Kommunikation mit sedierten Patienten auf der Intensivstation

Imago Hominis (2015); 22(1): 55-65
Jessica Knierim

Zusammenfassung

Patienten, die eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, müssen meist analgosediert werden, um eine adäquate Therapie zu ermöglichen. Leider hat diese Maßnahme nicht nur positive Auswirkungen. Gerade in der Aufwachphase kommt es häufig zu Wahrnehmungsstörungen sowie Angst- und Stresszuständen. Hier ist eine der Situation angepasste Kommunikation von großer Bedeutung. Sie soll dem Patienten Sicherheit vermitteln, Vertrauen schaffen und Ängste nehmen. Anhand eines Fallbeispiels wird gezeigt, wie wichtig die situationsgerechte patientenorientierte Kommunikation während der Sedierung ist – insbesondere in der Aufwachphase. Es wird beschrieben, welche Probleme ein Intensivaufenthalt für den Patienten mit sich bringen kann und wie man diesen mit der richtigen Kommunikationsmethode entgegenwirken und somit den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann.

Schlüsselwörter: Kommunikation, Sedierung, Nonverbale Kommunikation, Pflege

Abstract

To ensure an adequate therapy, patients with a need for intensive care treatment often have to be analgo-sedated. Unfortunately, the effects of this measure are not only positive. Perceptual disorder, and a state of panic and stress, particularly while recovering from sedation, can be observed. In such cases, it is important to use a situationally adapted communication strategy to make sure that the patient has a feeling of safety and trust, and that anxiety can be reduced. A practical example will demonstrate how important situationally adapted and patient-oriented communications are while the patient is still under sedation – and especially while recovering from sedation. The article will demonstrate the challenges that the patient faces while in intensive care and gives advice on how to counteract these challenges with the right communication methods in order to positively influence the course of the disease.

Keywords: communication, sedation, non-verbal communication, care

Um Patienten auf der Intensivstation behandeln zu können, muss man ihnen oft sedierende Medikamente verabreichen. Zusätzlich werden meist Analgetika eingesetzt, um die mit einer Verletzung, Operation oder auch nur mit der Immobilität verbundenen Schmerzen zu vermeiden. In der Entwöhnungsphase sind die Patienten dann nur leicht sediert. In diesem Zustand ist eine adäquate Kommunikation mit dem Patienten notwendig, die ihm hilft, seinen Aufenthalt auf der Intensivstation besser zu überstehen. Diese Kommunikation stellt das medizinische und pflegerische Fachpersonal vor Herausforderungen, da es viele Kommunikationshindernisse zu überwinden gibt.

Aus meiner 12-jährigen Arbeit auf der Intensivstation möchte ich in diesem Artikel meine Erfahrungen schildern und praxisorientierte Empfehlungen geben.

Im ersten Teil berichte ich über die unterschiedlichen Wahrnehmungsstörungen und die damit verbundenen Kommunikationshindernisse, die ein längerer Intensivaufenthalt mit sich bringt. Hierbei ist der systematische Perspektivenwechsel hilfreich, um sich besser in die Situation eines Intensivpatienten hineinzuversetzen.

Im darauffolgenden Abschnitt berichte ich über einen Patienten, welcher sich zur Behandlung auf der Intensivstation befand. Er schildert seine Erfahrungen, Sorgen und Ängste und beschreibt eindrucksvoll, wie man sich in solch einer Situation fühlt und was dies für die Kommunikation bedeutet.

Der letzte Teil meines Artikels beleuchtet, wie die Kommunikation mit sedierten Patienten auf der Intensivstation besser erfolgen, man den Aufenthalt des Patienten angenehmer gestalten und den Krankheitsverlauf nachhaltig positiv beeinflussen kann. Hierbei gehe ich neben der verbalen Kommunikation immer wieder auch auf die Komponente der nonverbalen Kommunikation ein.

