich allmählich aus ihren Sozialbeziehungen zurück oder belasten diese über Gebühr. Schließlich geraten sie in eine resignative Lebenshaltung. Viele haben auch die Erfahrung gemacht, dass das Gesundheitssystem ihnen nicht helfen kann, sie ziehen sich hier zurück. So kam es, dass lange Zeit nur wenig über die Schmerzbetroffenen bekannt war. Schmerzen haben in erheblichem Ausmaß Arbeitszeitausfälle zur Folge. Die Schmerzbetroffenen bilden die größte Gruppe von chronisch Kranken, werden jedoch bei Planungen und Maßnahmen des Gesundheitssystems erst jetzt langsam berücksichtigt.

Entstehung und Chronifizierung von Schmerz

Fast überall im Körper befinden sich Nervenfasern, die unterschiedliche Reize (z. B. Temperatur, Druckverletzungen oder Dehnung) mittels spezifischer Rezeptoren wahrnehmen und über das Rückenmark ans Gehirn weiterleiten können. Werden Schmerzrezeptoren über einen längeren Zeitraum gereizt, kommt es zu lokalen biochemischen Veränderungen, die über eine komplexe Kaskade von Neurotransmitterfreisetzungen die Empfindlichkeit der Nervenfasern weiter steigern. Neben dieser „peripheren Sensibilisierung“ wird auch die Reizschwelle anderer Nervenfasern gesenkt, es werden sozusagen bisher „schlafende Neurone geweckt“. Die Folge ist ein starker, die Verletzung lange überdauernder Spontanschmerz und eine gesteigerte Empfindlichkeit auf schmerzhafte Reize oder auch nur Berührung im Bereich der Verletzung. Auf Rückenmarksebene, wo der Schmerzreiz dann über aufsteigende Neurone an das Gehirn weitergeleitet wird, kann es über unterschiedlichste „Zwischenneurone“ und vom Gehirn „absteigende Neurone“ entweder zu einer Verstärkung oder zu einer Abschwächung kommen. Bei Schmerzpatienten ist meist diese normalerweise vorhandene „körpereigene endogene Schmerzhemmung“, reduziert, wir sprechen auch von einer „gestörten Schmerzbremse“. Hier liegt auch der Ansatz für viele schmerztherapeutische Verfahren und der Grund für den starken Einfluss der Psyche auf die Schmerzen. Das Gehirn selbst besitzt keine Schmerzrezeptoren und ist deshalb schmerzunempfindlich.

Chronische Schmerzen haben die biologisch sinnvolle Warnfunktion verloren. Sie nehmen eine zentrale Bedeutung im Leben der „Schmerzpatienten“ ein, die oft nach unzähligen erfolglosen Therapieversuchen und Enttäuschungen gravierende Einschränkungen in der Lebensqualität in bedrückter Stimmung, Ängsten und reduzierter Leistungsfähigkeit erleben. Psychologische Prozesse sind untrennbar mit der Chronifizierung von Schmerzen verbunden. Bei chronischen Schmerzen nehmen psychische Belastungen und soziale Probleme zu, die ihrerseits wieder die Schmerzen verstärken. Schmerzen lösen negative Emotionen aus, daher „lernt“ der Schmerzpatient, bestimmte Bewegungen, Gegenstände oder auch Situationen zu vermeiden. Auch wenn die Schmerztherapie erfolgreich ist, bleibt dieses „Vermeidungsverhalten“ oft bestehen.

Schmerzeinschätzung

Grundlage der Diagnostik und der Zuordnung eines bestimmten Schmerztyps zu einem Schmerzmechanismus ist die umfangreiche Erhebung einer Schmerzanamnese, bei der die Beobachtung des Patienten (Körperhaltung, Übereinstimmung von Mimik und Gestik mit Schmerzschilderung, emotionale Bewegungen) sehr wichtig ist. Erfragt werden Schmerzlokalisation, Schmerzdauer (intermittierend oder Dauerschmerz), Schmerzverlauf, Qualität des Schmerzes (einschießend, pulsierend, kribbelnd, schon bei leichter Berührung), Schmerzintensität (VAS Schmerzskala 0-10), Begleitsymptome (Reflexausfälle, Übelkeit, Lichtscheu, Schwellungen, Störungen der Statik, Schlaflosigkeit), Verhalten bei Schmerz, bisherige therapeutische Maßnahmen und die aktuelle Lebenssituation des Patienten. Schmerztagebücher haben sich auch als sehr hilfreich erwiesen. Nach dem Studium eventueller Vorbefunde erfolgt eine klinische Untersuchung, die Einholung von notwendigen, sorgfältig indizierten Zusatzbefunden (Radiologie, Psychologie), erst dann kann eine Diagnose gestellt und mit einer adäquaten Schmerztherapie begonnen werden. Liegt eine operativ zu behandelnde Schmerzursache (etwa eine Verengung des Rückenmarkskanals) vor, so muss diese Option vor einer Schmerztherapie mit den entsprechenden Fachkollegen und dem Patienten ausführlich diskutiert werden.

