Embryopathisch motivierte Abtreibungen in Deutschland. Auswirkungen der neuen Rechtslage seit 1995

Imago Hominis (1998); 5(3): 189-197
Rainer Beckmann

Zusammenfassung

Seit der Gesetzesänderung 1995 können in Deutschland embryopathisch motivierte Abtreibungen im Rahmen der unbefristeten medizinischen Indikation durchgeführt werden. Dies hat erhebliche juristische und tatsächliche Konsequenzen. Die Grenze zwischen Abtreibung aus embryopathischen Gründen und Früheuthanasie verschwimmt. Abtreibungen, die mit einer vorgeburtlichen Schädigung des Kindes begründet werden, verstoßen jedoch gegen das spezielle Diskriminierungsverbot zugunsten Behinderter (Art. 3 Abs. 3 S. 2 Grundgesetz). Die medizinische Indikation ist entsprechend restriktiv auszulegen.

Schlüsselwörter: embryopathische Indikation, medizinische Indikation, Recht auf Leben, Spätabtreibungen, Gleichbehandlung Behinderter

Abstract

Since the German abortion law was changed in 1995 embryopathic motivated abortions can be carried out within the scope of the unlimited medical indication. This implies considerable legal and medical consequences. The borderline between abortions for embryopathic reasons and early euthanasia is fading. Abortions which are motivated by prenatal damage violate the special discrimination ban which protects the disabled (Art. 3 Abs. 3 S. 2 Grundgesetz). According to this the medical indication has to be interpreted restrictively.

Keywords: embryopathic indication, medical indication, right to life, late abortions, equal treatment of the disabled


I. Die gesetzliche Regelung embryopathisch motivierter Abtreibungen

Nach dem zweiten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Abtreibungsstrafrecht im Jahr 19931 wurden von den Parteien und Gruppierungen im Deutschen Bundestag verschiedene Gesetzesvorschläge für eine Neuregelung eingebracht. Die Gesetzentwürfe der Regierungsparteien (CDU/CSU und FDP) enthielten jeweils auch eine embryopathische Indikation mit 22-Wochen-Frist.2 Im Gesetzentwurf der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands3 fehlte jedoch diese Indikation, ausgewiesen war als einzige Indikation die medizinische. Als Begründung wurde genannt, daß – neben dem Fall der Vergewaltigung – auch „die zu erwartende schwere Behinderung des Kindes unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren eine schwerwiegende Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Gesundheitszustandes darstellen“ könne.4 Die SPD ging somit davon aus, daß die bisherige embryopathische Indikation durch die Formulierung der medizinischen Indikation abgedeckt werden kann.5 In dem überfraktionellen Gesetzentwurf für ein „Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz“ (SFHÄndG) war eine embryopathische Indikation ebenfalls nicht mehr enthalten. Dieser Gesetzentwurf wurde am 29. Juni 1995 mit großer Mehrheit vom Deutschen Bundestag beschlossen.6 

Auf den ersten Blick handelt es sich beim „Wegfall der embryopathischen Indikation“ um eine nicht unerhebliche Änderung der Rechtslage. Eine bislang bestehende Indikation wurde „gestrichen“. Von den Verfassern des SFHÄndG wurde die „Abschaffung“ der embryopathischen Indikation auch als „besonders wichtiger positiver Aspekt“ des neuen Gesetzes hervorgehoben.7

Hierdurch wurde der Anschein erweckt, daß künftig die Tötung ungeborener Kinder unter den sachlichen Voraussetzungen der früheren embryopathischen Indikation8 nicht mehr zulässig sei. Dieser Eindruck ist aber unzutreffend. In der Gesetzesbegründung heißt es ausdrücklich: „Durch die Formulierung der medizinischen Indikation ... können diese Fallkonstellationen aufgefangen werden“9.

Von einer „Abschaffung der embryopathischen Indikation“, von der gleichwohl im Deutschen Bundestag die Rede war10, kann demnach nur formal die Rede sein. Der Sache nach liegt lediglich eine Verlagerung der embryopathischen auf die medizinische Indikation vor. In Ärztekreisen rief die Gesetzesänderung zwar anfänglich eine gewisse Verunsicherung bzgl. der weiteren Zulässigkeit embryopathisch motivierter Abtreibungen hervor11, in der juristischen Literatur wurde jedoch die Verlagerung der embryopathischen Fälle in den Anwendungsbereich der medizinischen Indikation ohne weiteres als Inhalt der Neuregelung anerkannt.12

