Bemerkungen zur Rollentheorie am Beispiel der "Frauenrollen"

Imago Hominis (2006); 13(2): 137-145
Reinhold Knoll

Zusammenfassung

Zum Bestand soziologischer Theorien zählt die aus der Sozialpsychologie übernommene Rollentheorie. In ihr wird das soziale Handeln und Verhalten von Personen vor dem Hintergrund kultureller Muster erklärt und ermittelt somit eine Typisierung von differenzierbaren Dispositionen. Nun ist die Rollentheorie nicht nur geeignet, soziale Situationen in ihrem Ablauf zu beschreiben, sondern bietet einen guten Einblick in Handlungsentwürfe, die wegen erwarteter Aktionen und Reaktionen der Gesellschaft eine Struktur verleihen und damit auch Stabilität. Diese ist auch dadurch erreicht, dass gemäß einer Hierarchie der Rollenkonzepte mit deren primären oder sekundären Rollenbildern eine relative Homogenität des Handelns besteht und eine soziale Reziprozität fördert. In der vorliegenden Skizze wird dies in der Entwicklung der „Frauenrollen“ ausgeführt und zugleich mit der Hypothese verbunden, dass sich diese auf drei „Typen“ konzentrieren lassen: Antigone, Medea und Diotima. Damit erfolgte eine Variation jenes „Idealtypus“, der bei Max Webers Handlungstheorie als Grundlage diente.

Schlüsselwörter: Rolle, Familie, Beruf, Generation, Geschlecht, Gender

Abstract

One of the sociological theories is the role theory, which was taken over from social psychology. It explanis social acting and behaviour of persons in the context of cultural patterns and thus determines a classification of differentiable dispositions. However, role theory is not only suitable to describe the process of social situations but offers a good view of action drafts which, because of expected actions and reactions, lends a structure to the society and concomitantly stability. This is reached also by the fact that in accordance with a hierarchy of the role concepts with their primary or secondary role pictures a relative homogeneity of acting exists and promotes a social reciprocity. In this sketch this is demonstrated in the development of the “woman roles” and connected at the same time with the hypothesis that these can be focussed on three “types”: Antigone, Medea and Diotima. Thus a variation of that “ideal type“ took place, which served as basis for Max Weber‘s theory of action.

Keywords: Role, family, profession, generation, sex, gender


 

Die Rollentheorie war wirklich erfolgreich. Vor 80 Jahren hatte sie begonnen, der von Max Weber entwickelten Handlungstheorie ein realistisches Fundament zu geben. Das war möglich, denn die Anregungen aus der Psychoanalyse eröffneten auch der Soziologie ein weites Feld für Erklärungen sozialer Phänomene. Immerhin hatte zuvor das Problem bestanden, wie Menschen während des schnellen Wandels der Gesellschaft dennoch ihre soziale Umgebung für stabil halten, überblickbar und ihre alltäglichen Erwartungen erfüllt. Ohne diese relative Stabilität wäre eine Gesellschaft nur schwer zu untersuchen. Es war doch immerhin die Erklärung dafür eine gewaltige Herausforderung für die Soziologie, wie Menschen sich im Spannungsfeld zwischen sozialer Dynamik und Statik in der bürgerlich-industriellen Gesellschaft einfügen können und die bekannten „Krankheiten“ moderner Gesellschaft – etwa Frustration und Depression, Stress und Orientierungslosigkeit – halbwegs bewältigen. Ohne nun im Einzelnen die Konzepte der Rollentheorie aufzuzählen, lautete die Antwort zur Erklärung relativer Stabilität der Gesellschaft, dass die Übernahme von sozialen Rollen nicht nur dem Sozialwissenschafter die Analyse sozialer Beziehungen erleichtert, sondern dass die Funktion von Rollen die Komplexität sozialer Beziehungen für die Menschen vereinfacht. Man hatte eben aus der Sprache des Theaters das Vokabular entnommen und festgestellt, dass in sozialen Situationen die Menschen erlernten Mustern gehorchten, wodurch auch eine Reziprozität sozialen Handelns ermittelt werden konnte1. Gerade Frauen verkörperten mehrere Rollen, sei es, dass sie als Mütter ihre Geschlechtsrolle ausübten, der spezifische Eigenschaften zugeschrieben werden konnten, hingegen als Ehefrauen oder in weiblichen Berufen waren weitere Rollen zu bemerken, die sich gemäß den Bedingungen entwickeln ließen. Und man war der Ansicht, dass es ja die Frauen sind, die jene Stabilität ihrer „Umwelt“ vermitteln, die doch vom sozialen Wandel derart in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dank sozialer Rollen schufen die Frauen die Atmosphäre, in der die bürgerliche Familie gedeihen konnte oder die sozialen Berufe der Frauen machten jene Kälte erträglicher, die die Gesellschaft im Kapitalismus und Weltkrieg fast erstarren ließ2. Der Nachteil des Konzepts war kaum gesehen worden, nämlich jener, der einen Wandel der Rollen kaum berücksichtigte3. Ja, dank der Erfüllung dieser vielen Rollen konnte die Soziologie ihren eigenen Begriff von Kultur formen, der bislang der Gegenstand der Geschichte oder Philosophie war. Die Vorstellung von fest verankerten sozialen Rollen, jeweils in den Beziehungssystemen verstärkt und von den Akteuren in sozialen Situationen gut erlernt, begünstigte weitere Theorien, eben den Funktionalismus wie Strukturalismus. Im Grunde könnte man eine Reihe amerikanischer Theaterautoren nennen, die in Anwendung dieser Überlegungen den Eindruck nahe legten, die Gesellschaft bestünde wirklich aus Serien von „Our little town“. Und die relative Stabilität amerikanischer Gesellschaft während der 30er und 40er Jahre begünstigte dieses Bild. Also war der stetig gegebene soziale Wandel aus der Soziologie in die Ökonomie oder in die Industrialisierung und Modernisierung der Berufswelt abgewandert, womit vorerst eher Männer als Frauen konfrontiert waren.