Besteht der Schmerz länger als etwa 6 Monate, wird er international übereinstimmend als „chronisch“ bezeichnet. Diese Patienten leiden in hohem Maß an schmerzassoziierter Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität und kommen mit einer hohen Erwartungshaltung zu jedem neuen Schmerztherapeuten. Typisch bei „chronischen Schmerzpatienten“ sind Dauerschmerz, große Schmerzareale, Medikamentenmissbrauch, häufige Arztwechsel und Probleme in Familie und Beruf. Bei diesen Patienten besteht eine große Diskrepanz zwischen der geringen Toleranz gegenüber Nebenwirkungen von Medikamenten und einer hohen Bereitschaft, sich sehr invasiven und aggressiven Therapien zu unterziehen. Bei noch laufenden Verfahren (Gericht, Unfallversicherung, Berufsunfähigkeitspension) ist allerdings extreme Zurückhaltung gegenüber dem Einsatz invasiver Schmerztherapieverfahren angebracht. Es versteht sich von selbst, dass bei chronischen Schmerzpatienten eine rasche Beseitigung ihrer Schmerzen völlig unrealistisch ist.

Ausgesprochen hilfreich dagegen ist die Vereinbarung von erreichbaren Zielen mit dem Patienten, die aus seiner Sicht einen Erfolg darstellen. Solche Ziele könnten z. B. sein, „den Schmerz von VAS 6 auf VAS 4 zu reduzieren“, „wieder durchschlafen zu können“, „wieder bis zur Bushaltestelle gehen zu können“ oder sich „wieder über Besuch freuen zu können“.

Grundlagen der schmerztherapeutischen Optionen

1986 wurde von der WHO ein einfaches Stufenschema zur Schmerzbehandlung entwickelt, dieses war zunächst für Tumorschmerzen konzipiert, ist jedoch mit leichten Variationen auf alle Schmerzsymptome übertragbar.2 Heute wissen wir, dass sogenannte „benigne Schmerzen“, also nicht tumorbedingte Schmerzen, in der Schmerztherapie zu den schwierigsten Fällen zählen.

Die erste Stufe beinhaltet die Applikation von sogenannten „peripheren Analgetika“, den „Nicht-Opioiden“. Bekannte Vertreter dieser Gruppe sind Aspirin, Novalgin, Mexalen, Voltaren und Dynastat. Gegen letztere (Voltaren und Dynastat als Vertreter der sog. „COX 2 Hemmer“) bestehen Warnungen wegen erhöhtem Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, ihr Einsatz sollte bei Bluthochdruck, Zuckerkrankheit und Rauchen nur sehr zurückhaltend erfolgen. Außerdem ist zu beachten, dass alle diese Medikamente einen sog. „Ceiling-Effekt“ haben: Eine über die empfohlene Tagesdosis hinausgehende Verabreichung führt nicht zu einer Verstärkung der Wirkung, wohl aber zu einer Verstärkung der Nebenwirkungen.

Reicht die alleinige Gabe von Nichtopioid-Analgetika nicht mehr aus oder besteht bereits initial ein starker Schmerzscore, der nicht mit Stufe-1-Medikamenten beherrschbar sein wird, sollte der Umstieg auf die nächste Stufe vollzogen werden. In der Stufe 2 wird ein mittelstarkes Opioid (Tramal, Dihydrocodein) zusätzlich zum Stufe-1-Medikament verabreicht. Bei Tramal gibt es – so wie bei allen anderen Opioiden – die Möglichkeit, zusätzlich zur fixen Basistherapie eine sogenannte „Rescue-Medikation“ für Schmerzspitzen zu verschreiben. Initial macht bei Tramal wegen der Nebenwirkungen Übelkeit, Schwindel und Verwirrtheit vor allem bei älteren Patienten häufig Probleme. Daher sollten diese möglichen Nebenwirkungen gleich zu Beginn der Behandlung angesprochen und auch sofort behandelt werden, um den Erfolg der Therapie nicht zu gefährden.