Der sedierte Patient

Nicht selten kommt es vor, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens auf eine intensivmedizinische Behandlung angewiesen ist, sei es aufgrund einer lebensbedrohlichen internistischen Erkrankung, einer schweren Verletzung oder Operation. In dieser Zeit ist es oftmals notwendig, dass sich dieser Patient einer invasiven, das heißt einer in den Körper eindringenden Behandlung unterziehen muss. Bei diesen intensivtherapeutischen Maßnahmen kann es sich beispielsweise um die Beatmungstherapie bei einem Lungenversagen oder um die Hirndrucktherapie bei einem schweren Schädelhirntrauma handeln. In dieser Phase muss der Patient analgosediert werden, um diese speziellen Behandlungen durchführen zu können und dabei Angst-, Stresszustände und Schmerzen zu vermeiden, da sich diese negativ auf den Heilungsprozess auswirken. Tiefe Analgosedierung heißt, dass der Patient in einen künstlichen Schlaf versetzt wird und vorerst nicht erweckbar ist. Diese Analgosedierung wird mit stark wirksamen Medikamenten vorgenommen, welche schmerzlindernd (z. B. Opiate) und sedierend (z. B. Benzodiazepine oder Barbiturate) wirken. Oft dauert diese Behandlung mehrere Tage, wenn nicht gar Wochen. Leider hat die analgosedierende Therapie neben den positiven Auswirkungen häufig auch schwerwiegende Nebenwirkungen. So kommt es neben Herz-Kreislauf-Störungen, Darmträgheit und Störungen des Immunsystems häufig gerade in der Entwöhnungsphase zu Entzugserscheinungen und Verwirrtheitszuständen.1 Die Entwöhnungsphase wird gewöhnlich dann eingeleitet, wenn die kritische Phase – die Akutphase – der Erkrankung überwunden ist. In dieser Zeit hat sich der gesundheitliche Zustand des Patienten soweit stabilisiert, dass eine Beendigung der maschinellen Beatmung angestrebt werden kann und eine tiefe Analgosedierung nicht mehr notwendig ist. Während der Entwöhnungsphase kommt es durch das Absetzen der stark wirksamen Medikamente bei circa 60% der langzeitsedierten Patienten zu auffälligen Verhaltensweisen.2 Häufig sind sie desorientiert, nicht kooperativ oder gar aggressiv gegenüber dem Pflegepersonal. Aber nicht nur das Absetzen der Medikamente ist Auslöser für dieses Verhalten. Häufig befindet sich der Patient in der Phase der Entwöhnung in einem halbwachen Zustand, in welcher noch nicht gänzlich auf Schmerz – oder Beruhigungsmittel verzichtet werden kann. Oftmals ist zu diesem Zeitpunkt eine Beendigung der Beatmungstherapie noch nicht erfolgt und eine verbale Kommunikation seitens des Patienten nicht möglich. Er kann sich nicht mitteilen, seine Ängste äußern oder sich im Raum orientieren. Zu diesem Zeitpunkt werden viele Umstände vom Patienten fehlinterpretiert, die um ihn herum geschehen. Häufig weiß der Patient nicht, ob er sich in der Realität oder im Traum befindet. In dieser Zeit kommt es nicht selten zu Orientierungs- und Wahrnehmungsstörungen, wenn nicht gar zu massiven Angstzuständen bis hin zur Todesangst. Grund dafür sind neben der Entzugssymptomatik durch das Absetzen der sedierenden und schmerzlindernden Medikamente mehrere Faktoren.

Der gestörte Tag-Nacht-Rhythmus

Der Intensivpatient hat meistens einen gestörten Tag-Nacht-Rhythmus. Dies rührt daher, dass der Patient sich im Rahmen der Entwöhnungsphase häufig in einem Zustand zwischen Sedierung und Wachen befindet. Der natürliche erholsame Schlaf mit den physiologischen REM-Phasen fehlt oft ganz. Meist ist auch eine weiter andauernde Gabe von schmerzlindernden und beruhigenden Medikamenten von deutlich geringerer Stärke notwendig, um der Entzugssymptomatik entgegen zu wirken. In dieser Phase hat der Patient häufig nur kurz andauernde Wachphasen. Die Wachphasen des Patienten können sowohl tagsüber als auch nachts auftreten, ein physiologischer Tag-Nacht-Rhythmus kann häufig nicht gewährleistet werden. Zudem ist die intensivpflegerische Behandlung des Patienten tagsüber wie auch nachts wichtig, wie etwa das regelmäßige Umbetten des Patienten, um ein Dekubitalgeschwür zu verhindern, die Mundpflege zur Soorprophylaxe oder die Gabe von Medikamenten. Auf einer Intensivstation herrscht rund um die Uhr rege Aktivität und nicht selten wird zu später Stunde das Zimmer hell erleuchtet. Auch sind die Fenster des Patientenzimmers oftmals zum Sichtschutz mit Folie überzogen. Dies führt dazu, dass am Tage nur abgeschwächtes Licht in das Zimmer dringen kann. Die zeitliche Orientierung der Patienten geht verloren. Auch dies kann, aufgrund des abnormalen Schlafverhaltens Wahrnehmungsstörungen und Desorientiertheit zur Folge haben.

In dieser Phase ist es deshalb wichtig, dem Patienten eine zeitliche Orientierung zu ermöglichen. So sollten tagsüber die Jalousien geöffnet oder das Licht angeschaltet werden. Nachts ist es sinnvoll, die Beleuchtung auf ein Minimum zu reduzieren. Auch sollten die Alarmgrenzen der Monitore auf eine geringe Lautstärke heruntergeregelt werden. Wenn der Hautzustand des Patienten es zulässt, soll das regelmäßige Umlagern des Patienten nachts in größeren Zeitabständen erfolgen. Sehr hilfreich ist hier eine situationsgerechte Kommunikation. Um dem Verlust der zeitlichen Orientierung entgegen zu wirken, sollte der Patient des Öfteren über Datum und Uhrzeit informiert werden. Eine große Wanduhr im Patientenzimmer ist ebenso hilfreich.

Akustische und visuelle Wahrnehmungsstörungen

Der hohe Geräuschpegel, der auf einer Intensivstation herrscht, ist ein Auslöser für Wahrnehmungsstörungen, z. B. durch das Alarmieren des Monitors, hupende Infusionspumpen, das Leeren der Müllsäcke, Gespräche oder das Herumlaufen des Personals. Dies führt zu einer permanenten Reizüberflutung des Patienten, welche er nicht mit seiner Situation in Verbindung bringen kann. Häufig werden diese Geräusche besonders in der Entwöhnungsphase vom Patienten fehlinterpretiert, und er fühlt sich im schlimmsten Fall sogar bedroht, und es entstehen Wahnvorstellungen. So werden beispielsweise Geräusche einer Vakuumpumpe als Motorengeräusch eines rasant vorbeifahrenden Motorrads wahrgenommen oder das Sprudeln des Sauerstoffanschlusses als Regen.

