Gewalt gegen alte Menschen als ethisches Problem in der Pflege

Imago Hominis (2012); 19(1): 39-49
Josef Hörl

Zusammenfassung

Eine Schwierigkeit für die Gewaltforschung ist die Divergenz zwischen subjektiven Empfindungen und der objektiven Feststellung von Tatbeständen. Prävalenzangaben liegen für die Institutionen nur spärlich vor; im Familienbereich schwanken sie stark, je nachdem, welche Formen des körperlichen, psychischen, finanziellen Missbrauchs bzw. der Vernachlässigung einbezogen werden. Entgleisende Pflegebeziehungen haben im institutionellen und im familialen Zusammenhang unterschiedliche Ursachen und Ausprägungen. In den Heimen und Krankenhäusern sind ungenügende Ausbildung und Ressourcenmangel wichtige Faktoren. Bei den Pflegebeziehungen in der Familie sind Überlastung, eine ungünstige biografische Vorgeschichte und Verwahrlosungsphänomene entscheidende Risikokonstellationen. Stress, Burnout und zu hohe Ansprüche der Pflegenden an sich selbst sind in beiden Kontexten zu finden, wobei in der Familie die besondere Gefühlsdynamik zu berücksichtigen ist. Eine Erkenntnis besteht darin, dass der herkömmliche Täter-Opfer-Antagonismus nur begrenzt vorzufinden ist.

Schlüsselwörter: Gewalt gegen alte Menschen, Pflege, Institutionen, Familie

Abstract

There are discrepancies between subjective and objective definitions of elder abuse. Prevalence data for elder mistreatment in institutional care is scarce; data for mistreatment in family care-giving varies considerably according to which types of abuse are included. Causes and consequences of elder abuse depend on the context: in institutions inadequate training and lack of resources are important risk factors whereas in the families above all the problems of caregiver overload, biographical aspects and neglect by relatives are to be considered. Stress, burnout, and exaggerated self-demands can be found in both areas. The emotional importance of family relationships must be especially taken into account. The common antagonism between perpetrator and victim cannot be applied to abusive care-giving situations.

Keywords: Elder abuse, Care-giving, Institutions, Family


Einleitung

In seiner ethischen Betrachtung des Alters spricht Andreas Kruse von der „sittlichen Verpflichtung“ pflegerischer Maßnahmen, welche von den alten Menschen aber auch angenommen werden müssen: „Die bewusst angenommene Abhängigkeit ist … als eine bedeutende ethische Kategorie zu verstehen, als mit ihr besondere sittliche Anforderungen an das soziale Umfeld des Menschen verknüpft sind: Allein dadurch, dass ein anderer Mensch von meiner Hilfe abhängig ist, somit dessen Wohlbefinden von meinem Handeln beeinflusst ist, ist die ethische (und nicht nur fachliche) Dimension meines Handelns angesprochen.“1 Wenn man dieser Auffassung folgt, so müssen die Pflege und deren bewusste Annahme zu den kulturell wertvollsten Formen menschlichen Handelns gezählt werden und sollten zu einem gelungenen Leben in einer „altersfreundlichen Gesellschaft“ beitragen. Gleichzeitig leben wir aber in einer Lebenswirklichkeit, wo Pflegebeziehungen zwar verhältnismäßig selten, aber immer wieder zu schweren Misshandlungen, Missbräuchen, groben Vernachlässigungen, ja sogar zu Tötungen führen. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist offensichtlich. Wenn Taten bekannt werden, so wird regelmäßig bestürzt die Frage gestellt: Wie war das möglich?

Im Folgenden soll gezeigt werden, dass sich die Bedingungen und Ursachen für gewalthaft entgleisende Pflegebeziehungen im institutionellen Kontext der Heime und Krankenhäuser und im häuslichen Kontext der Familie durchaus unterschiedlich darstellen. Stets sind zwar individuelle und strukturelle, normative und psychodynamische, praktische und situative Aspekte ineinander verwoben, doch spielen in den Institutionen organisatorische Zwänge und Ressourcenmangel eine bedeutende Rolle, wogegen in der Familie die Gefühlsdynamik und biografische Faktoren wesentliche Komponenten sind.

Wenn man die Dyade von im Rahmen von Pflegebeziehungen Gewalt ausübenden bzw. erleidenden Personen untersuchen will, besteht das wesentliche theoretische und methodologische Problem in der Erfassung der wechselseitigen Sinnzusammenhänge. Es ist weder ausreichend, die Handlungen des „Täters“ oder der „Täterin“ zu verstehen, noch ausreichend, sich in die Welt des „Opfers“ zu versetzen, sondern es ist eben die Reziprozität der Sinnorientierungen zu berücksichtigen.

