Bioethik Aktuell

Aktuell: IMAGO HOMINIS nimmt das Pandemie-Management kritisch unter die Lupe

Die gewonnenen Erfahrungen erlauben eine vertiefte und kritische Analyse

Lesezeit: 02:23 Minuten

Fachexperten aus den Bereichen Ökonomie, Journalismus, Philosophie und Soziologie bieten eine kritische Analyse zum Verhältnis von Wissenschaft, Politik und Medien in Zeiten der Pandemie. Die Beiträge zeigen auf, welche Lehren sich aus dem Pandemie-Management für die Zukunft ziehen lassen.

Die aktuelle Imago Hominis-Ausgabe "Pandemie und Ethik II" (03/2022) blickt auf zweieinhalb Jahre Pandemie zurück. Die zeitliche Distanz sowie gewonnene Erfahrungen erlauben eine vertiefte und kritische Evaluierung und Analyse der staatlichen Vorgangsweisen und Narrative in der Pandemie-Bekämpfung.

Der Nationalökonom Karl Farmer (Universität Graz) analysiert die verschiedenen Aspekte des Dilemmas in der ersten Phase der Pandemie: Wie kann gleichzeitig der Verlust an Menschenleben und an Vermögen möglichst niedrig gehalten werden? Die Politik habe sich letztlich für die kostspieligeren Eindämmungsmaßnahmen –mehrfache harte Lockdowns – entschieden, trotz deren fraglicher Effektivität. Einer der Gründe lag in der stärkere „Verwicklung“ von Wissenschaft und Politik. Politikern fehlte der Mut, eingeschlagene Pfade zu korrigieren, flüchtige Vorteile und Aktivismus spielten dabei ebenfalls eine Rolle.

Die Medienberichterstattung zur COVID-19 Pandemie hat alle bisherigen Dimensionen von Wissenschaftsjournalismus gesprengt. Redakteure waren Tag und Nacht mit Corona befasst, obwohl viele von ihnen bislang nichts mit Wissenschaftsjournalismus zu tun hatten. Selbst für Fachjournalisten war es kaum möglich, komplexe Zahlen und Angaben einzuordnen, die Gefahr vorläufiges Wissen als „Wahrheit“ zu präsentieren, war groß. Der Medizinjournalist Rainer Klawki (Köln) geht selbstkritisch der Rolle des Wissenschaftsjournalismus in der Corona-Krise nach.

Die Altersforscher Franz Kolland, Karoline Bohrn, Lisa Hengl und Katrin Lehner (Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, Krems/Donau) zeigen in ihrem Beitrag, wie problematisch, weil diskriminierend die während der Covid-19-Pandemie vielfach diskutierte Schutzbedürftigkeit von älteren Personen und deren Adressierung als Risikogruppe aus soziologischer Perspektive gewesen ist.

Der langjährige Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH Georg Ziniel (Wien) befasst sich mit der Triage. Ein für alle Beteiligten formulierter Handlungsrahmen soll gerechte Entscheidungen unterstützen und willkürliche ausschließen. Dafür braucht es Empfehlungen, die in einem Prozess der Konsensfindung entstehen. Damit bieten sie auch medizinischen rechtlichen und ethischen Schutz und Unterstützung für diejenigen, die individuelle Entscheidungen treffen müssen.

Wilhelm Donner (Wien), ehemaliger Chefredakteur der Sozialen Sicherheit im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, legt ausgehend von Michel de Foucault das spannungsreiche Verhältnis von Politik und Wissenschaft dar. Wissenschaft, die der Politik Gewissheit verschaffen soll, muss selbst mit hohen Ungewissheiten operieren. Die Wissenschaft kann daher letztlich nur Orientierungswerte liefern bzw. sie operiert in Fällen wie der Corona-Pandemie nicht im ‚Wissens-Modus‘, sondern im ‚Orientierungs-Modus‘.

Der Jurist Jakob Cornides (Brüssel) kritisiert die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs vom 23. Juni 2022. Dieser hatte in Hinblick auf den Lockdown 2021 eine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung von Religion und Kunst in Abrede gestellt.

In der Rubrik "Aus aktuellem Anlass" lädt die Juristin Sophia Kuby (Alliance for Defending Freedom, Wien) zu einem differenzierten Blick auf das jüngste Urteil in den USA, wo ein verfassungsmäßiges Recht auf Schwangerschaftsabbruch aufgehoben wurde.

Die IMAGO HOMINIS-Ausgabe 03/2022 "Pandemie und Ethik II" erscheint Mitte Dezember 2022 kann hier bestellt werden.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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