II. Rechtliche und medizinische Auswirkungen der Neuregelung

1. Erweiterter Anwendungsbereich der medizinischen Indikation

Der Anwendungsbereich der früheren embryopathischen Indikation gem. § 218 a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 StGB a. F. lag darin, Müttern die Tötung ihres Kindes zu ermöglichen, wenn für sie die Aussicht, ein behindertes Kind pflegen und aufziehen zu müssen, eine unzumutbare Belastung darstellen würde. Nicht die vorgeburtlich verursachte Schädigung des Kindes an sich war der tragende Grund für die Abtreibung, sondern die Belastung, die sich wegen der Behinderung des Kindes durch seine Pflege und Erziehung nach der Geburt ergibt.13

Dagegen lag der Anwendungsbereich der medizinischen Indikation darin, eine andere – nicht durch eine vorgeburtliche Schädigung des Kindes verursachte – aktuelle Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren als Rechtfertigungsgrund für die Abtreibung anzuerkennen.14 Dies ergibt sich schon aus der bloßen Existenz der anderen Indikationen, weil ihre gesetzliche Normierung ohne spezifischen Regelungsgehalt überflüssig gewesen wäre. Ferner sprechen insbesondere die unterschiedlichen Fristen der früher geltenden einzelnen Indikationen für ihre Eigenständigkeit.

Nach der Neuregelung stellt sich die Sachlage grundlegend anders dar. Im Gesetzestext gibt es keine embryopathische Indikation mehr. Mangels eines Spezialtatbestandes kann und soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Formulierung der medizinischen Indikation auch auf Abtreibungen angewendet werden, bei denen die Unzumutbarkeit des Austragens auf der Belastung durch ein behindertes Kind nach der Geburt beruht. Die Formulierung „unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren“ im Wortlaut der medizinischen Indikation ermöglicht diese Erweiterung ihres Anwendungsbereichs. Möglicherweise lassen sich unter Nutzung der weiten Gesetzesformulierung sogar Fälle der früheren Notlagenindikation („soziale Indikation“) im Anwendungsbereich der medizinischen Indikation ansiedeln.15

2. Auswirkungen der neuen Rechtslage

Als Unterfall der medizinischen Indikation ergeben sich für Abtreibungen, die mit einer Schädigung des ungeborenen Kindes begründet werden, drei wesentliche Unterschiede zur früheren Regelung.

a) Wegfall der Frist

Aufgrund der unbegrenzten Geltungsdauer der medizinischen Indikation können behinderte ungeborene Kinder nunmehr während der gesamten Dauer der Schwangerschaft bis zum Beginn der Geburt straflos und „rechtmäßig„ getötet werden.

Das Fehlen einer Abtreibungsfrist führt zu in der Praxis bedeutsamen Folgeproblemen in medizinischer wie juristischer Hinsicht:

(1) Zunahme von Spätabtreibungen aus em-bryopathischen Gründen

Bereits relativ kurze Zeit nach Inkrafttreten der neuen Abtreibungsbestimmungen berichteten Ärzte, daß die Bereitschaft, eine Behinderung zu akzeptieren, aufgrund eines vermeintlichen Anspruches ‘Ich kann diese Schwangerschaft zu jeder beliebigen Zeit beenden‘, zurückgehe. Schon vergleichsweise leichte und sogar behebbare Behinderungen, wie etwa eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, ließen den Wunsch nach einer Abtreibung aufkommen. Viele Mediziner seien irritiert, ob sie nicht auch im späten Stadium der Schwangerschaft auf die nunmehr bestehende Abtreibungsmöglichkeit aus embryopathischen Gründen von sich aus hinweisen müßten.16

Ähnliches wurde in Fernsehbeiträgen und von Fachärzten berichtet.17 Demnach muß mit einer Zunahme von Abtreibungen behinderter Kinder im Spätstadium der Schwangerschaft gerechnet werden. Durch den vermeintlichen Anspruch, behinderte ungeborene Kinder ohne Fristbegrenzung abtreiben zu dürfen, geraten Eltern, vor allem aber die schwangeren Frauen, unter noch stärkeren gesellschaftlichen Druck, bei Vorliegen eines pathologischen Befundes eine Abtreibung vornehmen zu lassen.