Steigt der Tagesbedarf an Tramal bzw. Dihydrocodein über eine kritische Grenze (Tramal 600 mg, Dihydrocodein 360 mg), wird auf ein starkes Opioid der Stufe 3 umgestiegen. Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe ist Morphin, das auch als Referenzsubstanz für alle anderen starken Opiate (zur Umrechnung der Dosis) herangezogen wird. Diese Medikamente werden als Tabletten, Tropfen, Zäpfchen, als Lutschtablette oder als Pflaster angeboten, es gibt verzögert und sofort freisetzende Zubereitungen. Umstellungen von Tabletten auf Pflaster mit Lutschtablette als „Rescue-Medikation“ oder Wechsel auf ein anderes starkes Opiat sind heikel und dem erfahrenen Schmerztherapeuten vorbehalten, sie sollten keinesfalls vom Patienten auf eigene Faust versucht werden. Leider ist jede Opiat-Therapie mit Nebenwirkungen verbunden: Verstopfung, Übelkeit, Sedierung, Juckreiz, sogar Halluzinationen. Diese sind meist gut behandelbar, manchmal bleibt aber nur der Wechsel auf ein anderes Opiat im Sinne einer „Opiatrotation“. Die Langzeitanwendung opioidhaltiger Analgetika sollte interdisziplinär geprüft oder qualifiziert ausgesetzt werden, wenn sie keine Wirkung zeigt, die zugrundeliegende Schmerzursache nicht mehr vorliegt oder durch Physiotherapie oder eine andere Intervention behoben wurde, der Patient ein auffälliges Verhalten zeigt oder Anzeichen einer Abhängigkeitserkrankung bestehen. Nach 3 – 6 Monaten muss vor Daueranwendung der Versuch einer Dosisreduktion/Opioidpause unternommen werden.

Von Beginn der Schmerztherapie an werden Co-Analgetika in der Therapie bestimmter Schmerzen eingesetzt. Diese Medikamente sind keine klassischen Schmerzmedikamente (Antidepressiva, Antiepileptika, Catapresan, Cannabis,3 Benzodiazepine, krampflösende Medikamente, Cortison), können aber aufgrund ihres Wirkmechanismus chronische Schmerzen lindern. Vorsicht ist geboten bei der Dosissteigerung dieser Medikamente, da unangenehme unerwünschte Nebenwirkungen schnell auftreten.4

Zusätzlich stehen uns in der Schmerztherapie lokal verabreichbare Medikamente (Chili-Pflaster, Lidocain-Pflaster) und verschiedene Blockadetechniken von Nerven oder Nervengeflechten mit Lokalanästhetika oder bei Tumorschmerzen sogar mit Alkohol zur Nervenzerstörung zur Verfügung. Diese kommen bei starken Nervenschmerzen, bestimmten Gelenksschmerzen, Trigeminusneuralgie und Tumorschmerzen zum Einsatz und finden meist Ultraschall- oder Computertomographie gezielt statt. Die meisten dieser Blockadetechniken sind in der normalen anästhesiologischen Praxis außerhalb der speziellen Schmerztherapie nicht üblich. Es versteht sich von selbst, dass diese Blockadetechniken ausschließlich von dafür speziell geschulten Schmerztherapeuten und unter entsprechender Kreislauf-Überwachung durchgeführt werden müssen.5

Reicht die orale oder transdermale Opiat-Therapie mit oder ohne Co-Analgetika nicht mehr aus, ist der Umstieg auf ein rückenmarksnahes Therapiekonzept (Stufe 4) zu überlegen, da diese Applikationsform 10 – 100x wirksamer ist als die orale. Operativ wird ein Katheter spinal (in den Rückenmarkskanal unter die harte Hirnhaut) gelegt, der mit einer etwa Handteller großen unter der Haut im Bauch eingebauten Pumpe verbunden wird, die mit Opiaten, Lokalanästhetika oder krampflösenden Medikamenten bei Spastizität gefüllt werden kann. Dieses invasive Therapieverfahren darf nur in spezialisierten Zentren erfolgen, wo die Patienten auch engmaschig kontrolliert werden und die zukünftigen notwendigen Pumpenbefüllungen regelmäßig stattfinden können.6