Spätestens in den 70er-Jahren war auch in Westeuropa der soziale Wandel so nachhaltig nachvollzogen worden, weshalb die Soziologie ihre Rollentheorie nicht nur neu entdecken musste, sondern auch völlig neu formulieren. Das war deshalb möglich, da mit der steigenden Berufstätigkeit der Frau, der offensichtlich veränderten „Geschlechtsrolle“ und der deutlichen Forderung nach Emanzipation eine Anpassung der Rollentheorie an die Gegenwart angezeigt war. Mit großem Geschick war die Modifikation gelungen, denn mit dem Hinweis auf die „alten" und „neuen“ Rollen war jener Wandel im Selbstverständnis der sozialen Akteure darstellbar geworden. Allerdings hatten sich auch die sozialen Situationen geändert, die eine Beibehaltung „alter“ Rollen nicht mehr zuzulassen schienen. Besonders deutlich konnte man erkennen, dass etwa die Mutter nicht mehr in einer „Rolle" mit der traditionellen Kompetenz auftreten konnte, sondern sie musste es sich gefallen lassen, auch anderen Rollen genügen zu müssen. Vor und einige Zeit nach der Geburt von Kindern war deren Berufstätigkeit erwünscht und die Frauen selbst bezeichneten ihre Mutterrolle als unbefriedigend, so die Kinder ins schulpflichtige Alter kamen. Vermutlich ist hier der Beitrag der Medien nicht hoch genug einzuschätzen, denn sie transportierten „Leitbilder“, die sich nicht mehr an einer treuen Ehefrau orientierten, die Frau nicht mehr am Herd der Familie zeigten, sondern als „Kameradin“ des Mannes, in neuen Formen von Weiblichkeit und Berufskompetenz. Diese Mischung von Emanzipationen war damals sehr schnell ein spezifisches Merkmal der Gegenwartsgesellschaft geworden und löschte die traditionellen Rollen aus, die auch in der Literatur die wenig liebenswürdige Bezeichnung eines veralteten „Klischees“ erhielten.

Im Grunde war es zum Thema der modernen Familiensoziologie geworden, nämlich den Wandel des Typus „Familie“ zu zeigen, die Ebenbürtigkeit von Mann und Frau, die neue familiäre Arbeitsteiligkeit, die nötigen Ausbildungsschritte der jungen Frauen und neue Formen von „Kernfamilien“. Will man sich aber mit diesen zahllosen Studien nicht belasten, so reicht bereits eine basale Kenntnis der berühmten „Familie“ Duck bei Walt Disney. Dieser hatte in seinen Cartoons den Wandel der Familie und der sozialen Rollen prophetisch vorhergesagt. Donald Duck, obzwar der Onkel seiner drei Neffen, wurde die „Rolle" eines allein erziehenden Vaters überantwortet, steht im lockeren Verhältnis zu Daisy Duck, einer so genannten Tante, konkurriert mit Gustav Gans, vermutlich ein entfernter Vetter. Die Generation zuvor zeigt noch traditionelle Züge. Dagobert Duck ist der reiche Großvater, der sein Vermögen leidenschaftlich gegen alle Formen der Wirtschaftskriminalität verteidigt, zugleich der geschiedene Ehemann von Oma Duck. Vermutlich war ihr bei der Scheidung ein Landgut zugesprochen worden, wo sie in Lebensgemeinschaft mit Franz Gans lebt. Also bleiben die drei Neffen nahezu unbeaufsichtigt auf sich allein gestellt. In den frühen Cartoons der 30er-Jahre werden die drei Neffen als „Einwanderer“ aus Deutschland bezeichnet. Für Innovationen sorgt ein entfernter Verwandter, Daniel Düsentrieb. Also gibt es zwar eine Art „Familie“, aber sie ist in keiner Phase mehr eine Institution, wie wir diese noch aus der Sozialgeschichte in Erinnerung haben4. Schlägt man heute eine Tageszeitung auf und liest die Reportagen über den Zustand der Familien, so gleichen sie immer öfter der berühmten Familie Duck. Da ist denn doch die Frage berechtigt, was denn geschehen ist, dass sich diese wichtige „Sozialagentur“ Familie so veränderte?