Oft nimmt der Intensivpatient seine Umgebung auch wesentlich lauter und intensiver wahr. Er leidet in diesem Fall an einer sogenannten Hyperakusis. Dies ist eine vorübergehende pathologische Überempfindlichkeit der akustischen Wahrnehmung. Ausgelöst wird diese durch einige Medikamente oder auch durch das Absetzen der sedierenden Wirkstoffe. Nicht selten glaubt der Intensivpatient auch, dass über ihn gesprochen wird, man ihn mit Ketten gefangen hält oder ihm geschadet wird. Er kann nicht realisieren, dass es sich bei den Gesprächen um den fachlichen Austausch des Personals handelt, welches ihm helfen möchte. Die vermeintlichen Ketten sind Monitorkabel, welche die Überwachung seiner Vitalzeichen gewährleisten. Aber auch wenn diese Geräusche nicht fehlinterpretiert werden, sondern real wahrgenommen werden, sind sie für den Patienten oft kaum zu ertragen, und es entsteht ein Gefühl der Hilflosigkeit. Er kann sich dieser permanenten Ruhestörung nicht entziehen oder auf diese hinweisen.

Visuelle Wahrnehmungsstörungen sind auch oft zu beobachten. So kann beispielsweise das Personal als bedrohliche Kreaturen oder das Intensivzimmer als Schlachthaus gesehen werden. Auch die eingeschränkte Sicht des Patienten fördert die visuellen Wahrnehmungsstörungen. Er befindet sich häufig über einen langen Zeitraum ausschließlich in seinem Bett, in ein und demselben Raum und hat nicht die Möglichkeit oder Kraft sich umzusehen. So schaut er beispielsweise in Rückenlage permanent an die Zimmerdecke mit dem oftmals grellen Licht, den Infusionsampeln und Ventilatoren der Klimaanlage. Dies wird häufig als nicht real erfasst, sondern sorgt dafür, dass der Patient sich in anderen Sphären wähnt. Diese fehlgeleitete Wahrnehmung kann durch das pathologisch veränderte Geräuschempfinden zusätzlich verstärkt werden und für den Patienten eine weitere Bedrohung darstellen. In dieser Phase ist der Patient oft agitiert, nicht kooperativ oder auch aggressiv. Die Kommunikation wird dadurch deutlich erschwert, da auch alternative Kommunikationstechniken kaum möglich sind, z. B. das Anreichen einer Buchstabentafel oder die Vereinbarung bestimmter Handzeichen. An dieser Stelle können dem Patienten neben beruhigenden Worten sanfte Berührungen, wie das Streichen über den Kopf oder das Halten der Hand ein Gefühl von Sicherheit vermitteln.

Störung der körperlichen Eigenwahrnehmung

Verantwortlich für die Störung der körperlichen Eigenwahrnehmung sind die Nebenwirkungen der starken Schmerz- und Beruhigungsmittel. Sie führen oftmals dazu, dass der Patient seinen Körper nicht mehr real spüren kann. Darüber hinaus sind Intensivpatienten in der Regel nicht in der Lage, sich selbständig im Bett zu wenden. Daher werden sie meist auf sogenannte Weichlagerungs- oder Wechseldruckmatratzen gebettet. Diese sollen die Entstehung eines Dekubitalgeschwüres verhindern. Jedoch sorgen sie aufgrund der fehlenden Körperbegrenzung auch dafür, dass die körperlichen Konturen des Patienten verschwimmen und dieser das Gefühl hat, zu zerfließen.3 Wahrnehmungsstörungen sind die Folge der verminderten oder komplett fehlenden Außenreize. Halluzinationen sind keine Seltenheit. Oft ist der Patient auch in dieser Situation ängstlich und agitiert. Eine adäquate Reaktion auf Ansprache zeigt sich in diesem Zustand nur selten, wodurch die Kommunikation erschwert wird.

Hilfreich kann hier ein nonverbales Kommunikationsangebot sein. An erster Stelle steht hierbei, die körperliche Eigenwahrnehmung des Patienten zu verbessern, beispielsweise indem man ihn bei den pflegerischen Tätigkeiten mit festen, ruhigen Handgriffen berührt. Eine weitere Möglichkeit ist, seine Extremitäten auszustreichen oder körperbegrenzende Lagerungen durchzuführen. Vor allem ist auch das regelmäßige Umlagern im Bett wichtig, um den körperlichen Wahrnehmungsstörungen entgegenzuwirken. Ebenso positiv kann sich die körpermodellierende Waschung auf die Wahrnehmung des Patienten auswirken, da ihm hierbei sein Körper durch die Berührungen an vielen Stellen des Körpers besonders bewusst gemacht wird. Häufig kann man dabei beobachten, wie der Patient ruhiger wird und sich zunehmend entspannt.4

Alptraumerfahrungen

Oft wird ein Intensivpatient von Alpträumen geplagt. Die Ursachen hierfür können unterschiedlicher Natur sein, wie z. B. eine Nebenwirkung der starken Medikamente, die Verarbeitung eines schweren Traumas oder ureigene Ängste.5 Träume über Tod und Sterben, bedrohliche Situationen oder Verlust von geliebten Menschen sind keine Seltenheit. Oft vermischen sich diese Träume mit der Wirklichkeit. Der Patient ist in dieser Situation häufig ängstlich, aggressiv oder verwirrt.