Bei bestimmten neuropathischen Schmerzformen können in dieser Stufe Verfahren zur Neuromodulation eingesetzt werden. Hier wird operativ eine mehrpolige Sonde in den Rückenmarkskanal außerhalb der harten Hirnhaut (oder auch an periphere Nerven) eingelegt, die mit einem unter die Haut eingepflanzten Stimulationsgenerator (etwas kleiner als eine eingebaute Schmerzpumpe) verbunden wird. Der Patient kann nun seine starken (Bein-) Schmerzen mit angenehmeren „Kribbelsensationen“ überdecken. Die Indikation für diese Neuromodulationstherapien sind stärkste Nervenschmerzen, die durch alle anderen medikamentösen und nicht medikamentösen Therapieformen nicht behandelbar sind. Die Neurostimulation hat außerdem einen Blutgefäß erweiternden Effekt, daher wird dieses Verfahren auch gerne bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit und auch bei Angina pectoris mit Erfolg eingesetzt. Auch dieses Verfahren wird nur von spezialisierten Zentren angeboten, wo die leider häufig auftretenden technischen Probleme immer schnell gelöst werden müssen.

Für die Indikation der Implantation von spinalen Pumpensystemen und auch Neuromodulationsverfahren sind von den Fachgesellschaften entsprechende Leitlinien publiziert, die gelegentlich eher großzügig ausgelegt werden, um Patienten diese Möglichkeit nicht vorenthalten zu müssen. So wird international gefordert, dass Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen weder Pumpen noch Neuromodulationssysteme erhalten sollen. Diese Grenze ist manchmal für die Behandler von schmerzgeplagten Menschen schwer zu ziehen.

Aufgrund der hohen technischen Komplexität und Präzision dieser Implantate sowie der relativ geringen Stückzahl weltweit sind diese extrem hochpreisig, werden aber von der Industrie auch über das Internet intensiv beworben. Viele verzweifelte Schmerzpatienten kommen – vorinformiert als „Dr. Google“ – bereits zu Beginn der Schmerzbehandlung mit dem dringenden Wunsch nach einer implantierten Schmerzpumpe oder einem Neuromodulationssystem. Die behandelnden Schmerztherapeuten befinden sich hier in einer sehr heiklen Situation, in der es gilt, die potentiellen Vorteile für den Patienten gegen die von der Industrie gerne etwas heruntergespielten Risiken einer solchen Implantation abzuwägen und dem Patienten gleichzeitig die berechtigte Erwartung der Besserung seiner Beschwerden nicht zu nehmen. In Zeiten des hohen Kostendrucks sind in vielen Krankenhäusern die Budgets für solche Implantate limitiert, was zu niedrigeren Einbauraten und zu geringeren Umsätzen der entsprechenden Firmen führt. Diese sind daher gezwungen, ihren bisher exzellenten Service einzuschränken, was wieder die Versorgungsqualität der Patienten im Fall von technischen Problemen verschlechtert.

Zusätzlich zur medikamentösen Therapie sind im Sinne eines „multimodalen Schmerztherapie-Konzepts“ eine gute Physikalische Therapie, mildes Kraft- und Ausdauertraining, begleitende psychologische Maßnahmen und auch komplementäre Verfahren für die Genesung wichtig und wünschenswert. Dieses erfolgsversprechende Therapiekonzept mit dem Ziel, den Schmerzpatienten möglichst bald wieder in ein normales Leben und auch in den Arbeitsprozess einzugliedern, wird derzeit am Schmerzzentrum des Universitätsklinikums Erlangen und im Zentrum für Interdisziplinäre Schmerztherapie, Onkologie und Palliativmedizin – ZISOP am Klinikum Klagenfurt am Wörthersee umgesetzt. Diese Institutionen fungieren als „Best-Practice Beispiele“ für gelungene umfassende Schmerztherapie, die natürlich mehr Ressourcen benötigt als die rein medikamentös-interventionelle Therapie.

Fallbeispiele

Zur besseren Illustration des praktischen Vorgehens in der Behandlung von konkreten Schmerzpatienten nun vier Fälle von Patientenkarrieren. Alle diese Patienten sind im erwerbsfähigen Alter, hoffen auf möglichst baldige Besserung ihrer Schmerzen und wünschen sich lediglich, ein „normales Leben“ zu führen. Leider können wir es nicht allen ermöglichen.