(2) Notwendigkeit der Schmerzvermeidung

Nach der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer von 1991 zur pränatalen und perinatalen Schmerzempfindung muß ab der 22. Woche p.c. zunehmend mit einem Schmerzerlebnis des ungeborenen Kindes gerechnet werden. Anästhesiologische Maßnahmen, die auch das Kind einbeziehen, seien indiziert.18

Gerade im Bereich embryopathisch motivierter Spätabtreibungen stellt sich also auch die Frage nach der Narkosepflicht. Wenn schon nach dem deutschen Tierschutzgesetz ein Wirbeltier nur unter Betäubung oder sonst unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden darf19, wäre auch in Zusammenhang mit Abtreibungen eine Pflicht zur Narkose durchaus angemessen. Entsprechende rechtliche Vorschriften gibt es aber nicht. Im Jahr 1990 verwies der Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages eine Petition zur Einführung einer strafbewehrten Narkosepflicht an die Länderparlamente.20 In den Bundesländern sind aber bis heute keine Gesetzesinitiativen ergriffen oder anderweitige verbindliche Regelungen geschaffen worden. Auch im Bereich der Ärzteschaft scheint es mit der – unverbindlichen – Stellungnahme des wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer sein Bewenden zu haben.

(3) Bedeutungswandel der medizinischen Indikation

Ausgangspunkt für die Anerkennung der medizinischen Indikation war es ursprünglich, das Leben der Schwangeren in einer tragischen Konfliktsituation zu retten, weil die Fortsetzung der Schwangerschaft zu einer Gefahr für das Leben der Frau führen würde. Ziel war dabei die Lebenserhaltung der Mutter, nicht die Tötung des ungeborenen Kindes. Diese wurde lediglich als unvermeidliche Nebenfolge des Schwangerschaftsabbruchs in Kauf genommen.21

Durch die Verlagerung embryopathisch motivierter Abtreibungen in den Bereich der medizinischen Indikation wird deren Charakter jedoch verändert. Bei embryopathisch begründeten Abtreibungen will man nicht die Mutter von der Last der Schwangerschaft, sondern von der Last des geschädigten Kindes befreien. Der Tod des Kindes ist also das unmittelbare Handlungsziel. Statt der Schwangerschaftsbeendigung steht die direkte Tötung des Kindes im Mittelpunkt – aus angeblich „medizinischen“ Gründen.

Durch die Anerkennung von Schadensersatzpflichten bei mißlungener Abtreibung oder fehlerhafter Beratung bzw. Pränataldiagnostik22 hat die Rechtsprechung die gezielte Tötung des Kindes beim Schwangerschaftsabbruch als Reaktion geradezu herausgefordert. Embryopathisch motivierte Spätabtreibungen im Rahmen der medizinischen Indikation stellen den Arzt daher vor die Alternative, entweder eine Abtreibungsmethode zu wählen, die dem Kind eine Überlebenschance läßt, oder sich durch die gezielte Tötung des ungeborenen Kindes vor Schadensersatzansprüchen zu schützen. Auch wenn die Bundesregierung den Standpunkt vertritt, daß das „Ziel der Behandlung" bei vorzeitiger Schwangerschaftsbeendigung „nicht die Tötung des Kindes sein“ darf23, hat die medizinische Indikation zweifellos einen Bedeutungswandel erfahren, der ihre bisherige weitgehende Akzeptanz in Frage stellt. Wenn es „medizinisch“ indiziert sein kann, Menschen vor der Geburt zu töten, die für andere eine Belastung darstellen, warum sollte man dann nicht von Ärzten auch verlangen können, „lästige“ Geborene umzubringen? „Die Euthanasiedebatte wird ... von dieser Reform neue geistige Impulse erhalten“.24

(4) Aufweichung der Grenze zwischen Abtreibung und Früheuthanasie

Bereits im Jahr 1990 wurde berichtet, daß immer häufiger Fälle auftreten, in denen infolge einer späten Abtreibung ein lebendes Frühgeborenes zur Welt kommt. Dies hinge damit zusammen, daß „großzügig die Indikation auch für einen Spätestabbruch aus sogenannter kindlicher Indikation gestellt und dieser dann ohne weiteres durchgeführt“ werde.25 Diese Gefahr wird durch die neue Rechtslage noch größer. Die Überlebensrate soll nach der 20. Schwangerschaftswoche bei 30 Prozent liegen.26 Es stellt sich dann die Frage, ob das Kind aktiv am Leben erhalten oder unter Basisversorgung „liegengelassen“ werden soll.