Das Verschwimmen von Realität und Traum sowie die wahrnehmungsbeeinflussenden Auswirkungen des intensivstationären Aufenthaltes tragen dazu bei, dass es zu auffälligen Verhaltensweisen, Desorientiertheit und Aggressivität des Patienten kommen kann. Dies geschieht häufig in der Phase der geringer dosierten Verabreichung schmerzlindernder und beruhigender Medikamente, während jedoch ein völliges Erwachen des Patienten noch nicht erfolgt ist. In dieser Phase ist eine patientenorientierte, einfühlsame und der Situation angepasste Art der Kommunikation von enormer Wichtigkeit.

Im folgenden Abschnitt möchte ich über einen Patienten berichten, welcher sich einer intensivmedizinischen Behandlung unterziehen musste. Er war bereit von seinen Erfahrungen in dieser Zeit zu berichten, die er nach mehr als 10 Jahren heute immer noch oft im Familien- und Freundeskreis thematisiert.

Die Erfahrungen des Herrn M.

Herr M. war Patient auf der operativen Intensivstation, wo ich ihn betreute. Er war damals mittleren Alters und hatte einen schweren Motorradunfall erlitten. Neben einer Verletzung der Lunge war besonders eines seiner Beine schwer verletzt worden. Er war über einen längeren Zeitraum sediert und beatmet. Herr M. musste auf Grund der Schwere seiner Beinverletzung mehrfach operiert werden, und es war anfangs nicht abzusehen, ob das Bein erhalten bleiben konnte.

Herr M. erinnert sich daran, dass er in der ersten Zeit seines Intensivaufenthaltes in einem Mehr-Bett-Zimmer gelegen hat. An diese Zeit kann er sich jedoch nur bruchstückweise erinnern, da er hochdosierte Schmerz- und Beruhigungsmittel erhielt. Erst als sich sein Zustand stabilisierte und die Entwöhnungsphase von der Analgosedierung eingeleitet werden konnte, wurden die Erinnerungen konkreter. Jedoch konnte er diese zeitlich nicht einordnen, da er weiterhin oftmals starke Schmerz- und Beruhigungsmittel bekam. Er hatte viele kurze Wachphasen, in welchen er auch unter Wahrnehmungsstörungen litt. So hatte er beispielsweise das Gefühl, im Bett zu stehen, sah Schienen und Uhren, die auf dem Kopf standen. Erstaunlicherweise war er oft im Stande, das ärztliche und pflegerische Personal als solches zu erkennen und kurzzeitig den Gesprächen während der Visite oder pflegerischen Übergaben zu folgen.

Herr M. konnte sich auch detailgenau an den Unfallhergang erinnern, und er machte sich gerade in der Anfangszeit sehr viele Sorgen um seinen körperlichen Zustand. Er wusste, dass sein Bein schwer verletzt war und hatte Angst, dieses vielleicht nicht mehr bewegen zu können oder gar zu verlieren. Auch die Dosis der Röntgenstrahlen, denen er häufig ausgesetzt war, bereiteten ihm Sorgen. Er versuchte sich selbst zu beruhigen, da er aufgrund der Beatmungstherapie nicht in der Lage war sich verbal mitzuteilen und Fragen bezüglich seines Zustandes zu stellen.

Herr M. empfand die Räumlichkeiten der Intensivtherapiestation als sehr trostlos. Er lag oftmals über eine längere Zeit auf dem Rücken, sah über sich lediglich die Infusionsampeln und die Ventilatoren der Klimaanlage. An einem der Ventilatoren befand sich ein Staubfussel, welcher in den Wochen seines Aufenthaltes nicht beseitigt wurde. Dies löste starke Bedenken bezüglich der Hygiene bei Herrn M. aus. Zumal wusste er durch die Schilderungen der Ärzte, dass sich in den Wunden seines Beines Schmutzpartikel befanden und dieses sich dadurch entzündet hatte. Die Geräuschkulisse in dem Intensivzimmer empfand Herr M. vor allem in der ersten Zeit seines Intensivaufenthaltes als sehr belastend. Die für ihn anfangs unbekannten und lauten Geräusche vermittelten ihm ein Gefühl der Hilflosigkeit. Erst im späteren Verlauf gewöhnte er sich an die Geräuschkulisse, als er einordnen konnte, welche Bedeutung die unterschiedlichen Alarmsignale oder das Rauschen der Absaugvorrichtung hatten. Sie verschafften ihm letztendlich sogar eine gewisse Orientierung.