Herr R, geb. 1990

Seit einer laparoskopischen Leistenbruchoperation vor 8 Monaten bestanden anhaltende Schmerzen im Leistenbereich mit Ausstrahlung in den Genitalbereich, der Schmerzcharakter war einschießend und elektrisierend. Herr R, Student, sonst gesund, war im täglichen Leben stark beeinträchtigt, sogar das Tragen von Unterwäsche war schmerzhaft.

In seltenen Fällen kann es im Zuge einer Operation zu Schäden an Hautnerven kommen, die sich dann als sog. Nervenschmerzen oder „neuropathische Schmerzen“, wie bei Herrn R, darstellten. Bei dieser Indikation sind periphere Analgetika und Opiate unwirksam, es wurde das Antiepileptikum Neurontin (Co-Analgetikum) verordnet. Wegen der sedierenden Nebenwirkungen von Neurontin, die für Herrn R als Student sehr störend waren, wurde das Chefarzt-pflichtige alternativ-Präparat Lyrica verordnet, das jedoch vom Chefarzt nicht genehmigt wurde. Herr R konnte Lyrica selbst nicht bezahlen und lehnte die weitere Einnahme von Neurontin wegen der Nebenwirkungen ab.

Um Herrn R dennoch helfen zu können, wurde auf die schmerzhafte Stelle in der Leiste für 60 Minuten ein Qutenza-Pflaster geklebt. Dieses enthält den Wirkstoff Capsaicin, der Extrakt der scharfen Chili-Schote. Durch diesen Wirkstoff werden zunächst die Schmerzrezeptoren der Haut massiv erregt, deshalb kommt es bei Applikation vorübergehend zu einem starken Brennen mit starker Haut-
rötung, danach bleiben die Schmerzrezeptoren der Haut für mehrere Monate unempfindlich. Das Qutenza-Pflaster wird hauptsächlich in Krankenhäusern verabreicht, wird aber auch bei niedergelassenen Ärzten mit Schmerzdiplom von der Krankenkasse gezahlt.

Bei Herrn R waren die einschießenden Schmerzen nach der Qutenza-Applikation völlig verschwunden und kamen auch nach mehreren Monaten nicht wieder.

Frau H, geb. 1978

Seit einem Jahr litt Frau H an brennenden Schmerzen im Gesicht, vor allem im Unterkiefer (3. Trigeminusast), aber nur einseitig links. Frau H war als Verkäuferin in einer Feinkostabteilung tätig, durch die Kälte im Kühlbereich wurden aber regelrechte Schmerzattacken ausgelöst, sodass Frau H Probleme bei der Ausübung ihres Berufs hatte.

Zunächst wurde unter der Arbeitsdiagnose „Trigeminusneuralgie“ eine Therapie mit Tegretol und später Lyrica (beides Antiepileptika als Co-Analgetika) eingeleitet, die aber die Beschwerden nicht lindern konnten. Bei einer MRT-Untersuchung zeigte sich ein Gefäßast in unmittelbarer Nähe zum Hauptstamm des Nervus trigeminus. Frau H wurde über die Möglichkeit einer Dekompressions-Operation durch die Neurochirurgen aufgeklärt, wollte aber im Moment keine solche Operation.

Frau H erhielt eine kurze Serie von Ganglion Stellatum-Blockaden (Blockade des sympathischen Nervengeflechts im Halsbereich), die aber ohne den gewünschten Erfolg blieben. Daher wurde eine GLOA-Blockade (ganglionäre lokale Opioidanalgesie) des Ganglion cervicale superius (Ganglion des sympatischen Grenzstrangs, Vorteil des geringeren Komplikationsrisikos als bei der Stellatum Blockade) durchgeführt, die erfolgreich war, sodass eine Serie mit insgesamt 25 Blockaden durchgeführt wurde, Frau H konnte zufrieden und ohne häufige starke Schmerz-Attacken wieder in ihrem Beruf arbeiten, auch im Kühlbereich der Feinkostabteilung.