Den engen Zusammenhang zwischen Abtreibung und Nichtbehandlung nach der Geburt veranschaulicht der zum Jahreswechsel 1997/1998 bekanntgewordene „Oldenburger Fall“: Im Sommer 1997 soll es in der Oldenburger Frauenklinik nach einem ärztlich eingeleiteten Schwangerschaftsabbruch in der 25. Schwangerschaftswoche zur Geburt eines an Trisomie 21 leidenden Kindes gekommen sein, das anschließend lediglich „in eine Decke gewickelt und beobachtet“ wurde. Erst zehn Stunden nach der Geburt sei die Behandlung des inzwischen schwer geschädigten Kindes durch die Ärzte aufgenommen worden.27 Dieses Verhalten zeigt – wenn es korrekt berichtet wurde – daß die Erlaubnis der vorgeburtlichen Tötung behinderter Kinder bereits zu einer Erosion des Rechtsbewußtseins in Hinblick auf die Behandlung geborener Behinderter geführt hat. Wenn von vornherein die Tötung des Kindes durch Abtreibung beabsichtigt ist, muß befürchtet werden, daß die nach der Geburt bestehenden Behandlungspflichten nicht mit der gebotenen Sorgfalt beachtet werden. Hier zeigt sich der fließende Übergang zwischen Abtreibung aus embryopathischer Indikation und Früheuthanasie.28

Mehrere medizinische Fachgesellschaften und Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer haben daher die Forderung erhoben, daß Abtreibungen nach der 20. Entwicklungswoche künftig unzulässig sein sollen.29

Nach geltendem Recht ist das Verhalten des Arztes ab Geburtsbeginn nach den §§ 211 ff. StGB zu beurteilen.30 Ein Arzt, der in der geschilderten Situation untätig bleibt, macht sich eines versuchten oder vollendeten Tötungsdelikts durch Unterlassen schuldig. Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn „offensichtlich keine Lebensfähigkeit besteht“31 bzw. „nach dem aktuellen Stand der medizinischen Erfahrungen und menschlichem Ermessen das Leben des Neugeborenen nicht auf Dauer erhalten werden kann, sondern ein in Kürze zu erwartender Tod nur hinausgezögert wird“32, ist – analog zur Rechtslage bei Erwachsenen – ein „Sterbenlassen“ zulässig. Die Pflicht zur Gewährleistung der Grundversorgung, leidenslindernder Maßnahmen und menschlicher Zuwendung bleibt davon unberührt.

b) Wegfall der Beratungspflicht

Der zweite wesentliche Unterschied zur früheren Regelung betrifft die Beratungspflicht. Die Beratung soll den Kern des neuen Schutzkonzeptes ausmachen und hat ihm auch seinen Namen gegeben („Beratungsregelung“). Unabhängig davon, ob man die konkrete Ausgestaltung des Beratungskonzepts oder ein solches Konzept überhaupt für rechtlich zulässig und effektiv im Sinne des Lebensschutzes hält33, ist es rechtlich äußerst bedenklich, daß durch die Verlagerung der embryopathischen Indikation die frühere Pflichtberatung entfallen ist.

Der Gesetzgeber hielt den Wegfall der Beratungspflicht deshalb für vertretbar, weil das Beratungsangebot gem. §§ 2 ff. des Schwangerschaftskonfliktgesetzes „ausreichend“ sei, „um der Schwangeren hinreichende Hilfe bei ihrer Entscheidung zu bieten“.34 Hierbei wird aber übersehen, daß der durch Beratung erzielbare Schutz nur darauf beruhen kann, daß die Beratung verpflichtend vorgeschrieben wird.35 Die wohl regelmäßig erfolgende ärztliche Beratung ist für die Erörterung der Frage, ob die Lebensverhältnisse der Schwangeren die Pflege und Erziehung eines behinderten Kindes unzumutbar erscheinen lassen, nicht der richtige Ort. Bei dieser Frage ist nicht primär die ärztliche Kompetenz angesprochen. Von entscheidender Bedeutung sind vielmehr die Unterstützung durch den Partner, durch die Familie, das soziale Umfeld, die finanziellen und räumlichen Umstände, sowie die zu erwartende Hilfe durch Staat und Gesellschaft (Nutzung von Behinderteneinrichtungen etc.).

Der Arzt ist der kompetente Ansprechpartner bei der Diagnose der Schädigung des Kindes und der Beurteilung ihrer medizinischen Auswirkungen. Wie soll er aber ernsthaft die „gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse“ der Schwangeren beurteilen? Dem Arzt steht regelmäßig nur die Befragung der Patientin als Erkenntnisquelle zur Verfügung. Ihre Angaben können zutreffen, aber auch unvollständig oder – ihrem Wunsch nach Anerkennung der Indikation entsprechend – „gefärbt“ sein. Der Arzt ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch „nicht verpflichtet, sich gleichsam als Ermittlungsbehörde zu betätigen und an andere Personen und Einrichtungen heranzutreten als bei sonstiger ärztlicher Behandlung, zumal nicht gegen den Willen der Frau“36. Selbst wenn er es also wollte, stünde er mit Blick auf die fehlenden Erkenntnisquellen und seine mangelnde Spezialkompetenz in sozialen, finanziellen und familiären Fragen vor einer unlösbaren Aufgabe. Wegen der starken sozialen Komponente der erweiterten medizinischen Indikation ist daher auch eine Sozialberatung erforderlich.37