Begriffsklärungen

Die methodologische Grundforderung der Verwendung von möglichst präzisen und plausiblen Begriffsdefinitionen ist in diesem Forschungsbereich besonders schwierig zu erfüllen.2 Beim Gewaltbegriff laufen die subjektiven Empfindungen der Menschen und das, was als objektiv abgrenzbarer Tatbestand gelten kann, auseinander. So ist anhand der Analyse von Gruppendiskussionen mit alten Menschen nachweisbar, dass der von ihnen subjektiv als „Gewalt“ erlebte Bereich breit und geradezu ausufernd ist und unachtsames oder unhöfliches Verhalten im Alltag einschließt.3 Diese Extensivität des Gewalterlebens lässt sich wohl zumindest teilweise dadurch erklären, dass in Ermangelung anderer Begriffe die Unzufriedenheit mit dem gesellschaftlichen Umfeld als Gewalt umgedeutet wird. Bestimmte „Gewaltformen“ laufen offensichtlich unter der Wahrnehmungsschwelle der jüngeren Mitmenschen ab, eine Einsicht, die insbesondere für die helfenden und beratenden Berufe durchaus praxisrelevant sein wird.

Aber auch die Fachwelt ist keineswegs einig, welche Phänomene unter den Gewaltbegriff subsumiert werden sollen. Die Definition des englischen Begriffs „elder abuse“ lautet: “Elder Abuse is a single or repeated act, or lack of appropriate action, occurring within any relationship where there is an expectation of trust which causes harm or distress to an older person.”4 Diese Definition der Weltgesundheitsorganisation ist insofern einengend, weil sie nur Handlungen innerhalb von Vertrauensbeziehungen einbezieht – also z. B. die Straßenkriminalität ausschließt –, aber anderseits umfassend, weil sie auch Unterlassungen und seelisch-emotionale „Verletzungen der Seele“ als mögliche Missbrauchsform zulässt.

Gewalt in den Institutionen der Heilung und Pflege

Die Lebenssituation der alten Menschen in den Heimen und Krankenhäusern ist einerseits von Fortschritten geprägt, so etwa in den rechtlichen Bestimmungen, im Komfortbereich des Wohnens und insbesondere auch in der medizinischen Qualität. Es lässt sich ein wachsendes Interesse für das Fachgebiet der Akutgeriatrie und der geriatrischen Rehabilitation feststellen.

Andererseits gibt es zahlreiche Berichte über Gewalthandlungen an alten Menschen. Dies zwingt zur Feststellung, dass das Gewaltpotenzial trotz Qualitätszirkeln und gesetzlichen Bestimmungen weiter existiert.

Forschungen auf der Basis repräsentativer Stichproben stoßen freilich auf Hindernisse, denn der Zugang zu den sich abschottenden Organisationen ist schwierig und so sind z. B. Opferbefragungen kaum durchführbar.

Befragungen des Personals ergeben, dass psychische Gewalt vermutlich von der Mehrzahl und physische Gewalt von bis zu einem Drittel der Pflegenden angewendet wird.5

Eine Zusammenfassung der Forschung zu gewaltfördernden Grundtatbeständen in der institutionellen Altenpflege ergibt folgendes Bild:6

  1. Ein niedriges Ausbildungsniveau bzw. die fehlende fachliche Betreuung des Personals sind ein Nährboden für Aggression und Gewalt.
  2. Gewalt kann auch ohne Aggression bzw. schädigende Absicht ausgeübt werden. Der typische Fall ist die Brechung von Widerstand von Bewohnerinnen und Bewohnern, um Arbeiten schneller zu erledigen, z. B. bei der Intimpflege oder dem Essenreichen.
  3. Beim aktiven Tun ist weiters davon auszugehen, dass der verbale Missbrauch weit häufiger ist als der physische Missbrauch – „Im Anfang ist das böse Wort.“ Dazu gehören auch die infantilisierende und respektlose Anrede. Von den Pflegerinnen und Pflegern werden verbale Aggressionen als kaum erklärungsbedürftig dargestellt, diese werden als übliche Vorgangsweisen „normalisiert“, entschuldigt und gerechtfertigt. Ein Betriebsklima, das solche Akte toleriert, schafft die Voraussetzung zur Realisierung von manifester Gewalt.
  4. Noch häufiger als aktives Tun ist Vernachlässigung als mangelhafte Pflege oder als schlichtes Unterlassen von Hilfe bzw. in Form des Ignorierens. In einem weiteren Sinn gehört zur Vernachlässigung auch das Fehlen von aktiven Elementen in der Gestaltung des Alltagslebens und der Mangel an autonomen Handlungsspielräumen.
  5. Freiheitsbeschränkende Maßnahmen unterliegen einer Kontrolle durch das Gesetz. Es gibt jedoch gewisse Entscheidungsspielräume für die Pflegenden, und die verantwortlichen Ärzte verlassen sich bei ihren Anordnungen weitgehend auf die Berichte, die ihnen von den Pflegenden gegeben werden. Fixierungsmaßnahmen werden vor allem mit dem vorgeblichen Schutz vor Stürzen und der Bewegungsunruhe bei Demenz gerechtfertigt.7
  6. Pflegerinnen und Pfleger werden auch selbst Opfer von physischer und verbaler Aggression oder auch von sexuellen Angriffen, insbesondere durch psychisch veränderte Bewohnerinnen und Bewohner. Obwohl aggressive Handlungen durch die Bewohner erwartet werden müssen  (und eine entsprechende Schulung stattfindet), stehen die Pflegenden in der konkreten Situation doch in der realen Gefahr, (vielleicht unbewusst) gegen-aggressiv zu werden. Ein Überblick über die vorhandenen empirischen Studien in Heimen der Langzeitpflege ergibt, dass je nach Studie 29% - 92% der Bewohner aggressives Verhalten zeigen, wobei verbale Aggression häufiger vorkommt als physische Aggression.8