Zwischenzeitlich war die Patientin von einem auswärtigen Schmerztherapeuten vom Antiepileptikum Tegretol auf das Antidepressivum Saroten (indiziert bei atypischem Gesichtsschmerz) umgestellt worden, was auch nach mehreren Wochen keinerlei Schmerzreduktion brachte. Da aufgrund unserer Diagnostik (MRI, klinisches Erscheinungsbild) eher eine Trigeminusneuralgie vermuteten und Saroten trotz hoher Dosis wirkungslos war, stellten wir Frau H wieder auf Tegretol ein, doch die Beschwerden besserten sich auch nicht zufriedenstellend. Daher wird bei Frau H derzeit wieder eine Serie von GLOA-Blockaden des Ganglion cervicale superius durchgeführt, die wieder eine deutliche Besserung der Beschwerden bringt.

Herr B, geb. 1978

2007 erlitt Herr B bei einem Arbeitsunfall eine Quetschverletzung des rechten Knies und Oberschenkels mit hartnäckigen Blutergüssen, die immer wieder punktiert werden mussten. Es entwickelte sich ein neuropathisches posttraumatisches Schmerzsyndrom des rechten Beins mit brennenden Schmerzen von der Hüfte an der Außenseite des Oberschenkels bis zum Knie, begleitet von einem ständigen motorischen Zucken in der Nacht, dadurch auch eine sehr schlechte Schlafqualität. Neben einer medikamentösen Therapie mit Opiaten, Antidepressiva und Seroquel, ein antipsychotisches Medikament zur Behandlung manisch-depressiven Verstimmungen, erhielt Herr B in einem auswärtigen Krankenhaus eine Sonde zur peripheren Nervenstimulation im rechten Oberschenkel, wo angenehme Kribbelsensationen die brennenden Schmerzen überdecken sollen.

Die Probephase dieser peripheren Nervenstimulation brachte gute Ergebnisse, die sich nach der Fiximplantation des Generators, die erst nach der positiven Testphase erfolgte, leider nicht fortsetzen ließen. Es erfolgten mehrere Versuche, die Stimulationssonde im Oberschenkel besser zu positionieren (insgesamt hatte Herr B 20 Operationen am Bein), immer ohne Erfolg.

Herr B war in einer befristeten Berufsunfähigkeitspension, war aber arbeitswillig, wenn es die Schmerzen zugelassen hätten. Herr B hatte aufgrund der jahrlangen permanenten Schmerzen eine sehr stark herabgesetzte Lebensqualität wegen der starken Einschränkung in Leistungsfähigkeit und Mobilität, dazu kam eine ausgeprägte reaktive Depression, trotz antidepressiver Behandlung.

Herr B wurde Ende 2012 in unser Krankenhaus mit der Fragestellung einer Rückenmarksstimulation bei posttraumatischem neuropathischem Schmerzsyndrom zugewiesen. Nach neurologischer und psychiatrischer Evaluierung, wo keine manisch-depressive Erkrankung und eine prinzipielle Eignung für das Neuromodulationsverfahren beschrieben wurde, wurden Anfang 2013 operativ 2 epidurale Neurostimulationssonden eingesetzt und mit dem noch belassenen Generator der peripheren Nervenstimulation verbunden. Leider brachte diese Rückenmarksstimulation trotz guten Ergebnissen bei der Implantation der Rückenmarks-Sonden keine Schmerz-Erleichterung für Herrn B, sodass auf einen anderen Generator mit veränderter Stimulationstechnologie (Hochfrequenzstimulation) gewechselt wurde. Im Juni 2013, als auch alle Versuche, die Stimulation technisch zu verbessern, nicht erfolgreich waren, mussten die oralen Opiate von Herrn B deutlich erhöht werden.

Es wurde daher im Rahmen der Schmerzkonferenz beschlossen, das leider wirkungslose Neuromodulationssystem zu entfernen und Herrn B probeweise einen Spinalkatheter zu implantieren, um die Opiatgabe effektiver zu gestalten und Herrn B eine Schmerzerleichterung bei akzeptabler Lebensqualität anbieten zu können. Die im auswärtigen Krankenhaus implantierte periphere Nervenstimulationssonde wurde belassen, da sie extrem stark eingewachsen und völlig vernarbt war. Die anfänglichen Probleme mit den typischen Opiat-Nebenwirkungen (Müdigkeit, Erbrechen) wurden rasch beherrscht, auch die in weiterer Folge implantierte Pumpe funktionierte anstandslos, etwa ein Jahr lang war Herr B einigermaßen zufrieden.