c) Wegfall der statistischen Kontrolle

Die formale Streichung der Indikation führt natürlich auch dazu, daß eine gesonderte statistische Erfassung nicht mehr stattfindet. Die Abtreibungsstatistik leidet zwar ohnehin an erheblichen Mängeln38, aber daß es über embryopathisch motivierte Abtreibungen gar keine Daten offizieller Natur mehr gibt, ist in jedem Fall schlechter als die lückenhafte und unzureichende Erfassung der anderen Indikationen bzw. der Abtreibungen nach der „Beratungsregelung“. Hierdurch werden die Möglichkeiten des Gesetzgebers, die realen Auswirkungen des „Beratungskonzepts“ zu überprüfen, deutlich eingeschränkt. Dies ist ein Verstoß gegen die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Beobachtungspflicht39 und erschwert es dem Gesetzgeber, seine Nachbesserungspflicht40 zu erfüllen.

III. Verfassungsrechtliche Einwände

Seit dem 27. Oktober 199441 gibt es im deutschen Grundgesetz ein spezielles Diskriminierungsverbot in Art. 3 Abs. 3 S. 2: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Diese Bestimmung wird offensichtlich verletzt, wenn behinderte ungeborene Kinder über die auf zwölf Wochen beschränkte „Beratungsregelung“ hinaus ohne jede Frist vor der Geburt getötet werden.

Erwartet z.B. eine Frau ein Kind mit Trisomie 21, kann sie die Überforderung durch die intensive Fürsorge und Betreuung, die das Kind benötigen würde, anführen, um im Rahmen der medizinischen Indikation eine embryopathisch motivierte Abtreibung „legal“ durchführen zu können. Ein nicht geschädigtes Kind dürfte man dagegen– unter sonst gleichen Umständen– nicht töten. Die Abtreibung eines gesunden Kindes wäre nur im Rahmen der Beratungsregelung während der ersten 12 Wochen nach der Empfängnis straflos. Somit ergibt sich eine eindeutige Benachteiligung behinderter ungeborener Kinder, die gegen Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG verstößt.

Der Einwand, nicht die Behinderung des Kindes, sondern die Unzumutbarkeit für die Frau, sei bei embryopathischen Abtreibungen der entscheidende Punkt, ist ein Scheinargument. Ob ein behindertes Kind wegen der Unerwünschtheit seiner Behinderung („minderwertiges Leben“) oder der sich aus der Behinderung ergebenden Belastung für seine Eltern („lästiges Leben“) getötet wird, bleibt sich gleich. Denn auch die Unzumutbarkeit müßte – um keine diskriminierende Wirkung zu haben – unabhängig vom Gesundheitszustand des ungeborenen Kindes gegeben sein. Das Bundesverfassungsgericht hat in anderem Zusammenhang zur Reichweite des Benachteiligungsverbotes aus Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG entschieden, daß „die Behinderung nicht als Anknüpfungspunkt für eine – benachteiligende – Ungleichbehandlung dienen darf“.42 Genau dies geschieht aber bei embryopathisch begründeten Abtreibungen, weil die Unzumutbarkeit für die Mutter eindeutig an der Behinderung des Kindes anknüpft.

Bei den Beteiligten, mit denen sich der Arzt bei einer embryopathisch motivierten Abtreibung konfrontiert sieht, handelt es sich nicht nur regelmäßig um eine „gesunde Mutter“, sondern auch um ein „primär erwünschtes Kind“.43 Wenn man also von der Behinderung des Kindes absieht, bleibt die „Normalsituation einer Schwangerschaft“ übrig, in der eine Tötung des ungeborenen Kindes vor der Verfassung keinen Bestand haben kann.44

Mit dem veränderten Umfang der medizinischen Indikation nach der gesetzlichen Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs haben sich die Gerichte noch nicht beschäftigt. Eine Überprüfung in Hinblick auf die Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG steht daher noch aus. Die bisherige Anerkennung der embryopathischen und der medizinischen Indikation durch die Rechtsprechung bis hin zum Bundesverfassungsgericht steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat immerhin anerkannt, daß die mit der geltenden Norm wörtlich übereinstimmende medizinische Indikation gem. § 218 a Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. gegenüber der traditionellen Auffassung eine „deutliche Erweiterung erfahren ... und dabei an klarer Kontur verloren“ hat.45 Mit der Frage, ob diese Indikation noch insgesamt als Rechtfertigungsgrund für die Tötung eines ungeborenen Kindes auch aus verfassungsrechtlicher Sicht gewertet werden kann, setzte sich der Bundesgerichtshof jedoch nicht auseinander. Er begnügte sich – neben dem Verweis auf den Willen des Gesetzgebers – mit der Feststellung, „die medizinische Indikation anders als früher – nicht mehr rechtfertigend – zu werten, besteht kein Grund“.46 Eine unbegründete und vielleicht auch unbegründbare Rechtsmeinung steht jedoch auf tönernen Füßen. Ob man sich als Handelnder, als Arzt, immer auf den Bestand einer solchen Meinung wird verlassen können, ist fraglich.

Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bislang eine eindeutige Stellungnahme zur weiten Fassung der medizinischen Indikation nicht zu entnehmen. In der ersten Fristenlösungsentscheidung von 197547 konnte das Gericht nur eine Aussage in Bezug auf die medizinische Indikation nach § 218 b Nr. 1 StGB in der Fassung des Fünften Strafrechtsreformgesetzes48 treffen. Diese sah weder die Berücksichtigung der „gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse“ vor, noch erwähnte sie ausdrücklich den „seelischen Gesundheitszustand“. In der zweiten Fristenlösungsentscheidung von 1993 wird indirekt nur die „hergebrachte“ medizinische Indikation gebilligt.49 Ob darunter auch die laut Bundesgerichtshof „erweiterte“ medizinische Indikation ohne „klare Kontur“ zu subsumieren ist, erscheint zweifelhaft. Dies gilt um so mehr, als das Bundesverfassungsgericht für die verfassungsrechtliche Anerkennung der embryopathischen Indikation „ihre hinreichend genaue Umgrenzung“ voraussetzt.50 Nach der Verlagerung auf die weit formulierte medizinische Indikation ist aber für die Zulässigkeit embryopathisch motivierter Abtreibungen keinerlei klare Grenze erkennbar. Und schließlich konnte das Verfassungsgericht in seiner zweiten Fristenlösungsentscheidung 1993 das erst 1994 ins Grundgesetz aufgenommene spezielle Verbot der Diskriminierung Behinderter noch gar nicht berücksichtigen.

Ob die vom Gesetzgeber gewollte und von der medizinischen Praxis vollzogene Verlagerung der embryopathischen Indikation auf die medizinische Indikation einer verfassungsgerichtlichen Prüfung standhalten würde, ist daher keineswegs entschieden.51 Es empfiehlt sich deshalb eine restriktive, verfassungskonforme Auslegung der medizinischen Indikation. Die auf der Behinderung eines ungeborenen Kindes beruhenden Belastungen für die Mutter dürfen nicht zur Rechtfertigung seiner Tötung herangezogen werden.52

IV. Ergebnis

Der angebliche „Wegfall“ der embryopathischen Indikation führte nicht zum Wegfall von Abtreibungsmöglichkeiten, sondern zum Wegfall wesentlicher Bestimmungen, die dem Lebensschutz dienten: der bisherigen 22-Wochen-Frist, der Beratungspflicht und der statistischen Kontrolle. Darüberhinaus bestehen gravierende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Tötung behinderter ungeborener Kinder im Rahmen der medizinischen Indikation wegen Verstoßes gegen das spezielle Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG.

Die vom Gesetzgeber raffiniert konstruierte Regelung, den Fortbestand und die zeitliche Erweiterung der embryopathischen Indikation als deren „Wegfall“ zu kaschieren53, kann selbstverständlich nicht die „Klarstellung“ bewirken, „daß eine Behinderung niemals zu einer Minderung des Lebensschutzes führen kann“ – wie sich die Gesetzesbegründung vollmundig ausdrückt.54 Durch die Neuregelung der embryopathischen Indikation wird vielmehr das ohnehin schon weit verbreitete Anspruchsdenken verfestigt, es gebe ein „Recht auf ein gesundes Kind“. Der Rechtsschutz behinderter Ungeborener wurde nicht verbessert, sondern noch stärker beeinträchtigt, als er es schon während der Geltung der alten embryopathischen Indikation war.


