Bioethik aktuell

Österreich: Kritik am VfGH-Urteil zur Samenspende für lesbische Paare

Familienbischof: Kinder haben Recht auf Mutter und Vater

Lesezeit: 02:29 Minuten

Sollen lesbische Paare in Österreich mithilfe einer Samenspende und Fortpflanzungsmedizin Kinder bekommen können? Ja, sagt der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seinem jüngsten Urteil (10. 12. 2013, G 16/2013 und G 44/2013). Es sei verfassungswidrig und diskriminierend, wenn lesbische Frauen in Lebensgemeinschaft von der Erfüllung eines Kinderwunsches ausgeschlossen werden, so die Begründung (Pressemitteilung, online, 17. 1. 2014).

„Mit diesem Urteil wird das derzeit in Österreich geltende Fortpflanzungsmedizingesetz im Kern ausgehebelt - mit weitreichenden Folgen“, kritisiert IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer. Bislang war die Inanspruchnahme der künstlichen Befruchtung laut FMedG Paaren verschiedenen Geschlechts vorbehalten, unter der Voraussetzung, dass das Paar medizinisch zeugungsunfähig war. Doch weder Lesben noch homosexuelle Männer sind krank, sie sind prinzipiell zeugungsfähig. Auch heterosexuelle, gesunde Paare hatten nach § 2 Abs. 2 des FMedG kein Recht auf künstliche Fortpflanzung. Von einer Diskriminierung Homosexueller könne daher keine Rede sein, betont Kummer.

Mit dem jüngsten Urteil löst der VfGH die Zeugung von Menschen durch künstliche Befruchtung als solche komplett aus dem Kontext medizinisch indizierter Behandlung heraus: „Hier geht es nicht mehr um die Fortpflanzung im Kontext von Medizin, sondern um die Medizin als Gehilfe individueller Wunscherfüllung.“ Dass sich der VfGH beeilte zu betonen, dass damit nicht automatisch ein Recht auf ein Kind für homosexuelle Paare oder alleinstehende Frauen entstünde, hält Kummer für symptomatisch (vgl. Die Presse, online, 17. 1. 2014). Klar ist: „Sobald das erste homosexuelle Männerpaar auf den Gleichheitsgrundsatz pocht und via Eizellenspende und Leihmutter auch zu einem Kind kommen will, oder eine alleinstehende Frau für ihr Glück ein Kind braucht und dies per Klage durchsetzen will, lässt sich mit einem neuen Gesetz zur Kindererzeugung kein Verbot für diese Fälle mehr schlüssig argumentieren.“ Selbst VfGH- Präsident Gerhart Holzinger gab zu, dass mit einer solchen Klage „in naher Zukunft zu rechnen ist“ (vgl. Kleine Zeitung, online, 17. 1. 2014).

Völlig außer Acht gelassen werden dabei die Rechte der Kinder, kritisiert Kummer. „Das vorsätzliche Splitten von sozialer und biologischer Elternschaft im Zuge von fortpflanzungsmedizinischen Techniken wie jetzt Samen- und später wohl auch Eizellenspenden missachtet insbesondere die Rechte des Kindes.“

SPÖ und Grüne zeigen sich über das VfGH-Urteil erfreut, ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter kündigte an, eine „ausgewogene Lösung“ finden zu wollen. Familienbischof Klaus Küng erfüllt das Gerichtsurteil „mit Sorge“. Ein „Kinderwunsch“ sei nur dann legitim, wenn er auch die Wünsche des Kindes ernst nimmt. Und Kinder wünschten sich und hätten auch das Recht auf Vater und Mutter. Mit der Ausweitung bestehe die Gefahr, „wesentliche Elemente des Lebens zum Gegenstand der Selbstverwirklichung zu machen, ohne die Menschenwürde eines anderen ernst zu nehmen“, so der Familienbischof in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress (online, 17. 1. 2014).

Die entsprechenden Bestimmungen im Fortpflanzungsmedizingesetz sind mit dem VfGH-Urteil - wie vom Obersten Gerichtshof (OGH) nach einer Klage zweier Frauen in gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft, die sich in Österreich per Samenspenden ihren Kinderwunsch erfüllen wollen, beantragt - aufgehoben. Dem Gesetzgeber wurde eine Frist bis 31. Dezember 2014 eingeräumt, um das Gesetz zu novellieren.

Institut für Medizinische
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