Im Sommer 2014 präsentierte sich Herr B bei der routinemäßigen Pumpenfüllung sehr unzufrieden, die Dosis der Opiate hätte aufgrund der Schmerzen stark gesteigert werden müssen, er hätte jetzt erhöhten Blutdruck und fühlte sich nur mehr müde und antriebslos, es sei immer wieder zu Stürzen gekommen, außerdem wäre eine Inkontinenz neu aufgetreten.

In diesem Fall ist eine Abklärung mittels MRI angezeigt, die aber wegen der noch im Oberschenkel belassenen peripheren Stimulationssonde erst nach eingehenden Diskussionen mit der Radiologischen Abteilung durchgeführt werden konnte, da sich diese Sonden im MRI erwärmen und einen Gewebsschaden verursachen können. Das MRI ergab keinen Befund, der die plötzlichen starken Schmerzen oder die Inkontinenz erklärt hätte.

Frau G, geb. 1969

Frau G ist seit mehreren Jahren an unserer Schmerzambulanz in Behandlung, sie leidet seit ihrer Kindheit an Epilepsie (15 bis 20 Anfälle pro Jahr). 1988 wurde ein Bauchtumor operiert, gefolgt von mehreren Unterleibsoperationen, insgesamt 13 Mal. Frau G leidet an einer neurogenen Blasen-und Darmentleerungsstörung und hat seit 2008 einen Blasenschrittmacher, der mehrfach wegen Infektionen aus- und danach wieder eingebaut werden musste. In der Vorgeschichte finden sich mehrere operative Eingriffe wegen Darmverschlüssen, tiefer Beinvenenthrombose sowie Augen und Knieoperationen.

Aufgrund einer zusätzlich bestehenden schweren Depression hatte Frau G mehrere Selbstmordversuche verübt, zuletzt vor 9 Jahren, wo sie sich – auf einer Intensivstation befindlich – selbst anzündete und daraufhin schwerste Verbrennungen im Bauchbereich erlitt. Es folgten weitere Operationen im Zuge dieser Verbrennung, die Haut musste künstlich gedeckt werden.

Frau G war eine chronische Schmerzpatientin, die alle paar Wochen in unsere Schmerzambulanz kam und mit einer Kombination aus verschiedenen Schmerzmedikamenten inkl. hochdosierten Opiaten in Tablettenform neben ihren sonstigen Medikamenten (Magenschutz, Elektrolytsubstitution und Epilepsiemedikamenten) versorgt wurde. Waren trotz diesen hohen Medikamentendosen die Schmerzen zu stark, erhielt Frau G in der Ambulanz Kurzinfusionen mit Opiaten und anderen Schmerzmedikamenten. Nach diesen Infusionen konnte Frau G wieder mit dem Krankentransport nach Hause gebracht werden.

Frau G beschrieb stärkste Schmerzen im Bereich der Verbrennungsnarben im Bauch, sie war permanent in gedrückter Stimmungslage, dabei aber orientiert und geordnet, stand jedoch wegen der dauerhaft bestehenden Schmerzsituation unter einer permanenten psychischen Belastung. Um die Schmerzen nach den Verbrennungen im Bauchbereich zu beseitigen oder zu lindern, wurde ein plastisch-chirurgischer Eingriff geplant, der jedoch nicht zustande kam, da die Pat. 3 Tage vorher eine schwere Blutvergiftung erlitt und mehrere Wochen auf der Intensivstation behandelt werden musste. Die Schmerzen im Bauchbereich wurden von Frau G als ziehend und brennend mit einer absolut unerträglichen Intensität beschrieben, hochdosierte Opiatdosen in Tablettenform konnten die Schmerzen nicht lindern, nur mehr Infusionen mit hochdosierten Opiaten mit Co-Analgetika halfen kurzfristig. Zu Hause war diese Therapie nicht mehr durchführbar.

Obwohl Frau G als psychiatrische Diagnose an einer schweren Depression und einer Borderline-Störung leidet, wurde im anästhesiologisch-schmerztherapeutischen Team die probeweise Implantation eines Spinalkatheters zur Schmerztherapie beschlossen. Im Jänner 2013 erhielt Frau G den Spinalkatheter mit angeschlossener Schmerzpumpe, die die Patientin selbst regulieren konnte, um ihren Dosisbedarf zu ermitteln. Aus Sicherheitsgründen wurde Frau G nach der Katheter-Implantation einige Tage intensivmedizinisch überwacht. Nach einigen Tagen kam es trotz völligem Weglassen der oralen Schmerzmedikamente und einer alleinigen Gabe der Opiate über die spinale Pumpe zu einer deutlichen Besserung der starken Schmerzen und auch zu einer besseren Stimmungslage von Frau G.