Insgesamt ergibt sich ein Bild von Verhaltensweisen, das stark von Ressourcenmangel, Zeitnot und Stresssituationen geprägt ist. Das führt zum Vermeiden von Kontakt. Das bedeutet einerseits möglichst rationelle Pflege, andererseits das Vermeiden von Begegnung und Kommunikation überhaupt. Wenn Heimbewohner Bedürfnisse artikulieren oder Wünsche aussprechen, die legitim sein mögen, aber den Organisationsablauf stören, so ist die Reaktion häufig das schlichte Verlassen des Raums, ein demonstratives Schweigen oder nichtssagende, banale Antworten oder kurz angebundenes, autoritäres Verhalten. Es entstehen diffuse Vorformen von Gewalt, die sich aufschaukeln können. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich der nicht ausgetragene Konflikt später dann doch noch in indirekter Form ausdrückt, etwa im Schimpfen über das Essen oder auch in Umleitung der Aggressionen auf Gegenstände, etwa aggressives Papierzerreißen.

Ursachen für Gewalt in der institutionellen Altenpflege 

Es müssen fünf zentrale Sachverhalte beachtet werden:

  1. Altenpflege wird als „Endlospflege“ wahrgenommen, an deren Ende auch bei bestem Bemühen und größten Anstrengungen zur „Aktivierung“ unausweichlich die Verschlechterung des Zustands und letztlich der Tod steht. Medizinische Erfolgserlebnisse im Sinne einer Entlassung oder Gesundung gibt es kaum. Zudem fehlt im Gegensatz zur Pflege im Familienkreis die Hoffnung auf Erlösung nach dem Tod der betreuten Person.
  2. In allen Untersuchungen zu den Arbeitsbedingungen in der Altenpflege steht der hohe Zeitdruck als Stressfaktor im Vordergrund. Der in der stationären Altenpflege chronische Personalmangel führt dazu, dass die Pflegenden mit den Aufgaben der Grundpflege ausgelastet sind und soziale Beziehungen kaum aufgebaut werden können. Es kommt zwar durch die Pflege zu körperlicher Nähe, aber die seelische Distanz bleibt. Die mechanische Haltung einer stummen Massenabfertigung begünstigt dann eine mangelnde Wahrung der Intim- und Privatsphäre.
  3. Die Altenpflegeausbildung bereitet in der Regel nicht gezielt auf die Bearbeitung von möglichen Situationen vor, wenn hoher Zeitdruck zu gewalthaften Handlungen führt, die ohne aggressive Absicht leicht Bestandteil der Pflege von abhängigen Personen werden können.
  4. Die ethischen Ansprüche in der Pflege werden zu strikt als absolute Ansprüche formuliert. Das hohe Ziel der Nächstenliebe als ursprüngliches Motiv des Helfens erlaubt keine Aggression oder Wut und hat den Anspruch, alle gleich liebevoll zu behandeln. Wer diesen Anspruch verinnerlicht hat, für den sind Aggressionen verwerflich, sie werden tabuisiert und können somit nicht bearbeitet werden. Der totale Anspruch dieser Werteskala bringt es mit sich, dass er nie erfüllt, aber auch nicht bearbeitet werden kann. Letztlich führt das zu umfassender Hilflosigkeit, die sich unter Umständen gegen die Schwächeren, nämlich die Pflegebedürftigen, und hier insbesondere die Demenzkranken, wenden kann.
  5. Fehlende Beziehungskompetenzen sind eine wichtige Ursache von Burnout, das wiederum ein hoher Risikofaktor für Gewalt in der Pflege ist.9 Die Reaktionsweisen dieses gut belegten Syndroms sind vor allem die Folge des übermächtigen Gefühls der Hilflosigkeit: Verlust der Anteilnahme und der positiven Gefühle gegenüber dem Patienten. In Burnout-Situationen geht den Pflegenden die Kontrollfähigkeit über die Situation verloren, weil sie überlastet und erschöpft sind, sie gleiten ab in kalte Routine. Aggressionen, die ursprünglich gegen die Institution gerichtet sind, verschieben sich in Richtung der Patienten, allenfalls in Form physischer Gewalt, wobei die Mitglieder des Pflegeteams einander in diesem Tun legitimieren und entschuldigen.

