Beihilfe zum Suizid: Können wir die Last tragen? Vier Fragen zum Urteil des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes

Imago Hominis (2022); 29(2): 070-074
Clemens Sedmak

1. Von wo aus sprechen wir?

Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten waren viele Studierende verstört. Ein Kollege wurde in seiner Lehrveranstaltung gefragt: Was sagen Sie dazu? Er hat als Jurist nüchtern und vorsichtig geantwortet, auf die Stärke der Institutionen, auf Demokratie und Rechtmäßigkeit verwiesen. Damit waren die jungen Menschen aber nicht zufrieden. Sie wollten wissen: „Aber Sie, Sie persönlich, was sagen Sie dazu?“ – worauf mein Kollege antwortete: Da muss ich zunächst erklären, wovon aus ich spreche. „Where do we speak from? Where do I speak from?“

Ich spreche nicht von einer Position, von der aus ich letzte Antworten von der Politik erwarten würde. Wir haben eine Kultur etabliert, in der letzte Antworten an Gerichte delegiert werden. Wir haben die Pflicht zu einem letzten verbindlichen Wort an die Höchstgerichte abgegeben. Wir haben es damit möglich gemacht, dass Wertfragen mit juristischen Instrumenten entschieden werden. Hier kann man sich natürlich fragen, ob die juristischen Instrumente die geeigneten Werkzeuge zur Bearbeitung delikater grundlegender normativer Fragen sind.

Von wo aus spreche ich? Ich spreche sicher nicht von einer Position der Selbstgefälligkeit und der Illusion, die Fragestellung in all ihren existentiellen Schattierungen verstehen zu können. Ich spreche von einer Position, die den Dialog sucht und das Urteil des Verfassungsgerichtshofs als Einladung zu neuen Formen von Dialog ansieht.

Das Verfassungsgerichtsurteil geht im Detail auf die Antragsteller ein, die die ideologischen Gründe beklagen, als wären diejenigen, die hier starke Überzeugungen haben, befangen.

Die Kategorie der ‚Befangenheit‘ gibt zu denken. ‚Befangenheit‘ gilt als Unglaubwürdigkeit aufgrund von ‚Parteilichkeit‘ und ‚Voreingenommenheit‘. Hier wird, wie es scheint, ‚ideologische Befangenheit‘ assoziiert mit ‚starken Überzeugungen‘.

Hier sollte man kurz innehalten. ‚Unbefangenheit‘ scheint hier anzudeuten, dass man sich in der Nähe der Indifferenz befindet – in der Nähe einer Art von Neutralität, die verschiedenen Weltverläufen äquidistant, gleichgültig gegenübersteht, als ob sie gleiche Gültigkeit hätten.

Es scheint seltsam, in Fragen von Leben und Tod indifferent sein zu sollen. Man mag sich an Albert Camus‘ „Der Fremde“1 (1942, Original: “L’Étranger”) erinnert fühlen, das Buch über eine gleichgültige Einstellung zu einer absurden Welt, das mit dem Satz beginnt: “Aujourd’hui, maman est morte. ... Ou peut-être hier, je ne sais pas” („Heute ist Mutter gestorben. Oder vielleicht gestern, ich weiß es nicht“).

Kamel Daoud hat aus guten Gründen ein viel beachtetes Buch herausgebracht: („Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung“2, Original: Meursault – contre-enquête, 2013), in dem Camus‘ Geschichte aus der Sicht des Ermordeten und dessen Familie erzählt wird und der ermordete Araber ein Gesicht und eine Geschichte erhält. Damit löst sich die Gleichgültigkeit auf. Gesichter und Geschichten lösen Gleichgültigkeit, Unbefangenheit, Neutralität, Indifferenz auf.

Von wo aus sprechen wir über Leben und Tod? Wir alle sind betroffen – Betroffenheit erscheint hier als universale Kategorie.

Was verstehen wir von Leben und Tod, wenn wir uns nicht mit starken Überzeugungen annähern oder zumindest mit einem Sinn dafür, was auf dem Spiel steht? Ich würde es so sagen wollen: Wer weiß, was auf dem Spiel steht, wird der Idee einer Unbefangenheit mit Skepsis begegnen.

In diesem Fall wird Unglaubwürdigkeit durch Unbefangenheit erzeugt, nicht durch Befangenheit.