Herr M. hatte große Probleme mit der Beatmungssituation. Er hatte das Gefühl, durch den Beatmungsschlauch – den Tubus – nicht ausreichend Luft holen zu können und hatte Angst zu ersticken. Daher war er körperlich sehr unruhig. Da das Personal ihn jedoch nur anstarrte und ihn nicht zu verstehen schien, entfernte er den Tubus letztendlich selbständig. Da seine Wahrnehmung durch die analgosedierenden Medikamente deutlich eingeschränkt war, war er sich nicht im Klaren darüber, dass er seinen Genesungsprozess durch diese Handlung enorm gefährdete. Er erhielt umgehend eine hohe Dosis an Schmerz- und Beruhigungsmitteln und wurde wieder intubiert. Auch dieses Mal hatte Herr M. Angst zu ersticken. Damit er sich nicht erneut selbständig des Beatmungsschlauches entledigen konnte, wurde er an beiden Händen fixiert. Um sich zu befreien, versuchte er in dieser Situation einer Schwester die Schere aus der Kitteltasche zu entnehmen. Dies wurde vom Personal als aggressiv und unzurechnungsfähig eingestuft. Niemand interpretierte die Handlung als Ausdruck, dass er Panik hatte und lediglich versuchte, sich aus dieser für ihn vermeintlich lebensbedrohlichen Lage zu befreien.

In dieser Situation bekam er dann Ketamin, ein Analgonarkotikum mit oftmals halluzinogener Nebenwirkung verabreicht. Dieses Medikament löste wiederum unangenehme Wahrnehmungsstörungen bei ihm aus. Er hatte das Gefühl Achterbahn zu fahren. Das Bett bewegte sich in seinem Empfinden hoch und runter, was für ihn wieder sehr belastend war. Ebenso hatte Herr M. Angst vor dem Umlagern im Bett. In gewissen Positionen hatte er das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, was mit seiner verletzten Lunge zu erklären war. Ebenfalls empfand er bei Mobilisationsmaßnahmen den Blasendauerkatheter als sehr unangenehm. Transporte zu Untersuchungen (wie z. B. CT) waren aufgrund der Schmerzen beim Umbetten für Herrn M. nur schwer auszuhalten. Während dieser Zeit war Herr M. nicht in der Lage, sich verbal zu äußern und auf seine Schmerzen aufmerksam zu machen. So ließ er diese Prozeduren immer wieder über sich ergehen, mental darauf vorbereitet, Schmerzen zu bekommen.

In der Zeit seines Intensivaufenthaltes hatte Herr M. viele Alpträume, an die er sich auch heute noch sehr deutlich erinnern kann und auf die er nicht näher eingehen möchte, da sie ihm emotional sehr zugesetzt haben. Herr M. war grundsätzlich in der Lage, Träume von der Realität abzugrenzen, jedoch wusste er nach dem Erwachen häufig nicht sofort, wo er war, sondern wähnte sich noch in seinem Traum. Auch während unseres Gespräches ist ihm deutlich anzumerken, wie sehr ihn diese starken Träume belastet haben.

Den pflegerischen Umgang empfand Herr M. insgesamt als vorsichtig und umsichtig. Sein starkes Durstgefühl wurde ernst genommen, er erhielt Infusionen. Er empfand den oft lockeren und scherzhaften Umgang als sehr hilfreich. Dadurch wurde die Situation, in der er sich befand, entschärft.

Eine behandelnde Ärztin trat ihm während der Visite ehrlich gegenüber und beschönigte seine Situation nicht. Sie schilderte ihm das genaue Ausmaß seiner Verletzungen, welche Folgen diese haben könnten und erläuterte ihm die möglichen Therapieoptionen. Dafür war Herr M. sehr dankbar. Nun wusste er genau, in welchem Zustand er sich befand und was weiterhin auf ihn zukommen würde. Er konnte sich nun besser mit seiner Situation auseinander setzen und schöpfte letztendlich auch Hoffnung, da er ja nun wusste, dass weitere Therapien folgen würden und eine vollständige Genesung nicht ausgeschlossen war.

Es gab jedoch auch Momente, in welchen er sich einen anderen Umgang gewünscht hätte. In einer Phase beispielsweise, in welcher Herr M. noch beatmet und leicht sediert war, lief eine pflegerische Kollegin während des Nachtdienstes ständig im Zimmer hin und her und klickte dabei mit einem Kugelschreiber. Dieses Geräusch empfand Herr M. als sehr laut und störend und konnte es nicht einordnen. Da er zu diesem Zeitpunkt auch noch beatmet war, konnte er sich nicht verbal mitteilen und die Schwester darum bitten, diese Handlung zu unterlassen.

Offenkundig schlechte Laune des Pflegepersonals oder aber auch ein „Zuviel an Zuwendung“ empfand Herr M. als sehr unangenehm. Oft hätte er lieber seine Ruhe gehabt, als beispielsweise gebettet zu werden oder zum wiederholten Male gesagt zu bekommen, wo er sich befindet. Das Zähneputzen empfand er als sehr unzureichend. Teils wurden sehr harte Tücher zum Abwischen des Mundes verwendet, wovor ihm immer grauste, da ihm dies Schmerzen bereitete. Zum Teil fühlte sich Herr M. unverstanden, wie z. B. während der Beatmungstherapie, als er das Gefühl hatte zu ersticken. Auch auf sein Bitten, kein Ketamin zu geplanten Operationen zu erhalten, wurde keine Rücksicht genommen, und somit war er immer wieder den „Achterbahnfahrten“ ausgesetzt. In diesen Situationen hätte sich Herr M. mehr Rücksichtnahme und empathisches Verhalten des Personals gewünscht.

Herr M. hat nach eigenen Angaben die Zeit seines Intensivaufenthaltes recht gut verarbeitet und kaum noch Beeinträchtigungen im Alltag. Jedoch werden seine damaligen Erlebnisse in Gesprächen mit der Familie noch häufig thematisiert.

Kommunikation mit sedierten Patienten

Die Kommunikation mit sedierten Patienten auf der Intensivstation stellt hohe Anforderungen an das pflegerische Personal. Sie soll dem Patienten ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, ihm Ängste und Hilflosigkeitsgefühle nehmen und für Orientierung sorgen. Ehe man als Pflegekraft mit dem Patienten in Kommunikation tritt, ist es äußerst wichtig, sich in seine Lage hinein zu versetzen.

Das Gespräch mit Herrn M. zeigt, wie wichtig es ist, auch mit einem beatmeten, leicht analgosedierten Patienten situationsgerecht zu kommunizieren. Man betrachte beispielsweise die Situation, in welcher er das Gefühl hatte, keine Luft durch den Beatmungsschlauch zu bekommen. Er hatte das Gefühl zu ersticken, fühlte sich hilflos und panisch. In diesem Moment war er körperlich sehr unruhig und nicht kooperativ. Er versuchte auf diesem Wege, nonverbal auf seine missliche Lage aufmerksam zu machen und Hilfe zu bekommen. Den pflegerischen Kollegen erschien er jedoch aggressiv und nicht zurechnungsfähig. Es kam niemand auf den Gedanken, dass Herr M. mit dem Beatmungsgerät zu kämpfen hatte und er sich in einer für ihn lebensbedrohlichen Situation befand. In diesem Moment wäre eine der Situation angepasste Kommunikation sicher sehr hilfreich gewesen.

Doch wie sollte die Kommunikation mit sedierten Patienten nun erfolgen?

Ermittlung der Sedierungstiefe und des Schmerzniveaus

Eine Möglichkeit herauszufinden, in welcher Phase der Sedierung sich ein Patient befindet, ist die Richmond Agitation Sedation Scale (RASS). Hauptsächlich ist sie ein Instrument zur Regulierung der Sedierungstiefe. Jedoch gibt sie auch Aufschluss über die Wahrnehmung des Patienten, so dass die Kommunikation der Situation entsprechend angepasst werden kann.

PunkteAusdruckBeschreibung
+4StreitlustigOffene Streitlust, gewalttätig, Gefahr für das Personal
+3Sehr agitiertZieht oder entfernt Schläuche oder Katheter, aggressiv
+2AgitiertHäufige ungezielte Bewegungen, atmet gegen den Respirator
+1UnruhigÄngstlich, Bewegungen, aber nicht aggressiv oder lebhaft
0Aufmerksam und unruhig
-1SchläfrigNicht ganz aufmerksam, aber erwacht anhaltend (>10 s) durch Ansprache
-2Leichte SedierungErwacht kurz nach Ansprechen, nimmt dabei Augenkontakt auf
-3Mäßige SedierungBewegt sich oder öffnet die Augen nach Ansprechen, jedoch kein Augenkontakt
-4Tiefe SedierungReagiert nicht auf Ansprache, bewegt sich aber oder öffnet die Augen auf körperliche Reize
-5Nicht erweckbarKeine Reaktion auf Ansprechen oder körperlichen Reiz
Tab. 1: Richmond Agitation SedationScale (RASS)6

Um herauszufinden, ob ein sedierter und beatmeter Patient Schmerzen hat, hat sich die BehavioralPainScale (BPS) im Arbeitsalltag bewährt. Ist der Patient noch nicht in der Lage, sich verbal zu äußern, kann man diese als Interpretationshilfe seiner nonverbalen Kommunikation nutzen. Die BPS ist eine Hilfe zur Deutung der bewussten und unbewussten nonverbalen Kommunikation des Patienten. Je höher die Summe der Punktzahlen, desto höher ist das Schmerzempfinden des Patienten.

ItemBeschreibungPunkte
Gesichtsausdruck
  • entspannt
  • teilweise angespannt
  • stark angespannt
  • Grimassieren
1
2
3
4
Adaption an Beatmungsgerät
  • Toleranz
  • seltenes Husten
  • Kämpfen mit dem Beatmungsgerät
  • kontrollierte Beatmung nicht möglich
1
2
3
4
Obere Extremität
  • keine Bewegung
  • teilweise Bewegung
  • Anziehen mit Bewegen der Finger
  • ständiges Anziehen
1
2
3
4
Tab. 2: Behavioral Pain Scale (BPS)7

Darüber hinaus darf eine achtsame Beobachtung des Patienten – verbunden mit einer guten Kommunikation – natürlich nicht in den Hintergrund treten. So hilft es nicht, bei einem agitierten Patienten ausschließlich die Medikamentenzufuhr zu erhöhen, sondern eine beruhigende, der Situation angepasste Kommunikation ist unerlässlich.