Neben diesen Erklärungsmustern, die in einem engeren Zusammenhang mit der Pflegetätigkeit selbst stehen, dürfen die strukturellen Gegebenheiten im weiteren Sinn nicht übersehen werden. Denn erst im Zusammenspiel zwischen der konkret belastenden Arbeitssituation und den ungenügenden Bedingungen des sozialen Umfelds kann Gewalt entstehen. Abgesehen vom drastischen Personalmangel sind Architektur und Inneneinrichtung zu nennen. Noch immer gibt es in vielen Heimen zu wenige Möglichkeiten für die Bewohner, um sich wenigstens in geringem Umfang einen kleinen Individualbereich schaffen zu können. Der Mangel an Rückzugsbereichen und Privatsphäre erzwingt stete „Gemeinsamkeit.“ Wer sich aber nie zurückziehen kann, entwickelt ein Übermaß an Spannung. Die unübersehbare Aggressivität innerhalb der Patientengruppe (z. B. in Form von „Territorialstreitigkeiten“) ist gewiss zum Teil durch die Zwangsbeziehungen infolge erzwungener Nähe zu erklären. Es gibt eine große Anzahl von Gleichgestellten. Es wird dadurch der oder dem Einzelnen aber nicht das Gefühl vermittelt, einer Schicksalsgemeinschaft anzugehören, in der man sich ja auch geborgen fühlen könnte, sondern viel eher herrscht die Angst vor, einer unter vielen und damit in seiner Individualität bedroht zu sein.

Gewalt in der Familie und im sozialen Nahraum

Empirische Daten liegen seit den 1980er-Jahren vor, wobei die Betroffenheitsraten bei der 65- und mehrjährigen Bevölkerung in Privathaushalten zwischen weniger als 1% und mehr als 25% (Jahresprävalenz) schwanken.10 Diese enorme Spannweite ist großteils durch die unterschiedlichen Erhebungstechniken und Operationalisierungen der Gewaltformen zu erklären. Eine Zunahme von Misshandlungen und Vernachlässigungen ist nicht belegbar, allerdings ist die gesellschaftliche Sensibilisierung für dieses Thema in den letzten Jahren zweifellos größer geworden. Insgesamt sind die körperlichen Misshandlungen weniger häufig als andere Formen, wie verbale Aggressionen, beispielsweise Drohungen (etwa mit dem Abschieben in ein Heim) oder die Vernachlässigung (z. B. Mangelernährung oder auch die Isolierung) und die finanzielle Ausbeutung. Ebenfalls einigermaßen gesichert scheint, dass die überwiegende Anzahl der Gewaltfälle in Haushaltsgemeinschaften geschieht und Frauen eher Opfer von verbalen Aggressionen und Vernachlässigung werden und Männer eher Opfer in materieller Hinsicht. Als Täter neigen Frauen eher zu psychischen, Männer eher zu körperlichen Misshandlungen. In Bezug auf die verwandtschaftlichen Beziehungen ergibt sich, dass einerseits Ehepartner/Ehepartnerinnen und andererseits Kinder (Enkelkinder) etwa gleich häufig als Verursacher in Erscheinung treten.

Gewaltausübung steht häufig im Zusammenhang mit Pflege- und Betreuungsbeziehungen. Für die Subgruppe der betreuungsbedürftigen alten Menschen lässt sich resümieren, dass fast ein Viertel psychisch missbraucht und ein Fünftel vernachlässigt wird; mehr als ein Drittel der pflegenden Angehörigen sagt von sich selbst, dass sie schon Gewalt angewendet hätten. Unstrittig ist weiters, dass demenziell erkrankte Menschen einem besonders erhöhten Gewaltrisiko ausgesetzt sind.11

Es gibt in der Familie drei Konstellationen – die einander nicht ausschließen –, von denen man aufgrund der vorliegenden Evidenz behaupten kann, dass sie Misshandlung, Missbrauch, Vernachlässigung von alten Menschen begünstigen: zwangsweise Abhängigkeiten, eine ungünstige familienbiografische Vorgeschichte, Verwahrlosungsphänomene.

Abhängigkeitsverhältnisse

Das wohlfahrtsstaatliche System hat dazu geführt, dass die älteren Menschen heute finanziell weitgehend unabhängig von ihren Nachkommen sind und auch das engste Zusammenleben wegen Wohnraummangels eher der Vergangenheit angehört. Grundsätzlich werden dadurch familiale Konflikte abgeschwächt und die Solidarität gestärkt.12

Heute tritt der wichtigste Fall von Abhängigkeit im Alter dann ein, wenn Menschen pflegebedürftig werden. Familiale Langzeitpflege ist durchaus nicht selten, im Alter zwischen 45 und 79 Jahren ist in Österreich jede zehnte Person entsprechend tätig, selbst unter den 80- und Mehrjährigen gibt es noch eine substanzielle Anzahl. Von allen betreuenden Personen pflegen zwei Drittel die Eltern oder einen Elternteil bzw. die Schwiegereltern, ein Drittel pflegt jemanden aus der gleichen Generation, zumeist den Partner bzw. die Partnerin, seltener Geschwister. Rund drei Viertel aller Pflegenden sind weiblich.13

