Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz zur Bioethik

Imago Hominis (2001); 8(4): 312

Die Österreichische Bischofskonferenz erwartet mit Sorge mehrere Entscheidungen der politischen Verantwortungsträger. Es wird sich zeigen, inwieweit die österreichische Bundesregierung bereit ist, in wesentlichen Grundsatzfragen mit einer gewissen Unabhängigkeit von Mehrheitsverhältnissen in der EU und von den Wirtschaftsinteressen mancher einen ethischen verantwortbaren, eigenständigen Weg zu gehen.

Die Sorgen der Bischöfe beziehen sich vor allem auf den Umgang mit menschlichem Leben und die Achtung vor der Würde der Person sowie auf den Schutz der Jugend.

Die Bischöfe ersuchen dringend, dass unabhängig vom Beitritt zur Bioethik-Konvention der EU allgemein verboten bleibt:

  • jede entgeltliche und unentgeltliche „Verwertung“ von lebenden oder absichtlich getöteten menschlichen Embryonen oder Föten,
  • jeder gezielte Eingriff in die menschliche Keimbahn,
  • jede Erzeugung von menschlichen Embryonen durch jegliche Art von Klonung,
  • jede Gewinnung von Stammzellen, die eine Zerstörung von menschlichen Embryonen zur Voraussetzung hat, unabhängig davon, wie diese zustande gekommen sind,
  • jede Herstellung hybrider Lebewesen aus Keimzellen oder totipotenten Zellen von Mensch und Tier.

Eine besondere Sorge ist den Bischöfen auch die Entwicklung im Bereich der pränatalen Diagnostik. Aus allen Bundesländern wird berichtet, dass schon der geringste Verdacht auf das Vorliegen einer möglichen Behinderung des Kindes bei einem sehr hohen Prozentsatz der schwangeren Frauen zur Abtreibung führt. Die Bischöfe empfinden es als bestürzend, dass in einem Land, in dem in den letzten Jahren hervorragende Einrichtungen für Behinderte geschaffen wurden, auf diese Weise Selektion betrieben wird. Dringend wäre die gezielte Förderung von Beratungseinrichtungen, die betroffenen Frauen – verbunden mit der Beratung – die möglichen Hilfestellungen anbieten, wenn sie ihr Kind zur Welt bringen. Die katholische Kirche ist bereit, zur Bewältigung dieser Probleme weiterhin ihren Beitrag zu leisten.

Wien, am 8. November 2001

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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