Frauenrollen im Wandel

Wenn nun die Rollentheorie die Phänomene sozialen Wandels neu entdeckte, so ermittelte sie zwei Seiten der Gesellschaft. Einerseits erkannte man, dass eine gewaltige Beschleunigung der sozialen Entwicklungen der westlichen Zivilisation eingetreten war, andererseits schienen die traditionellen Stabilisatoren einer Gesellschaft verloren gegangen zu sein. Einer der Verluste traf die traditionelle Familie. Nun stand man vor einem neuen Rätsel, das vor Jahren Ulrich Beck als Risikogesellschaft beschrieben hatte5. Aber wie kam es zu dieser Veränderung, die den Menschen so verunsicherte? Vielleicht ist der Hinweis hier angebracht, dass wir zwar in den drängenden Fragen der Vergangenheitsbewältigung in Europa hinreichend belehrt wurden, was aber den Schluss zulässt, unsere Gegenwart nur mehr schlecht bewältigen zu können6. Und die Vielzahl der Phänomene lassen sich selbst an zwei Händen nicht mehr abzählen. Betrachtet man neuerlich den Wandel der Frauen-Rollen, so waren Synergie-Effekte eingetreten. Man kann etwa die Ziele der Frauenbewegung in den USA seit den 60er-Jahren nicht von dem Gebrauch der Antibaby-Pille trennen, die Promiskuität nicht von den zuweilen absurd anmutenden Wünschen nach Selbstverwirklichung7. Und die Muster zu diesen Wunschvorstellungen lieferten täglich die Medien.8 Sie bezeugten, dass nunmehr die Frauen erstmals in der Geschichte mehr und variantenreichere Optionen für ihre Lebensplanung besäßen. Diese Angleichung von Mann und Frau hatte die paradoxe Folge, dass sie die Stabilität einer familiären Beziehung schwächte. Zusätzlich flößten die Sozialwissenschaften das merkwürdige Wissen ein, dass erstmals in der Geschichte nicht nur diese Ebenbürtigkeit durchsetzbar ist, sondern in der feministischen Literatur gelang es, das Los der Frauen so zu charakterisieren als wäre es aus der Zugehörigkeit zu einer sozialen Klasse hervorgerufen worden9. Diese Interpretation, die Lage der Frauen sei also ident mit der historischen sozialen Klasse, wie wir es bei Karl Marx lesen konnten, erlaubte nicht nur eine pauschale Beschreibung von Unterdrückungen und Repressionen, sondern prägte auch das Bewusstsein der Angehörigen der mittleren und höheren sozialen Schichten moderner Gesellschaften. Und zur Bebilderung dieser repressiven Mechanismen hielt man sich an Rollenbeschreibungen, um durch sie das Argument zu stützen, künftig müsse es neue Rollen geben, die etwa die Frauen von der „erniedrigenden Funktion der Reproduktion“ befreit. So hieß es: „Solange sich die Reproduktion im Bauch der halben Menschheit abspielt, gibt es keine Emanzipation!“10

Natürlich waren diese extremen Positionen nicht in die soziale Wirklichkeit übertragen worden, aber verstärkten diese paradoxe Entwicklung von Gentechnologie und Embryonenforschung. Beide erwecken beim arglosen Beobachter den Eindruck, die Menschheit sei entweder vom Aussterben bedroht, oder aber es ist die naturwissenschaftliche Reaktion auf die Zunahme von Reproduktionsverweigerung. Es klingt wie eine Rache der Männer, die Mütter durch Brutkästen zu ersetzen.11 Parallel dazu steigt die Bereitschaft zur Geschlechtsumwandlung oder Wertschätzung der Qualität homosexueller Beziehungen, die im Gegensatz zu den heterosexuellen Partnerschaften vermutlich frei von Repressionen sein sollen.

Nun wird in manchen Kommentaren der Fehler begangen, den Verlust der sozialen Moral zu beklagen. Die Menschenwürde, die allenthalben ins Spiel kommt, wird in den Konzepten neuer Rollen nun nicht mehr dem „Vernunftwesen“ zuerkannt, wie dies noch Kant deutlich vor Augen hatte, sondern wird dem „Gattungswesen“ zugeschrieben und damit verliert dieses wichtige Axiom einer Gesellschaft an sozialer Dimension. Und die Differenz in diesem Gattungswesen ist in Mann und Frau dargestellt, womit die neutrale Form des „Menschen“ aufgelöst wird und es deshalb einmal für die Menschenrechte erhebliche Argumentationsprobleme geben wird.12 Dies lässt sich aus dem einmal hypothetisch geäußerten Umkehrschluss ableiten, wenn zu den in den Menschenrechten integrierten Frauenrechten auch „Männerrechte“ eingefordert werden. Nun könnte aus dieser Differenz ein sinnvoller Dialog eröffnet werden, der die jeweils eigene Geschlechtszugehörigkeit reflektiert; das ist aber kaum der Fall. In der Propaganda des radikalen Feminismus ist die Entsexualisierung der wesentliche Punkt, sodass wir vor dem paradoxen Problem stehen, wo zur Betonung der Geschlechtszugehörigkeit zugleich auch deren Leugnung verlangt wird.