Die Pflege der eigenen Angehörigen wird grundsätzlich nach wie vor als eine ethisch-moralische Verpflichtung innerhalb der Familie angesehen. Es existiert ein aus vier ineinander verwobenen Komponenten zusammengesetztes Motivationsbündel, welches dazu führt, dass die Pflege des Partners, der Partnerin bzw. der Eltern mehrheitlich mit einer gewissen Selbstverständlichkeit übernommen wird:14

  1. Liebe und affektive innere Verbundenheit und Nähe, welche die Pflege von Angehörigen bis zu einem gewissen Grad auch als erfüllende Lebensaufgabe empfinden lassen;
  2. Gefühle der Dankbarkeit für die von den nunmehr Bedürftigen früher selbst erbrachten Leistungen und Opfer, wobei sich diese Gefühle auf die gesamte gemeinsam verbrachte Lebensspanne erstrecken;
  3. Kulturelle Verantwortlichkeitsnormen und soziale Kontrolle durch die Umgebung, allenfalls verstärkt durch die Scheu, fremden Pflegepersonen Einblick in das private Umfeld zu gewähren;
  4. Anreize materieller Art, etwa Erwartung eines Erbes, Geschenke, Einkommensverbesserungen durch das Pflegegeld.

Von Ausnahmen abgesehen – welche freilich im Falle von Demenzerkrankungen häufiger auftreten – sind die Reaktionen der Betreuten üblicherweise von großer Dankbarkeit gegenüber den Betreuerinnen getragen; für diese wirkt die gezeigte Dankbarkeit wiederum als immaterielle Gratifikation, stärkt ihr Selbstbild als kompetent helfende Person und fördert somit letztlich die Bereitschaft zur Fortsetzung der Betreuung.

Ungeachtet dieser positiven Grundhaltung klagt die große Mehrheit der Betreuungspersonen über eine zumindest phasenweise Überbelastung, wobei als wichtigste Faktoren zu nennen sind:15

  1. Mehrarbeit (u. a. die ästhetisch unangenehmen Arbeiten samt seelischer Belastung, besonders bei Inkontinenz) und physische Belastungen durch manuelle Tätigkeiten, aber auch chronischer Schlafmangel aufgrund von dauernden nächtlichen Störungen;
  2. soziale Isolation durch die Angebundenheit im Haushalt bzw. durch die Dominanz des Aktivitätsrhythmus der Pflegebedürftigen, woraus mangelnde Freizeit, Verzicht auf Urlaub, reduzierte berufliche und private Selbstverwirklichungsmöglichkeiten resultieren;
  3. Kommunikationsschwierigkeiten, wenn aufgrund von Schwerhörigkeit oder von Demenz-erkrankungen Gespräche nur unter größten Schwierigkeiten möglich sind;
  4. widersprüchliche oder aggressive Verhaltensweisen, speziell des demenzkranken alten Menschen, die einen wesentlichen Stressfaktor darstellen, selbst wenn man über die medizinische Ursachen informiert worden sein mag;
  5. Hoffnungslosigkeit angesichts des hilflosen Erlebens von Krankheit und Leiden, trotz des hohen persönlichen Einsatzes;
  6. Unabsehbarkeit des Endes dieser krisenhaften Lebensphase, wodurch keine Zukunftsplanung zugelassen wird;
  7. fehlende Anerkennung und Unterstützung der Pflegeleistungen durch die anderen Familienmitglieder, durch die Sozialbürokratie und durch die Gesellschaft im Allgemeinen.

Alles in allem werden die psychisch-seelischen Belastungen noch bedrückender erlebt als die rein körperlichen oder finanziellen, wobei erstere natürlich in besonders hohem Maße bei der Betreuung von demenziell Erkrankten auftreten. Belastung ist in erster Linie ein subjektives Erleben, das sich nicht ohne weiteres aus objektivierbaren Faktoren wie dem Grad der körperlichen Beeinträchtigung einer Person oder der für die Pflege erforderlichen Zeit ableiten lässt. So betont auch das transaktionale Stressmodell von Lazarus die Bedeutung der Bewertung eines Reizes und der Einschätzung der vorhandenen Bewältigungsstrategien.16 In den familialen Pflegesituationen bilden diese widerstrebenden Faktoren den Hintergrund für ein hohes Maß an Ambivalenz, was sozusagen den Boden für Gewalt aufbereitet, wenngleich diese letztlich nur in seltenen Fällen manifest wird.17

Die Erklärung der Gewaltentstehung in diesem Zusammenhang ist als „Caregiver-overload“-These bekannt geworden.18 Demnach gehen Pflegebeziehungen mit einer Vielzahl an Anforderungen und Frustrationen einher und die Wahrscheinlichkeit von Misshandlung bzw. Vernachlässigung nimmt mit dem Ausmaß der Pflegebelastung zu. Der Ursprung von Überforderung liegt häufig in der Diskrepanz zwischen den Erwartungen und der Realität. Viele Pflegende erwarten am Anfang, die Kontrolle über die Pflege zu behalten. Diese Erwartung wird jedoch oft enttäuscht, weil die zeitlichen und die seelisch-emotionalen Anforderungen unterschätzt werden. Die Anwendung von Gewalt ist dann primär eine Reaktion auf die entstandene Stresssituation, die gleichzeitig als unfair und unentrinnbar wahrgenommen wird.