Freilich ist zuzugestehen: Die im Urteil zitierte Forderung nach einem von Ideologie befreiten Diskurs und die damit verbundene Wahrnehmung des Diskurses als ideologisch mögen zu denken geben und sind auch Anlass und Einladung zur Selbstkritik. Wie haben wir den Diskurs bislang geführt? Wie kann der Diskurs anders gestaltet werden? Was ist die Rolle des Dialogs in diesem Diskurs?

Angesichts der gewichtigen Themen und Fragen, um die es geht, kann ein scharfsinniges Messerwetzen (Argument gegen Argument) nicht die ganze gebotene Gesprächsform sein. Hier bedarf es wohl auch dessen, was man mit Pascal eine „Höflichkeit des Denkens“ nennen könnte.

2. Welches Selbst bestimmt sich selbst?

Die zweite Frage, die ich aufwerfen möchte, tangiert das ‚Selbst‘, das im Begriff der Selbstbestimmung enthalten ist.

Wir lesen im VfGH-Urteil unter Randziffer 73:3 „Zur freien Selbstbestimmung gehört zunächst die Entscheidung des Einzelnen, wie er sein Leben gestaltet und führt. Zur freien Selbstbestimmung gehört aber auch die Entscheidung, ob und aus welchen Gründen ein Einzelner sein Leben in Würde beenden will. All dies hängt von den Überzeugungen und Vorstellungen jedes Einzelnen ab und liegt in seiner Autonomie.“

Der russische Theologe Vladimir Lossky hatte seinerzeit zwischen ‚Individuum‘ und ‚Person‘ unterschieden; ein Individuum ist das isolierbare Einzelwesen, eine Person ist der Mensch, der in Beziehungen und durch Beziehungen lebt und dessen Identität von diesen Bindungen bestimmt ist.

Das ‚Selbst‘ erscheint damit als eingebettet in soziale Zusammenhänge, die über ein Individuum hinausgehen. Selbstbestimmung ist damit Navigation der Person in ihrer sozialen Verankerung.

Diese Verankerung des menschlichen Lebens in Zusammenhängen, die über die Entscheidungskraft des Einzelnen hinausgehen, zeigt sich deutlich beim Diskurs über die Menschenwürde, die nicht allein als subjektive Angelegenheit angesehen wird. Der Fall Wackenheim v France4 hat gezeigt, dass die Idee, dass bei der Verhandlung der Würde des Menschen auch nichtsubjektive Momente wesentlich sind, normativ bindend verankert wird.

Menschliches Leben und menschliches Sterben haben stets Welleneffekte (‘ripple effects’). Man denke auch an die österreichische Journalistin Saskia Jungnikls, die den Suizid ihres Vaters in „Papa hat sich erschossen“ (2014)5 verarbeitete.

Durch die Art, wie jemand letzte und schwere Lebensphasen lebt, wird so etwas wie implizites oder unsichtbares Lehren geleistet. Selbstbestimmung ist Bestimmung der Person mit ihren Bindungen und ihrer Verankerung in gemeinschaftlichen Zusammenhängen.

3. Was können wir uns vorstellen?

Die dritte Frage betrifft die Rolle der Vorstellungskraft bei der Problematik, die wir verhandeln müssen. Wir sind Bürgerinnen und Bürger zweier Welten in vielerlei Hinsicht. Wir leben im Reich der Gesundheit und im Reich der Krankheit. Susan Sontag hat es einmal so ausgedrückt: Wir kommen mit zwei Reisepässen auf die Welt und können mitunter lange Zeit vergessen, dass wir einen zweiten Reisepass haben. Wir leben fröhlich im Land der Gesunden und merken nicht, dass wir auch einen anderen Reisepass in der Tasche haben.

Wir leben auch im Land des Jetzt und des Nichtjetzt. Wir leben im Land der Wirklichkeit und im Land der Möglichkeiten. Die Vorstellungskraft beeinflusst nicht nur unseren Sinn von Möglichkeiten, sondern auch unseren Sinn des Verhältnisses von Wirklichkeit zu Möglichkeit – hier haben wir es mit beweglichen Grenzen zu tun.