Erfahrungsgemäß werden extreme Positionen nie so wirksam, jedoch veränderten sie das Selbstverständnis sozialer Rollen. Und der Konfliktstoff wird vermutlich nicht geringer sein als in historischen Klassenkämpfen. Agnes Heller kommentierte diese bedrohliche Situation außerordentlich dramatisch: „… wenn eine natürliche Sexualmoral nicht mehr länger ein natürlicher Bestandteil normalen menschlichen Verhaltens ist, sondern ein okkultes Wissen oder das Geheimnis der Medienmanipulateure, die uns damit in ihren Quizsendungen im Fernsehen indoktrinieren, dann werden wir mit unseren eigenen Händen die Voraussetzungen für die Erfüllung eines der wichtigsten Versprechen der Modernen zerstört haben.“13

Die allgemeine Erörterung der Rollentheorie zeigte somit, dass sie mehrere Metamorphosen durchmachte, sei es, dass sie sozialwissenschaftliche Hypothesen recht gut zu unterstützen vermochte, sei es, dass sie sehr erfolgreich sich in die „Politik“ einmischen konnte. Der Grund dafür war, nicht nur bei der generalisierten Darstellung der „Eigenschaften“ von „Frauen“ geholfen zu haben, sondern die Rollentheorie entsprach perfekt einem Zeitgeist, in dessen Mittelpunkt die „neue Frau“ gestellt wurde. In einer ziemlich provokanten Weise waren aus der Sozialgeschichte die Belege dauerhafter Deklassierung, Unselbständigkeit und Fremdbestimmtheit gewonnen, im Grunde alle bisherigen Gesellschaftsordnungen als mehr oder weniger patriarchalische denunziert worden, weshalb aus diesen Einsichten die politischen Forderungen nach Gleichstellung und Emanzipation erhoben werden konnten. Wie auch immer nun diese Mischungen aus Sozialwissenschaften und Politik aussehen mögen, Tatsache ist, dass es zum großen Thema in der Gesellschaft wurde und genuine Wandlungsformen verursachte. Dazu ist einmal der Umstand wahrzunehmen, dass die alternativen sozialen Konstruktionen, die etwa mehr Gleichberechtigung und Emanzipation vorsehen, noch deutlichere schichtspezifische Merkmale zeigen werden als bisher. Mögen auch diverse Einwände gegen Gleichberechtigung oder Ebenbürtigkeit keine Geltung besitzen oder deren Argumente eine Rückständigkeit gesellschaftlichen Bewusstseins zeigen, so bleibt es dennoch bei der Einsicht, dass die Chance auf diese Gleichberechtigung ungleich verteilt ist. Und es ist ein Irrtum anzunehmen, dass die Frauenbewegungen eine verbesserte Möglichkeit für bislang sozial schwache oder gar sozial stigmatisierte Frauen schaffen werden. Es scheint doch so zu sein, dass vielfach die aus der oberen Mittelschicht agierenden Protagonistinnen weit eher bessere Männer sein wollen, so dass die Geschlechtsgenossinnen auf der Strecke der sozialpolitischen Programme bleiben. So herrscht die Wahrnehmung vor, dass Frauen in der Erfüllung ihrer „traditionellen“ Rolle aus den Forderungskatalogen herausfallen, wenn sie etwa ihre Aufgaben in den Familien erfüllen und einen Abstieg in der sozialen Hierarchie erleiden. Auf der anderen Seite stellte sich ein völlig unerwartetes neues Phänomen ein: In dem Maß die sozialpolitischen Ziele an Grenzen stoßen – ein Ergebnis der Entwicklung zu sozialem Wohlstand während der letzten Jahrzehnte, so meldete sie sich mit dem Ziel zurück, die mehr oder weniger privaten Beziehungsformen zwischen den Menschen zu reglementieren und als neue Gesellschaftspolitik zu gestalten.14 Man konnte ja beobachten, dass in dem weiten Bereich der Ökonomie, der Veränderung der Arbeitswelt zur postindustriellen Gesellschaft die klassische Sozialpolitik an Bedeutung verlor und ihre Ziele auf den zwischenmenschlichen, privaten Bereich konzentrierte. Die alte Sozialpolitik wurde ein immer schwächerer Anwalt im Gesellschaftsvertrag zwischen Kapital und Arbeit und spezialisierte sich auf die Rolle der Sittenrichterin über ungebührliches Verhalten am Arbeitsplatz und daheim. Also sind Fragen der Emanzipation den lohnpolitischen Forderungen ebenbürtig, und an die Stelle von sozialer Sicherheit trat die Erreichung der Frauenquoten im Arbeitsleben, wie auch der private Bereich wie ein öffentlicher Bereich der Gesellschaftspolitik behandelt wird. Leider muss man sich eingestehen, dass mit der Ausweitung des Arbeitsmarktes durch berufstätige Frauen das alte Phänomen der „Reservearmee“ wieder aktuell geworden ist. Eine Lösung dieses angeblich unerwarteten Problems ist weiterhin nicht in Sicht und wurde bislang von den recht unangenehmen Folgen begleitet: steigende Arbeitslosigkeit, Lohnsenkung für jüngere Berufstätige und vorzeitiger Ruhestand.15 Natürlich ist eine Rückkehr zu den früheren, von Männern dominierten Berufsstrukturen weder möglich noch sinnvoll, jedoch eine Alternative wird auch nicht ernsthaft diskutiert, sondern verbleibt im Stadium der Illusionsproduktionen.