Zudem kann das Schwanken zwischen der Sorge um den Angehörigen und dem Gefühl des Selbst-zu-kurz-Kommens in unheilvoller Weise Schuldgefühle hervorrufen, die vom alten Menschen leicht verstärkt werden können. Die Vermeidung des Vorwurfs, den alten Angehörigen „abgeschoben“ zu haben, ist ein häufiges Motiv zur Fortsetzung der Pflege. Schuldgefühle können die Pflegenden in tiefe emotionale Abhängigkeiten verstricken, die in Grenzsituationen zur Gewaltanwendung führen können, was wiederum Schuldgefühle auslöst und die Lage als hoffnungslos erscheinen lässt. Verschärfend wirken wechselseitige Abhängigkeitsverhältnisse. Wenn z. B. eine Tochter von ihrer pflegebedürftigen Mutter finanziell abhängig ist und sich daraus ein bitteres Gefühl der Unfreiheit entwickelt, so ist bei der gleichzeitigen Verpflichtung zur Pflege die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass sie sich auf „kompensierende“ Weise gewalttätig verhält.

Festzuhalten ist, dass das Bild eines Täter-Opfer-Antagonismus die Situation nur sehr unzureichend trifft. Es zeigen so gut wie alle Untersuchungen, dass sich die Mehrzahl der pflegenden Angehörigen, welche Gewalt anwenden, letzten Endes ausweglos überfordert fühlt. Insofern sind die Täter und Täterinnen gleichzeitig Opfer ihrer Überforderungssituation, was sich auch darin zeigt, dass sie überdurchschnittlich häufig von Depressionen, psychosomatischen Beschwerden und Alkoholmissbrauch betroffen sind.19

Familienbiografische Vorgeschichte

In vielen Fällen hat Gewalt im Alter eine lange Vorgeschichte, die in die frühen und mittleren Lebensjahre zurückreicht. Die Beziehungen zwischen den erwachsenen Kindern und ihren Eltern und Schwiegereltern sind mehr als jede andere soziale Beziehung durch die gesamte Biografie geprägt. So wird ein Familienstil, der schon immer durch Aggressionen gekennzeichnet war, vermutlich im Alter weitergeführt werden.

Eine Studie mit pflegenden Töchtern über ihre Mutterbeziehung in der Kindheit, Adoleszenz, in der Phase der Loslösung und eigenen Familiengründung und in der aktuellen Betreuungssituation bestätigt die lebenslange Kontinuität von Beziehungen. Hatten die Töchter zu ihren Müttern bereits in der Kindheit eine emotional überwiegend positive Beziehung, so wirkte sich die Pflegesituation weniger belastend aus. Wurden die Pflegesituationen hingegen überwiegend von Loyalitäts- und ethischem Verpflichtungsgefühl getragen, so zeigte sich das Muster von lebenslangen, Konflikt beladenen, nie gelösten Dyaden oder symbiotischen, negativen Beziehungen bereits in der Kindheit. Bei gleichem Betreuungsaufwand erlebten diese Frauen es emotional wie physisch als signifikant anstrengender und belastender, ihre pflegebedürftigen Mütter zu betreuen.20

Nicht nur die intergenerationelle Gewalt, sondern auch jene zwischen den Ehepartnern im Alter muss selbstverständlich vor dem Hintergrund einer Fortführung von wahrscheinlich lang bestehenden problematischen Beziehungen interpretiert werden. Man schätzt, dass in rund 5% aller alten Ehen körperliche Gewalt eine Rolle spielt. Hier kann es durchaus auch zu Umkehrungen in der Machtbalance kommen, wenn etwa der autoritäre Ehemann nicht mehr in der Lage ist, seine Ansprüche mit physischer Gewalt durchzusetzen.21

Die Tatsache der langfristigen Nachwirkung von biografischen Ereignissen im familialen Kontext hat das Konzept eines „intergenerationellen Gewaltkreislauf“ entstehen lassen, wo angenommen wird, dass erwachsene Kinder, die ihre alten Eltern misshandeln, früher selbst von diesen misshandelt worden waren, d. h. Vergeltung wie auch Imitation von Verhalten eine Rolle spielen. Allerdings erscheint die empirische Basis bisher nicht ausreichend, um die Gewaltkreislauf-These für das höhere Alter als verifiziert ansehen zu können.22

Problemfamilien

Eine dritte und in vieler Hinsicht verschiedene Ausgangslage finden wir bei den sogenannten „Problemfamilien“ mit Verwahrlosungstendenzen vor, wo der Missbrauch von Alkohol oder Suchtgift vielfach der entscheidende Faktor für körperliche Misshandlungen ist. Für einen Suchtkranken kann die Pension des alten Angehörigen die wichtigste permanente Geldquelle sein. Ebenso problematisch sind jene Fälle, in denen Beschäftigungslose von den finanziellen Ressourcen des alten Menschen partizipieren, den sie gleichzeitig vernachlässigen. In solchen Situationen vereinen sich häufig finanzielle Ausbeutung, Drohungen, soziale Isolierung und direkte physische Gewalt. Die allenfalls verständigten Sozialdienste können oft nur aufklärend oder durch das Angebot von Hilfen wirken; eine juristische Folge – sei es eine polizeiliche Verfolgung oder gar ein Gerichtsverfahren – ist nur in extremen Fällen zu beobachten.