Die Kontaktaufnahme

Tritt man an das Bett des Patienten heran, spricht man ihn mit Namen an, um ihn auf die Kontaktaufnahme vorzubereiten. Die Ansprache des Patienten erfolgt diesem immer zugewandt und in seinem Sichtfeld. Neben der verbalen Kommunikation sollten auch die nonverbalen Komponenten seitens des Pflegepersonals zur Anwendung kommen. So ist es beispielsweise sehr sinnvoll, den Patienten mit einer Initialberührung zu begrüßen. Diese Maßnahme kommt aus dem Feld der basalen Stimulation und hat sich als sehr wirksam erwiesen. Sie sollte nicht nur bei der Begrüßung, sondern ebenso bei allen anderen patientennahen pflegerischen Tätigkeiten sowie beim Verabschieden angewandt werden. Sie vermittelt dem Patient ein Gefühl von Sicherheit und Orientierung. Die oftmals lange Bettlägerigkeit sowie die verschwommene Wahrnehmung aufgrund starker Medikamente sorgen dafür, dass der Intensivpatient seinen Körper nicht differenziert wahrnehmen kann. Daher ist es wichtig, für die Initialberührung einen körperzentralen Berührungspunkt zu wählen. Dies kann beispielsweise der Thorax oder aber auch die Schulter des Patienten sein. An diesen Stellen sind wegen der regelmäßigen Atembewegung die Wahrnehmungsstörungen noch nicht allzu stark ausgeprägt. Die Berührung sollte sanft und behutsam, aber dennoch deutlich spürbar sein. Ist diese Kontaktaufnahme erfolgt, stellt sich die Pflegekraft mit Namen und der beruflichen Funktion vor. Dies nimmt dem Patienten das Gefühl der Anonymität und des Ausgeliefertseins. Ebenso sorgt es dafür, dass sich eine Vertrauensbasis entwickeln kann.

Ermöglichen der Orientierung

Nach der ersten Kontaktaufnahme sollte dafür gesorgt werden, dem Patienten die Orientierung zu ermöglichen. Dies geschieht, indem man ihn über den Ort, das Datum und die Uhrzeit aufklärt. Auch den Grund des Aufenthaltes auf der Intensivstation sollte man nennen, um Angst und Unsicherheit zu nehmen. Sedierte oder in der Entwöhnungsphase befindliche Patienten sind zudem meist beatmet und können sich nicht verbal mitteilen. Auch über diesen Zustand, der häufig Stress und Angst auslöst, müssen sie informiert werden. Wichtig ist zu erklären, dass die Beatmung nur eine Übergangsphase ist und sie nach Entfernen des Beatmungsschlauches wieder in der Lage sein werden, zu sprechen. Diese Informationen sollten nicht nur einmal pro Tag, sondern zu jedem Schichtbeginn, sowie zwischendurch häufiger wiederholt werden. Sollte der Patient dennoch Angst verspüren und die Beatmungstherapie nur schwer aushalten können, wäre es möglich, eine nonverbale Verständigung, wie beispielsweise bestimmte Hand- oder Klopfzeichen zu wählen. Man kann ihm somit rechtzeitig zur Seite stehen und unnötige Ängste vermeiden. Auch muss der Patient vor jeder pflegerischen Maßnahme informiert und auf diese vorbereitet werden. Dreht man ihn beispielsweise auf die linke Seite, muss ihm dies auch mitgeteilt werden. Zum einen, um ihn bei abrupten Bewegungen nicht unnötig zu erschrecken, zum anderen, um ihm Orientierung zu geben. Unterstützend kann die Seite, auf welche der Patient gedreht werden soll, ausgestrichen (eine Methode aus dem Feld der Basalen Stimulation®) und die Wahrnehmung somit verstärkt werden.

Die Kommunikation mit dem Patienten während pflegerischer Maßnahmen gilt nicht nur bei der Lagerung, sondern auch bei allen anderen Tätigkeiten, die am Patienten vorgenommen werden, z. B. das Waschen, die Mundpflege oder das Verabreichen von Medikamenten. Der Patient sollte stets gut über die Dinge, die an ihm vorgenommen werden, informiert sein. Dies gibt ihm ein Gefühl der Orientierung, der Sicherheit und schafft Vertrauen.

Verständliche Kommunikation

Wichtig bei der Kommunikation ist es, dass mit dem Patienten in klaren und deutlichen Worten gesprochen wird. Ist ein Patient schwerhörig, muss dementsprechend lauter gesprochen werden. Verfügt dieser über Hörgeräte, sollten diese auch genutzt werden. Für Pflegekräfte ist es alltäglich und gehört zur Normalität, medizinische Fachbegriffe oder Abkürzungen zu benutzen. Jedoch kann sich ein Patient, vor allem wenn er bewusstseinseingeschränkt ist, nichts unter einem Tubus, ZVK oder ähnlichem vorstellen. Daher ist es wichtig, in verständlicher, alltäglicher Sprache zu kommunizieren und Fachbegriffe zu vermeiden.

Kontrolle des eigenen Verhaltens

Die Arbeit auf einer Intensivstation ist oft sehr anstrengend. Das Personal hat oftmals einen großen Arbeitsaufwand, wenig Zeit für die Patienten und einen hohen Stresspegel, sei es durch einen instabilen Patienten, der die ungeteilte Aufmerksamkeit der Pflegekraft benötigt oder ungeplante Aufnahmen von Patienten. Dies kann dazu führen, dass man dem Patienten ungeduldig gegenübertritt und ihm nicht das ausreichende Maß an Aufmerksamkeit entgegenbringt. Dies ist jedoch ethisch nicht vertretbar, da jedem Patienten eine fürsorgliche und ihm zugewandte Behandlung zusteht. Es sollte auf jeden Fall vermieden werden, dass der Patient die Hektik oder Ungeduld zu spüren bekommt und er sich dadurch vielleicht nicht traut, die Pflegekraft auf seine eigenen Sorgen aufmerksam zu machen.