Identitätskrise

Ein ebenso überraschendes Ergebnis bietet die Einsicht, dass die ältere Generation nicht mehr die Kompetenz von Ratgebern besitzt. Mehr denn je gilt sie als „unmodern“, kann keine beruflichen Ratschläge mehr erteilen und kann mit dem technischen Fortschritt nicht Schritt halten – heißt es immerhin. In gleicher Weise änderten sich die moralischen Normen der Gesellschaft. Ist es nahezu ausgeschlossen, Töchtern zu raten, so haben die Eltern, so sie noch Eltern blieben, gerade noch die Funktion, die Ausbildungen zu gewährleisten, sie können aber kaum mehr Hinweise geben, wie etwa eine Ehe zu führen ist, sollte noch Interesse an dieser Institution bestehen. In der Rollentheorie ist gut zu zeigen, dass etwa die Repräsentanz von Lebenserfahrung nur mehr ein nebensächliches Merkmal ist, denn es gibt eben nur mehr wenige soziale „Wertvorstellungen“, von denen man behaupten kann, sie würden über Generationen ihre Geltung beibehalten haben. Es ist jedoch ein erhebliches Versäumnis der Gesellschaftswissenschaften, diesen Wandel nicht in dessen Problematik darzustellen, hingegen als normalen Fortschritt, weshalb es für die zwischenmenschlichen Beziehungen keine Tradition der Tugenden mehr zu geben scheint. Parallel dazu stieg die Ansicht, in erhöhtem Maß die Fähigkeit zur Selbstbestimmung zu besitzen, die Spielräume der Freiheit besser nutzen zu können, um dann ziemlich überrascht feststellen zu müssen, dass „Lebensglück“ in hohen Graden tugendabhängig ist.16

In der Charakterisierung der Rollen der „neuen“ Frau zeigt sich sehr schnell der Widerspruch zwischen Selbstverwirklichung und einer Desorientierung, die aus dem Schwund der Alltagstraditionen abgeleitet werden kann. Es ist eben nichts mehr „vorbildlich“, so dass auch Mütter zum Beispiel ihre Erziehungsfunktion kaum mehr beanspruchen können. Da aber nun die Selbstverwirklichung zu einem Programm erhoben wurde, wiegen die Defizite nicht erreichter oder erreichbarer Ziele schwerer als zuvor, fördern die personalen Identitätskrisen und deren Auswirkungen stürzen in verhängnisvolle Unsicherheiten, die vielleicht elementarere Wirkung haben als vor mehr als einem halben Jahrhundert Not, Entbehrung und Hunger.

Vielleicht ist hier das Beispiel am Platz, das sich im Evangelium nach Lukas finden lässt. Die Heimkehr des verlorenen Sohnes löste ja nicht nur Freude aus, sondern der daheim gebliebene Bruder ist einigermaßen verärgert und nimmt an der Feier des Wiedersehens nicht teil. Er, der bislang „angepasst“ war, behütet leben konnte und sich der Hauswirtschaft des Vaters widmete, geht auf und davon. Heute kann man dieses Gleichnis auch auf die Töchter übertragen, die zumeist einem fragmentarisierten „Haushalt“ entstammen, ihre Ausbildungsschritte dank einer gesicherten Finanzierung erfolgreich beenden, jedoch gleichzeitig bei der Planung von Berufs- und Privatleben von der Annahme ausgehen, dass die Eltern, Lehrer und Erzieher keine Repräsentanz mehr für eine zustimmungsfähige Zukunftsvorstellung besitzen. Daraus folgt, dass zwar die Entwicklung zur Mündigkeit und Selbständigkeit leichter erscheint, schneller stattfindet, jedoch nimmt das dazu erforderliche Orientierungswissen ab. Diesen Wandel begleiten einerseits umgreifende soziale Inaktivierungen, die unter dem Titel „Senioren“ beschönigt wiedergegeben werden, andererseits wird den jungen Erwachsenen in Medien geraten, Bereitschaft für mehr Risiko zu zeigen. Und wirklich drehten sich die Rollenbilder um die eigene Achse. Heute berät die Schwiegertochter die Schwiegermutter in der Werbung, welches Waschmittel geeigneter ist, wie schneller gekocht werden kann oder wo billige Quellen des Konsums zu finden sind. Und die „Alten“ genießen in den Werbebotschaften ihren Lebensabend, indem sie sich dem Verhalten von Kindern annähern.