Dieser Erklärungsstrang wird in der „Problem-relative“-These23 zusammengefasst, der zufolge verhaltensgestörte und deviante Angehörige, die außerdem häufig vom alten Menschen in finanzieller und/oder sonstiger Hinsicht abhängig sind, ihre aggressiven Handlungstendenzen eben auch in der Pflegebeziehung ausleben.

Gefühlsdynamik als Merkmal von Familienbeziehungen

Wie immer Familienbeziehungen konkret ausgestaltet sein mögen: Ein stets wichtiges, wenn nicht das herausragende Merkmal, ist ihre besondere Gefühlsdynamik. Diese hat auch für den Fall von Gewaltbeziehungen schwerwiegende Konsequenzen, welche in dieser Form bei Übergriffen in Institutionen nicht auftreten.

Erneut wird hier das Problem der Subjektivität der Wahrnehmung und Definition von Gewalt berührt. Während jedoch in Bezug auf die Stellung der alten Menschen in der Gesellschaft im Allgemeinen Gewalt subjektiv extensiv ausgelegt wird, ist im Familienzusammenhang das Verständnis ein anderes. Jeder Mensch bewertet die Beziehungen zu seinen Familienmitgliedern keineswegs ausschließlich nach den vorgegebenen (Rechts-)Normen, sondern es herrschen private Standards und Verständnisweisen vor, die sowohl von den sozialen und allenfalls auch ethnischen Milieus als auch von der jeweiligen besonderen Familiengeschichte beeinflusst sind. Darüber hinaus gilt das Familienleben nachgerade als das Sinnbild für eine selbstbestimmte Sphäre, in die Außenstehende keinen Einblick haben und schon gar nicht eingreifen dürfen.

Das Streben nach Privatautonomie führt zusammen mit der Gefühlsdynamik und der Bedeutung der Familiengeschichte dazu, dass sowohl die Untersuchung von als auch die Hilfestellung bei vermuteter Gewalt im persönlichen Nahbereich besonders schwierig sind. Es gibt fließende Grenzen zwischen „Normalität“ und Gewalt, und die Widersprüche zwischen den objektiven Urteilen – soweit diese überhaupt möglich sind – und den subjektiven Bewertungen der Beteiligten sind schwer aufzulösen.

Deshalb ist die Frage nach der Überschreitung der Gewaltschwelle oftmals heikel, wie an Beispielen gezeigt werden kann: Wo ist die Grenze zu ziehen zwischen gern gegebenen finanziellen Gaben der Großmutter an die Kinder und Enkel und den Fällen der eindeutigen finanziellen Ausbeutung? Ist die Drohung von erwachsenen Kindern gegenüber ihrem alternden Vater, die Kommunikation mit ihm abzubrechen, wenn er sich an eine neue Lebenspartnerin bindet, nur als banale Familiendiskussion zu qualifizieren oder bereits terroristische Erpressung? Ist es eine verständliche, wenn nicht sogar verpflichtende Pflegehandlung oder bereits Missbrauch, wenn der mental eingeschränkten Pflegebedürftigen die ärztlich verschriebenen Tabletten trotz Gegenwehr in den Mund geschoben werden? Darf eine Tochter ihren unter der Alzheimer-Krankheit leidenden Vater legitimer Weise für ein paar Stunden in der gemeinsamen Wohnung einsperren, um ein bisschen Distanz zu gewinnen, oder übt sie Gewalt aus und macht sich vielleicht sogar strafbar?

Fraglos wird es in diesen und ähnlich gelagerten Fällen zu Diskrepanzen zwischen objektiver und subjektiver Beurteilung kommen, so dass vom sogenannten „unwissenden Opfer“ bzw. vom/von der „unwissenden Täter/in“ gesprochen werden muss.24 Wenn für die Negativität einer Handlung kein Bewusstsein besteht, dann wird es schwierig, das Dunkelfeld zu durchdringen und erfolgreich Hilfe anzubieten, und es werden Strafmaßnahmen auf Unverständnis stoßen.

Während einerseits reale Gewalt ausgeblendet wird, ist anderseits zu sehen, dass scheinbar triviale Anlässe schwerwiegende Folgen haben können. Zur Illustration folgendes Beispiel: Es ist in der Literatur unumstritten, dass Haustiere für ältere Menschen einen besonders hohen Stellenwert als Gefährten und Bestandteil des sozialen Netzwerks einnehmen und sie zu ihnen eine starke emotionale Bindung haben. Wenn nun der durchaus nicht realitätsferne Fall eintritt, dass ein Geld fordernder Angehöriger dies mit der Drohung verbindet, bei Nichterfüllung seines Wunsches dem geliebten Haustier des alten Menschen etwas anzutun, so wird man zweifellos auch aus objektiver Sicht von Gewaltausübung sprechen.25 Freilich wird die Ahndung der erpresserischen Drohung ein bestimmtes Strafausmaß nicht überschreiten können, sofern die Angelegenheit überhaupt nach außen offenbar wird. Mit anderen Worten: Die objektive Beurteilung des Falles wird der vom alten Menschen empfundenen Katastrophe in keiner Weise gerecht werden können.