Man denke an Lennart Nordenfelts Gesundheitsbegriff, der Gesundheit als Fähigkeit zweiter Ordnung charakterisiert hat, so mit den eigenen Fähigkeiten und Grenzen umzugehen, dass wichtige Lebensziele nach wie vor erreichbar sind.6

Ein Mensch kann nach dieser Definition ‚gesund‘ sein, wenn er Anpassungen an die körperlichen Bedingungen vornehmen lässt (etwa durch eine Augenoperation oder durch das Tragen einer Brille, wenn die Fähigkeit, zu lesen, ein wichtiges Lebensziel darstellt) oder wenn er seine Lebensziele adjustiert (ein Mensch kann gesund sein, wenn er das Absolvieren eines Triathlons nicht mehr als wichtiges Lebensziel definiert). Letzteres deutet auf eine Dynamik hin, bei der auch die Vorstellungskraft eine wichtige Rolle spielt, die Vorstellung von einem gelingenden Leben.

Wir leben in verschiedenen Welten, im Sinne von: ‚Ich selbst – ein Anderer‘: ich kann mich mit einer alternativen Version von mir selbst vergleichen, mit einem jüngeren, schmerzfreieren, gesünderen Selbst. Dabei ist Vorstellungskraft nicht nur eine Frage der Phantasie, sondern auch eine Frage des Handlungsspielraums, des rechtlichen Handlungsspielraums. Vorstellungskraft arbeitet mit möglichen Welten, und der mir (auch rechtlich) eingeräumte Handlungsspielraum weist auf ‚die nächste mögliche Welt‘ hin, die am leichtesten erreichbare mögliche Welt, jene mögliche Welt, die der Wirklichkeit am nächsten steht.

Eine Veränderung der Gesetzeslage ist damit immer auch eine Veränderung der (Arbeit der) Vorstellungskraft. Und hier lohnt es sich, an die Grenzen der Vorstellungskraft zu denken – und zwar an prinzipielle Grenzen: Thomas Nagel hatte 1974 in einem berühmt gewordenen Aufsatz über die Frage nachgedacht: „Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?“7 Er hatte damals die Irreduzibilität der Subjektivität bedacht: ich kann mir zwar vorstellen, wie es für mich wäre, mit Sensoren durch dunkle, feuchte Höhlen zu flattern, aber ich kann mir nicht vorstellen – und zwar prinzipiell nicht – wie es für eine Fledermaus ist, eine Fledermaus zu sein.

Übertragen wir diese erkenntnistheoretische Überlegung auf unsere Problematik: Ich kann mir zwar vorstellen, wie es für mich, gemessen an meinem jetzigen Standpunkt, wäre, dereinst pflegebedürftig zu sein. Ich kann mir aber prinzipiell nicht vorstellen, wie es für mich dereinst – wenn sich mein Standpunkt und mein Erfahrungshorizont und meine Lebensperspektive verschoben haben – sein wird, pflegebedürftig zu sein.

Hans Küng und Walter Jens haben sich im Jahr 1995 in ihrem Buch „Menschenwürdig sterben“8 über ihren Sterbewunsch im Falle des deutlichen Nachlassens ihrer geistigen Kräfte geäußert. Nach der Demenzerkrankung von Walter Jens etwas mehr als 10 Jahre später war dieser Punkt erreicht. Walters Ehefrau Inge, die die Pflegeverantwortung für ihren Mann übernommen hatte, hält fest, dass das Leben immer noch glückliche Momente enthält, ihn zu Äußerungen wie „Das ist wunderbar“ bringt. Das habe sich ihr Mann wohl nicht vorstellen können.

Vorstellungskraft ist dynamisch und begrenzt. Zum Zeitpunkt X mag das Leben trostlos und aussichtslos erscheinen, zum Zeitpunkt X+1 können sich Parameter verschoben haben, auch innere Parameter. Das ‚Selbst‘, das sich bestimmen soll, ist nicht nur sozial, sondern auch zeitlich gebunden und eingebunden. Damit sollte man mit äußerster Behutsamkeit umgehen. Das bringt mich zu einer vierten Frage: Können wir die Last stemmen?

4. Können wir die Last stemmen?

Zunächst stehen wir vor der Frage der Beweislast. Diese Frage ist entscheidend. Hans Blix, der schwedische UN-Diplomat, der mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versuchte, den Irakkrieg der Regierung von George W. Bush zu verhindern, hielt stets fest: Wir haben noch nicht alle diplomatischen Wege ausgeschöpft.