Nun können diese Beschreibungen beliebig verlängert werden. Die Rollentheorie könnte hier von Vorteil sein, würde sie als Hinweis verstanden werden, dass die Wandlungsprozesse tief in das Alltagsleben eingreifen und die bis dahin als „logisch“ angesehene soziale Reziprozität der Generationen, von Mann und Frau, Frauen und Töchtern nachhaltig veränderten. Sie sind freilich von „Programmen“ begleitet, die das wachsende Unverständnis des Nächsten verstärken, sollten wir an die entsprechenden Wohnbauten denken, an die kompensatorischen Versorgungseinrichtungen von Kindergarten, Spital und Altersheim, die die Aufgaben vormaliger Familie zu übernehmen hatten.

Rollenkonzepte am Beispiel antiker Figuren

Diese Überlegungen lassen die Überlegung zu, dass im Rückgriff auf die klassischen Rollenmuster im antiken Theater die „Rolle“ der „neuen“ Frauen auf etwa drei Rollenkonfigurationen eingeschränkt werden können. Wenn etwa für die bürgerliche Gesellschaft Lebensform und individuelles Selbstverständnis auf jene Halbgötter reduziert werden konnten – wie es ja Sigmund Freud eindrucksvoll zwischen Ödipus und Narziss getan hatte, wird es für die postindustriellen Rollenmuster der Frauen ebenfalls möglich sein. Und wirklich scheint das Handlungsrepertoire ausreichend darstellbar zu sein, sollten wir grosso modo diese Rollen gemäß der antiken Erzählungen und Tragödien skizzieren wollen – mit Antigone, Medea und Diotima.

In Kürze repräsentiert Antigone jene mutige Frau, die sich im Gegensatz von Rechtsordnungen zu behaupten versucht. Naturrecht, göttliches und positives Recht haben wir zwar inzwischen in Menschenrechten zusammengefasst, müssen aber einräumen, dass es uns nicht wirklich gelungen ist. Antigone rief in Erinnerung, dass König Kreon göttliches Recht nicht brechen darf, dieses selbst für einen Verräter des Vaterlandes gilt, und zeigte die Grenzen politischer Macht. Und es gibt Frauen, wie es sie immer gegeben hat, die ihre Ohnmacht unter Lebensgefahr überwinden und unbeugsam für ein Prinzip eintreten, das sich grundsätzlich gegenüber allen Formen von Gemeinschaftsrecht, Staat oder Gesellschaft behauptet. Antigone stellte damit für eine politische Gemeinschaft keinen positiven Wert dar, tritt aber für die Integrität des Menschen ein. Will man ihre eigenwillige Aktion in ein politisches Vokabular übersetzen, so ist Antigones Anklage gegen Ausgrenzung und Aggression gerichtet. Ihr Ziel ist nicht, den Machtanspruch Kreons zu brechen, sondern dessen Grenzen zu zeigen. Mit dieser Tragödie bewies Sophokles, dass das Veto gegen Macht und Gewalt gehört werden muss und sein Text wird zur Legitimation für alle jene, die Schutz suchen, Flüchtlinge sind und unsere Humanität auf die Probe stellen. In dieser Rolle haben Frauen einen unverzichtbaren Rang in der Geschichte erworben und viele von ihnen werden diese Rolle auch künftig „spielen“.17

Medea ist hingegen jene unglückliche Rolle, der eine Anpassung an die griechische Zivilisation misslingt und für sich und ihre Kinder keine Perspektive mehr sieht. Sie tötet ihre Kinder. Es ist – modern gesagt – jene unglückliche Frau, die in der Abtreibungsklinik ihre Zuflucht sieht, die Kollision ihrer Rollen in der Gesellschaft nicht ertragen kann und das Dilemma unserer Gegenwart verkörpert. Die moderne Medea sieht sich durch den neuen Gegensatz zwischen Freiheit und Leben in die Enge getrieben und weiß, dass es hier keinen Kompromiss gibt. Freiheit, so oft zur Libertinage verkommen, schließt die Kontinuität des Lebens aus, während die Entscheidung für das Leben die individuellen Freiheitsvorstellungen einengt. Dieser neue Gegensatz liefert die Rollenträgerinnen der Medea Entscheidungen aus, denen sie nicht gewachsen sind. Sie sind auch allein, einsam und nehmen zu Gewaltlösungen Zuflucht, die die Verbindung so entfernter Kategorien erzwingen, nämlich Freiheit und Tod. Es trifft die Frauen der unteren sozialen Schichten mit aller Härte, während die Frauen in besserer ökonomischer Lage dem neuen Leben das Lebensrecht verweigern, es „wegmachen“ lassen wie ein Muttermal, weil sie ihr Leben von nichts irritieren lassen wollen. Deren Partner ist ja auch ein „Jason“, die perfekte Verkörperung der „Krise des Mannes“. Dieser ist ja schon längst und buchstäblich ein „Mann ohne Eigenschaften“ geworden.18

Die Rolle der Diotima ist vermutlich deshalb so schwer zu interpretieren, weil sich in ihr zugleich auch die „Männerphantasien“ spiegeln. Platon hat sie in den Mittelpunkt seines „Gastmahles“ gestellt. An ihrem Beispiel soll diskutiert werden, wie sich Liebe durch Liebe reproduziert und wie sich darin die Frau selbst transzendiert. Lässt man einmal den Spott Platons beiseite, den er über den Tragödiendichter Agathon ausgießt, da dieser angesichts des Eros die Dramatik der Tragödie vergessen will, so soll Sokrates Diotima als Theologin erwähnt haben, deren Liebe nicht Gott selbst ist, jedoch der geeignete Weg dorthin. Es ist Diotima, die gelehrt haben soll, dass Eros nicht das allein erfüllende Prinzip im Leben ist, sondern eine Anleitung zu den schönen Lebensberufen, zum Wissen und schließlich zur Wahrheit.19 Diotima verwandelte, so Sokrates, die schmerzliche Begrenztheit des Menschen in die Fülle der Schönheit und in die Unsterblichkeit der Wissenschaft. Es ist die Rolle der Diotima, an die auch Robert Musil erinnerte, ihre soziale Umwelt zu „verwandeln“, vielleicht auch erfolgreicher als Antigone zu sein, denn wer könnte der Liebe widersprechen, so sie jemals erlebt wurde. Die Tugenden der Diotima sind vermutlich in der Lage, im sozialen Wandel zu bestehen, das Humane inmitten von Modernisierung und Globalisierung zu bewahren, selbst wenn die Übernahme dieser Rolle keine mediale Vermittlung erhält, kein Lob- und Danklied, keinen „Minnesang“ und keine vergleichbare Erörterung in Seminaren wie damals beim Gastmahl Platons. Diotima steht für die Zusammenführung scheinbar entgegen gesetzter „Kategorien“, weshalb Selbstverwirklichung von Nächstenliebe begleitet werden muss, Emanzipation von Altruismus, wodurch die angeblich so wichtige Geschlechterdifferenz aufgehoben wird und Mann und Frau wieder zu Menschen macht. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Bereitschaft, die Rolle der Diotima zu übernehmen, noch ausreichend vorhanden ist, verfügt sie doch im Zeitgeist über keinen Stellenwert.

Perspektiven

Diese drei Rollenkonzepte, die gewiss wie eine unzumutbare Einengung erscheinen, geben das Drama unserer Gegenwart gut zu erkennen. Sowohl Antigone wie auch Medea scheitern am Gegensatz von Freiheit und Leben, auch wenn sie von unterschiedlichen Motiven in dieses Dilemma getrieben werden. Beide Rollen lehren, dass die behaupteten Emanzipationen wortwörtlich den Wortsinn erfüllen, der aus dem Lateinischen „e manu cipere“ gebildet wurde – „aus der Hand fallen“. Wie auch immer die errungenen Rechte und neuen gesellschaftlichen Stellungen der Frau beschaffen sein mögen, die in der Emanzipation ihren Inhalt sehen, so wird es in den europäischen Gesellschaften keine nächste Generation geben, die in diesen Errungenschaften auch leben wird. Die Verweigerung gegenüber der Kontinuität des Lebens lässt diese Erfolge wie Eintagsfliegen erscheinen, bestenfalls noch für die gerade lebende Generation eine attraktive Lebensform, die sich aber vor einer Zukunft verschließt. So zeigt die Gesellschaft dieses merkwürdige Phänomen, zwar die Nachfolge der „Lysistrata“ angetreten zu haben, aber deren Sinn liegt nicht mehr darin, die Männer aus dem Krieg in den häuslichen Frieden zu holen, sondern sich der Zukunft der Gesellschaft zu verweigern. Und diese Verweigerung trifft eine Gesellschaft in Europa, die von sich behauptet, das Ziel einer westlich-demokratischen Zivilisation fast erreicht zu haben, die Optionen der Lebensgestaltung erweitert zu haben und die besten Voraussetzungen für diverse Vorstellungen von Sinnerfüllungen bereit zu halten.20 Es ist schon sonderbar, dass diese optimistischen Diagnosen offensichtlich keine ausreichende Ermutigung enthalten, dass es künftig auch Erben dieser Segnungen geben soll. Die Rollentheorie hat darauf keine Antwort gegeben, sie erwähnt auch nicht die Dramatik dieser neuen Rollen der Frauen in ihrer gesellschaftlichen Kostenrechnung. Also stehen die Betrachter der Gegenwart vor zwei Wirklichkeiten, die in ihren Interpretationen höchst antagonistische Bilder vermitteln: Die Gesellschaftswissenschaften bis hin zur Ökonomie sehen sich weiter ihren emanzipatorischen Ansprüchen und Idealen der Aufklärung verpflichtet, hingegen skizziert die Sozialphilosophie ein düsteres Bild. Slavoj Zizek hatte es in seinem Buchtitel kurz und bündig benannt: „Liebe deinen Nächsten? Nein danke.“21 Und es sind nicht allein die neuen Rollen der Frauen, die zu dieser Diagnose anleiten…