Nebenfolgen der Opferwerdung

Eine nicht immer gebührend gewürdigte Tatsache sind die gravierenden „Nebenfolgen“ einer Opferwerdung. Der alte Mensch als Opfer will häufig schwerwiegende Nachteile für den Täter oder die Täterin vermeiden, weil er deren Zuwendung trotz allem nicht verlieren will und weil er mit ihr oft auch ökonomisch oder pflegerisch eng verbunden ist. Wird die Gewalt ausübende Person „entdeckt“, dann ist damit der Fortbestand der bisherigen Beziehung gefährdet, und es kann der Verlust der sozialen Unterstützung durch diese Person eintreten. Deswegen bleibt das Opfer stumm, wobei natürlich auch Zwang oder Nötigung bzw. die Furcht vor Revancheakten und Repressalien durch den Täter eine Rolle spielen können.

Die Gewalt Ausübenden sitzen so am längeren Ast, denn den missbrauchten alten Menschen stünden als wenig verlockende Alternativen nur die soziale Isolation oder der Heimeintritt zur Verfügung. Konsequenterweise wählen viele Opfer daher nicht den Weg, Hilfe von außen zu suchen, sondern sie wirken nicht selten sogar mit bei der Leugnung und der Verschleierung der an ihnen begangenen Taten. Insofern gehen manche Bestimmungen etwa des österreichischen Gewaltschutzgesetzes (Wegweisung und Betretungsverbot) an der Lebensrealität von alten Opfern vorbei und werden in der Praxis auch kaum angewendet.

Referenzen

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  2. Aus pragmatischen Gründen wird in diesem Beitrag der Begriff „Pflege“ breit gefasst und meint sowohl „Grundpflege“ als auch „Behandlungspflege“, und auch betreuende Hilfen zur Alltagsbewältigung; Siehe dazu Bartholomeyczik S., Pflegerische Versorgung, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Vierter Altenbericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland: Risiken, Lebensqualität und Versorgung Hochaltriger – unter besonderer Berücksichtigung demenzieller Erkrankungen, BFSFJ, Berlin (2002), S. 250-288
  3. Hörl J., Wirklichkeitskonstruktionen – Tatsachen und Trugbilder zur Gewalt im Alter, in: Amann A., Kolland F. (Hrsg.), Das erzwungene Paradies des Alters? VS Verlag, Wiesbaden (2008), S. 121-136
  4. Krug E. G. et al. (Hrsg.), World Report on Violence and Health, World Health Organization, Genf (2002), S. 126f.; Es ist zu beachten, dass sich die im deutschen bzw. englischen Sprachraum üblicherweise verwendeten Begriffe nicht vollständig in ihrem Bedeutungsgehalt decken.
  5. Görgen Th., A Multi-Method Study on Elder Abuse and Neglect in Nursing Homes, J Adult Protect (2004); 6: 15-25; Pillemer K., Moore D. W., Abuse of Patients in Nursing Homes – Findings from a Survey of Staff, Gerontologist (1989); 29: 314-20; Für die USA (Pillemer und Moore) bzw. Deutschland (Görgen) werden folgende Jahresprävalenzen genannt: Beobachtung der Anwendung psychischer Gewalt durch Kolleginnen und Kollegen: 81% bzw. 63%; selbst begangene psychische Gewalt: 40% bzw. 45%. Rangreihung der Formen: wütend anschreien; beschimpfen; ignorieren, isolieren; absichtlich ärgern. Beobachtung der Anwendung physischer Gewalt durch andere: 36% bzw. 30%, selbst begangene physische Gewalt: jeweils 10%. Rangreihung der Formen: nicht rechtzeitig umlagern, nicht aus dem Bett holen; exzessiv Freiheit beschränken, fixieren; stoßen, schubsen, grob anfassen; nicht ins Freie bringen, auf Toilettengang warten lassen.
  6. Landerer Ch., Die Betreuung verwirrter alter Menschen im Heim. Beobachtungen in einer „beschützten Station“, Inauguraldissertation, Universität München (1991); Rosenmayr L., Gefahren und Freuden in der Pflege von alten Menschen, Österr Pflegezeitschr (2002); 10: 24-28; Sethi D. et al., European Report on Preventing Elder Maltreatment, World Health Organization, Kopenhagen (2011)
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Anschrift des Autors:

a. o. Univ.-Prof. Dr. Josef Hörl
Institut für Soziologie
Universität Wien
Rooseveltplatz 2, A-1090 Wien
josef.hoerl(at)univie.ac.at

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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