‚Nein‘ zum Leben muss ultima ratio sein; haben wir alles ausgeschöpft, was an palliativen Möglichkeiten zur Verfügung steht? Wer muss die Beweislast tragen? Um beim Beispiel zu bleiben: Muss Hans Blix nachweisen, dass noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind oder ist es die Pflicht von George W. Bush und seiner Regierung, Beweisgründe für die Rechtfertigung des Krieges auf den Tisch zu legen?

Können wir die vom Verfassungsgerichtshof auferlegte Last stemmen? Wir lesen in Randziffer 85:

„Da die Selbsttötung irreversibel ist, muss die entsprechende freie Selbstbestimmung der zur Selbsttötung entschlossenen Person tatsächlich auf einer (nicht bloß vorübergehenden, sondern) dauerhaften Entscheidung beruhen. Sowohl der Schutz des Lebens als auch das Recht auf Selbstbestimmung verpflichten den Gesetzgeber, die Hilfe eines Dritten bei der Selbsttötung zuzulassen, sofern der Entschluss auf einer freien Selbstbestimmung beruht, dem also ein aufgeklärter und informierter Willensentschluss zugrunde liegt. Dabei hat der Gesetzgeber auch zu berücksichtigen, dass der helfende Dritte eine hinreichende Grundlage dafür hat, dass der Suizidwillige tatsächlich eine auf freier Selbstbestimmung gegründete Entscheidung zur Selbsttötung gefasst hat.“9

Damit ist zu beweisen, dass eine Entscheidung oder ein Entschluss dauerhaft, aufgeklärt, informiert ist. Auch der Urteilstext gesteht ein: „Ob der Entschluss eines Suizidwilligen, seinem Leben mit Hilfe eines Dritten ein Ende zu setzen, und die tatsächliche Vornahme der Tötung durch den Suizidwilligen selbst auf einer freien Selbstbestimmung basiert, mag unter bestimmten Umständen schwierig festzustellen sein.“10

Hier stellen sich gewichtige Fragen.

Wir wissen ja nicht wirklich, wie ‚Wollen‘ funktioniert – ist es stets so, dass wir einen Weg beschreiten und dann ein Ziel erreichen, dass wir einen Prozess durchlaufen und dann einen Entschluss fassen? Das mag beim Kauf eines Autos plausibel sein, aber wie verhält es sich bei fundamentalen Lebensentscheidungen?

Die Frage ist nicht trivial gerade angesichts der angesprochenen Grenzen der Vorstellungskraft.
Der österreichisch-amerikanische Philosoph Frithjof Bergmann hat die Phrase „was ich wirklich wirklich will“ geprägt – und darauf hingewiesen, dass es harte Arbeit ist, herauszufinden, was ich wirklich wirklich will.

Was wollen wir wirklich wirklich? Was ist der je tiefere Wunsch?

Edith Eva Eger, eine bald 94jährige Holocaust-überlebende, die 1945 aus dem KZ-Außenlager Gunskirchen befreit wurde, arbeitete nach ihrer Emigration in die USA als Psychologin und Therapeutin. Im Alter von 90 Jahren veröffentlichte sie ihre Autobiographie11, drei Jahre später folgte ein zweites Buch, in dem sie das, was sie über das Leben gelernt hatte, in Form von zwölf „Lektionen“ niederschrieb.12 In einem dieser Kapitel schildert Eger zwei Frauen, die zu ihr in die Praxis kamen. Die erste Patientin beweinte das Leiden ihrer Tochter, die an Hämophilie litt. Die Mutter stand dem Leiden ihrer Tochter weitgehend hilflos gegenüber, konnte diesen Schmerz kaum aushalten. Die zweite Patientin kam direkt vom Golfclub zur Therapie. Auch sie beweinte ihr Leben. Ihr neuer Wagen, ein Cadillac, war endlich geliefert worden, hatte aber den falschen Gelbton. Auf den ersten, vielleicht auch auf den zweiten und dritten Blick, scheinen diese Situationen nicht vergleichbar zu sein – noch dazu erlebt in der Gegenwart einer Holocaust-Überlebenden. Die Therapeutin gräbt aber tiefer.