Referenzen

  1. Einen Überblick über die Entwicklung der Rollentheorie, ihrer Fundierung und ihren Ergebnissen vgl. Claessens D., Rolle und Macht, Juventa Verlag, München (1968), S. 9 ff.
  2. Diese spezifische Rollenzuweisung zeigt an, dass die Rollentheorie sich langsam aus der Sozialpsychologie zur Soziologie bewegte. Dazu Kunz H., Zur Psychologie und Psychopathologie der mitmenschlichen Rollen, Psyche II (1949); Heft 4: 551-595
  3. Daran orientierte sich die Kritik bei Tenbruck F., Zur deutschen Rezeption der Rollentheorie, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie XIII (1961); Heft 1: 1 ff.
  4. Vgl. Bahners P., Entenhausen. Die ganze Wahrheit, Beck Verlag, München (2003)
  5. Beck U., Risikogesellschaft, Auf dem Weg in eine andere Moderne, Suhrkamp Verlag, Frankfurt (1986). Die darin beschrieben zivilisatorische Selbstzerstörung wird als Motiv der „reflexiven Moderne“ angegeben und verursacht in der Gesellschaft die Phänomene der Entsolidarisierung. Eine breite Rezeption dazu neuerdings in Poferl A., Sznaider N. (Hrsg.), Ulrich Becks kosmopolitisches Projekt, Auf dem Weg zu einer anderen Soziologie, Nomos Verlag, Baden-Baden (2004).
  6. Erstmals machte Tenbruck F., Zeitgeschichte als Vergangenheitsbewältigung?, in: Nipperdey T. et al. (Hrsg.), Weltbürgerkrieg der Ideologien, Antworten an Ernst Nolte, Frankfurt (1993), S. 482 ff darauf aufmerksam.
  7. Vgl. dazu Heller A., Feher F., Biopolitik, Campus Verlag, Frankfurt (1995), Kapitel VI: Politik der Sexualität, S. 81 ff.
  8. Eine gute Dokumentation des Rollenwandels liefert regelmäßig der Film. Vgl. Laugier S., Stanley Cavell. Cinema et Philosophie, Presses de la Sorbonne Nouvelle, Paris (2001).
  9. Eine eigene Gattung entstand, die sich als feministische Literatur und Wissenschaft positionierte. Literarisch bearbeitete diesen Wandel am Beispiel der Universität der Hamburger Anglist Dietrich Schwanitz, Der Campus, Goldmann Verlag, Frankfurt (1995).
  10. Dazu Heller A., Feher F., ebd., S. 46 f.
  11. Es ist das Thema bei von Braun C., Nicht Ich, Logik, Lüge, Libido, Neue Kritik Verlag, Frankfurt (1985).
  12. Vgl. dazu die Schlussfolgerungen in den Rechtswissenschaften bei Bobbio N., Das Zeitalter der Menschenrechte, Ist Toleranz durchsetzbar?, Wagenbach Verlag, Berlin (1998)
  13. Heller A., Feher F., ebd., S. 93 f
  14. Diese Form einer neuen Politisierung des Lebens beschreibt Agamben G., Homo sacer, Die souverände Macht und das nackte Leben, Suhrkamp Verlag, Frankfurt (2002), S. 127 ff.
  15. Zu diesem Phänomen noch immer repräsentativ: Thurow L., Die Zukunft des Kapitalismus, Metropolitan Verlag, Düsseldorf (1996), S. 250 ff
  16. Siehe Lübbe H., Zeit-Verhältnisse, Zur Kulturphilosophie des Fortschritts, Styria Verlag, Graz (1983), S. 87 ff. Trotz des „Alters“ dieser Studien sind die „Entwicklungslinien“ dieses sozialen Wandels noch deutlicher in Erscheinung getreten. Für die US-amerikanische Situation vgl. Sennett R., Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus, Berliner Taschenbuch-Verlag, Berlin (1998), bzw. Zizek S., Liebe Deinen Nächsten? Nein danke. Die Sackgasse des Sozialen in der Postmodernen, Volk und Welt Verlag, Berlin (1999)
  17. Einen Überblick bietet Ehrhardt A., Politische Metaphysik, Bd. 1, Mohr Verlag, Tübingen (1959), S. 72 f. Antigone verkörpert hier die Spannung der „eunomia“.
  18. Euripides zeigte in seinem Drama Medea als jene Frau, die am griechischen Kosmopolitismus scheitert, da er keineswegs so human angenommen werden kann, wie er oft zitiert wird. Ebenfalls Ehrhardt A., Politische Metaphysik, ebd., S. 160 f.
  19. An die Bedeutung der Diotima erinnert Glucksmann A., Hass. Die Rückkehr einer elementaren Gewalt, Nagel & Kimche Verlag, München (2005), S. 229.
  20. Das dahinter liegende Problem einer Krise politischer Philosophie kann als ein Ergebnis allgemeiner „Säkularisierungsprozesse“ der Gesellschaft dargestellt werden. Zu dieser Schlussfolgerung rät Marramao G., Die Säkularisierung der westlichen Welt, Insel Verlag, Frankfurt (1996)
  21. vgl. Fußnote 16

Anschrift des Autors:

Univ.-Prof. Dr. Reinhold Knoll
Institut für Soziologie, Universität Wien
Reinhold.Knoll(at)univie.ac.at

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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