„Vertrauen ist in der Medizin keine Nebensache: Es bildet die unsichtbare Grundlage jeder erfolgreichen therapeutischen Beziehung und entscheidet maßgeblich über den Behandlungserfolg", sagt Susanne Kummer, Direktorin des Instituts für Medizin, Anthropologie und Bioethik (IMABE). Wie kann Vertrauen aufgebaut werden und wachsen – im Team, gegenüber Patientinnen und Patienten, Angehörigen und sich selbst? Das ist zentrales Thema des interdisziplinären IMABE-Symposiums in Wien, das am 21. November in Wien stattfindet.
Vertrauen als Fundament therapeutischer Beziehungen
Wer krank ist, will nicht bloß auf ein Objekt medizinischer Maßnahmen reduziert werden. Der deutsche Psychiater und Philosoph Thomas Fuchs (Universität Heidelberg) befasst sich seit vielen Jahren mit der Rolle des Vertrauens in der therapeutischen Beziehung. Ärzte und Pflegende müssen zunächst die Brücke des Vertrauens zu ihrem Gegenüber durch Begegnung aufbauen.
Vertrauen wirkt nicht nur psychologisch, sondern kann den Krankheitsverlauf und die Heilungschancen nachweislich positiv beeinflussen, wie Andrea Kobleder, Pflegewissenschaftlerin in Zürich, anhand ihrer Studie zu Frauen mit Brustkrebs illustrieren wird.
Angstfrei arbeiten – Fehlerkultur als Vertrauensbasis
„Angstfreies Arbeiten" braucht eine entsprechende Führungskultur, sagt Rainer Heider, Leiter der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am BKH Kufstein und Risk Manager. Seine These: Teams, die offen über Fehler oder Beinahe-Fehler sprechen, arbeiten nicht nur sicherer, sondern auch entspannter. „Wir müssen viel früher in der Teamkultur ansetzen", so Heider, der anhand von Fällen aus der Praxis zeigt, wie das Vertrauen im Team und zu Patienten gestärkt wird.
Ethikkompetenz als Vertrauensbrücke in der Gesundheitsversorgung
Der Organisationethiker Stefan Dinges (Universität Wien) beschäftigt sich mit der Frage, wie Vertrauen zwischen Personen und Gesundheitsorganisationen durch integrierte Ethikarbeit und werteorientierte Unternehmenskulturen systematisch gestärkt werden kann. Er zeigt auf, wie durch professionelle Ethikberatung und Ethikkompetenzmanagement sowohl die Qualität der Patientenversorgung verbessert als auch Mitarbeiter vor moralischer Überforderung geschützt werden können.
Worauf sich stützen, wenn Zuversicht nicht mehr trägt?
Besonders herausfordernd wird es, wenn bei Patienten angesichts einer schweren Erkrankung das Grundvertrauen in Leib und Leben erschüttert ist. Die Palliativmedizinerin Elisabeth Medicus (Medizinische Universität Innsbruck) zeigt auf, wie man gemeinsam den Weg gehen kann, wenn Zuversicht bei Patienten und Angehörigen schwindet. Aus Sicht der Pflege hat Vertrauen mit Nähe zu tun. Wie lässt sich die Spannung zwischen professioneller Nähe und Distanz in der Praxis halten? Susanne Kränzle, Leiterin des Hospiz Esslingen, wird dazu spannende Einblicke geben.
Best-Practice: Vertrauen fördern - in der Praxis
Das Symposium stellt konkrete Lösungsansätze vor, wie Vertrauen durch Nähe, Netzwerke und neue Versorgungsformen gestärkt werden kann: Vorgestellt werden Projekte im Bereich Community Nursing, zeitgerechte Kommunikation in der Onkologie, interprofessionelle Ethik-Schulungen für U35 in Gesundheitsberufen bis hin zu innovativen Tageshospiz-Konzepten im ländlichen Raum.
Interdisziplinärer Dialog für heilsame Verbindungen
„Die therapeutische Beziehung ist das Herzstück einer Medizin und Pflege, die nicht nur behandelt, sondern heilsam verbindet. Wir alle im Gesundheitswesen sollten uns bewusster machen, welche Heilkraft im Vertrauen liegt", betont IMABE-Direktorin Susanne Kummer. Umso wichtiger ist der interdisziplinäre Dialog zwischen Medizin, Pflege, Ethik und Management.
Das Symposium richtet sich an Ärzte, Pharmazeuten, Pflegende, klinische Gesundheitsberufe, Medizininformatiker, Patientenvertreter, Mitglieder der Ethikberatung, Führungskräfte aus den Bereichen Krankenhaus, Rehabilitation und Alten-und Pflegewohnheimen, Entscheidungsträger im Gesundheitswesen und alle Interessierten.
Termin: Freitag, 21. November 2025, 9.00 bis 16.30 Uhr
Veranstaltungsort: Raiffeisenhaus Wien I 1. Stock Raiffeisen Forum I Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Platz 1 | 1020 Wien
Tagungsgebühr: 130 Euro / für Auszubildende: 60 Euro
Die Anmeldung ist hier möglich.