Abkürzungen

BGBl. Bundesgesetzblatt
BGHSt/Z Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen/Zivilsachen
BT-Drs. Bundestags-Drucksache
BVerfGE Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts
DÄBl. Deutsches Ärzteblatt
MedR Medizinrecht
NJW Neue Juristische Wochenschrift
Plenarprot. Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages
ZfL Zeitschrift für Lebensrecht

Referenzen

  1. BVerfGE 88, S. 203.
  2. BT-Drs. 13/285 (CDU/CSU), § 218 a Abs. 2; BT-Drs. 13/268 (FDP), § 218 a Abs. 3. Die Indikation war gegenüber der alten Fassung leicht umformuliert worden, ohne im Kern etwas zu ändern.
  3. BT-Drs. 13/27 (SPD).
  4. BT-Drs. 13/27, S. 10.
  5. Die medizinische Indikation hatte folgenden Wortlaut: „Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann”.
  6. BGBl. I S. 1050. Der Text des Parteienkompromisses mit Begründung ist als sog. „Ausschußfassung“ abgedruckt in BT-Drs. 13/1850, S. 5 ff.
  7. So die Erklärung der Verhandlungsführer der CDU/CSU-Fraktion im Informationsdienst ihrer Fraktion „Stichworte der Woche”, Nr. 13/95, vom 30. Juni 1995, S. 11. Ähnlich Inge Wettig-Danielmeier (SPD), Plenarprot. 13/47, S. 3758 B.
  8. Nach der „embryopathischen“– auch früher „eugenisch“ oder „kindlich“ genannten– Indikation blieb ein Schwangerschaftsabbruch straflos, „wenn nach ärztlicher Erkenntnis dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß das Kind infolge einer Erbanlage oder schädlicher Einflüsse vor der Geburt an einer nicht behebbaren Schädigung seines Gesundheitszustandes leiden würde, die so schwer wiegt, daß von der Schwangeren die Fortsetzung der Schwangerschaft nicht verlangt werden kann“ (§ 218 a Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F.). Die Frist betrug zweiundzwanzig Wochen nach der Empfängnis (vgl. § 218 a Abs. 3 StGB a.F.).
  9. BT-Drs. 13/1850, S. 26. Gemeint sind die Fallkonstellationen der bisherigen embryopathischen Indikation. Der FDP-Verhandlungsführer Heinz Lanfermann trat in der Abschlußdebatte ausdrücklich Befürchtungen entgegen, daß sich in der Praxis etwas ändern werde; vgl. Plenarprot. 13/47, S. 3761 D.
  10. Vgl. Reinhard Göhner (CDU), Plenarprot. 13/47, S. 3782 B; Maria Eichhorn (CSU), a.a.O., S. 3756 A.
  11. Vgl. Stellungnahme der Kommission für Öffentlichkeitsarbeit und ethische Fragen der Gesellschaft für Humangenetik e.V., Der Frauenarzt 1995, S. 1198.
  12. Vgl. Eser A., in: Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl. 1997, Rz. 20, 26, 37 ff. zu § 218 a; Tröndle H., StGB, 48. Aufl. 1997, Rz. 9 a zu § 218 a; Lackner K., StGB, 22. Aufl. 1997, Rz. 14 zu § 218 a.
  13. Vgl. Hepp H., Pränatalmedizin und reformierter § 218 a StGB– oder: die „versteckte Indikation”, Der Gynäkologe 1996, S. 408.
  14. Die nicht-medizinischen Indikationen hatten eigenständige Regelungsbereiche und waren keine „Unterfälle“ der medizinischen Indikation (vgl. Dreher/Tröndle, StGB, 46. Aufl. 1993, Rz. 1 zu § 218 a; Eser (Fn. 23), Rz. 3 zu § 218).
  15. Vgl. Eser (Fn. 13), Rz. 20, 54 ff. zu § 218 a.; kritisch hierzu Lackner (Fn. 13), Rz. 22 vor § 218.
  16. Vgl. Gloning K.-P., Die Welt, 16.2.96.
  17. ZDF, „Mona Lisa: Das perfekte Kind”, 11.2.96; ARD, „Mensch in Gefahr. Über eine veränderte Ethik”, 14.3.96; BR, „Euthanasie – die mörderische Konsequenz”, 26.11.96; ZDF, „Gesundheitsmagazin Praxis: Auf dem Weg zum perfekten Kind”, 4.12.96; Hille H., Der neue Paragraph 218: Gesellschaftlicher Wandel und die Rolle des Arztes, Der Frauenarzt 1995, S. 1167 ff.
  18. Vgl. DÄBl. 1991, S. B-2719.
  19. Vgl. § 4 Abs. 1 TierSchG.
  20. Vgl. BT-Drs. 11/8051, S. 9.
  21. Vgl. Hepp (Fn. 14), S. 408; Weise W., Gedanken zur Neufassung des § 218 a aus der Gegenwärtigkeit Goethes, Der Frauenarzt 1997, S. 1219.
  22. Vgl. BGHZ 76, 249; 124, 128 m.w.N.; BVerfG, NJW 1998, S. 519 ff.
  23. BT-Drs. 13/5364, S. 13.
  24. Hepp (Fn. 14), S. 410.
  25. Hiersche H.-D., Perinatologie und Geburtshilfe unter medizin-rechtlichen Gesichtspunkten, MedR 1990, S. 312.
  26. So der Hannoveraner Gynäkologe Dr. Christian Albring, vgl. DÄBl. 1998,. S. C-49.
  27. Vgl. Focus, 20.12.97, S. 22. Aufgrund mehrerer Strafanzeigen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die beteiligten Ärzte. Von Ärzten der Oldenburger Frauenklinik wurde die Darstellung des Focus bestritten, vgl. DÄBl. 1998, S. C-253.
  28. Hepp geht davon aus, daß „in logischer Konsequenz der Entwicklung dieses Indikationsbereichs im § 218 der Gesetzgeber– eines fernen (?) Tages– die postpartale Tötung geschädigter Kinder erlauben wird“ (Fn. 14, S. 410).
  29. Vgl. DÄBl. 1995, S. C-441.
  30. Vgl. Tröndle (Fn. 13) Rz. 2 vor § 211, Rz. 15 zu § 218 a; Eser (Fn. 13), Rz. 14 vor § 211, Rz. 24 zu § 218; Lackner (Fn. 13), Rz. 16 zu § 218 a.
  31. Resolution der Dt. Ges. f. Chirurgie 1979; vgl. Tröndle (Fn. 13), Rz. 20 vor § 211.
  32. Ziff. V der „Einbecker Empfehlungen”, Grenzen ärztlicher Behandlungspflicht bei schwerstgeschädigten Neugeborenen, revidierte Fassung 1992, MedR 1992, S. 206.
  33. Vgl. dazu Beckmann R., Abtreibung in der Diskussion, 3. Aufl. Krefeld 1998, S. 80 ff., 102 ff; Tröndle H., Das Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz, NJW 1995, S. 3009 ff.
  34. BT-Drs. 13/1850, S. 26.
  35. Vgl. BVerfGE 88, S. 270: „Zu den notwendigen Rahmenbedingungen eines Beratungskonzepts gehört an erster Stelle, daß die Beratung für die Frau zur Pflicht gemacht wird ...”.
  36. BGHSt 38, S. 155.
  37. Vgl. Tröndle (Fn. 34), S. 3015; Lackner (Fn. 13), Rz. 7a zu § 218 a.
  38. Vgl. Giesen Th., Wie oft wird in Deutschland abgetrieben?, ZfL 1997, S. 57 ff.
  39. Vgl. BVerfGE 88, S. 310. Das BVerfG verlangt „verläßliche Statistiken mit hinreichender Aussagekraft”.
  40. Vgl. BVerfGE 88, S. 309 f.
  41. BGBl. I S. 3146.
  42. BVerfG, NJW 1998, S. 131.
  43. Vgl. Hepp (Fn. 14), S. 408; Nippert I., Auf dem Weg zum Wunschkind, Die Frau in unserer Zeit 3/97, S. 28.
  44. Vgl. BVerfGE 88, S. 257.
  45. BGHSt 38, S. 157.
  46. A.a.O., S. 158.
  47. BVerfGE 39, S. 1 ff.
  48. ”Fristenlösung von 1974”, BGBl. I S. 1297.
  49. BVerfGE 88, S. 257.
  50. A.a.O.
  51. Tröndle (Fn. 34), S. 3015: „verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar”; Lackner hält die embryopathische Indikation für „unhaltbar”, zumindest aber für „von Grund auf änderungsbedürftig“ (Fn. 13, Rz. 15 zu § 218 a). Als möglicher Kläger kommt allenfalls die Bayerische Staatsregierung in Betracht, die das SFHÄndG im Bundesrat u.a. wegen der „Erweiterung der nicht fristgebundenen medizinischen Indikation“ abgelehnt hat (vgl. Bundesrat, 687. Sitzung, Prot. v. 14.7.95, S. 341).
  52. Die Bundesregierung vertritt sogar die Ansicht, „daß die medizinische Indikation ... äußerst streng gestellt und auf Fälle beschränkt werden soll, in denen das Leben der Mutter in Gefahr ist“ (BT-Drs. 13/5643, S. 8). Diese Auffassung ist zwar begrüßenswert, wird aber weder von der Rechtsprechung noch in der ärztlichen Praxis berücksichtigt.
  53. Tröndle (Fn. 34), S. 3015: „Akt gesetzgeberischer Verhüllungskunst”; Klinkhammer, DÄBl. 1995, S. A-1982: „Mogelpackung”.
  54. BT-Drs. 13/1850, S. 26.

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