Bei den nachfolgenden Kontrollbesuchen in unserer Ambulanz präsentierte sich Frau G ungewohnt fröhlich, berichtete über eine deutlich gebesserte Schmerzsymptomatik und machte einen fast unternehmungslustigen Eindruck. Außerdem fiel uns auf, dass Frau G – anders als früher – modische Kleidung trug, eine gepflegte Frisur und auch dezentes Make-Up hatte. Frau G kam ca. 1mal im Monat, um die implantierte Pumpe neu mit Opiaten füllen zu lassen und zeigte sich während der darauffolgenden Monate sehr zufrieden.

Frau G wurde jedoch im Sommer 2014 mit der Rettung in ein anderes Krankenhaus eingeliefert, da sie wieder unter starken Schmerzen litt, begleitet von starkem Schwitzen und psychiatrischen Symptomen. Nachdem offensichtlich wurde, dass Frau G mit ihrer komplexen Vorgeschichte bei uns eine Schmerzpumpe implantiert bekommen hatte, wurde sie sofort in unser Krankenhaus transferiert. Es stellte sich als Ursache für ihre Beschwerden ein Knick im Spinalkatheter heraus, die hochdosierten Opiate waren offensichtlich mehrere Tage bis Wochen nur in reduzierter Dosis infundiert worden und Frau G litt an einer Entzugssymptomatik. Durch einen kleinen operativen Eingriff konnte der Knick begradigt werden und Frau G kann seither wieder einigermaßen schmerzfrei und zufrieden ihren Alltag meistern.

Fazit

In unserer täglichen Arbeit als Anästhesisten ist die sofortige Erleichterung von Schmerzen nach einer Operation oder in der Geburtshilfe eine schon mit Grundkenntnissen leicht durchführbare Selbstverständlichkeit. Wie aus den oben ausgeführten Patientenkrankengeschichten ersichtlich, ist das bei Schmerzpatienten nicht so leicht möglich, auch bei profunden Kenntnissen und jahrelanger Erfahrung in der Schmerzmedizin. Schmerzpatienten haben häufig eine langjährige Leidensgeschichte und ein komplexes Schmerzbild, das nur durch genaue Befragung und Eingehen auf die individuelle Situation des Schmerzpatienten überhaupt zu analysieren ist. Gibt es keine durch sonstige Maßnahmen behandelbare Ursache der Schmerzen, muss mit Kenntnis aller schmerztherapeutischen Optionen und unter Einbeziehung anderer Fachdisziplinen ein für den Patienten geeigneter Behandlungspfad gefunden werden, in die der Patient auch aktiv einbezogen werden muss. Leider stoßen wir auch unter Aufbietung hochwirksamer Medikamente und technisch ausgefeiltester Implantate gelegentlich an unsere Grenzen und können nicht allen Patienten ausreichend helfen. Besondere Hoffnung für die Zukunft liegt hier in der multimodalen Schmerztherapie unter besonderer Beteiligung der Physikalischen Medizin und der psychotherapeutischen Begleitung der Patienten.

Zum Glück gilt für viele Ärzte noch immer als Grundsatz der von Galen von Pergamon aus Rom überlieferte Ausspruch, „Divinum est sedare dolorem“ – „ Es ist eine Gottesgabe, Schmerzen zu lindern“.

Danksagung

Ich danke meinem Vorgänger, Herrn Prim. Prof. Dr. Wilfried Ilias und meinem anästhesiologisch-schmerztherapeutischen Team für ihr unermüdliches Engagement für unsere Schmerzpatienten und ihre Unterstützung, Frau Dr. Andrea Auer, Herrn Dr. Robert Janda, Herrn Dr. Gergely Nagy, Frau Dr. Astrid Sehorst und Frau Dr. Marie Slavicek vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien.

Referenzen

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Anschrift der Autorin:

Prim. Univ. Prof. Dr. Astrid Chiari
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien
Abteilung für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie
Johannes von Gott Platz 1, A-1020 Wien
astrid.chiari(at)bbwien.at

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