Jeder Patient, der sich auf einer Intensivstation befindet, hat eine schwere Erkrankung zu bekämpfen und zu verarbeiten. In dieser Zeit benötigt er Zuspruch, emotionale und auch körperliche Unterstützung, um seinen Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Belastet man ihn nun mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten, schürt dies Ängste und Misstrauen, was einer positiven Entwicklung des Genesungsprozesses entgegenwirkt. Auch sollte man seine privaten Sorgen nicht mit in die Betreuung des Patienten einfließen lassen. Wie man auch im Falle von Herrn M. sehen kann, war ihm die schlechte Laune des pflegerischen Personals ebenfalls sehr unangenehm, da es für ihn neben seinen eigenen Sorgen eine zusätzliche Belastung darstellte. Dagegen hat er sich bei dem Personal, welches locker und spaßig mit ihm umging, deutlich besser aufgehoben gefühlt.

Ebenso positiv für ein konstruktives, dem Krankheitsverlauf zuträgliches Miteinander zwischen Patient und Pflegekraft sind tröstende Worte und Gesten. So gibt es etliche nonverbale Möglichkeiten, mit dem Patienten zu kommunizieren und somit eine beruhigende Wirkung zu erzielen. Hierzu gehört das Halten der Hand, das Streichen über die Wange oder auch ein einfaches Lächeln. Diese kleinen Gesten fördern das Vertrauen, nehmen dem Patienten die Ängste und können nachhaltig den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.

Kommunikation ermöglichen, der Situation anpassen und störende Kommunikation vermeiden

Die wesentlichen Kommunikationshindernisse sind eine grundsätzlich erschwerte verbale Kommunikation, eine der Situation unangebrachte Kommunikation, die Fehlinterpretation und störende Kommunikation, die nicht an den Patienten gerichtet ist.

Kommunikation mit sedierten Patienten
Personal in der Rolle als
ermöglichen
der Situation anpassen
vermeiden
Sender
Sprechen
Mitteilen
Ausdrücken
Signalisieren
  • Nonverbale Kommunikation (z.B. Berührung, Gesten, Mimik)
  • laute und deutliche Aussprache
  • Alltagssprache und keine Fachsprache
  • Hörgeräte und Sehhilfen
  • Muttersprache
  • Angst nehmen
  • Erklärung der Situation
  • örtlicher und zeitlicher Kontext
  • persönliche Ansprache
  • Ansprache im Sichtfeld
  • nach Befinden fragen
  • gewaltfreie Kommunikation
  • Erläuterung der durchgeführten Maßnahmen am Patienten
  • belastende Gespräche nicht im Zimmer führen
  • keine Streitgespräche
  • nicht über, sondern nur mit dem Patienten sprechen
  • nur so viel Kommunikation wie nötig und nicht überfordern
Empfänger
Wahrnehmen
Interpretieren
Verstehen
  • Beurteilung der Kommunikationsmöglichkeiten (z.B. mit der RASS)
  • Nonverbale Kommunikation nutzen (z.B. Vereinbaren von Zeichen)
  • Interpretationshilfen nonverbaler Kommunikation (z.B. mit der BPS)
  • Perspektivenwechsel
  • Empathie
  • Achtsamkeit
  • Sensibilisierung
  • Einschätzung der Situation (z.B. mit RASS)
  • bei Unsicherheit fragen
Tab. 3: Kommunikaton mit sedierten Patienten (Jessica Knierim, 2014)

Tabelle 3 zeigt eine Übersicht verschiedener Handlungsmaßnahmen und Empfehlungen zur Überwindung dieser Kommunikationshindernisse aus der Sicht des Personals. Die Darstellung ist getrennt nach der Rolle des Personals als Sender oder Empfänger der Kommunikation.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass eine „gute“ Kommunikation dem Patienten ein den Umständen entsprechendes möglichst positives Empfinden des Intensivaufenthalts ermöglichen kann. Der Krankheitsverlauf kann so insgesamt positiv beeinflusst werden und das Risiko späterer Belastungsstörungen verringert werden.

Referenzen

  1. Larsen R., Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege, Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg (2012), S.617
  2. ebd, S. 617
  3. Ulrich L., Stolecki D., Grünewald M., Thiemes Intensivpflege und Anästhesie, Thieme Verlag, Stuttgart (2005), S. 65
  4. ebd., S. 80
  5. Kammerer T., Traumland Intensivstation, Books on Demand GmbH, Norderstedt (2006), S. 313
  6. Ley B., Analgosedierung endotracheal intubierter Intensivpatienten, PflegenIntensiv (2014); 3: 19-22
  7. ebd.

Anschrift der Autorin:

Jessica Knierim
Krankenschwester für Anästhesie & Intensivmedizin
Praxisanleiterin und Beraterin für Ethik im
Gesundheitswesen
Rotenburger Straße 28c, D-37269 Eschwege
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Institut für Medizinische
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