Edith Eger arbeitet an der Frage nach „dem je tieferen Wunsch.“ Sie bietet, nennen wir es einmal so, einen ‚vierten Blick‘ an: Die Frau, die schier untröstlich wegen der Farbe eines neuen Autos ist, zeige mit dieser Trauer tieferliegende Schichten von Leiden, Leiden an ihrer Beziehung zu ihrem Mann, Leiden an ihrer Beziehung zu ihrem Sohn, Leiden an mangelnder Anerkennung, Leiden an Verlust von Nähe, Leiden an mangelndem Lebenssinn.

Was bedeutet es, einen ‚vierten Blick‘ auf einen Sterbewunsch zu richten?

Die vom Verfassungsgerichtshof geforderte ‚Aufgeklärtheit‘ und ‚Informiertheit‘ fällt schwer angesichts der Grenzen der Vorstellungskraft und der prinzipiellen Erkenntnisgrenzen. Prinzipielle Erkenntnisgrenzen will andeuten, dass wir hier an die Grenzen unserer Möglichkeiten stoßen. Unmögliches kann vom Gesetzgeber und vor allem von denjenigen, die die Gesetze umsetzen sollen, nicht verlangt werden. Ultra posse nemo tenetur.

Können wir die Last stemmen? Das bezieht sich nicht nur auf die Erkenntnistheorie menschlichen Wollens, sondern auch auf mögliche moralische Kosten, im Sinne der Frage nach der moralischen Last: in welche Situationen können Menschen durch die Neuregelung der Sterbehilfe getrieben werden und welche moralischen Belastungen (‘moral distress’) können damit verbunden sein, seien es Angehörige, seien es Ärztinnen und Ärzte?

Schlussbemerkung

Wir haben im Sommer 2020 unseren Sohn verloren, der, durch die Pandemie entkräftet, seinem Leben ein Ende gesetzt hat. Wir alle kennen das Wort: “It takes a village to raise a child.” Es gilt aber auch das Wort: “It takes a village to make a person end his or her life.”

Da sind viele Unterlassungen am Werk, das nicht geführte Gespräch, der nicht erfolgte Besuch, das nicht eingehaltene Versprechen, die nicht geöffnete Schule. Wie Wasser aus einem zerbrochenen Krug ist das „Ja“ zum Leben aus unserem Sohn herausgesickert.

Das Verfassungsgericht stellt die Kategorie ‚Hilfe‘ zur Disposition, wie man sie etwa aus dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter kennt: Man könnte naiv vermuten: Wenn ich in meinem Leben jemanden habe, der bereit ist, mich auf meinem letzten Weg zu begleiten, kann präzise dieser Umstand Quelle der Kraft sein, den Weg bis zum Ende zu gehen.

Referenzen

  1. Camus A., Der Fremde, Rororo TB, Hamburg (1996).
  2. Daoud K., Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung, Kiepenheuer & Witsch, Köln (2016).
  3. VfGH, 11. Dezember 2020, G 139/2019-71, www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Vfgh/JFT_20201211_19G00139_00/JFT_20201211_19G00139_00.pdf (letzter Zugriff am 8. Juni 2022).
  4. Wackenheim v. France, Comm. 854/1999, U.N. Doc. A/57/40, Vol. II, at 179 [HRC 2002].
  5. Jungnikl S., Papa hat sich erschossen, Fischer Verlag, Frankfurt am Main (2014).
  6. Nordenfelt L., On the nature of health, Philosophy and medicine, v. 26), Springer Science+Business Media Dordrecht (1987).
  7. Nagel T., What Is It Like to Be a Bat?, in: The Philosophical Review (1974); 83(4): 435-450, published by: Duke University Press.
  8. Jens W., Küng H., Menschenwürdig sterben. Ein Plädoyer für Selbstverantwortung, Piper, München (1995).
  9. VfGH, siehe Ref. 3, Rz 85.
  10. Ebd., Rz 103.
  11. Eger E. E., In der Hölle tanzen: Wie ich Auschwitz überlebte und meine Freiheit fand, btb Verlag, München (2018).
  12. Eger E. E., Das Geschenk: 12 Lektionen für ein besseres Leben, Deutsche Erstausgabe Edition, btb Verlag, München (2021).

Anschrift des Autors:

Univ.-Prof. DDDr. Clemens Sedmak
University of Notre Dame
Keough School of Global Affairs
Nanovic Institute for European Studies
1060E Jenkins Nanovic Halls, Notre Dame,
IN 46556, USA
csedmak1(at)nd.edu

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
Unterstützt von: